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Betreff: Bundes-AG Bauen und Verkehr Diskussionsliste
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Re: [Ag-bauen-verkehr] Steuerermäßigung für Erdgas/Autogas als Kraftstoff verlängern
Chronologisch Thread
- From: Robert <robertk81 AT me.com>
- To: Bundes-AG-Bauen-und-Verkehr <ag-bauen-verkehr AT lists.piratenpartei.de>
- Subject: Re: [Ag-bauen-verkehr] Steuerermäßigung für Erdgas/Autogas als Kraftstoff verlängern
- Date: Tue, 14 Aug 2012 01:24:21 +0200
- List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/ag-bauen-verkehr>
- List-id: Bundes-AG-Bauen-und-Verkehr <ag-bauen-verkehr.lists.piratenpartei.de>
Hallo,
also mal ganz ehrlich, wirklich durchdacht sind diese diversen Varianten von
"soll doch jeder zu seinem Arbeitsplatz ziehen" aber nicht, oder?
1. Für wen soll so etwas eigentlich genau funktionieren? Single,
kontaktfreudig, ultraflexibel?
Was ist mit denen, die mit einem Partner zusammen leben, der nicht zufällig
den gleichen Beruf hat? Richtig, einer muß immer pendeln. Am besten Beide,
denn man möchte die Last vielleicht gleichmäßig verteilen und zieht in die
Mitte zwischen beide Jobs.
Was ist mit denen, die vielleicht sogar noch Kinder haben? Dürfen die dann
bei jedem Berufswechsel, selbst wenn man eigentlich in der Region bleibt,
Schule, Freunde und ihre Umwelt wechseln? Sicherlich ganz hervorragende
Voraussetzungen für eine fantastische Kindheit.
Menschen, die ihre Eltern und Großeltern unterstützen/pflegen/versorgen
wollen/müssen?
Und die nicht so kontaktfreudigen Singles verlieren beim ersten Berufswechsel
ihren mühsam gefundenen Freundeskreis und dürfen sich auf "allein in der
Großstadt, The Series" freuen. Dufte.
Wie viele bleiben nun übrig, die wirklich von so einer Umzugspauschale
profitieren könnten?
2. Wollen wir wirklich, daß alle entweder in Industriegebieten oder in der
Großstadt leben? Hast Du Dir mal die Mieten in München angesehen? Hast Du die
mal mit den Mieten in Freising, Moosburg, Gammelsdorf verglichen (für andere
Großstädte finden sich sicherlich ähnliche Beispiele). Hast Du überhaupt mal
versucht, in München als Normalsterblicher eine Wohnung zu bekommen,
vielleicht auch noch in angemessener Größe für eine Familie? Was meinst Du,
was passiert, wenn wir auch noch anfangen zu fördern, daß mehr Leute in die
Großstadt ziehen? Richtig, viele freie Wohnungen und bezahlbare Mieten. Oder?
Eines kann ich Dir sogar ohne genaue Berechnung versprechen, 10.000 Euro im
Jahr werden nicht reichen.
3. Wohnen im Industriegebiet ist scheiße. Wohnen in der Stadt mag manchem
liegen, vielen aber nicht und mit Familie gleich noch weniger. Klar pendeln
viele Menschen von Freising, Moosburg oder gar Nürnberg nach München. Aber
bitte warum denn? Weil die alle so geil sind auf zig km Autofahrt inkl. Stau?
Oder haben die nicht viele gute Gründe zu Pendeln? Gründe, die 10.000 Euro im
Jahr nicht ausgleichen können?
4. Die Pendlerpauschale belohnt niemanden, sie mildert lediglich die
Nachteile einer Gesellschaft ab, in der Berufe wechseln, Frauen nicht mehr
nur am Herd sitzen und qualifizierte Arbeiter nicht in Sichtweite vom eigenen
Kirchturm eine Anstellung finden. Um irgend etwas zu "belohnen" ist sie eh
viel zu gering.
Ja, die Abhängigkeit vom Öl ist ein Problem. Ja, die Notwendigkeit Straßen zu
bauen und instand zu halten ist unbequem. Die Lösung dieser Dinge kann aber
nicht sein, Menschen einen Lebensstil andienen zu wollen, der zutiefst
unsozial und familienfeindlich ist.
Wenn Du wirklich willst, daß keiner mehr pendeln muß, dann brauchen wir
wieder 95% Landwirtschaft und der Rest ist lebenslange Anstellung beim
Hufschmied oder in der Kirche. Good luck with that.
mfg,
Robert
Am 14.08.2012 um 00:07 schrieb Andreas Witte <andreas AT witte-holzkirchen.de>:
> Hallo Gunnar,
>
> Ich danke dir für deine Ausführliche Antwort.
>
> Bis auf die These, dass Mobilitätseinschränkungen zu Depressionen führen
> geht deine Antwort aber leider an der von mir aufgeworfenen Fragestellung
> vorbei, zumindest kann ich keine Antwort erkennen.
>
> Wenn man Mobilität fördern kann, kann man auch darüber nachdenken, einen
> Selbstverzicht attraktiver zu machen. Und hier ist eben mein Gedanke, die
> Wohnnähe zum Arbeitsplatz als Maßstab zu nehmen. Natürlich werden Leute
> weiterhin in Urlaub oder die Oma besuchen fahren ,aber das kommt weniger
> häufig vor wie der Pendelweg.
>
> Nehmen wir mal an, jeder hätte die Möglichkeit die Verlagerung des
> Wohnsitzes in die unmittelbare Umgebung seines Arbeitsplatzes abzusetzen.
> Bei mehr wie 2 Kilometern auch gerne nur einen relativen Anteil, der der
> prozentualen Verringerung der Pendelstrecke entspricht oder so was. Auch
> über was sich alles Absätzen lässt und wie weit der Verlustvortrag reichen
> darf kann man streiten.
>
> In Summe lösen sich nicht nur irgendwelche Teilbetrachtungen über einen
> Erdölausstieg, sondern auch eine ganze Menge Verkehrsprobleme auf den
> Einfallstraßen in die Städte. Wenn ich das entfallene Straßenbauvolumen
> zusammen mit den gesparten Ausgaben für die Pendlerpauschale (weil sich die
> Pendelwege verkürzen) über mehrere Jahre zusammenrechne, dann muss ich
> einfach feststellen, dass damit am einfachsten Steuergeld gespart wird. Dem
> kann man entfallende Steuereinnahmen der sogenannten Ökosteuer
> entgegenstellen, aber du willst ja ohnehin politisch ein "Wegdriften",
> womit auch dieses Argument ausgehebelt wäre. Abgesehen davon: Was nicht in
> den Tank kommt, wird auch so früher oder später irgendwie anders
> ausgegeben, womit wenigstens die üblichen direkten & indirekten
> Konsumsteuern/abgaben draufkommen und der Ausfall weniger stark wird, wie
> man ihn bei einer eindimensionalen Berechnung (Ölgesamtverbrauch * Preis *
> Steueranteil * Anteil für Entfallenden Verkehr) scheinen lassen könnte.
>
> Wie du schon richtig feststellst, der Transport von Waren und Gütern wird
> weiterhin zentrale Grundlage der Wirtschaft sein. Nur, dass der
> "nichtverringerbare Restverkehr" besser funktioniert, wenn Alle mit einen 8
> to 16 - Job am immer gleichen Bürostuhl fußläufig ins Büro kommen anstatt
> 30, 60 oder wie in Bayern oft auch mal 100 km einfachen Weg in die Arbeit
> zu fahren (gibt viele Pendler Nürnberg->München).
>
> Ich hoffe du hast meinen Gedankengang etwas verstanden. Ich glaube das
> dieser Lösungsansatz besser, da genereller ist, als nur über
> Steuererleichterungen für Erdgasfahrzeuge zu reden.
>
>
> Grüße
> Andreas
>
>
> -----Ursprüngliche Nachricht-----
> Von: ag-bauen-verkehr-bounces AT lists.piratenpartei.de
> [mailto:ag-bauen-verkehr-bounces AT lists.piratenpartei.de] Im Auftrag von
> Gunnar Kaestle
> Gesendet: Montag, 13. August 2012 21:07
> An: Bundes-AG-Bauen-und-Verkehr
> Betreff: Re: [Ag-bauen-verkehr] Steuerermäßigung für Erdgas/Autogas als
> Kraftstoff verlängern
>
> Andreas Witte schrieb:
>
>> Wie wäre es denn mal damit, wenn wir uns nicht mehr darüber
>> unterhalten, wie man Mobilität billiger macht, sondern wie man
>> Mobilitätsbedürfnisse minimiert???
>>
>> Immer geht es um Subventionen für Mobilität, egal ob kostenloser ÖPNV
>> oder Steuervergünstigungen für Erdgas-PKW...
>
> Der wesentliche Kniff ist daran, dass man die Leute weg vom Öl bringt.
> Und zwar am besten dadurch, ohne dass sie ein Schmerzensgeld für Verzicht
> auf Transportdienstleistung an die OPEC zahlen. Klassisches und knappes Öl
> ist zu verteuern - z.B. durch eine Anpassung der Steuer auf Heizöl
> (https://lqfb.piratenpartei.de/lf/initiative/show/4250.html) und
> gleichzeitiger Aufstockung der KfW-Fördermittel.
> Das sind etwa 20% des Deutschen Mineralölverbrauchs.
>
> Der größte Brocken wird vom Verkkehrssektor gefressen, ca 60% (~60 Mio
> Tonnen jährlich). Hier muss man sich mit Nachdruck von dem volatilen
> Erdölpreisen befreien, die einen die Wirtschaft ruinieren können. Auf der
> einen Seite könnte man über eine weitere Anhebung der Diesel- und
> Bezinsteuersätze ein Wegdriften zu Alternativen beschleunigt werden. Das
> entspräche dem Vorgehen nach Rimini-Protokoll.
> http://de.wikipedia.org/wiki/Rimini-Protokoll
>
> Auf der anderen Seite könnte man die Alternativen auch attraktiver machen:
> - ÖPNV (ich rede nicht von einer Umlagenfinanzierung, sondern einfach mal
> nur dass einer da ist den man nutzen kann und der auch noch nach 20 Uhr
> fährt - z.B. als Anruf Sammel Taxi)
> - CNG-Antriebe: Das kann man relativ schnell umsetzen, technologisch
> ausgereift. Für den Schwerlastverkehr die einzig realistische Möglichkeit,
> die Bahn hat gar nicht die Kapazitäten alle LWKs zu übernehmen.
> - E-Autos: Mal schauen wie lange das noch dauert.
>
> Es ist nun mal so, dass eine Einschränkung von Mobiliätsbedürfnissen (nur
> das wenigste ist Cruisen, nur um die Zeit totzuschlagen) meist zu
> rezessiven bis depressiven Tendenzen führt. Dazu muss man sich nur einmal
> die zwei Ölpreisschocks der 70er Jahre anschauen. Der Transport von Gütern
> und Menschen ist in unser arbeitsteiligen Gesellschaft nach wie vor
> essentiell.
>
> Gruß,
> Gunnar
>
>
> Hier ist ein kürzlich veröffenlicher Bericht der Bundesbank zum Thema:
> Der Rohölpreis und seine Bedeutung
> für die Konjunktur in den Industrieländern
> http://www.bundesbank.de/Redaktion/DE/Downloads/Veroeffentlichungen/Monatsberichtsaufsaetze/2012/2012_06_rohoelpreise.pdf?__blob=publicationFile
>
>
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- [Ag-bauen-verkehr] Steuerermäßigung für Erdgas/Autogas als Kraftstoff verlängern, Gunnar Kaestle, 13.08.2012
- Re: [Ag-bauen-verkehr] Steuerermäßigung für Erdgas/Autogas als Kraftstoff verlängern, Andreas Witte, 13.08.2012
- Re: [Ag-bauen-verkehr] Steuerermäßigung für Erdgas/Autogas als Kraftstoff verlängern, Gunnar Kaestle, 13.08.2012
- Re: [Ag-bauen-verkehr] Steuerermäßigung für Erdgas/Autogas als Kraftstoff verlängern, Andreas Witte, 14.08.2012
- Re: [Ag-bauen-verkehr] Steuerermäßigung für Erdgas/Autogas als Kraftstoff verlängern, Robert, 14.08.2012
- Re: [Ag-bauen-verkehr] Steuerermäßigung für Erdgas/Autogas als Kraftstoff verlängern, Gunnar Kaestle, 14.08.2012
- Re: [Ag-bauen-verkehr] Steuerermäßigung für Erdgas/Autogas als Kraftstoff verlängern, Andreas Witte, 14.08.2012
- Re: [Ag-bauen-verkehr] Steuerermäßigung für Erdgas/Autogas als Kraftstoff verlängern, Käptn Nemo, 14.08.2012
- Re: [Ag-bauen-verkehr] Steuerermäßigung für Erdgas/Autogas als Kraftstoff verlängern, Antiautor, 15.08.2012
- Re: [Ag-bauen-verkehr] Steuerermäßigung für Erdgas/Autogas als Kraftstoff verlängern, Andreas Witte, 14.08.2012
- Re: [Ag-bauen-verkehr] Steuerermäßigung für Erdgas/Autogas als Kraftstoff verlängern, Gunnar Kaestle, 13.08.2012
- Re: [Ag-bauen-verkehr] Steuerermäßigung für Erdgas/Autogas als Kraftstoff verlängern, Markus Bloch, 14.08.2012
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- Re: [Ag-bauen-verkehr] Steuerermäßigung für Erdgas/Autogas als Kraftstoff verlängern, Bjoern, 14.08.2012
- Re: [Ag-bauen-verkehr] [Energiepolitik] Steuerermäßigung für Erdgas/Autogas als Kraftstoff verlängern, Gunnar Kaestle, 14.08.2012
- Re: [Ag-bauen-verkehr] Steuerermäßigung für Erdgas/Autogas als Kraftstoff verlängern, Andreas Witte, 13.08.2012
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