Zum Inhalt springen.
Sympa Menü

ag-geldordnung-und-finanzpolitik - Re: [AG-GOuFP] ...daß man Geld nicht essen kann!

ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de

Betreff: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik

Listenarchiv

Re: [AG-GOuFP] ...daß man Geld nicht essen kann!


Chronologisch Thread 
  • From: Nicolai Haehnle <nhaehnle AT gmail.com>
  • To: Rolf Müller <rolf.mueller9 AT t-online.de>, ag Geldordnung <ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de>
  • Subject: Re: [AG-GOuFP] ...daß man Geld nicht essen kann!
  • Date: Thu, 23 Feb 2012 09:25:25 +0100
  • List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/ag-geldordnung-und-finanzpolitik>
  • List-id: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik <ag-geldordnung-und-finanzpolitik.lists.piratenpartei.de>

Hallo Rolf,

2012/2/23 Rolf Müller <rolf.mueller9 AT t-online.de>:
> gestern im Mumble hat
> ein Unbekannter "Kid Kenobi" einen Input geliefert der wohl ansonsten
> keine/kaum Beachtung gefunden hat, da er nur über die rudimentäre Chat
> Hilfsfunktion kommunizierte. Statement:
>
> /* Geld hat keine Wertaufbewahrungsfunktion! */

Das ist ein interessantes Statement, an der man - meines Erachtens -
eine schön Hypothese aufstellen kann, *warum* wir uns in der Misere
befinden, in der wir gerade realwirtschaftlich sind.

Zunächst: natürlich hat Geld eine Wertaufbewahrungsfunktion, genau
deshalb wird es verwendet.

Mein Einkommen repräsentiert den Wert, der meiner Arbeit beigemessen
wird, und ich kann diesen Wert in Form von Geld solange aufbewahren,
bis ich ihn in etwas anderes eintausche, das ich brauche.

Die Frage ist: wie gut ist Geld zur Wertaufbewahrung über verschiedene
Zeiträume geeignet?

Geld muss sich *immer* als kurzfristige Wertaufbewahrung eignen, sonst
wird es nicht verwendet und die Wirtschaft entmonetarisiert. Genau das
passiert in Hyperinflationen.

Für lange Zeiträume war Wertaufbewahrung in Geld aber immer
problematisch. Das lag zum einen an Inflation, vor allem aber lag es
daran, dass die politischen Systeme, die das Geld kontrolliert haben,
zu instabil und unberechenbar waren.

Insbesondere hat sich eine Kultur des "Sound Money" durchgesetzt, also
eine Geldmoral, in der staatliche Defizite als unmoralisch verpönt
waren. Das hat tatsächlich dabei geholfen, den Wert des Geldes zu
stabilisieren.

Im Laufe des letzten Jahrhunderts haben wir bei uns gelernt, diese
Probleme in den Griff zu kriegen. Objektiv gesehen hat sich Geld bei
uns in den letzten 60 Jahren ziemlich gut als Wertaufbewahrungsmittel
geeignet. Natürlich kann man mit dem Finger auf für das Individuum
bessere Alternativen zeigen, aber man muss anerkennen, dass
Wertaufbewahrung in Geld recht passabel funktioniert hat.

Das merken die Menschen natürlich, und ändern ihr Verhalten angesichts
dieser neuen Erfahrung.

Die Menschen sparen also in Geld, und auf einmal ist "Sound Money"
keine gute Idee mehr. Denn die wahre Inflationsbarriere für
Staatsausgaben ist nicht, dass man einen ausgeglichenen Haushalt haben
sollte. Die wahre Inflationsbarriere für Staatsausgaben befindet sich
in der Realwirtschaft. Die Frage muss immer lauten: Ist das Defizit
für die Wirtschaft zu groß oder nicht?

Solange die Menschen nicht in Geld sparen, kann man diese Frage recht
gut durch "Ist der Haushalt langfristig ausgeglichen?" ersetzen. Diese
Frage ist viel einfacher zu beantworten, und ist eine gute Annäherung
an die Frage, die wirklich interessiert. Aber eben nur solange, wie
die Menschen nicht in Geld sparen.

Wir haben also Gedankengut und Moralvorstellungen, die für das
Erreichen des Status Quo - ein ziemlich wertstabiles Geld - sehr
nützlich waren. Das Problem ist nur, dass sie uns heute, wo das Geld
inzwischen langfristig wertstabil ist, auf einmal auf neuartige Weise
schaden.

Können wir als Gesellschaft dazulernen?

> => ToDo Liste für uns:
> - Bildungsarbeit: Jeder sollte Verstehen was Geld heute ist. Basis ist
> das Wissen um die Geldschöpfung durch Kreditvergabe.

+1

> - Wir müssen die omnipräsente Illusion auflösen, daß Geld eine
> Wertaufbewahrungsfunktion hat. [Harte Nuß - Ein kluger Mann hat einmal
> gesagt: "Die Forderung eine Illusion aufzugeben ist die Forderung, einen
> Zustand aufzugeben, welcher der Illusion bedarf."]

Wie gesagt: es hat tatsächlich eine Wertaufbewahrungsfunktion. Die ist
vielleicht nicht perfekt. Aber wenn du das so formulierst,
widersprichst du der tatsächlichen Lebenserfahrung der Menschen, und
das ist keine gute Idee.

> - Suche nach verbliebenen anachronistischen Relikten im gegenwärtigen
> Geldsystem aus
> der Zeit als Geld anders definiert war (enthaltene
> Wertaufbewahrungsfunktion: Golddeckung) und deren ggf. Eliminierung.

Ich würde einmal behaupten, dass sich Geld zu Zeiten der Golddeckung
weniger gut zur Wertaufbewahrung geeignet hat als heute - weil die
jeweiligen Herrscher die Golddeckung im Zweifelsfall immer einfach
aufgehoben oder angepasst haben.

Wenn du dir die Daten zu Inflation ansiehst wirst du das bestätigt finden.

Schöne Grüße,
Nicolai
--
Lerne, wie die Welt wirklich ist,
aber vergiss niemals, wie sie sein sollte.




Archiv bereitgestellt durch MHonArc 2.6.19.

Seitenanfang