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ag-geldordnung-und-finanzpolitik - Re: [AG-GOuFP] Die ganz tiefen Ursachen

ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de

Betreff: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik

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Re: [AG-GOuFP] Die ganz tiefen Ursachen


Chronologisch Thread 
  • From: moneymind <moneymind AT gmx.de>
  • To: ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de
  • Subject: Re: [AG-GOuFP] Die ganz tiefen Ursachen
  • Date: Sat, 01 Mar 2014 14:09:21 +0000
  • List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/ag-geldordnung-und-finanzpolitik>
  • List-id: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik <ag-geldordnung-und-finanzpolitik.lists.piratenpartei.de>

Hi Thomas,

Überfluss an Produktivvermögen meinte ich.

Sorry, wenn ich nochmal nachfrage, aber ich verstehe immer noch nicht ganz: Überfluss in Bezug worauf? Mangel oder Überfluss kann doch nur relativ in Bezug auf einen Bedarf herrschen.

Wenn ich Hunger habe, alles esse was ich habe und immer noch Hunger habe, "habe ich einen Mangel" an Nahrung in Bezug auf meinen Hunger. Ist mein Hunger gestillt und es liegen immer noch Berge an Nahrung rum, "habe ich einen Überfluss" an Nahrungsmitteln.

Ist mein Hunger klein, ist eine absolut kleinere Menge an Nahrung "ausreichend". Ist er groß, "habe ich" bei derselben kleineren vorhandenen Nahrungsmenge "einen Überfluß".

Also: "Überfluß an Produktivvermögen" in Bezug worauf? Und was meinst Du mit "Produktivvermögen" genau? Die physischen Maschinen, Gebäude, etc.? Oder deren Vermögenswert? Oder beides? Wie hängt beides für Dich zusammen?

Irgendwie scheint Deine Argumentation in der Luft zu hängen, habe Schwierigkeiten, sie nachzuvollziehen.

Mir ist klar, dass man Sättigung auch oft auf die Nachfrage von Konsumgüter bezieht.

Produktivvermögenssättigung kann man daran festmachen, dass die Unternehmen Netto-Sparer geworden sind. Sie benötigen nicht mehr mehr Realkapital. Das Realkapital wächst also nicht, das Geldvermögen aber schon, was Probleme nach sich zieht.

Du meinst also: die Unternehmer machen zwar Gewinne, aber sie reinvestieren sie nicht in zusätzliche Produktionsanlagen, sondern "sparen" sie. Die Theorie, mit Unternehmenssteuersenkungen könne man die Unternehmer zur Erweiterung ihrer Kapazitäten anregen, stimmt also nicht.

Warum sparen sie? Vielleicht, weil sie sich vom Sparen ein besseres Ertrags-/Risiko-Verhältnis versprechen als von Erweiterungsinvestitionen. Erweiterungsinvestitionen (die zusätzliche Arbeitsplätze schaffen könnten) müssen sich ja lohnen, d.h. eine Rendite erwarten lassen, die über der Rendite von Geldsparen oder Anlage auf den Finanzmärkten liegt.

Wie kalkuliert ein Unternehmer nun, ob sich eine Erweiterungsinvestition rechnet oder nicht? Er stellt die Kosten den erwarteten Erträgen gegenüber. Welche Erträge er erwartet, hängt in erster Linie davon ab, ob er erwartet, seine zusätzlichen Produkte a) überhaupt verkaufen zu können, und b) zu welchem Preis. Auf der Kostenseite muß er auch die Zinsen einkalkulieren, die er für Kredite bezahlen muß. Daher kann die Zentralbank über eine Zinssenkung, die die Geschäftsbanken dann an die Kreditnehmer weitergeben, die Kostenseite von Realinvestitionen in gewissem Umfangn beeinflussen und dafür sorgen, daß sich mehr Investitionsprojekte als zuvor rechnen.

Finanziert er Erweiterungsinvestitionen dagegen aus Ersparnissen, braucht er keine Zinskosten zu berücksichtigen, und die Steuerungsfunktion des Zinses für seine Investition fällt weg.

Man kann natürlich die Sparer-Rolle der Unternehmer auch nur mit der derzeitigen Nachfrageschwäche begründen, worauf Bene abzielt, und was auch zweifelsfrei ein zentraler Punkt ist. Ich weiß jedoch nicht, ob das schon die ganze Wahrheit ist.

Unternehmer können natürlich jederzeit auch bei guten Ertragsaussichten für Erweiterungsinvestitionen darauf verzichten, diese umzusetzen, wenn sie nicht verschuldet sind (dies würde einen Renditezwang erzeugen und eher dafür sorgen, daß steigende Nachfrage und steigende Renditeerwartungen auch in Erweiterungsinvestitionen umgesetzt werden).

In den 50er und 60er Jahren war der Unternehmenssektor verschuldet, heute ist er Nettosparer und kann sich auch mal leisten, sich zurückzulehnen und mit den Gewinnen gemütlich ins globale Casino zu gehen. Die Gewinne hat man ja durch Steuersenkungen und Lohnsenkungen auf Kosten der Arbeitnehmer erzielt, was viel bequemer ist als über Erweiterungsinvestitionen.

Fazit: die Unternehmer beantworten politische Geschenke an sie (Steuersenkung und Lohnsenkung) eben NICHT mit Erweiterungsinvestitionen, sondern mit dem genauen Gegenteil. Also muß man sie auch genau gegenteilig behandeln, wenn man sie zu Erweiterungsinvestitionen bringen will: man muß dafür sorgen, daß sie sich wieder verschulden - *aber dadurch eben auch Gewinnmöglichkeiten erhalten*. Dann werden Gewinne wieder über reale Produktion erwirtschaftet anstatt durch bloße Umverteilung von unten nach oben.

Dafür braucht es, wie gesagt, einen Umbau der gesamten Spielanordnung, und dem muß ein Austauschen der derzeitigen neoklassisch fundierten "Navigationskarte" vorausgehen.




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