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ag-geldordnung-und-finanzpolitik - Re: [AG-GOuFP] Die ganz tiefen Ursachen

ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de

Betreff: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik

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Re: [AG-GOuFP] Die ganz tiefen Ursachen


Chronologisch Thread 
  • From: moneymind <moneymind AT gmx.de>
  • To: ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de
  • Subject: Re: [AG-GOuFP] Die ganz tiefen Ursachen
  • Date: Sun, 02 Mar 2014 14:22:10 +0000
  • List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/ag-geldordnung-und-finanzpolitik>
  • List-id: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik <ag-geldordnung-und-finanzpolitik.lists.piratenpartei.de>

Hi Bene,

Bene111 schrieb:

Die Grünen haben versagt? So eindeutig erscheint mir das nicht.
Ja Sie haben in der Regierung unter Schröder jeglichen neoliberalen Zeitgeist mitgetragen.

Aber ihr wisst schon noch, mit welchem ambitionierten Steuerprogramm sie 2013 angetreten sind? Ihr müsst euch mal Gedanken machen warum die Bevölkerung derartige Steuerkonzepte nicht mitträgt. Ich weiß es auch nicht, aber der Schlüssel muss da irgendwo liegen.


Ich versuche mal etwas genauer zu beschreiben, wie ich das meinte. Ich weiß, daß ich damit ideologisch sehr kontroverse Themen anspreche, und vermute, daß das auf großen Widerstand stoßen wird.

Nichtsdestotrotz:

Ich meinte das eher in langfristiger Perspektive. Die Grünen haben ihre Wurzeln ja in der radikalen Linken der 68er, die an sich schon eine völlig irre Vorstellung abgeliefert hat: zu einem Zeitpunkt, als die Gewerkschaften auf dem Höhepunkt ihrer Macht waren und die Arbeiter den historisch größten Wohlstand aller Zeiten erreicht hatten, lieferten diese "Linken" eine marxistische Kostüm-Show ab - wohl vor allem deshalb, weil sie sich von ihrer Elterngeneration abgrenzen wollten und dafür die Ideologie relativ willkürlich wählten, nach dem "relativen Provokationswert".

Diese Generation ist nach WK II geboren und konnte schon von da her die Erfahrung ihrer Elterngeneration überhaupt nicht verstehen. Die Auseinandersetzung mit Weimar und den 30er Jahren verlief nicht rational, sondern auf einer rein abstrakt moralischen Ebene - ohne jeden Einblick in die ökonomischen Entwicklungen, die den Hintergrund bildeten (Weltwirtschaftskrise, Finanzialisierung, etc.).

Aber innerhalb der Grünen wurde keine auch grundlegende wirtschaftstheoretische Klärung angestrebt, zunächst war man irgendwie nur abstrakt wirtschaftsfeindlich und fand dann das "Umwelt"-Thema und die quasi-religiöse Öko-Apokalyptik als Wählerstimmenfangthema - damit fand sich auch Resonanz in der CDU (auch das Christentum ist hat ja apokalyptische Anteile, und die entsprechenden Prediger / Propheten aus der CDU - Franz Alt z.B. - fanden sich dann auch).

Es ist die älteste Herrschaftsstrategie der Welt: wenn die Menschen sich an "Mutter Erde" versündigen (sprich: nicht das tun, was der so Drohende von ihnen verlangt), bestraft sie der Himmel - bei den Grünen wurde der Himmel etwas säkularisiert zur "Natur" bzw. zum "globalen Ökosystem". Krönung dieser Ideologie ist die Story vom "Treibhauseffekt" und vom "anthropogenen Klimawandel" (in Gestalt von Al Gores Filmchen). Die Daten-Fälschungen des IPCC sind ja mittlerweile glücklicherweise aufgeflogen.

Zentral war dabei die "Wachstums"-Kritik (Club of Rome 1972 - "Die Grenzen des Wachstums"). Leider wurde bei der Kritik des "Wachstums" mangels ökonomischer Kompetenz die stoffliche Ebene und die Ebene der Vermögenswerte, die durch die Entwicklung der Kreditzyklen bestimmt wird, völlig durcheinandergeworfen. BIP-Wachstum bezieht sich ja immer auf den Vermögenswert der produzierten Güter und nicht auf irgendwelche Gütermengen. Das BIP kann deshalb bei Kreditexpansion auch bei gleichbleibenden oder sinkenden verarbeiteten Gütermengen steigen.

Mit dieser Konfusion aber ließ sich die grüne "Wachstumskritik" z.B. wunderbar zur (Schein-)Legitimation wachstumsdämpfender Hochzinspolitik der Bundesbank und damit für die Erzeugung und Legitimierung von Massenarbeitslosigkeit nutzen. Darin bestand ihre wirtschaftspolitische Funktion, mindestens aber Wirkung.

Apokalyptische Wachstumskritik und neoliberale Deflationspolitik gingen eine heilig-unheilige Allianz ein und wurden zum herrschenden Gedankensystem - wider alle makroökonomische Vernunft.

Und nach und nach wurden die Grünen dann auch wegen des völligen Mangels an Grundlagenklärung und aus Mangel an überhaupt irgendeiner fundierten wirtschaftspolitischen Strategie dann auch selber neoliberal - genau wie die SPD, für die dafür allerdings erst noch der Marxismus in Gestalt des Realsozialismus zusammenbrechen mußte.

Die Anfälligkeit für die jeweils herrschende Ideologie ergab sich direkt aus dem Mangel an Grundlagenklärung, der eigentlich hätte angestrebt werden müssen.

Wenn die Grünen 2013 sinnvolle Steuerkonzepte vorgelegt haben, ist das ja immerhin schon mal ein Schritt in die richtige Richtung, wird aber weder ausreichen noch die Grundlagenklärung ersetzen können. Es ist erstmal eine schon etwas grundlegender ansetzende Reaktion auf die nicht mehr zu leugnende Krise der neoliberalen finanzkapitalistischen Spielanordnung als bloße Bankenrettungsprogramme.

Diese politökonomische Grundlagenklärung wird aber jetzt stattfinden müssen, und zwar - wie während und nach der Weltwirtschaftskrise - auf breiter Basis, und für alle Parteien. Und dabei wird eine Klärung der staats- und privatrechtlichen und kreditsystemtechnischen Fundamente des Keynesianismus angezielt werden müssen, damit das Lernen aus DIESER Krise - wenn hinterher in Europa überhaupt noch Chancen für Freiheit bestehen - weiter geht als das Lernen aus der Krise der 30er.

DARAN muß man jetzt - um 5 nach 12 - arbeiten - DAS ist wichtig (und AG-Thema) und wurde m.E. auch durch die Ökohysterie gerade verdrängt.




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