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ag-geldordnung-und-finanzpolitik - Re: [AG-GOuFP] Herr Huber hat nun doch eine Antwort geschrieben (Nicolai)

ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de

Betreff: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik

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Re: [AG-GOuFP] Herr Huber hat nun doch eine Antwort geschrieben (Nicolai)


Chronologisch Thread 
  • From: Keox <piratkeox AT googlemail.com>
  • To: Nicolai Haehnle <nhaehnle AT gmail.com>
  • Cc: ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de
  • Subject: Re: [AG-GOuFP] Herr Huber hat nun doch eine Antwort geschrieben (Nicolai)
  • Date: Fri, 06 Apr 2012 11:05:53 +0200
  • List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/ag-geldordnung-und-finanzpolitik>
  • List-id: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik <ag-geldordnung-und-finanzpolitik.lists.piratenpartei.de>

Hallo,

Am 05.04.2012 21:38, schrieb Nicolai Haehnle:



Der Vergleich zwischen bei Banken vorrätigem Vollgeld und Bargeld ist
m.E. nicht korrekt, da Bargeld jederzeit von der Zentralbank
nachgefordert werden kann. Wenn es zu ungewöhnlich hoher Nachfrage
nach Bargeld kommt (z.B. während der Finanzkrise), dann muss die Bank
einfach nur den höheren Bedarf bei der Zentralbank melden, und er wird
erfüllt - auch zu Krisenzeiten.

Natürlich ist theoretisch denkbar, dass der Bedarf so stark ansteigt,
dass die Druckerei nicht mehr hinterher kommt, aber das ist dann
lediglich ein technisches Problem. Die historischen Bankruns waren ja
nicht deshalb ein Problem, weil die Druckereien überfordert waren,
sondern weil die Banken keinen Weg hatten, um an neues Bargeld zu
kommen, weil es noch keine Zentralbank als Lender of Last Resort gab.



Angenommen alles Giralgeld wird abgehoben. Müßten die Banken dann nicht neue
ZB-Kredite in Höhe des Giralgelds aufnehmen? Haben die Banken dafür genügend
Sicherheiten und wie sieht es mit den Kosten für diese Kredite aus?

Das stimmt. Wenn das passiert, dann haben die Geldsystemautoritäten
zwei Möglichkeiten:

1. Sie geben zu, dass die Kapitalanforderungen unzureichend sind und
die betroffenen Banken in Wirklichkeit bereits *vor* dem Bank Run
hätten insolvent sein müssen.

2. Sie akzeptieren Sicherheiten niedrigerer Qualität.

Im Grunde beobachten wir zur Zeit, dass sich die Geldsystemautoritäten
für Variante 2 entscheiden, nur dass das eben etwas langsamer
geschieht als bei einem echten Bank Run.




Im Vollgeldsystem gäbe es keinen Grund für einen Bankrun auf Bargeld mehr, da unbares Geld auf Geldkonten 100% sicher wäre, selbst wenn alle Banken pleite gingen. Die Probleme die Du beschreibst wären obsolet. Falls es doch zu einem Bankrun auf Bargeld käme, würden die Banken konkret das unbare Geld der Kunden von deren Geldkonten direkt auf ihr Zentralbankkonto überweisen und sich dann auszahlen lassen und an die Kunden geben.


Das Vollgeld verhält sich dagegen wie das Bargeld vor den Zeiten einer
Zentralbank als Lender of Last Resort. Vollgeld kann die Bank nur dann
erhalten, wenn sich willige Sparer finden, die Bankanleihen zeichnen
oder Festgeldkonten eröffnen. Und natürlich ist es nur eine Frage der
Zeit, bis dies bei einer Bank nicht gegeben ist - und dann fangen die
Bank Runs wieder an.



Stimmt nicht ganz. Unbares Vollgeld wäre 100% vor Bankpleiten sicher. Du
meinst Sparguthaben. Für die sind aber Laufzeiten einzuhalten. Deshalb
sollte man von der Gefahr eines Bank Walk sprechen und nicht von einem Bank
Run.

Okay, Huber will also z.B. Tagesgeld verbieten, richtig? Lässt er sich
irgendwo darüber aus, welche Laufzeitenbeschränkungen ihm da
vorschweben?


Kann ich nicht genau sagen, aber ich habe etwas von einer Mindestlaufzeit von mehreren Tagen im Kopf. Wem das zu lang ist, müßte halt auf Zinsen verzichten und sein Vollgeld auf dem Geldkonto liegen lassen.

Aber diese Frage solltest Du Huber selbst stellen.




Ich sehe hier eine klare Dichotomie: *entweder* es gibt eine
Zentralbank, die als Lender of Last Resort agiert und damit die
Kontrolle über die Geldmenge aufgibt; *oder* es gibt Vollgeld über
dessen Geldmenge die Zentralbank volle Kontrolle ausüben kann, aber
diese Kontrolle wird damit bezahlt, dass Bank Runs möglich sind.



Laut HUber soll die Zentralbank in erster Linie "issuer of first instance"
sein, was aber nicht ausschließt, daß sie in Krisenzeiten auch gleichzeitig
vorübergehend die Rolle des lender of last resort ausüben könnte. Die ZB
hätte weiterhin jederzeit die Möglichkeit Kredite an Banken zu vergeben. Nur
sollte sie davon normalerweise kein Gebrauch machen. Ich kann deshalb keine
klare Dichotomie erkennen.

Das Problem ist, dass wir nicht einfach einen empirischen Test machen
können. Ich würde darauf wetten, dass du beim ersten Bank Run (bzw.
Bank Walk) davon abrücken müsstest. Aber ohne einen empirischen Test
können wir darüber natürlich streiten bis wir alt werden.



Die Finanzkrise war doch ein Test, kein Experiment im streng wissenschaftlichen Sinn, aber doch ein sehr guter Anhaltspunkt, um herauszufinden wieviel Sparguthaben nicht mehr bereit stünden. Gerade weil sich solch ein Bankrun auf Sparguthaben wegen ihrer Laufzeiten über einen langen Zeitraum hinzieht, sollte die ZB genügend Zeit haben, um in angemessener Weise vorübergehende Kredite an Banken vergeben zu können.

Warum sollte denn konkret Deiner Meinung nach die ZB nicht in der Lage sein, während einer Krise die Banken rechtzeitig und ausreichend mit Krediten zu versorgen, wenn Kunden ihre Sparguthaben liquidieren?



Gruß Keox

Schöne Grüße,
Nicolai

--
http://wiki.piratenpartei.de/AG_Geldordnung_und_Finanzpolitik
http://wiki.piratenpartei.de/BE:Squads/Geldordnung
http://wiki.piratenpartei.de/AG_Geldordnung_und_Finanzpolitik/ThemaGegenwaertigesGeldsystem : wird noch erweitert.
http://wiki.piratenpartei.de/AG_Geldordnung_und_Finanzpolitik/ThemaVollgeldreform: wird noch erweitert.




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