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ag-geldordnung-und-finanzpolitik - Re: [AG-GOuFP] Fragen zum Vollgeld

ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de

Betreff: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik

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Re: [AG-GOuFP] Fragen zum Vollgeld


Chronologisch Thread 
  • From: Keox aka Daniel Worofka <piratkeox AT googlemail.com>
  • To: ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de
  • Subject: Re: [AG-GOuFP] Fragen zum Vollgeld
  • Date: Tue, 28 Feb 2012 15:02:31 +0100
  • List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/ag-geldordnung-und-finanzpolitik>
  • List-id: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik <ag-geldordnung-und-finanzpolitik.lists.piratenpartei.de>

Hallo,

Am 28.02.2012 12:10, schrieb Nicolai Haehnle:
> Guten Vormittag,
>
> ich möchte einmal ein paar Fragen zu Vollgeld stellen, anhand dieses
> Interviews mit Huber, das über die Liste ging:
> http://www.n-tv.de/politik/dossier/Das-Ende-der-monetaeren-Fata-Morgana-article917399.html
>
> Die Fragen richten sich natürlich vor allem an die Experten zum Thema
> hier - mit dem Ziel, vielleicht auch die Dokumentation des Thema
> Vollgeld zu verbessern. Hier ein Zitat aus dem Interview:
>
>> Frage: Wie würde die Kreditvergabe innerhalb Ihres Vollgeld-Konzeptes
>> funktionieren?
>>
>> Genauso wie heute, nur mit einem wesentlichen Unterschied: Jeder Kredit
>> wäre vollständig
>> in Vollgeld zu finanzieren und könnte nicht mehr "multipel" in Form von
>> Banken-Giralgeld in
>> die Bilanz gezaubert werden.
>
> Ich verstehe das so, dass jede Kreditvergabe für die Bank nur noch ein
> Aktivtausch ist: das ZBG wird auf der Aktivseite entfernt und durch
> die Forderung an den Kreditnehmer ersetzt. Das ZBG wandert direkt auf
> ein Konto des Kreditnehmers. So weit richtig?

Ja

>
>> Das würde die Habenzinsen der Bankkunden verbessern
>
> Warum? Zunächst einmal wäre festzustellen, dass es auf Vollgeldkonten
> *überhaupt keine* Habenzinsen mehr gäbe, es sei denn, die Zentralbank
> würde direkt Zinsen auf das Geld auszahlen? Sehe ich das richtig?

Ja, keine Guthabenzinsen mehr für unbares Geld auf Konten.

>
> Das heißt, Habenzinsen gibt es nur noch für Bankkunden, die ihr
> Vollgeld der Bank zum Zwecke der Kreditvergabe explizit bereit
> stellen. Diese Kunden *verzichten* dabei explizit auf die Sicherheit,
> die durch Vollgeld garantiert wird. Konkret läuft das zum Beispiel
> darüber, dass sie Anleihen der Bank kaufen. Diese sind natürlich kein
> Vollgeld. Sehe ich das richtig?

Ja

Wie lange sollen die typischen
> Laufzeiten dieser Anleihen sein?

Das können die Vertragspartner frei entscheiden, aber man sollte wohl
Mindestlaufzeiten (eine Woche schlägt Huber glaube ich vor) als Staat
beschließen.

>
> Zu guter Letzt: warum sollten die "Habenzinsen" auf diese Anleihen
> höher sein als heute? Die Bank hat nach wie vor Aktiva, von denen
> Zinszahlungen hereinkommen, und sie verteilt diese Zinszahlungen auf
> ihre Passiva. Genau wie heute gibt es gleich viel Aktiva wie Passiva.
> Woher sollen also die höheren Zinsen kommen?

Das kann ich nicht beantworten. Persönlich gehe ich eher von niedrigeren
Zinsen aus, aber das hängt davon ab, was man alles durch Vollgeld ersetzt.

>
>> Eine Kapitalverknappung würde nicht eintreten, weil die Zentralbank stets
>> so viel Geld in Umlauf
>> geben kann wie benötigt wird.
>
> *Wie* gibt die Zentralbank dieses Geld in Umlauf? Und warum ist dann
> gewährleistet, dass dieses Geld auch letztlich dazu führt, dass die
> Passivseiten der Banken verlängert werden? Es könnte ja auch einfach
> auf Vollgeldkonten liegen bleiben, oder sehe ich das falsch?

Im Normalfall, indem es dem Staat als regelmäßige Seigniorage
"geschenkt" wird, als zinsloser und tilgungsfreier Kredit abhängig vom
Wirtschaftswachstum. Der Staat gibt es aus, so daß das Geld zu
Nichtbanken gelangt, die es sparen könnten.
Falls irgendetwas unvorhergesehenes passieren sollte, könnte die ZB
entgegen ihrer Grundabsicht jederzeit Kredite an Banken vergeben.

>
> Später im Interview:
>
>> Frage: Sie sagen, nur auf der Grundlage einer stabilen Geldordnung könne
>> es eine stabile
>> Finanzwirtschaft geben. Kann nicht auch die Kontrolle von Finanzgeschäften
>> oder eine
>> Steuer auf Finanzaktivitäten für mehr Stabilität sorgen?
>>
>> (...) Die Kosten der höheren Eigenkapitaldecke werden dann uns, den
>> Geldbenutzern, in Form
>> höherer Kreditzinsen oder noch geringerer Habenzinsen präsentiert.
>
> Erhöht das Vollgeld nicht auch de facto die Kapitalanforderungen? Zwar
> nicht in Eigenkapital, aber in Fremdkapital? Und sollten dann also
> nicht die gleichen negativen Effekte - wenn auch vielleicht in
> abgeschwächter Form - auftreten?

Eigenkapitalanforderungen könnte man wohl wie schon heute als Staat
verändern. Wie hoch sie sein sollten, weiß ich nicht.
Die Kosten für Fremdkapital werden die Guthabenzinsen sein. Es wird von
der Geldnachfrage und dem Geldangebot abhängen, wie hoch die Zinsen sein
werden. Huber will ja Vollgeld in Höhe des jetzigen Giralgeldvolumens in
Umlauf bringen. Dann wären jederzeit über 1000 Milliarden im Besitz von
Nichtbanken, die dieses Geld dann den Banken leihen könnten.
Ich bin inzwischen der Meinung, daß man auch die M2-Guthaben durch
Vollgeld ersetzen sollte/könnte/müßte. Dann wäre das Geldangebot 3000
Milliarden groß.
Im Vollgeldgeldsystem kann die Summe an Krediten größer werden als die
Geldmenge. Das sollte man bei all dem berücksichtigen.


Gruß Keox

>
> Das war es fürs Erste. Ehrlich gesagt sehe ich bei Prof. Huber
> ziemlich große Lücken, womöglich, weil er die Bilanzen nicht wirklich
> sauber durchgespielt hat. Aber vielleicht liegt es ja auch einfach
> daran, dass in einem Interview einiges zu kurz kommt. Also klärt mich
> bitte auf ;)
>
> Schöne Grüße,
> Nicolai

--
http://wiki.piratenpartei.de/AG_Geldordnung_und_Finanzpolitik
http://wiki.piratenpartei.de/BE:Squads/Geldordnung
http://wiki.piratenpartei.de/AG_Geldordnung_und_Finanzpolitik/ThemaGegenwaertigesGeldsystem
: wird noch erweitert und stellt keine endgültige Version dar.




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