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ag-drogen - Re: [AG-Drogen] Infobrief

ag-drogen AT lists.piratenpartei.de

Betreff: Mailingliste der AG Drogen- und Suchtpolitik

Listenarchiv

Re: [AG-Drogen] Infobrief


Chronologisch Thread 
  • From: "Georg von Boroviczeny" <georg AT von-boroviczeny.de>
  • To: "'Liste: AG_Drogen'" <ag-drogen AT lists.piratenpartei.de>
  • Subject: Re: [AG-Drogen] Infobrief
  • Date: Wed, 27 Jan 2010 13:41:51 +0100
  • List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/ag-drogen>
  • List-id: "Liste: AG_Drogen" <ag-drogen.lists.piratenpartei.de>

wir sind deutlich unterschiedlicher Meinung/Auffassung zu diesem Thema, bzw.
dazu, was und wie darüber veröffentlicht/zur Diskussion innerhalb der
Berliner PP gestellt werden kann, nun ja, das belebt die Diskussion hier.
Auch wenn ich mit dir wenig übereinstimme, werde ich mir deine Argumente
durch den Kopf gehen lassen und ev. auch was übernehmen.
Bei einer so großen Differenz: warum machst du nicht einen Vorschlag in
deinem Sinne?

zu einigen deiner Argumente:
> Gewagte Annahme! Du hältst Dich doch sicher für politisch aktiv. Dann bist
> Du sicher auch informiert genug, um ohne Weiteres über den Antrag "Der
> Einsatz proprietärer Software in öffentlichen >Verwaltungen wird
> untersagt." abzustimmen, ohne dass ich Dir da noch Erläuterungen zu gebe.
ich habe für mich 3 Strategien zu Entscheidungen (Abstimmungen)
1.) ich habe kein Interesse an einem Thema (kann und darf vorkommen), dann
enthalte ich mich, bzw. stimme nicht ab und überlasse die Entscheidung denen
in der Partei, die dieses Thema behandeln und die das interessiert; ich traue
ihnen auch so weit, dass ich schlicht ihre Entscheidung an-/hinnehme
2.) ich interessiere mich für ein Thema/halte es für -sehr- wichtig, habe
aber nicht die Zeit/Ressourcen/Vorwissen, um zu entscheiden, abzustimmen.
Dann suche ich mir jemanden, der mein Vertrauen hat und delegiere die
Abstimmung (hat Ähnlichkeit mit 1.), ist aber aktiv)
3.) ich interessiere mich für ein Thema/halte es für -sehr- wichtig, habe
Vorwissen oder recherchiere so weit, bis ich eine Entscheidung treffen kann;
auch dabei muss ich in der Regel dem Urteil/Meinung o.Ä. anderer trauen (ich
kann und will nicht alles alleine und selber erforschen), es ist aber meine
aktive Verantwortung und aktives Handeln, wem ich traue und warum.

dein Beispiel wäre für mich (ohne das Thema an sich zu werten) Fall 1;
ansonsten, ohne dazu irgendwie recherchiert zu haben: a.) öff. Verwaltung
hat teilweise proprietäre Aufgaben/Probleme, kann/soll daher dafür
proprietäre Software einsetzen, b.) open source ist günstiger und besser
kontrollierbar als der Einsatz proprietärer Software, also dagegen

> Interessant. Quelle bitte! Ich kenne nur die *BVerfG*-Entscheidung zur
> Duldung (nicht Legalität) des Besitzes geringer Mengen für den Eigenbedarf.
kann sein, dass du Recht hast, aber ich sprach nicht vom Besitz kleiner
Mengen, sondern vom Konsum an sich (auch dazu gibt es ein Grundsatzurteil).
Es ist lange her, ich erinnere mich so und es passt auch eher zum BGH, denn
es handelt sich dabei nicht um eine Verfassungsfrage; BVerfG hat in diesem
Bereich (war ziemlich aufsehenerregend, Anfrage kam von einem Richter) zur
Frage von einem verfassungsmäßigem Recht auf Rausch (incl. Cannabis, ich
erinnere mich so, dass der Streit/Prozess von C. ausging) geurteilt (und es
abgelehnt)

>> so denken auch die Kollegen aus NRW (siehe
> >http://wiki.piratenpartei.de/Crew:AK/Drogenpolitik_NRW/Programm);
>
>Nochmal: Das ist für Berlin völlig irrelevant.
Diesen deinen Satz lehne ich absolut ab, im Gegenteil, ich halte die
Meinung/Arbeit anderer Mitpiraten sehr wohl für relevant und eine solche
Aussage für arrogant

Noch eines zu 'Cannabis als Medizin': Auch der längste Weg beginnt mit dem
ersten Schritt (chinesisch, kein Autor/Volksweisheit)

Georg

-----Ursprüngliche Nachricht-----
Von: ag-drogen-bounces+georg=von-boroviczeny.de AT lists.piratenpartei.de
[mailto:ag-drogen-bounces+georg=von-boroviczeny.de AT lists.piratenpartei.de] Im
Auftrag von Benjamin Braatz
Gesendet: Mittwoch, 27. Januar 2010 09:16
An: ag-drogen AT lists.piratenpartei.de
Betreff: Re: [AG-Drogen] Infobrief

On Wed, 27 Jan 2010 03:29:21 +0100 "Georg von Boroviczeny"
<georg AT von-boroviczeny.de> wrote:
> Ich weiß jetzt nicht, in wie weit du die Historie des Entwurfs
> verfolgt hast, denn der 1. Absatz stammt so original aus der
> Wahlkampfplattform NRW,

Was nicht heißt, dass er so, wie er ist, gut sein muss, und erst recht nicht,
dass er bei uns in Berlin irgendeine Chance hat.

> zudem gehe ich davon aus, dass politisch Aktive (wer in einer Partei
> ist, ist/will, denke ich, aktiv sein) als erwachsene Menschen über
> grundlegende Fragen einigermaßen informiert sind, nicht alles
> haarklein 'beigebracht' bekommen müssen.

Gewagte Annahme! Du hältst Dich doch sicher für politisch aktiv. Dann bist Du
sicher auch informiert genug, um ohne Weiteres über den Antrag "Der Einsatz
proprietärer Software in öffentlichen Verwaltungen wird untersagt."
abzustimmen, ohne dass ich Dir da noch Erläuterungen zu gebe.

Mann, Mann, Mann. Bloß, weil jemand politisch aktiv ist, heißt das nicht,
dass er über *jedes* Thema top-informiert ist. Gerade, wenn das Thema
umstritten ist, sollte man mit offenen Karten spielen und angeben, welche
Quellen man zur Untermauerung hat und welche man aus welchen Gründen nicht in
Betracht zieht.

Erschwerend kommt hinzu, dass so ein Beschluss ja auch eine Außenwirkung hat.
...

> Die prohibitive (richtiges Wort, siehe weiter unten in deinem Text,
> 'prohibitionistisch' dazu sehe ich, dass dieser Ausdruck von meiner
> Rechtschreibung rot markiert wird, als unbekannt/Fehler; Duden kennt
> es nicht
> http://www.duden.de/suche/index.php?suchwort=prohibitionistisch&suchbe
> reich=mixed)

http://www.duden.de/suche/index.php?suchwort=prohibitiv&suchbereich=mixed
Die Beispiele sind interessant: "Prohibitive Preise" verhindern, dass ich
etwas kaufe. "Prohibitive Steuern" halten von dem besteuerten Verhalten ab.
"Prohibitive Politik" verhindert, dass ich mich mit dem Thema beschäftige???

"Prohibitionistisch" wird auch von meiner Rechtschreibprüfung angekreidet,
ist aber regelmäßig von "Prohibition" abgeleitet.

Es sollte neben "frag-einen-anwalt.de" auch "frag-einen-germanisten.de"
geben. ...

> (auch Konsum! deren 'Legalität' musste vom BGH per Urteil entgegen den
> Vorstellungen der Behörden/Regierung festgestellt werden),

Interessant. Quelle bitte! Ich kenne nur die *BVerfG*-Entscheidung zur
Duldung (nicht Legalität) des Besitzes geringer Mengen für den Eigenbedarf.

> das Ziel, Besitz, Verkauf/Kauf/Verkehr mit diesen Substanzen und den
> Konsum zu unterbinden ist wohl in toto gescheitert, das brauche ich
> wohl nicht zu belegen?

"in toto"? Ja, es ist nicht einfach. Aber ein Anhänger der "drogenfreien
Gesellschaft" wird sich davon wohl kaum abhalten lassen.
Es ist ja auch kein Argument für die Legalisierung von Mord oder Betrug, dass
diese täglich trotz des Verbots stattfinden.

Wenn das hingegen so selbstverständlich ist, dass Du es nicht mal belegen
musst, warum ist es dann so verwunderlich, dass "sogar"
Regierung und Behörden das zugeben?

> > > ist die Kriminalisierung ansonsten gesetzeskonformer Konsumenten
> > Das muss genauer. Das Verbot von Alkohol am Steuer ist auch
> > "Kriminalisierung ansonsten gesetzestreuer Autofahrer" und die die
> > Prohibition von Steuerhinterziehung ist die "Kriminalisierung
> > ansonsten gesetzestreuer Unternehmer".
> ich halte dein Argument für unrichtig: Erwerb, Besitz Konsum etc. von
> Alkohol ist legal, das eben im Gegensatz zu den 'illegalen' Drogen; es
> ist nur die Teilnahme am Straßenverkehr unter Alkoholeinfluss
> verboten. Dass es neben Drogenbesitz etc. weitere Straftaten gibt
> (siehe StGB), ist hier nicht das Thema

Ich verstehe Dein Gegenargument nicht. Es geht darum, dass "Kriminalisierung
ansonsten gesetzeskonformer XXX" ein Null-Argument ist. *Jedes* Strafgesetz
ist eine Kriminalisierung ansonsten gesetzeskonformer Bürger.

Wenn es darum geht, dass dies eine Straftat ohne Gefährdung und/oder
Schädigung Dritter ist, dann sollte das dort auch stehen. Dann ist auch der
Unterschied zu den (meisten) anderen Gesetzen klar.

> Organisierte Kriminalität finde ich im Duden nicht, aber Wikipedia
> schreibt es auch ausdrücklich so, beide Worte jeweils groß

Nein, tut sie nicht. Dort habe ich als erstes nachgeschaut, auch wenn
Wikipedia kein Argument ist (Idiotie der Masse und so ...). Die ersten x
Vorkommen sind halt am Satzanfang, also natürlich groß. Die Vorkommen im
Inneren der Sätze sind uneinheitlich, aber überwiegend klein.

> Zu Cannabis (als Medikament)
> auch mein Ziel ist eine Legalisierung aller Drogen; ich denke, dass
> das in der PP auch konsensfähig ist/sein könnte, derzeit aber in der
> Gesamtbevölkerung sehr wahrscheinlich NICHT Daher der 'erste
> Schritt': für die Zulassung als Medikament ist ein Konsens erreichbar,
> danach sehen wir weiter

Die Argumentation ist mir bekannt und ich teile sie nicht.

Wenn Du sie aber teilst, dann wäre die logische Folge, die Argumentation für
eine totale Umkehr der Drogenpolitik aus dem Antrag herauszuhalten und *nur*
die Freigabe von Cannabis als Medizin anzugehen.

Beschlüsse sind niemals nur "intern". Wenn also aus den ersten beiden
Absätzen hervorgeht, dass Du/wir eine totale Umkehr wollen, dann verschreckst
Du die "Gesamtbevölkerung" sowieso, dann kannst Du es auch gleich richtig
fordern.

> > > Sie fordert die Bundesregierung auf, Cannabis von der Anlage 1 des
> > > BtMG in die Anlage 3 zu transferieren.
> > Das verstehen nur Eingeweihte. Abkürzungen bei der ersten Verwendung
> > ausschreiben, also "Betäubungsmittelgesetz (BtMG)". Und "Anlage 1"
> > und "Anlage 3" erläutern, also "Anlage 1 (nicht verkehrsfähige
> > Mittel)" und "Anlage 3 (verschreibungsfähige Mittel)".
> Ich weiß nicht, für eine Forderung/Veröffentlichung (sofern darüber
> ein Konsens hergestellt ist) denke ich, reicht die einfache Angabe;

Beschlüsse werden auch irgendwo gesammelt und veröffentlicht. Deswegen
sollten sie so verständlich wie möglich sein. Diese minimalen Änderungen
machen das sehr viel lesbarer.

> so denken auch die Kollegen aus NRW (siehe
> http://wiki.piratenpartei.de/Crew:AK/Drogenpolitik_NRW/Programm);

Nochmal: Das ist für Berlin völlig irrelevant.

> in der Erklärung zur Vorlage will ich das Detail aber mit aufnehmen

Warum überhaupt eine Trennung in Antragstext und Begründung? Für
Satzungsanträge ergibt das ja noch Sinn, für Programmanträge nicht.
Wenn ein programmatischer Antrag ohne Begründung nicht verständlich ist, ist
er schlecht.

> Studien aus der BRD gibt es (meines Wissens) nicht, da C. eben 'nicht
> verkehrsfähig', damit bleiben nur 'internationale';

"nach anerkanntem internationalem medizinischem Wissen" benutzt
"international" aber verstärkend, nicht einschränkend.

> wenn du da ein wenig dich umschaust (auch z.B. in Wikipedia), wirst du
> entdecken, dass es positive wie negative (besonders Nebenwirkungen
> hervorhebende) Studien gibt;

Dann ist "anerkanntes Wissen" also eine glatte Lüge?

> für eine kurze und knappe [...] Erklärung muss nicht alles haarklein
> belegt werden;

Für einen Programmantrag sehr wohl. Sonst wird der einfach abgelehnt.
Die Erweiterung des Programms ist eh umstritten. Wenn das dann noch
hemdsärmelig begründet und geschrieben ist, kommst Du damit nie durch.

> nur bei Nachfragen sollte man was parat haben

Bei Nachfragen möchtest Du also parat haben, dass "anerkanntes Wissen"
bei Dir bedeutet, dass es "positive wie negative Studien" gibt.

Übrigens: Möchtest Du bei Nachfragen auch antworten: "Das kommt gar nicht von
mir. Das habe ich so aus NRW übernommen."?

Na dann viel Spaß auf der LMV und besonders bei der anschließenden Kandidatur!

> Wenn wir C. als Medikament fordern, so eben NICHT als 'Schleichweg'
> für einen Konsum;

Da lesen sich aber die ersten beiden Absätze des Antrags ganz anders!

> damit würden wir uns unglaubwürdig machen, die Idee total ruinieren;

Persönlich hätte ich nichts dagegen, die meiner Meinung nach Schnapsidee
"Cannabis *nur* als Medikament" total zu ruinieren.
Da Du sie aber offensichtlich magst: Warum ruinierst Du sie dann mit den
ersten beiden Absätzen des Antrags?

Ich würde einem ordentlich formulierten Antrag, der mit der Argumentation des
Abbaus opferloser Straftaten die langfristige komplette Freigabe fordert,
sogar *mehr* Chancen einräumen. Freiheit ist (im Gegensatz zu Medizin) ein
piratisches Kernthema.

Grüße
Benjamin





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