ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de
Betreff: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik
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- From: "Uwe Krüger Winands" <ukw AT berlin.com>
- To: AG-Geldordnung-und-Finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de
- Subject: Re: [AG-GOuFP] Endogene und Exogene Geldsysteme
- Date: Sat, 11 Feb 2012 19:08:25 -0500
- List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/ag-geldordnung-und-finanzpolitik>
- List-id: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik <ag-geldordnung-und-finanzpolitik.lists.piratenpartei.de>
+1 Danke Christoph, lesen lohnt sich wieder. Ich glaube, Dein Buch ist ein
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Flensburg.
@ Liste: wie wirken Axels Beiräge dagen auf Euch?
> ----- Original Message -----
> From: CU_Mayer AT Menschen-gerechte-Gesellschaft.de
> Sent: 02/12/12 12:23 AM
> To: 'tobego', AG-Geldordnung-und-Finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de
> Subject: Re: [AG-GOuFP] Endogene und Exogene Geldsysteme
>
> Ahoi,
>
> zum Thema „Wie kann eine Kreditvergabe ohne Zins funktionieren?“:
>
> Nicht die Zinshöhe ist entscheidend sondern die Alternativen der
> Geldanlage. Wenn Geld von sich aus an Wert verliert, wie jede andere
> Handelsware auch, dann lohnt sich > die Investition auch dann, wenn sie nur
> den Wert des Geldes erhält.
> Ein Ausschnitt zum Regelmechanismus in einem System mit umlaufgesichertem
> Geld (nur eines der erarbeiteten Modelle, es gibt noch andere):
> Da ein wichtiger Motor für Renditestreben die Angst vor Verlust von
> Vermögen ist, wäre es auch wichtig, den Vermögenserhalt auch in einem
> zinslosen System aufrecht zu
> erhalten. Findet eine Geldentwertung durch Demurrage (fließendes Geld) oder
> auch Inflation statt, dann muss für Investoren ein Gelderhalt garantiert
> sein.
> Bei der Demurrage würde derselbe Betrag zurückbezahlt werden, der vorher
> einbezahlt wurde (weil es keine Inflation gibt).
>
> Wenn man ein zinsloses Finanzsystem anstrebt, muss man neue Lösungen für
> den Zins-Regelungsmechanismus finden. Denn man muss ja verschiedenen
> Risiken Rechnung tragen. Dieser würde wie folgt erzeugt werden:
>
> Der Kreditantrag wird von der Bank bewertet. Die Kriterien dazu bleiben wie
> bisher: Kreditwürdigkeit, Einkommen, vergangene Zahlungsmoral,
> Sicherheiten,
> Qualität des Geschäftsplans usw.
> Der Kreditnehmer muss eine Versicherung über den entliehenen Betrag
> abschließen. Die Versicherungsgebühr würde der Kreditnehmer bezahlen
> müssen. Die Höhe des
> monatlichen Betrages würde auf der Bewertung der Bank basieren und vom
> Versicherungskonzern festgelegt werden. Die Bank hat das Recht, unseriöse
> Versicherungsverträge
> nicht anzuerkennen und in diesem Fall die Kreditvergabe zu verweigern.
> Umgekehrt werden auch Banken einem Rating unterzogen. Vergeben Banken
> leichtfertig Kredite, die
> dann zum Verlust führen, kann der Versicherungskonzern ein höheres Risiko
> ansetzen.
> Da der Versicherungsbetrag die Höhe des Risikos widerspiegelt, wäre damit
> der Regelungsmechanismus ersetzt, den heute der Zins übernimmt.
> Risikogeschäfte müsste der
> Kreditnehmer nach wie vor mit einem Risikoaufschlag bezahlen. Nur gibt es
> eben kein exponentielles Schuldenwachstum durch Zinseszins mehr, sondern
> einen konstanten oder
> sinkenden Risikoversicherungsbeitrag. Schulden können also schlimmstenfalls
> monatlich um den Versicherungsbetrag steigen, nicht mehr.
> Ebenso kann die Rückzahlungsdauer als Regelung verwendet werden. Das geht
> so:
>
> Je höher das Risiko, desto schneller muss der Kredit abbezahlt werden. So
> kann man dort z.B. eine Rückzahlung innerhalb von 4 Jahren fordern, was
> einer monatliche Rate von ca. 2% des geliehenen Betrags entspricht.
>
> Bei geringem Risiko (wie ein Wohnungskauf bei gesichertem Einkommen) könnte
> die Rückzahlung innerhalb von 20 Jahren angesetzt werden, was monatlich ca.
> 0,4% des
> geliehenen Betrags entspricht.
> Auch auf diese Weise ist ein Regelungsmechanismus möglich, der die
> Verteilung und die Wettbewerbsfairness bei Kreditvergabe sinnvoll
> reguliert. Die „optimale Verteilung
> von Ressourcen“, die bisher behauptete unersetzbare Funktion des Zinses,
> wird also vollständig ersetzt. Ohne die negativen Nebenwirkungen durch
> exponentielles
> Vermögenswachstum.
>
> deutsche Banken prüfen Kredite relativ gut, die Kreditausfallrate liegt bei
> ca. 2%.
>
> Das Prinzip einer Versicherung ist, dass alle einen kleinen Betrag zahlen
> und damit eine geringe Anzahl Schadensfälle abfangen.
>
> Das heißt hier, dass im Durchschnitt 2% (+Verwaltungsaufschlag) der
> Gesamtsumme als Versicherungsbeiträge bezahlt werden, also bei 100.000 Euro
> im Durchschnitt gesamt
> 2.000 Euro. Je nachdem, wie hoch das Risiko für den Kredit eingestuft wird,
> muss der Geldnehmer einen höheren Prozentsatz zahlen oder einen geringeren
> (wohlgemerkt nicht jährlich sondern über die Gesamtlaufzeit hinweg!).
>
> Der Satz kann sogar noch kleiner sein, denn: Der Schuldner wird durch die
> Versicherung nicht vollständig entlastet sondern bleibt für seine Schuld
> haftbar (wobei es einen gewissen Prozentsatz Fälle mit Privatinsolvenz
> gibt), die Versicherung sichert jedoch den Geldgeber gegen Verlust oder
> Zahlungsverzögerung ab. Die Schuldner müssen also in vielen Fällen im Lauf
> der Zeit ihre Schuld begleichen, wodurch die Versicherungskosten niedriger
> liegen als bei 2%, damit auch die Versicherungsbeiträge.
>
>
>
> In keinem Fall werden die Beiträge im Erfolgsfall zurückbezahlt, sonst wäre
> es ja keine Versicherung. Versicherungen stehen in gegenseitiger Konkurrenz
> und können nicht einfach beliebigen Profit aus so etwas schlagen. Wenn man
> das Thema Profit komplett ausschalten will, kann man das Modell „Social
> Business“ von Nobelpreisträger Mohammad Yunus verwenden. Unternehmen nach
> diesem Prinzip sind normale Wirtschaftsunternehmen, jedoch dürfen sie keine
> Gewinne ausschütten, müssen diese durch Preissenkungen oder Reinvestition
> an die Kunden weitergeben.
>
>
>
>
>
> Zur Frage:
>
> „Was ist der Unterschied zwischen Gewinn aus unternehmerischer Tätigkeit
> und Zinsen?
>
> Eine Versicherung hat Kapital und wettet darauf, dass Du als Kreditnehmer
> nicht ausfällst, erwartet dafür eine risikogerechte Entlohnung -- das ist
> für mich Zins.“
>
>
>
> Der Unterschied ist: Der Unternehmer leitet ein Unternehmen, erbringt die
> Leistung der Organisation, Analyse des Kurse und der Steuerung. Der
> Unternehmer trägt das Risiko seines Geschäftes, kann damit Gewinn erzielen,
> wenn er es richtig macht und kann auch Schiffbruch erleiden, wenn er
> suboptimal handelt.
>
> Jedenfalls bis zu einem Grad, in dem sein Einkommen noch in einem Bereich
> liegt, der noch durch Bedürfnisbefriedigung verwendet werden kann (das
> Höchstvermögen in Deutschland liegt um Faktor 200.000 über dem
> Durschschnittsvermögen von 91.500 Euro, wieviel müsste er wiegen, wenn er
> so viel mehr essen würde?) hat der Unternehmer sein Einkommen durch aktives
> Handeln/ Leistung und getragenes Risiko verdient.
>
>
>
> Bei Aktienrenditen und –kursgewinnen trägt der Anleger das kleinste Risiko
> - er kann innerhalb von 5 Minuten verkaufen – das größte Risiko tragen die
> Mitarbeiter des Unternehmens und die von den Kunden bezahlte Leistung
> bringen ebenfalls die Mitarbeiter. Der Aktienbesitzer erbringt während
> seines Aktienbesitzes keinerlei Leistung. Das so erzielte
> Vermögenseinkommen macht 420 Mrd. Euro jährlich aus.
>
>
>
> Bei Zinsen handelt es sich letztlich um Kreditverträge, der Kreditempfänger
> bekommt Geld für z.B. Investitionen und trägt das Risiko für seine
> Unternehmung. Scheitert er, dann bleibt er verschuldet und verpflichtet,
> das Geld zurückzuzahlen. In einigen Fällen klappt dies nicht. Das betrifft
> 2% der Kreditvergabegelder innerhalb der Kreditlaufzeit. Ich kenne zwar die
> durchschnittliche Kreditlaufzeit bis zum Kreditausfall nicht, sie ist aber
> sicher höher als 1 Jahr. Nehmen wir an, es sind 10 Jahre. Dann muss die
> Bank also einen durchschnittlichen Risikoaufschlag von 0,2% pro Jahr, bei
> 100.000 Euro Kredit also 200 Euro jährlich, gesamt 2.000 Euro berechnen.
> Dazu kommen 1,6% des Gesamtbetrages jährlich Verwaltungsaufwand und
> Inflationsausgleich der Bank (das entspricht dem Schnitt), also 1600 Euro
> jährlich, gesamt also 16000 Euro. Macht zusammen Kosten von 18.000 Euro
> innerhalb 10 Jahren, die dem Kreditgeber zugestanden werden sollten.
>
> Der risikobezogene Anteil beträgt also, bezogen auf die realen Kosten, im
> Schnitt ganze 11%. So groß ist also das Risiko des Kreditgebers nicht –
> und: er trägt nichts durch Eigenleistung bei (im Unterschied zum
> Unternehmer). (Vorsicht mit den Zahlen diesbezüglich, dass wir aufgrund der
> exzessiven Geldschöpfung heute eine Inflation haben, die klar über 1,6%
> liegt, diese Zahl kommt aus dem Schnitt der vergangenen Jahre.)
>
>
>
> Zins bedeutet nicht eine jährlich gleichbleibende Rate von 1,8% sondern
> eine Rate von durchschnittlich ca. 5%, die wiederverzinst wird, also durch
> Zinseszins exponentiell wächst. Aus 100.000 Euro werden dadurch innerhalb
> 10 Jahren 162889 Euro. Die Differenz, 44.889 Euro ist der Gewinn des
> Kreditgebers, der nicht durch Risiko oder Inflation oder Verwaltungsaufwand
> erzeugt wird sondern durch die Machtverhältnisse auf dem Geldmarkt.
>
>
>
> Das hört sich noch nicht so schlimm an, doch je länger die Laufzeit, desto
> krasser wird die Differenz.
>
> 100.000 Euro nach 10 Jahren: 162.889€, nach 20: 265.330, 30: 432.194, 40:
> 703.998, 50: 1.146.740 Euro
>
>
>
> Dazu kommt, dass die Reichsten in Deutschland wesentlich höhere Renditen
> einstreichen, Du kannst mal die Renditen ausrechnen, die die Milliardäre
> minimal erzielt haben müssen, um in der Zeit ihres Vermögensaubaus auf das
> heutige Vermögen gekommen zu sein. Bei den Aldi-Brüdern sind das >22% (wenn
> sie nichts ausgegeben hätten). Umgerechnet ist das ein Stundenlohn von
> brutto ca. 500.000 Euro. Zeige mir einen Menschen, der diese Wertschöpfung
> durch seine eigene Leistung erzeugt.
>
>
>
> Darüber hinaus wir Einkommen aus Vermögen wesentlich geringer besteuert als
> Einkommen aus Arbeit. Die Renditen werden sogar faktisch mit nahezu 0%
> versteuert, wenn sie aus Anlagen vor 2008 stammen.
>
>
>
> Dann argumentieren ganz schlaue, dass der Zinseszinseffekt ja nicht gelte,
> weil die Empfänger der Zinsen und Renditen das Geld ja über Ausgaben wieder
> in die Wirtschaft bringen. Doch je reicher die Menschen, desto weniger
> geben sie anteilig für Konsum aus. Bei der Einkommenskategorie >5.000 Euro
> monatlich liegt die Konsumquote bei 50%,
> (http://www.destatis.de/jetspeed/portal/cms/Sites/destatis/Internet/DE/Content/Statistiken/WirtschaftsrechnungenZeitbudgets/LaufendeWirtschaftsrechnungen/Tabellen/Content75/KonsumausgabenGebietsstaende,templateId=renderPrint.psml)
> bei den Superreichen bei ca. 1%. Das bedeutet: Sie bringen das Geld eben
> nicht zurück in die Wirtschaft, sondern sie sparen stattdessen immer mehr
> und mehr an. Nicht nur, dass sie einmal getätigte Anlagen laufen lassen,
> sie schließen immer neue Geldanalagen ab.
>
>
>
> Fakt ist: 550 Mrd. Euro jährlich sind Vermögenseinkommen aus Zinsen, 420
> Mrd. aus Renditen (Aktien & Co) + sonstige = 1.030 Mrd. Euro jährlich. Das
> wären 12.875 Euro jährlich pro Bürger (inkl. Rentner & Kinder). Praktisch
> haben die einkommensmäßig gesehen unteren 80% nahezu keinen Anteil daran
> (wieviel hat Du pro Jahr (als Informatiker gehörst Du vermutlich zu den Top
> 40%)? Deine Freunde?), die oberen 10% in Deutschland ca. 60% Anteil daran,
> in den USA haben die oberen 1% 60% Anteil daran.
>
>
>
> Christoph
>
>
>
>
>
>
>
>
>
>
>
> Von: ag-geldordnung-und-finanzpolitik-bounces AT lists.piratenpartei.de
> [mailto:ag-geldordnung-und-finanzpolitik-bounces AT lists.piratenpartei.de] Im
> Auftrag von tobego
> Gesendet: Freitag, 10. Februar 2012 23:12
> An: AG-Geldordnung-und-Finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de
> Betreff: Re: [AG-GOuFP] Endogene und Exogene Geldsysteme
>
>
>
>
>
> Am 09.02.12 22:28, schrieb Heinz-Ulrich Eisner:
>
> Am 09.02.2012 22:12, schrieb Nicolai Haehnle:
>
>
>
>
> Deswegen unterstütze ich auch Zinsen - denn es hat noch niemand einen
> Vorschlag gebracht, wie Kreditvergabe ohne Zinsen funktionieren
> könnte.
>
> Den Vorschlag gibt es schon ewig lang: du mußt nur Geldhaltung mit Kosten
> belasten.
>
> der Negativzins, Schwundgeld und co ist das gleiche in Grün - wie du es
> nennst oder ob du vorher oder nachher zahlst = zins
> lg
> t
- Re: [AG-GOuFP] Endogene und Exogene Geldsysteme, (fortgesetzt)
- Re: [AG-GOuFP] Endogene und Exogene Geldsysteme, Stephan Schwarz, 09.02.2012
- Re: [AG-GOuFP] Endogene und Exogene Geldsysteme, Nicolai Haehnle, 10.02.2012
- Re: [AG-GOuFP] Endogene und Exogene Geldsysteme, tobego, 10.02.2012
- Re: [AG-GOuFP] Endogene und Exogene Geldsysteme, Martin Ternes, 08.02.2012
- Re: [AG-GOuFP] Endogene und Exogene Geldsysteme, Uwe Krüger Winands, 09.02.2012
- Re: [AG-GOuFP] Endogene und Exogene Geldsysteme, Uwe Krüger Winands, 09.02.2012
- Re: [AG-GOuFP] Stil und Arbeitsweise (was: Endogene und Exogene Geldsysteme), Hilmar Benecke, 09.02.2012
- Re: [AG-GOuFP] Endogene und Exogene Geldsysteme, Uwe Krüger Winands, 09.02.2012
- Re: [AG-GOuFP] Endogene und Exogene Geldsysteme, Uwe Krüger Winands, 11.02.2012
- Re: [AG-GOuFP] Endogene und Exogene Geldsysteme, Nicolai Haehnle, 12.02.2012
- Re: [AG-GOuFP] Endogene und Exogene Geldsysteme, Uwe Krüger Winands, 12.02.2012
- Re: [AG-GOuFP] Endogene und Exogene Geldsysteme, Keox aka Daniel Worofka, 12.02.2012
- Re: [AG-GOuFP] Endogene und Exogene Geldsysteme, Uwe Krüger Winands, 12.02.2012
- Re: [AG-GOuFP] Endogene und Exogene Geldsysteme, Uwe Krüger Winands, 16.02.2012
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