ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de
Betreff: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik
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- From: Christoph Mayer <CU_Mayer AT Menschen-gerechte-Gesellschaft.de>
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- Subject: Re: [AG-GOuFP] Varoufakis - amazing views. Lest sein Buch!
- Date: Thu, 12 Feb 2015 21:48:44 +0100
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Genau. Einer der afrikanischen Staaten, weiß gerade nicht welcher, hat sich darüber beklagt, dass er 5x mehr Zinsen bezahlt hat, als er jemals Geld bekommen hat. Das kann nie funktionieren und die Preise für die afrikanischen Exportwaren wie Kaffee und Bananen werden systematisch gedrückt.Am 12.02.2015 um 19:57 schrieb moneymind <moneymind AT gmx.de>:Hi Christoph,moneymind schrieb:Ich schätze, den meisten ist das nicht klar aber es ist eine Ideologie, die das befeuert. Keynes schrieb ja über eine „Hortung auf Nationenebene“ und das hat mir auch nochmal klar gemacht, dass die Problematik zwischen Staaten denen zwischen Wirtschaftsteilnehmern innerhalb eines Landes ähnelt. Und die Rahmenbedingungen sind so geschaffen, dass es kein steuerliches Ausgleichssystem gibt, wie es das innerhalb der Staaten gibt.genau, schaut man das „Ganze“ an, erkennt man, dass die Interaktion der Länder sehr stark vom Weltwährungssystem bestimmt wird und das ist so konstruiert, dass die die die Ressourcen und Macht besitzen sie ausbauen, aber nicht verlieren können. Unterstützt wird das dann von einer falschen Wirtschaftstheorie, die behauptet, durch den Währungsmarkt würde ein Ausgleich stattfinden, der irgendwann Wohlstand in allen Nationen nach sich ziehen wird.Ja, so sieht' aus ... und die ideologische Funktion der Neoklassik auf dieser Ebene war mir so noch gar nicht bewußt. Wird aber ja ganz klar so benutzt, z.B. von denjenigen, die die Privatisierung des Rentensystems fordern und die Renten durch Exportüberschüsse finanzieren wollen - oder seh ich das falsch?
Ja, genau. Mit Stützel wird das alles noch klarer.Der Gipfel des Schwachsinns ist, wenn man wie McKinsey im Spiegel-Artikel, ausrechnet, welches Wachstum die Länder brauchen, um ihre gesamtwirtschaftlichen Schulden abzubezahlen:
http://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/schulden-der-welt-mckinsey-studie-belegt-deutlichen-anstieg-a-1016749.html
Denn im heutigen System gibt es nur Wirtschaftswachstum, wenn die Schulden wachsen.
Ja.Ich reposte dazu mal, was ich vor ein Paar Tagen geschrieben hatte:Es gibt aus meiner Sicht nur 2 Wege da raus: Entweder man schafft ein Ausgleichssystem a’la Keynes-Konzept oder man nützt das aktuelle System und richtet es gegen sich selbst, so wie China es tut.Ja zum Ausgleichssystem (Varoufakis nennt es "surplus recycling mechanism" und unterscheidet eine ganze Reihe verschiedener Formen, also Umsetzungsmöglichkeiten.
Kannst Du erläutern, wie China das macht?
Das passiert, bei der Interaktion zwischen Landeswährungen:
- das Land mit geringeren Lohnstückkosten verkauft mehr Produkte ins Ausland, weil die Produkte billiger sind.
- Dann wird die Währung aufgewertet, was diese Produkte verteuert und den Handelsbilanzüberschuss mindert*. Genau das geht nicht im Euroraum.
- Aber: vergessen wird von den meisten Wirtschaftswissenschaftlern die andere Seite: Die Länder mit starken Währungen kaufen für einen Appel und ein Ei in den Ländern mit schwacher Währung Ländereien, Immobilien und Unternehmen auf. Dadurch werden diese Länder zur Werkbank der reichen Länder und können ihre Binnenwirtschaft nicht stärken. Die Gewinne aus ihrer Arbeit fließen an die Reichen der Länder mit starken Währungen.
Ja ... ergibt Sinn. In diesem Kontext müßte man sich auch nochmal die Geschichte der "Schuldenkrise" der Entwicklungsländer im Zusammenhang mit der Aufgabe des Systems von Bretton Woods und dem dann entstandenen Regime des "Washington Consensus" (IWF, Reformvorgaben etc. - jüngst in der Ukraine) angucken ... da profitieren doch auch die Banken massiv, wieder mal, indem sie die Staaten für die Kredite an die Entwicklungsländer haften lassen, oder?
Dieses Ungleichgewicht erfordert immer wieder einen Schuldenschnitt. Wenn es Banken geschickt anstellen, lassen sie das dann die „reichen“ „Staaten“ bezahlen. Das heißt konkret: die hoch verzinsten faulen Kredite an die Länder, die nicht mehr zahlungsfähig sind werden übersetzt in neue Kredit an die öffentliche Hand reicherer Länder, die dann bisher immer bezahlt werden konnten.
Und irgendwann wenn mans übertreibt geht halt auch das nicht mehr.
Letztlich wurde die Kolonialherrschaft über Afrika nie aufgegeben, nur versteckt. Sie wird jetzt über Landbesitz ausgeübt (Rohstoffabbau, Plantagen usw. sind größtenteils in westlichem Besitz. Z.B. bei Goldminen gehen 3% der Erlöse an Afrika, 97% an Europa).
Da hast Du recht. Wenn ich darüber nachdenke: Er wäre dumm, wenn erst nicht versuchen würde.Jetzt stehen die Länder, die sich an diesen Regeln halten (von den USA und deren Handelsorganisationen sowie Weltbank, IWF mehr oder weniger erzwungen) z.B. einem Land China gegenüber, das diese Mechanismen genau verstanden hat und für sich nutzt.
Was macht China?
- In China muss mit dem Chinesischen Yuan bezahlt werden.
- Den Yuan kann man nur innerhalb Chinas in staatlichen Wechselstellen in andere Währungen tauschen.
- Der Kurs wird von der Regierung vorgegeben und Wird NICHT aufgewertet. Dadurch hat China einen Wettbewerbsvorteil in durch Währungstricks erreichten niedrigen Lohnstückkosten.
- Die Plünderung des eigenen Landes verhindert China, indem dort niemand Land besitzen kann. Man muss Land bei den Kommunen beantragen, bekommt ein Pachtangebot und kann es annehmen oder ablehnen. So kann niemand Land horten. Über die Pacht fließen Milliardenbeträge in die öffentliche Hand. Das ist einer der Hauptgründe, warum Chinas Staat gigantisches Vermögen und eine Dollar-Währungsreserve von 3,82 Billionen [ http://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/chinas-waehrungsreserven-erreichen-neuen-rekordwert-a-943717.html ].
- So kann China konkurrenzlos billig exportieren und gleichzeitig den Reichtum im eigenen Land anhäufen.
Bin mir sicher, daß Putin das ebenso machen will ... es wäre ja auch ein Modell für andere Länder!
Möglicherweise setzt er das als Druckmittel bzgl. Ukraine ein.
Keine Ahnung, was da hinter den Kulissen alles besprochen wird.
Das Konzept „Wertschöpfungsentgelt“ bzw. „Wertschöpfungsgeld“ ist aus 5 Jahren Analysen entstanden, deshalb ist jede kurze Erklärung zu kurz gegriffen, ich sags mal von dieser Seite:Bzw. es gibt noch einen dritten Weg, nämlich die Reduzierung der Notwendigkeit für Fremdkapital über ein veränderte volkswirtschaftliches Finanzierungskonzepts, deswegen reite ich so auf dem Wertschöpfungsgeld herum, zumindest so lange, bis es verstanden wurde…Ok ... da hab ich bisher noch nicht verstanden, wie Du das meinst.
Die Idee ist, die Schuldentdeckung von Geld teilweise, später weitgehend durch eine Wertschöpfungsdeckung des Geldes zu ersetzen.
Geld wird dann durch Kaufkraft gedeckt, also vor. Sachwerte und die volkswirtschaftliche Leistung (BIP), ohne dass Schulden gegenüber stehen.
Da sehe ich bisher nicht, wie das an den grundlegenden saldenmechanischen Zusammenhängen und Problemen etwas ändern sollte ... hier scheinen doch eher Ausgleichsmechanismen für Ungleichgewichte nötig zu sein, oder seh ich das falsch? Ich seh da noch nicht wirklich klar.
Nun, wenn Geldvermögen nicht mehr = Schulden ist, dann ist die Saldenmechanik-Gleichung völlig verändert.
Dabei geht es mir um Gerechtigkeit und dass es nicht manipuliert oder durch Hobbyinteressen verbogen werden kann.Die Geldschöpfung bei Banken ist meiner Ansicht nach genauso exogen wie eine bei der Zentralbank. Eine wirklich endogene Geldschöpfung muss mit der Wertschöpfung gekoppelt bei den Wertschöpfern stattfinden.
Hm ... da müßten wir über Werttheorie reden. Und diese auch aus der Sicht von Stützels Schema betrachten.
Was wäre ein Stützel'scher Globalsatz zur Werttheorie, analog dem Satz, den wir gestern im mumble hatten, S. 48: "Die Vermögensobjekte ALLER Wirtschaftenden (in ihrer Gesamtheit) können nie einen Preis haben"?
Der GESAMTE Güterreichtum der Welt hat keinen Vermögenswert, da Vermögen ein relationaler Begriff ist? Hmmm ... dem Gedanken muß ich mal genauer nachgehen, das hat Potential ... enorm wichtig für die Werttheorie, glaube ich - "Wert" ist ein relationaler Begriff!Praktisch geht das so nicht (jedenfalls kenne ich da keine Lösung), deshalb soll die Zentralbank neues Geld schaffen und über eine mathematische Formel den Wertschöpfern gutschreiben. So verschwindet immer mehr die Notwendigkeit zur Kreditaufnahme.
Mathematische Formel?!? Hm ... hab noch Schwierigkeiten, das nachzuvollziehen ... auch, nachzuvollziehen, welche Probleme damit gelöst werden sollen.
Wer am meisten einbringt, bekommt am meisten neues Geld. Alles andere bleibt unverändert, z.B. das Sozialsystem bleibt als Ausgleichssystem und kann dann sogar weiter ausgebaut werden.
Genau, man muss dabei einiges beachten, in Jugoslawien ist ja eine Mitarbeitereignerschaft an Unternehmen nach Titos Tod gescheitert, aber es its möglich und sinnvoll.Darüber hinaus soll die Fehlverteilung von Sachvermögen korrigiert werden, indem diese Geldgutschrift den Mitarbeitern der Unternehmen gehört. Auf diese Weise erwerben sie immer mehr Anteil am Unternehmen und erhalten dadurch einen immer größeren Teil an den Gewinnausschüttungen, bis sie mit 51% der Stimmanteile selbst bestimmen können, wie viel Ausschüttung es gibt und wie sie verwendet wird.
Ok, das hört sich nach einem sinnvollen Ziel an (Richtung Genossenschaftskapitalismus).
Dann haben wir auf jeden Fall gemeinsame Ziele!So entsteht eine Volkswirtschaft, die kaum Kredite braucht und keine Investoren. Sie ist von ausländischem und inländischem Fremdkapital weitgehend unabhängig und braucht um keine Gunst „des Marktes“ buhlen. Und keine „Abgaben" an ihn zahlen. (Weltschuldenstand 199 Billionen ergeben allein schon ca. 6 Billionen Zinszahlungen, das sind 10% des Welt-BIP. Dazu kommen ja noch die ganzen Ausschüttungen sowie implizite Sachvermögenszuwächse, die mindestens nochmal so hoch sind.)
Hm ... ok, die Zielrichtung versteh ich jetzt etwas besser.Das ist sehr positiv. Erstaunlich, was Lafontaine damals vorhatte, auch die Bankenregulierung (siehe Film „Wer rettet wen“) hat doch kaum jemand mitbekommen und auch nicht die Gründe für seinen Rücktritt.Da China selbst den Baker ins Spiel gebracht hat und die Brics- Staaten ihren eigenen Währungsraum schaffen wollen, sehe ich aber wie Du schon die Möglichkeit, dass jetzt ein besseres Weltwährungssystem etabliert werden kann.Jedenfalls ist es höchst interessant, daß mit YV jetzt ein Politiker im Fokus der Öffentlichkeit das Problem wieder auf dem Schirm hat, und zwar in allgemeiner Form ("surplus recycling mechanism"). Der letzte Versuch, sowas auf internationale Ebene zu initiieren, kam ja von Lafontaine und Flaßbeck (Lafos Staatssekretär im Kabinett Schröder ab 1998), wurde aber unterminiert (in den internationalen Gremien erwartungsgemäß v.a. von den USA), wie Wolfgang Filc in seinem Buch "Mitgegangen - Mitgehangen. Mit Lafontaine im Finanzministerium" beschreibt.Ich denke, in der jetzigen Situation, nach 2008ff., besteht mehr Bewußtsein für die Notwendigkeit einer solchen Lösung, jedenfalls zähle ich auf eine Generation von Studenten, die 2008ff. und die "Antwort" der herrschenden Lehre während ihres Studiums hautnah erlebt hat, hier nachzugraben und die entsprechenden Themen voranzubringen.Ja, da gibt es Hoffnung.
Ich bezweifle zwar, dass genug Kraft der Veränderung und genug Wissen vorhanden sein wird, bevor die nächste große Finanzkatastrophe hereinbricht.
Aber wenn sie kommt, sollte die Bevölkerung wissen, wie sie eine neue Wirtschaft haben will und das vehement einfordern.
Ja, daran sollten wir arbeiten!
Inzwischen ist diese AG überhaupt auf einem mehr gemeinsamen Weg. Natürlich gibt es noch viel Bedarf an Wissensaustausch und Weiterentwicklung.
Gruß
Christoph
- Re: [AG-GOuFP] Varoufakis - amazing views. Lest sein Buch!, (fortgesetzt)
- Re: [AG-GOuFP] Varoufakis - amazing views. Lest sein Buch!, George Dorgan, 10.02.2015
- Re: [AG-GOuFP] Varoufakis - amazing views. Lest sein Buch!, Gerhard, 11.02.2015
- [AG-GOuFP] Schuldenbremse ergibt so langsam Sinn, Marco Schmidt, 11.02.2015
- Re: [AG-GOuFP] Varoufakis - amazing views. Lest sein Buch!, moneymind, 11.02.2015
- Re: [AG-GOuFP] Varoufakis - amazing views. Lest sein Buch!, Gerhard, 15.02.2015
- Re: [AG-GOuFP] Varoufakis - amazing views. Lest sein Buch!, Gerhard, 11.02.2015
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- Re: [AG-GOuFP] Varoufakis - amazing views. Lest sein Buch!, Christoph Mayer, 10.02.2015
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- Re: [AG-GOuFP] Varoufakis - amazing views. Lest sein Buch!, Christoph Mayer, 12.02.2015
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- Re: [AG-GOuFP] Varoufakis - amazing views. Lest sein Buch!, Grosser Nagus Gint, 12.02.2015
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- Re: [AG-GOuFP] Varoufakis - amazing views. Lest sein Buch!, Rudolf Müller, 13.02.2015
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