ag-drogen AT lists.piratenpartei.de
Betreff: Mailingliste der AG Drogen- und Suchtpolitik
Listenarchiv
- From: Chris Lüders <chlueders AT googlemail.com>
- To: Mailingliste der AG Drogen <ag-drogen AT lists.piratenpartei.de>
- Subject: Re: [AG-Drogen] Grundpositioniertes Programmgerät
- Date: Tue, 25 Oct 2011 13:35:35 +0200
- List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/ag-drogen>
- List-id: Mailingliste der AG Drogen <ag-drogen.lists.piratenpartei.de>
Also, ich stimme an sich deinen Argumenten gegen ein Verbot im Prinzip zu, nur reicht
meine Vorstellungskraft nicht so ganz aus um mir vorzustellen, was passieren
würde, wenn es keine Altersbegrenzungen mehr für Drogen gäbe. Ich kann mir
einfach nicht vorstellen, dass das gut ginge. Und das mit der Situation von
"damals" zu vergleichen, wo es gar keine Altersbegrenzung für solche Dinge gab,
empfinde ich als schwierig, denn es ist nicht mehr "damals" die Generation heute
ist absolut nicht mehr zu vergleichen. Wir haben die Massenmedien und einfach
eine ganz andere Entwicklung und der Gesellschaft. Damals hat vielleicht die
Kassiererin den kleinen Heinz gekannt, der für seinen Papa Schnaps und Zigaretten
holt. Also ist der kleine Heinz nicht losgestiefelt und hat sich damit betrunken.
Also, was ich damit sagen will, es gab (zumindest auf den Dörfern) noch eine
gesellschaftliche Kontrolle. Das fällt heute ja im Prinzip weg und generell sind viele
Sachen einfach mal anders und das bedeutet, dass die Ausgangssituation eine
ganz andere ist und darauf muss flexibel reagiert werden.
Wie gesagt, ich würde solche Sachen immer sehr gerne Testen "A vs. B Test,
eine Stadt mit und eine Stadt ohne Altersbegrenzungen für Jugendliche und
gucken was passiert" natürlich ist das nicht so ohne weiteres möglich, aber interessant
wäre es allemal.
Und zu dem Thema Rauchen habe ich eine Meinung, die dir vermutlich gar nicht gefällt.
Tabak passt für mich eigentlich gar nicht die Riege der anderen Drogen, weil ich
den Sinn dahinter gar nicht verstehe. Ich habe selbst geraucht, ich verstehe mich selbst
nicht mehr und ich verstehe auch keinen Menschen der raucht. Komme ich nicht hinter
und konnte mir auch noch keiner erklären. Viel Geld bezahlen, damit man seinem Körper
schadet, sonst passiert nichts. Macht für mich irgendwie keinen Sinn...
Natürlich fühlt sich da jeder Raucher tierisch von dieser Meinung angegriffen, aber ich
kann da einfach nicht gegen an. Soll jeder konsumieren was er will, aber Raucher hatten
immer einen extremen Sonderstatus, der völlig ungerechtfertigt war und jetzt haben sie ihn
nicht mehr und kommen denn eben zu solchen Standpunkten wie deinen:
"[...]und fange aber meistens dann wieder an,weil mir dieses Gutmenschentum und dieser Hass militanter Antiraucher
so auf den Keks gehen, dass ich mich offen hinstelle und sage "Ich
rauche"."
Und da kann ich auch mit einem Zitat von dir Antworten:
(Diese Aussage) ist an (Entschuldigung) Infamie und Unsachlichkeit kaum mehr zu überbieten.
Das militante Antirauchertum hat sich nun mal daraus entwickelt, dass Nichtaucher
Jahrzehnte lang Opfer (ja, klingt übertrieben, aber so fühlt man sich) von dem ignoranten Verhalten
und den Sonderrechten von Rauchern waren. Und jemand der nicht raucht, versteht nun mal in der
Regel diese Ignoranz von Rauchern nicht. Ich will hier keine Personengruppen über einen Kamm
scheren, aber ich mache ja auch so meine Erfahrungen und die sind mit Rauchern etwas schwierig.
Und ich war ja auch mal Raucher und weiß, wie unfair man sich da behandelt fühlt, von der Gesellschaft
und sowieso - zu Unrecht.
Grüße,
Chris
Am 25. Oktober 2011 11:38 schrieb Pyrena <pyrena AT daoc-infos.de>:
Liebe Mitlesende,
> und Wein ab 16 legal sind, und das Rauchen und Spirituosenab 18,
> Letztendlich weiß ich nicht wirklich warum es sein muss, dass Bier
> macht für mich einfach absolut keinen Sinn. Das ist zwar eineSo lange ist es ja noch nicht, dass Rauchen erst ab 18 erlaubt wurde.
In meiner Jugend gab es (wenn ich mich recht erinnere) überhaupt keine
Altersbeschränkungen, denn ich habe mit 10 Jahren odr so meinem
Großvater immer seine Schachtel Zigaretten und zwei Flaschen Bier
gekauft und von den 2 Mark, die er mir gab, durfte ich das Restgeld
(so 50 Pfennig) behalten. Heute piepst es an der Supermarktkasse, wenn
man eine Packung Mon Cherie kauft.
Ich glaube nicht, dass die Jugendlichen heute viel dämlicher sind als
vor 40 Jahren. Man ist nur auf einem Zwangsschutz-Trip und man nimmt
damit den Menschen immer mehr die Chance, selbst zu lernen und selbst
Erfahrungen zu machen. Als ich das erste Mal in den USA war (so vor 25
Jahren oder so), hab ich mich gewundert, wie die Kinder dort in Watte
gepackt wurden. Mittlerweile ist es bei uns ganz genau so. Ich
bezweifle, dass das gesund im Sinne von Eigenverantwortung und
Selbstbestimmung ist.
Leider ist das heute nicht mehr der Fall. Ein paar der Verbote habe
> Warum muss das mit 16 erlaubt sein? Und wenn man immer damit kommt,
> dass man doch möglichst niemanden Einschränken will und das man
> die Jugendlichen in Ihrer persönlichen Entfaltung stört und das
ich oben schon angesprochen, aber es gibt weitaus mehr. Die
persönliche Entfaltung Einzelner zählt heute überhaupt nichts mehr
(was ich als falschen Weg empfinde).
Auch hier mal ein Beispiel von "damals" und heute: Ich hatte so mit
> Aber ich bin ein Freund der Wissenschaft und die besagt, dass es
> nicht gesund ist in der Entwicklung einen Vollrausch zu haben (JA
> ich wiederhole mich),
16,17 mal einen schlimmen Vollrausch. Ich kam heim, hab erst mal eine
gefangen und wurde ins Bett gesteckt. Am nächsten Tag hatte ich ein
irrsinniges Kopfweh, mir war schlecht und ich habe daraus gelernt,
dass sinnloses Saufen schlecht ist.
Mein Sohn hatte mit 14 oder 15 mit Freunden irgendwo gesoffen.
Irgendwer hatte eine Flasche Wodka dabei (wer will kommt immer an
sowas ran). Mein Sohn war Alkohol nicht gewohnt, wollte der Tolle sein
und hat ich weiß nicht wie viel von diesem Wodka gesoffen. Er hatte
fast eine Alkoholvergiftung. Die Freunde haben (zum Glück) einen
Krankenwagen gerufen und er wurde in die Klinik gebracht. Dort wurde
ihm der Magen ausgepumpt und er bekam irgendwelche Schmerzmittel und
wurde in künstlichen Schlaf versetzt. Am nächsten Morgen wollte ich
ihn (wie am Abend besprochen) abholen, aber das ging nicht, denn dann
war erst ein Zwangsgespräch mit einem Psychologen nötig, der aber erst
um 15:00 Uhr da sein konnte. Der hat sich dann mit ihm unterhalten,
mit mir, mit meiner Frau. Mein Sohn hatte keinerlei Nachwirkungen, ihm
ging es blendend und er ließ, wie er es ausdrückte "das Gelaber des
Typen" über sich ergehen. Sein leichter Schock, als er sich im
Krankenhaus wiederfand, war schnell verflogen. In der Woche darauf kam
der Psychologe zu uns nach Hause, hat 1/2 Stunde mit ihm und genau so
lang mit meiner Frau und mir gesprochen, anschließend kam dann noch ein
Anruf vom Jugendamt mit der Aufforderung zu einem Gespräch.
Ich hatte das Gefühl, dass ihm das Ganze zwar unangenehm war, aber das
wars dann auch. Ich hatte nicht das Gefühl, dass da ein Lerneffekt
oder sowas vorhanden war. Ich hab mich zwar auch mit ihm unterhalten
und ihm erklärt, warum ich selbst so gut wie keinen Alkohol
konsumiere, aber ich hatte auch dabei das Gefühl, dass das zum einen
Ohr rein geht und zum anderen raus.
Nicht nur dieses Erlebnis hat mich in meiner Meinung darin bestärkt,
dass der heutige Umgang mit Drogen falsch ist.
Aber es spielt in diese Diskussion hinein, ist meiner Meinung nach
> Von Sucht wollte ich hier gar nicht anfangen, das ist nochmal ein
> ganz anderes Thema.
sogar ein wichtiger Punkt, denn damit kann man jedes Argument
erschlagen. Weiter unten gehst du, Chris, ja auch auf das Thema
Rauchen ein (ok, es kam nicht von dir, aber du hast +1 gegeben) mit
einer ähnlichen Stigmatisierung.
Mag sein, dass viele Menschen meinen, sie könnten nicht mit Rauchen
aufhören. Ich kenne zig Leute, die meinen, sie kämen nicht ohne Kaffee
aus und wenn die morgens aus irgendeinem Grund keinen Kaffee bekommen,
sind sie sowas von unleidlich, das habe ich nicht mal von starken
Rauchern während eines Überseefluges erlebt.
Ich selbst höre immer wieder für einige Monate zum Rauchen auf (völlig
ohne Probleme, ohne Tricks) und fange aber meistens dann wieder an,
weil mir dieses Gutmenschentum und dieser Hass militanter Antiraucher
so auf den Keks gehen, dass ich mich offen hinstelle und sage "Ich
rauche". Ich gehe übrigens auch, wenn ich in Rauchverbotskneipen sein
muss, niemals raus um zu rauchen, höchstens um denen, die das tun,
Gesellschaft zu leisten. Ich rauch dann halt nicht (und ich hab
Phasen, da rauch ich mehr als eine Schachtel am Tag).
Rauchern das selbst bestimmte Handeln abzusprechen, Konsumenten
anderer Genussmittel das aber zugestehen, ist an (Entschuldigung)
Infamie und Unsachlichkeit kaum mehr zu überbieten. Das hat auch
nichts mit einer großen Tabakfirma zu tun, deren Scheinheiligkeit und
Geschäftsgebahren fast an die WHO rankommt.
Ich habs shcon mal geschrieben: ich halte es für gefährlich,
Konsumenten der einen Droge gegen Konsumenten einer anderen Droge
auszuspielen. Das dient nur den Prohibitionisten.
(PS: Was ganz anderes: Chris, hattest du mal ne FIDO-Mailbox?)
Gruß,
Pyrena
mailto:pyrena AT daoc-infos.de
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