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ag-bauen-verkehr - Re: [Ag-bauen-verkehr] Steuerermäßigung für Erdgas/Autogas als Kraftstoff verlängern

ag-bauen-verkehr AT lists.piratenpartei.de

Betreff: Bundes-AG Bauen und Verkehr Diskussionsliste

Listenarchiv

Re: [Ag-bauen-verkehr] Steuerermäßigung für Erdgas/Autogas als Kraftstoff verlängern


Chronologisch Thread 
  • From: Gunnar Kaestle <gunnar.kaestle AT gmx.net>
  • To: Bundes-AG-Bauen-und-Verkehr <ag-bauen-verkehr AT lists.piratenpartei.de>
  • Cc: NDS AG-Bauen-Verkehr <NDS-AG-Bauen-Verkehr AT lists.piratenpartei.de>
  • Subject: Re: [Ag-bauen-verkehr] Steuerermäßigung für Erdgas/Autogas als Kraftstoff verlängern
  • Date: Tue, 14 Aug 2012 08:31:11 +0200
  • List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/ag-bauen-verkehr>
  • List-id: Bundes-AG-Bauen-und-Verkehr <ag-bauen-verkehr.lists.piratenpartei.de>

Moin Andreas,

schau die mal diese Analyse hier an, die Zusammenfassung reicht
(S. 3-6, um auf den Geschmack zu kommen:
Tipping Point
Kurzfristige systemische Folgen des Rückgangs der globalen Ölproduktion
http://www.feasta.org/documents/risk_resilience/Tipping_Point_Gesamt.pdf

Wenn Du die Pendlerpauschale abschaffen willst, hast Du meine vollste
Unterstützung, denn sie hat unter anderem zur örtlichen Trennung von
Arbeit und Wohnen geführt. Das führt letztenendes über die Jahre zu
Siedlungsstrukturen, die eines der stabilsten Elementen in unserer
Gesellschaft darstellen, die sich nur ganz langsam ändern lassen.

In den USA sehen Kritiker in der Suburbia (leben in den Vorstädten und
Pendeln zum Arbeitsplatz) eine der größen Angriffspunkte bzgl. des
Peak-Oil-Risikovektors. Was ist, wenn dies plötzlich im Wert verfällt?
Das entspricht einer Immobilienkrise hoch zwei, weil der Auslöser nicht
nur irgendwelche Subprimekredite sind, die bei nachlassender Entwicklung
einer Bubble nicht mehr durch Sicherheiten gedeckelt sind, sondern alles
strukturell an Wert verlieren, wenn die Vorstadt - ähnlich wie durch den
Exodus nach der Wende - der Mensch an Bevölkerung verliert? Wenn dieser Prozess zu schnell einsetzt, dann haben wir ein Problem. Dann kann man die Investitionen der letzten 50 Jahre in Bezug auf unsere
Siedlungsinfrastrukur abschreiben.

Aber es geht bei Peak-Oil nicht nur darum, die Auto-Pendellei zu
beschränken oder einem die Urlaubsfahrt mit dem Wagen madig zu machen. Er ist schlicht und einfach so, dass der Transport von Waren und Gütern zu niedrigen Transaktionskosten (trotz manchmal negativer Auswirkungen) die Effizienz einer Wirtschaft verbessert. Man steht halt in Konkurrenz zu örtlich weit entfernten Anbietern, regionale Schutzinseln gibt es nicht. Auch der Arbeitsmarkt (obwohl diesen aufgrund der Einkommenen-lieferndne Funktion, auf das die meisten Leute bis zu Einführung eines Grundeinkommens nicht verzichten könnent) hat eine größere Vielfalt, wenn ein Arbeitgeber in München auch Leute in Augsburg oder Ingolstadt anspricht.

Ich sehe im Thema Peak-Oil als das Beispiel für die erste größere, peakende Energieressource ein sehr gravierendes Problem, das eventuell unsere Gesellschaft komplett umkrempeln wird. Das Mad-Max-Szenario halte ich für unwahrscheinlich, aber nicht an den Haaren herbeigezogen.
Die Alternative Erdgasfahrzeug ist ein Bausteil, um aus der Klemme herauszukommen, eine Übergangslösung obwohl ich auch langfristig in der Kombination von E-Auto + CNG-Verbrennungmotor als Range-Extender einen Platz für Erdgas/Biogas/Windmethan als chemischen Treibstoff sehe. Auch wenn es mit der grünen Brille opportun erscheint: "Prima, lass uns doch allen unnötigen Verkehr (wie die Pendlerei) unterbinden, weil dann die Leute zu Fuß oder mit dem Fahrad ins Buro gehen sollen" ist das aus meiner sich Schädlich, nur hieraus zu setzen. Dass ist, als ob Du einem Menschen mit einer schweren Lungenentzündung die Antibiotika verwehrst und ihn mit Bachblütentee kurieren willst. Ich halte das für verantwortungslos.

Gruß,
Gunnar


Andreas Witte schrieb:

Hallo Gunnar,

Ich danke dir für deine Ausführliche Antwort.

Bis auf die These, dass Mobilitätseinschränkungen zu Depressionen
führen geht deine Antwort aber leider an der von mir aufgeworfenen
Fragestellung vorbei, zumindest kann ich keine Antwort erkennen.

Wenn man Mobilität fördern kann, kann man auch darüber nachdenken,
einen Selbstverzicht attraktiver zu machen. Und hier ist eben mein
Gedanke, die Wohnnähe zum Arbeitsplatz als Maßstab zu nehmen.
Natürlich werden Leute weiterhin in Urlaub oder die Oma besuchen
fahren ,aber das kommt weniger häufig vor wie der Pendelweg.

Nehmen wir mal an, jeder hätte die Möglichkeit die Verlagerung des
Wohnsitzes in die unmittelbare Umgebung seines Arbeitsplatzes
abzusetzen. Bei mehr wie 2 Kilometern auch gerne nur einen relativen
Anteil, der der prozentualen Verringerung der Pendelstrecke
entspricht oder so was. Auch über was sich alles Absätzen lässt und
wie weit der Verlustvortrag reichen darf kann man streiten.

In Summe lösen sich nicht nur irgendwelche Teilbetrachtungen über
einen Erdölausstieg, sondern auch eine ganze Menge Verkehrsprobleme
auf den Einfallstraßen in die Städte. Wenn ich das entfallene
Straßenbauvolumen zusammen mit den gesparten Ausgaben für die
Pendlerpauschale (weil sich die Pendelwege verkürzen) über mehrere
Jahre zusammenrechne, dann muss ich einfach feststellen, dass damit
am einfachsten Steuergeld gespart wird. Dem kann man entfallende
Steuereinnahmen der sogenannten Ökosteuer entgegenstellen, aber du
willst ja ohnehin politisch ein "Wegdriften", womit auch dieses
Argument ausgehebelt wäre. Abgesehen davon: Was nicht in den Tank
kommt, wird auch so früher oder später irgendwie anders ausgegeben,
womit wenigstens die üblichen direkten & indirekten
Konsumsteuern/abgaben draufkommen und der Ausfall weniger stark wird,
wie man ihn bei einer eindimensionalen Berechnung (Ölgesamtverbrauch
* Preis * Steueranteil * Anteil für Entfallenden Verkehr) scheinen
lassen könnte.

Wie du schon richtig feststellst, der Transport von Waren und Gütern
wird weiterhin zentrale Grundlage der Wirtschaft sein. Nur, dass der
"nichtverringerbare Restverkehr" besser funktioniert, wenn Alle mit
einen 8 to 16 - Job am immer gleichen Bürostuhl fußläufig ins Büro
kommen anstatt 30, 60 oder wie in Bayern oft auch mal 100 km
einfachen Weg in die Arbeit zu fahren (gibt viele Pendler
Nürnberg->München).

Ich hoffe du hast meinen Gedankengang etwas verstanden. Ich glaube
das dieser Lösungsansatz besser, da genereller ist, als nur über
Steuererleichterungen für Erdgasfahrzeuge zu reden.


Grüße Andreas


-----Ursprüngliche Nachricht-----

Andreas Witte schrieb:

Wie wäre es denn mal damit, wenn wir uns nicht mehr darüber
unterhalten, wie man Mobilität billiger macht, sondern wie man
Mobilitätsbedürfnisse minimiert???

Immer geht es um Subventionen für Mobilität, egal ob kostenloser
ÖPNV oder Steuervergünstigungen für Erdgas-PKW...

Der wesentliche Kniff ist daran, dass man die Leute weg vom Öl
bringt. Und zwar am besten dadurch, ohne dass sie ein Schmerzensgeld
für Verzicht auf Transportdienstleistung an die OPEC zahlen.
Klassisches und knappes Öl ist zu verteuern - z.B. durch eine
Anpassung der Steuer auf Heizöl
(https://lqfb.piratenpartei.de/lf/initiative/show/4250.html) und
gleichzeitiger Aufstockung der KfW-Fördermittel. Das sind etwa 20%
des Deutschen Mineralölverbrauchs.

Der größte Brocken wird vom Verkkehrssektor gefressen, ca 60% (~60
Mio Tonnen jährlich). Hier muss man sich mit Nachdruck von dem
volatilen Erdölpreisen befreien, die einen die Wirtschaft ruinieren
können. Auf der einen Seite könnte man über eine weitere Anhebung der
Diesel- und Bezinsteuersätze ein Wegdriften zu Alternativen
beschleunigt werden. Das entspräche dem Vorgehen nach
Rimini-Protokoll. http://de.wikipedia.org/wiki/Rimini-Protokoll

Auf der anderen Seite könnte man die Alternativen auch attraktiver
machen: - ÖPNV (ich rede nicht von einer Umlagenfinanzierung, sondern
einfach mal nur dass einer da ist den man nutzen kann und der auch
noch nach 20 Uhr fährt - z.B. als Anruf Sammel Taxi) - CNG-Antriebe:
Das kann man relativ schnell umsetzen, technologisch ausgereift. Für
den Schwerlastverkehr die einzig realistische Möglichkeit, die Bahn
hat gar nicht die Kapazitäten alle LWKs zu übernehmen. - E-Autos: Mal
schauen wie lange das noch dauert.

Es ist nun mal so, dass eine Einschränkung von Mobiliätsbedürfnissen
(nur das wenigste ist Cruisen, nur um die Zeit totzuschlagen) meist
zu rezessiven bis depressiven Tendenzen führt. Dazu muss man sich nur
einmal die zwei Ölpreisschocks der 70er Jahre anschauen. Der
Transport von Gütern und Menschen ist in unser arbeitsteiligen
Gesellschaft nach wie vor essentiell.

Gruß, Gunnar


Hier ist ein kürzlich veröffenlicher Bericht der Bundesbank zum
Thema: Der Rohölpreis und seine Bedeutung für die Konjunktur in den
Industrieländern
http://www.bundesbank.de/Redaktion/DE/Downloads/Veroeffentlichungen/Monatsberichtsaufsaetze/2012/2012_06_rohoelpreise.pdf?__blob=publicationFile

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