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ag-geldordnung-und-finanzpolitik - Re: [AG-GOuFP] Mailkommentar zur Diskussion mit Felber und Ubuntu

ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de

Betreff: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik

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Re: [AG-GOuFP] Mailkommentar zur Diskussion mit Felber und Ubuntu


Chronologisch Thread 
  • From: moneymind <moneymind AT gmx.de>
  • To: ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de
  • Subject: Re: [AG-GOuFP] Mailkommentar zur Diskussion mit Felber und Ubuntu
  • Date: Sun, 06 Jul 2014 14:17:53 +0000
  • List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/ag-geldordnung-und-finanzpolitik>
  • List-id: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik <ag-geldordnung-und-finanzpolitik.lists.piratenpartei.de>

Hallo Monika!

Moneymind sagt: Die (mir) weitaus sympathischere entspannte Haltung der Buddhisten (und, glaube ich, Daoisten) dem Untergangsquark gegenüber scheint eher die Ausnahme zu sein...

Auch Buddhisten haben so etwas wie eine Messias-Figur, die heißt Maitreya, "der gute Freund, die gute Freundin" - der Buddha der neuen Zeit. Seine Ankunft wird etwa im Jahr 2500 erwartet, andere Quellen nennen andere Zahlen. Die entspannte Haltung der Buddhisten ergibt sich daraus, dass definitiv jeder Buddhist angehalten ist, im eigenen Geist die Maitreya-Qualität zu entwickeln.


Mh, aber wenn ich das richtig verstehe (http://de.wikipedia.org/wiki/Maitreya), dann braucht es dafür

1) keinen "reinigenden globalen Weltuntergang" (Sintflut, Weltenbrand) wie im Christentum und bei den Ökos), also keine Apokalyptik (und um die hysterische apokalyptische Rhetorik der Ökobewegung ging es mir ja primär).

und

2) ist Maitreya eben kein "sich selbst opfernder Weltenretter" wie Jesus im Christentum oder die selbsternannten Untergangspropheten der Ökobewegung. Sondern eben - sehr entspannt - ein "großer kommender Weltlehrer. Der Name ist wahrscheinlich vom Sanskrit-Wort „maitri“ abgeleitet, das mit universale Liebe, Güte, Freundschaft oder Freundlichkeit übersetzt werden kann." (wikipedia).

Güte, Freundschaft und Freundlichkeit sind etwas ganz anderes, sehr viel bescheideneres, mir sehr viel sympathischeres als Untergangshysterie und Rettergeflehe, plus natürlich Dämonisierung der "Sünder" (z.B. bei den Ökos der "CO2-produzierenden profitsüchtigen Lemminge").

Auch in den asiatischen Kulturen gab es bronzezeitliche Opferkulte, die aber dort mit den geistigen Revolutionen der Achsenzeit eben zwar nicht völlig abgeschafft, aber doch transformiert wurden in eine Ethik der Nächstenliebe, der Achtung und des Respekts und der Freundschaft. Auch die griechischen Philosophen lehnten Opferhandlungen ab und verwarfen das apokalyptische Weltbild.

Die Jesusfigur dagegen ist aus meiner Sicht ein (mindestens teilweiser) Rückfall in archaisches apokalyptisches Opferdenken (das vom Judentum eigentlich schon überwunden worden war), aber in Verbindung mit einer Ethik der Nächstenliebe (die aus dem Judentum stammt).

Und leider sind für mich große Teile der Ökobewegung ebenfalls auf dieser apokalyptischen Schiene festgefahren. Im Mythos von den die Kontinente überschwappenden Meeren wegen der "anthropogenen Klimaerwärmung" feiert die gute alte Sintflut (übrigens in Mythen weltweit überliefert) fröhliche Urständ - und die rhetorische Wirkung beruht eben darauf, daß da archaische Ängste und Vorstellungen angesprochen werden.

Vermutlich braucht es eine "kritische" Masse, bis der Geisteszustand sich kollektiv etabliert hat.

Vielleicht auch eine kleine Gemeinschaft (nicht umsonst werden solche Geisteszustände in mönchischen Klostergemeinschaften angestrebt). Und selbst dort dürfte es nicht leicht sein.

Und letzte Frage: Hat hier jemand was gegen freie Energie und Leben ohne Geld? Eine freundliche mögliche Zukunft....


Gegen das Paradies hat niemand etwas, die Nostalgie für das Paradies (einen paradiesischen Urzustand, das goldene Zeitalter) ist eine global recht verbreitete kollektive Vorstellung und womöglich sowas wie ein menschliches Ur-/Grundbedürfnis.

Deine Vorstellung hat den Vorteil, daß man sich dabei toll fühlen kann und einem kaum jemand widersprechen wird. Darin sehe ich den eigentlichen psychischen Gewinn solcher Vorstellungen: man muß eigentlich nix machen, nur bißchen reden, und schon fühlt man sich gut und alle sind sich einig. Ist das nicht "uneingeschränkt gut", ohne jeden Haken?

Wenn's dann ums "machen" geht, sieht es schon etwas anders aus. Wenn Du mir "freie Energie" vorführst und es funktioniert, bin ich sofort dabei. Wenn Du mir stundenlange beschwörende und versichernde Vorträge darüber hältst - sorry.

Leben ohne Geld ist jederzeit möglich. Hast Du Dich - über "Vorträge" hinaus - schon mal damit beschäftigt, wo es das gab und wie es sich so damit lebte? Es schon mal selber ausprobiert?

Man kann das historisch in verschiedenen Situationen beobachten. In Stämmen zum Beispiel, wo es kaum Arbeitsteilung gibt, funktioniert das wunderbar. Aber auch in hoch arbeitsteiligen Gesellschaften wurde das oft gemacht. Zum Beispiel nach dem 2. Weltkrieg, als die Reichsmark völlig entwertet war. Man tauschte direkt. Frage doch mal Leute, die das erlebt haben (Großeltern), wie das so funktionierte und wie toll es war ohne Geld.

Oder nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion - da wird bis heute viel gebartert, ganz geldfrei. Schön beschrieben von David Woodruff in seinem Buch "Money Unmade - Russian Barter ...":

https://wiki.piratenpartei.de/AG_Geldordnung_und_Finanzpolitik/Quellen/sortiert_nach_person#Woodruff.2C_David

Vor einiger Zeit hab ich eine Doku über Leute gesehen, die von "Lichtnahrung" leben. Es wurden viele Wissenschaftler interviewt. Die Ernährungswissenschaftlerin sagte:" ...wenn das wirklich möglich ist, dann ist alles auf den Kopf gestellt, was ich gelernt hab". Mediziner sagten: "Geht nicht!" Chemiker bliesen in das selbe Horn. Einzig die Physiker, also die, die sich wirklich gut mit Materie auskennen, die waren davon überhaupt nicht überrascht. "Klar geht das!" sagten sie.


Mach es. Probiere es aus. Dann führe es vor. Vorträge halten und dann die "Message weitergeben" ist leicht. Was zählt, ist das praktische Ergebnis. Ich fürchte, hier geht es mehr um religiöse Partygespräche/-Vorträge als um Praxis mit Hand und Fuß. Von letzterer lasse ich mich gern überzeugen. Von ein bißchen modischem Gerede: sorry, no ty. Sind für mich fromme Sprüche für Flowerpowerparties und Sektentreffen.

Wenn Menschen sogar ohne Nahrung leben können, wieso sollten sie nicht auch ohne Geld leben können? Ich war kürzlich auf einem Vortrag, da erzählte einer, wie er ohne Geld lebt. Das Stadttheater war mit mehr als 300 Leuten rammelvoll.

Klar, die Kirchen sind sonntags auch immer rammelvoll. Für mich sind das psychische Rituale, die das Urbedürfnis der "Nostalgia for Paradise" bedienen und insofern eine gewisse psychologische Entspannungsfunktion haben, ähnlich der Funktion, die freies Sandkastenspiel vielleicht für Kinder hat. Aber sowenig ich ein 2-jähriges Kleinkind aus dem Sandkasten ans Lenkrad eines 10-Tonners (Sattelschlepper) setzen und auf die Autobahn schicken würde, sowenig will ich einen Lichtnahrungsfreak als Wirtschaftsminister, sorry. Letzterer braucht dann schon einen Führerschein für die Makro-Ökonomie (und leider gibt es da bisher mehrheitlich unfähige Fahrlehrer).

Für mich ist das vielleicht der übernächste Schritt. Ich glaub, es braucht den Zwischenschritt, dass das Geldsystem erst mal in Ordnung gebracht wird.

Aber klar doch, der übernächste. Da bist Du völlig safe, mußt nichts machen, nichts umsetzen, nichts durch Praxis beweisen. Das ist in den Diskursen des apokalyptischen + paradieserwarterischen Diskurses das übliche Denkmuster (vor den "Kommunismus" - Wiederkehr der Urkommunismus auf "höherer Stufenleiter" - hatten die Sozialisten ja auch die despotische Planwirtschaft und die "Diktatur des Proletariats", äh, der Partei gesetzt).

Wie genau hättest Du das "Geldsystem" denn "in Ordnung gebracht"?

Bitte nimmm es mir nicht übel, aber ich hab diese (von vielen 68ern ja auch lange gepflegte) praktisch folgenlose (oder dort nur Unsinn anrichtende) Denke SOWAS von satt.

Versteh mich nicht falsch. Die Intention und das Grundgefühl dahinter kann ich gut verstehen, ich halte es sogar für ein menschliches Grundbedürfnis ("Nostalgia for Paradise"). Aber ich bin der Meinung, 1) man sollte zwischen frommen Sprüchen und praktischer Politik unterscheiden, und 2) es zählt, was PRAKTISCH dabei herauskommt.

Words are cheap.

Nichts für ungut.




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