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Betreff: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik
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- From: Peter Baum <pebaum AT web.de>
- To: ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de
- Subject: Re: [AG-GOuFP] Kein Eigentum an Grund und Boden!
- Date: Sun, 31 Aug 2014 14:02:44 +0200
- List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/ag-geldordnung-und-finanzpolitik>
- List-id: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik <ag-geldordnung-und-finanzpolitik.lists.piratenpartei.de>
Hallo Thomas,
Gewiß, mit dem Privateigentum an Grund und Boden sind auch die
Nutzungsrechte verbunden, die damit zur Ware werden.
Daraus folgt aber nicht die Umkehrung. Nutzungsrechte können sehr wohl
wie Waren gehandelt werden, ohne dass damit ein Eigentum verbunden ist.
Das ist ja auch Dein Vorschlag: In demokratisch vereinbarten Gebieten,
die im Eigentum der Kommune verbleiben, die Nutzungsrechte einem "Markt" zu
übergeben.
Ich frage mich allerdings, ob damit, wie bei anderen Waren auch,
nicht doch wiederum leistungslose Spekulationsgewinne möglich sind, die Du
mit
Recht ablehnst.
Die Botschaft von der Marktwirtschaft hör ich wohl, allein
mir fehlt der Glaube.
Ulrike Herrmann hat in "Der Sieg des Kapitals"
im Kapitel "Kapitalismus ist nicht Marktwirtschaft" zutreffend beschrieben,
worum es sich handelt:
>Die Theorie von der "freien Marktwirtschaft" ist eine
>sehr mächtige politische Waffe, die wenigen Firmen und ihren Aktionären
>nützt (S.84).
Mir schwebt eine gerechte, effiziente und verlässliche Wirtschaft vor,
mit einer an der Nachfrage orientierten Produktion und Dienstleistung,
in der auf der Grundlage von Leistung und Gegenleistung von den
Wirtschaftsteilnehmern ein gerechtes Preisgefüge angestrebt wird.
Da alle Preise letztlich in den Einkommen der am Produkt oder der
Dienstleistung beteiligten Mitarbeiter landen, ist ein Preis gerecht,
wenn er allen an der Wertschöpfungskette beteiligten Menschen für die Zeit
ein
auskömmliches Einkommen beschert, die sie für die Erzeugung des Produktes
benötigen.
Hierzu gehören außer der (zugegebenermassen heute noch utopischen)
Abschaffung
des Privateigentums an Grund und Boden noch andere Änderungen, z.B.:
* in größeren Betrieben sollten die Produktionsmittel
(Gebäude, Maschinen) kein Privateigentum sein.
* die Löhne (und damit die Menschen als die Träger ihrer Arbeitskraft)
sollten dem Marktmechanismus entzogen werden.
Letzteres könnte z.B. dadurch erreicht werden, dass sich jeder Betrieb eine
für alle Mitarbeiter (einschließlich Unternehmer oder Arbeitsleiter)
verbindliche Gehaltsordnung geben müsste, in der die Proportionen der
- durchaus je nach Tätigkeit und Verantwortung unterschiedlich hohen -
Gehälter geregelt wären.
Peter Baum
On Saturday 30 August 2014 16:41:37 Thomas Schindler wrote:
> Moin Peter,
>
> zunächst mal volle Zustimmung zu der Aussage dass (Privat)Eigentum an
> Grund und Boden nicht sinnvoll ist.
> Die Aussage, dass Kauf und Verkauf von Nutzungsrechten nicht sinnvoll
> ist, geht für mich mit obiger Feststellung praktisch zwangsläufig
> einher.
>
> Der entscheidende Grund dafür ist meiner Ansicht nach, dass Boden eben
> nicht hergestellt werden kann, wie du ja auch geschrieben hast. Damit ist
> durch eine Privatisierung des Bodens keinerlei Zugewinn an Boden zu
> erwarten.
> Das entscheidende Problem bei Boden als Privateigentum ist, dass dies zu
> leistungslosen Spekulationsgewinnen führt, welche aus
> Gerechtigkeitsgründen abzulehnen sind.
>
> Was ich aber nicht so ganz nachvollziehen kann, ist deine Kritik daran,
> dass der Finanzstärkere den Finanzschwächeren bei der Nutzung des
> Bodens verdrängt. Das ist schließlich bei der Nutzung aller knappen
> Ressourcen so. Das ist das entscheidende Merkmal von Marktwirtschaft. Es
> ist ja schließlich die produktivere Nutzung, welche die weniger
> produktive verdrängt, sofern wir von Geschäftsimmobilien sprechen, und
> das ist durchaus in Ordnung, wenn man eine möglichst effiziente
> Ressourcenallokation haben möchte.
>
> Das heißt natürlich nicht, dass sämtliche Bodennutzung nur dem
> Marktdiktat unterworfen werden soll. Es muss natürlich - gerade was
> Wohnraum und Naturschutz angeht - durch eine demokratische Instanz
> zunächst entschieden werden, welchen Bereich des Bodens man für welche
> geschäftliche Nutzung dem Markt übergibt und welchen eben nicht. Aber
> ist das erstmal geschehen, sollte die Vergabe sich an wohlregulierten
> Marktmechanismen ausrichten. Die Erträge, die so erwirtschaftet werden,
> fließen dann aber eben nicht in private Taschen, sondern kommen dem
> Staat zugute.
>
> Ich denke wir sollten versuchen eine gerechte, effiziente und stabile
> Marktwirtschaft zu etablieren, und dabei nicht aus Versehen die
> Marktwirtschaft gleich ganz abschaffen...
>
> > Peter Baum schrieb:
> >> Moin,
> >>
> >> Arne Pfeilsticker formulierte folgende Grundbedingung für den
> >> Kapitalismus:
> >> "Grenzenloses Privat-Eigentum an Produktionsmitteln (u.a. Maschinen,
> >> Gebäude, Grund und Boden)". Ergänzung in der Klammer von mir.
> >> Der Begriff des Eigentums wird in § 903 ff, BGB geregelt:
> >>
> >> "§ 903
> >> Befugnisse des Eigentümers
> >>
> >> Der Eigentümer einer Sache kann, soweit nicht das Gesetz oder Rechte
> >> Dritter entgegenstehen, mit der Sache nach Belieben verfahren und andere
> >> von jeder Einwirkung ausschließen. Der Eigentümer eines Tieres hat bei
> >> der Ausübung seiner Befugnisse die besonderen Vorschriften zum Schutz
> >> der Tiere zu beachten."
> >>
> >> An dieser Definition des Eigentums ist zunächst nichts auszusetzen. Die
> >> Frage ist nur, auf welche Sachen sie sinnvoll angewendet werden kann.
> >>
> >> Zur Anwendung des so definierten Eigentumbegriffs formuliere ich mal
> >> folgende Thesen:
> >>
> >> 1. These: Eigentum von natürlichen oder juristischen Personen an von
> >> Produzenten erzeugten beweglichen oder unbeweglichen Sachen (z.B.
> >> Gebäuden), die dem Gebrauch oder Verbrauch von Konsumenten dienen, ist
> >> sinnvoll.
> >>
> >> 2. These: Die Übertragungsmöglichkeit des Eigentums
> >> (Eigentümerwechsel) an beweglichen oder unbeweglichen Sachen durch Kauf
> >> und Verkauf und durch Schenkung ist sinnvoll.
> >>
> >> 3. These: Eigentum an Grund und Boden ist nicht sinvoll.
> >> Die Begründung von These 3 ist einfach: Grund und Boden kann nicht
> >> erzeugt werden, er ist nur in begrenztem Maße vorhanden. Mit Grund und
> >> Boden kann man auch nicht "nach Belieben verfahren".
> >>
> >> An Grundstücken können dem Wesen nach nur Nutzungsrechte an
> >> natürliche oder juristische Personen vergeben werden, wodurch die
> >> Nutzung anderer Personen als dem Rechteinhaber gegebenenfalls
> >> ausgeschlossen wird.
> >>
> >> 4. These: Die Vergabe oder Übertragungsmöglichkeit von Nutzungsrechten
> >> durch Kauf und Verkauf ist nicht sinnvoll.
> >>
> >> Früher wurden Nutzungsrechte durch Waffengewalt erkämpft, der
> >> Stärkere siegte über den Schwächeren. Heute werden Nutzungsrechte
> >> durch Finanzgewalt erworben, der Finanzstarke siegt über den
> >> Finanzschwachen, und es werden Unsummen an Geldkapital an Grund und
> >> Boden gebunden, die im Wirtschaftskreislauf fehlen.
> >> Das widerspricht dem Wesen eines Rechtes. Nutzungsrechte an Grund und
> >> Boden könnten auch von der Kommune nach zu bestimmenden Regeln von
> >> demokratisch gewählten Gremien vergeben werden.
> >>
> >> Für Nutzungsrechte an Grund und Boden kann von der Kommune eine
> >> Grundsteuer erhoben werden, deren Höhe von der Nutzungsart
> >> (Landwirtschaft, Industriebetrieb, Wohngebäude) und der
> >> Grundstücksgröße abhängt.
> >>
> >> Soweit vorerst. Wären das Ziele für eine Politik der Piraten?
> >> Was meint ihr dazu?
> >>
> >> Peter Baum
> >
>
> --
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- [AG-GOuFP] Kein Eigentum an Grund und Boden!, Peter Baum, 12.08.2014
- Re: [AG-GOuFP] Kein Eigentum an Grund und Boden!, ukw, 12.08.2014
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