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Re: [Ag-umwelt] Der globale Wasserkreislauf verändert sich auf "alarmierende" Weise
Chronologisch Thread
- From: Guido Körber <koerber AT codemercs.com>
- To: ag-umwelt AT lists.piratenpartei.de
- Subject: Re: [Ag-umwelt] Der globale Wasserkreislauf verändert sich auf "alarmierende" Weise
- Date: Sun, 17 Oct 2010 11:01:51 +0200
- List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/ag-umwelt>
- List-id: <ag-umwelt.lists.piratenpartei.de>
Also ein Chemiker der Probleme hat sich in die Materie anderer Wissenschaften
hineinzudenken...
Was die Messfehler angeht: Die Kosmologie arbeitet auch mit soch hohen
Fehlerbereichen, teilweise sogar noch größeren und publiziert wird da
trotzdem. Dagegen arbeiten die Atomuhrspezialisten in der Physik mit
Messfehlern bei 10^-16 und besser, Längenmesungen und viele andere Messungen
sind auch in Präzisionsbereichen von ppm. Wie genau bist Du mit Deinen
Messungen? Und warum traust Du denen, wenn Du nicht die Genauigkeit der
Atomuhr erreichst? Vielleicht weil die Messungen "genau genug" sind um eine
sinnvolle Aussage zu machen?
Dein Beispiel mit dem Verlust an Eismasse ist typisch für diese falsche
Betrachtungsweise. Selbst innerhalb des relativ großen Messfehlers ist es
eineutig klar, dass ein rapider Verlust vorliegt, auch wenn wir am unteren
Ende der Spanne liegen sollten. Die Eisbedeckung der Pole ist eindeutig
rückläufig, das kann man sogar durch einfaches Betrachten von Sattelitenfotos
erkennen. Und das geht durch die gesamte Datenmenge der Klimaforschung so
weiter: Selbst wenn man das untere Ende des Fehlerbereiches aller Einzeldaten
verwendet bleibt übrig, dass von Menschen verursachtes CO2, Methan und andere
Gase einen Einfluss in eine Richtung haben die uns langfristig nicht gefallen
kann.
Mit Panikmache hat das nicht zu tun, dafür sind die Medien zuständig, aber
die Haltung "wir machen mal nichts, vielleicht stimmt das ja alles nicht" ist
einfach Dummheit. Alles was wir verlieren können, wenn wir unsere Wirtschaft
auf Nachhaltigkeit umstellen ist die Abhängigkeit von knapper und teurer
werdenden Ressourcen.
Am 17.10.2010 um 08:24 schrieb Steffen Thomas:
> Mahlzeit,
>
>
>
> Am 16.10.2010 22:52, schrieb Dr. Volker Jaenisch:
>>
>> Da mag ich ein paar korrigierende Worte einwerfen. Die Klimaforschung
>> arbeitet nicht mit Unbekannten, sondern mit Parameterwerten deren
>> exakter Wert
>> nicht bekannt ist.
>
> Ach ja, das ist natürlich ein riesengroßer Unterschied.
>
>> A) Es gibt für diese Werte aber eine Abschätzung (Die aus Messungen
>> (Labor, oder in Vito) stammen).
>> B) Durch Sensitivitätsanalysen kann man abschätzen wie stark sich die
>> Ungenauigkeit der Parameterwerte auswirkt. Dazu rechnet man mehrere
>> zufällig gewählte Szenarien mit variierten Parameterwerten durch und
>> schaut, wie stark das Ergebnis von der Variation der Parameter abhängt.
> Nun ja, je nach Modell keine Temperaturänderung bis 4 Grad ist die
> Spannbreite. Das mag zwar nicht viel sein, ist es beim Klima aber.
>
>> Selbst die Ritter hatten schon ein Vorstellung davon, dass die Flugbahn
>> ihrer Geschosse eine Parabel ist. Sie konnten auch recht gute
>> Vorhersagemodelle konstruieren (Skalen, Tabellen), obwohl sie weder
>> etwas vom Luftwiderstand quantitativ wussten noch dem exakten Wert der
>> Erdbeschleunigung hatten.
>> Durchschlagende Erfolge (Kabumm! Weg ist die Burgzinne!) konnte Modelle
>> also immer schon ohne 100% Exaktheit feiern.
> Nun haben auch die ballistische Kurve und das Klima ja eine ähnliche Anzahl
> an freiheitsgraden, da ist so ein vergleich ganz passend.
>
>> Weiterhin ist Klima nicht so kompliziert wie Wetter, denn das Klima ist
>> ja so etwas wie der Mittelwert des Wetters. Gerade die erratischen z.T.
>> stündlichen und kleinräumigen Schwankungen, die das Wetter so
>> problematisch machen sind beim Klima eben nicht zu beobachten. Auch
>> weist das Klima (auch wenn die Klimaskeptiker es immer wieder
>> suggerieren) keine kurzzeitigen Rückkoplungen auf, welche zu chaotischem
>> Verhalten neigen. Das Klima hat (zu unserem Glück) so viele
>> Reibungsterme und Puffer-Faktoren (z.B. die Meere die Wärme oder CO2 in
>> gigantischem Maße aufnehmen können), dass die Rückkopplungen eher zur
>> Verschiebung von Gleichgewichtszuständen führen nicht aber zu
>> chaotischem Klima. Das heißt aber im Umkehrschluß leider nicht, dass ein
>> sich nicht chaotisch veränderndes Klima nicht das sich chaotisch
>> verhaltende Wetter massivst beeinflussen kann.
>> Wir haben auf der Erde Temperatur unterschiede von Tag zu Nacht von 40
>> Grad und mehr. An Eislöchern im arkischen Meer verändert sich die
>> Lufttemperatur um z.T. 20 Grad auf wenigen Metern Distanz. Dagegen
>> erscheint eine Temperaturerhöhung von wenigen Zehntelgrad lächerlich,
>> auch wenn sie halb Pakistan wegschwemmt.
>>
>> Und Du sagst es ja selbst:
>>> Man schätzt diese ab und parametrisiert die Modelle solange, bis sie
>> passen.
>> Beim Klima ist so was im Vergleich zm Wetter einfacher möglich. Zum
>> einen ändert sich das Klima deutlich langsamer und man hat recht lange
>> Zeitreihen
>> an denen man die Klimamodelle eichen kann.
>
> Wieviel Millionen Jahre?
>
>
>> Hat man ein Modell, welches
>> die Eiszeiten, die Interglaziale und noch die Klimadaten der letzten 300
>> Jahre gut reproduzieren kann, ist doch toll. Selbst wenn ein paar
>> Gleichungen noch falsch, oder Parameterwerte nicht ganz richtig sein
>> sollten.
>
> Das haut mich immer am meisten vom Hocker. Selbstverständlich sollten
> Modell, die diesem Anspruch gerecht werden, die daten wiedergeben, die zu
> Ihrer Erstellung benutz wurden.
>> Wenn das Modell es die Vergangenheit reproduzieren kann ist auch recht
>> wahrscheinlich, dass es sinnvolle Vorhersagen treffen kann. Natürlich
>> wird dieses Modell uns nciht das Wetter von Morgen sagen können. Aber
>> das Klima in den nächsten 50 Jahren sollte drin sein. Natürlich hängt so
>> eine Klimaprojektion auch von uns Menschen und unserem Handeln ab. Wenn
>> wir morgen die AKWs abschalten und übermorgen kein CO2 mehr ausstoßen
>> und unsere Landwirtschaft zähmen usw. dann wird das Klima sich anders
>> verändern als wenn wir über Indien 100Mio Kleinwagen mit dem Fallschirm
>> abwerfen.
>
> Es ist nicht prinzipiell zwingend, das deratige Modelle eine vorhersagenden
> Charakter haben. Dies hängt ja nicht nur vom Wirken des Menschen ab,
> sondern auch von den zur Verfügung stehenden Wissen. Und das ändert sich
> gerade in dem Klimawissenschaften doch recht dynamisch dank einer inten
> siven Forschung
>
>> Auch hoffe ich, dass Du wenn Du schon Klimamodelle ablehnst zumindest so
>> fair bist ALLE Modelle gleichermaßen abzulehnen. Dir ist dann aber klar,
>> dass Du ein sehr erfolgreiches Werkzeug der Wissenschaft ablehnst,
>> welches in so gut wie allen Gebieten eingesetzt wird und den Fortschritt
>> auf diesen dramatisch beschleunigt hat.
>
> ???
> Du hast offensichtlich meine Kritik nicht verstanden. Gerade durch die
> langjährige Arbeit mit Modellen ist mir klar, wo ihre Schwachstellen
> liegen. Prinzipiell habe ich Probleme mit Modellen, deren Ergebnisss durch
> Wahl der Parametrisierung oder auch Basissätze in eine von mir gewünschte
> Richtung lenken kann.
>
>
>> Deine (ich hoffe ob der unsachlichen Kritik persönliche) Erfahrung mit
>> den Modellen der theoretischen Chemie hat Dich sicher gelehrt, dass es
>> obwohl es manchmal wie Voodoo aussieht doch erstaunliche gute Ergebnisse
>> bringt. Wie bei jedem Werkzeug genügt natürlich nicht, die Simulation zu
>> besitzen, man muss auch damit umgehen und deren Ergebnisse sinnvoll und
>> kritisch interpretieren können.
>
> Nein, meine Kritik ist durchaus sachlich und wird, wie Du immer betonst,
> von großen Teilen der wissenschaftlichen community geteilt.
>
>
>> Lage rede kurzer Sinn. Unsere gesamte Zivilisation beruht auf Modellen.
>> Seien diese nun analytisch, wie die Diffusionsgleichung, oder numerich
>> berechnet wie Wetter oder Klimamodelle. Modelle die Strömungen im
>> Windkanal simulieren, berechnen die Flügelform des Airbus in dem Ihr
>> morgen nach Mallorca fliegt. Es ist also absurd die Modelle der
>> Wissenschaft pauschal in Frage zu stellen, sie funktionieren. Das
>> Airbus-Modell ist sicher nicht weniger komplex als die Wettermodelle der
>> Klimaforscher.
> Wie schön Du mit einem langen Text wieder bewisen hast, das Du die Kritik
> an komplexen Modellen nicht verstanden hast. Als erstes solltest Du
> verstehen, das eine Kritik keine generelle Ablehnung ist. Wenn Du das
> verstanden hast, dann können wir darüber weiter reden.Aber um einmal kurz
> auf Deine lange Rede einzugehen: Ich habe selber Rechenmodelle zur
> berechnung der 1H, 13C und 29Si chemischen Verchiebung Verschiebung gebaut
> sowie auch erfolgreich Versuche zur Vorhersage der Kanzerogenität von
> Naphthalinderivaten auf Basis chemischer Verschiebungen gemacht. Ich habe
> (und tu das immer noch) dabei immer Wert darauf gelegt, die Parameter zu
> 100% aus Experimenten zu nutzen. Kein Parameter wird geschätzt, alles
> experimentell belegt ohne Spielraum für Variationen. Und auch die
> Vorhersagen sind experimentell überprüfbar. Da haben wir den großen
> Unterschied zwischen meinen Modellen jund den Klimamodellen. Die
> Vorhersagen der Klimamodelle sind schlechter überprüfbar. Halt eben zum
> Beispiel erst in 40 Jahren. Aber mittlerweile kann man ja schon Aussagen
> der Klimaforscher vergangener Jahre her nehmen, z. B. Prof. Dr. Mojib Latif:
> 2000: “Winter mit starkem Frost und viel Schnee wie noch vor zwanzig Jahren
> wird es in unseren Breiten nicht mehr geben”
> Nun ja, wir hatten den Winter 2009/10, dazu muß ich wohl nicht mehr viel
> sagen.
>
>> Und wie schon gesagt. Das es ein Modell ist bedeutet nicht, das es recht
>> hat. Und selbst wenn es recht hat bedeutet es noch nicht, das man es
>> richtig versteht. Das Strömungsmodell meiner Doktorarbeit war in 2
>> Monaten Programmiert, ich habe 3 Jahre gebraucht die Ergebnisse zu
>> verstehen und Erkenntnis daraus zu gewinnen, obwohl der Ausgangszustand
>> wohl definiert und alle Konstanten fundamental (also Dampfdrücke und
>> Diffusionskonstanten) waren, also sogar Deinem Maßstab von exakt genügt
>> hätten.
>>
>> Wenn man also mal Deine Kritik an Computer-Simulationen ad absurdum
>> geführt hat, bleibt nicht viel von Deiner Argumentation, außer:
>> * Das kann nicht sein.
>> * Das weiß man alles nicht genau.
>
> Wenn da mal das Wörtchen "wenn" nicht wäre. Um noch mal auf Deine
> Diffusion zu kommen, ich mache es mir da pragamatisch einfach: Ich messe
> sie. Und dann habe ich auch kein Problem, durch 0 zu teilen oder auch
> nicht :-)
> Aber lass mich noch mal auf den Vergleich von Airbus und Klima zurück
> kommen. Du weisst ja, nicht alles was hinkt, ist ein Vergleich. Deshalb
> reichen auch wieder nur ein paar kurze Bemerkungen aus: Der große
> Unterschied zwishcen einem Airbuss und dem Klima besteht darin das ich den
> Airbuss exakt kenne. Da kann es nicht passieren, das man plötzlich eine
> Tragfläche findet, die vorher nicht gesehen hat. Anders ist es beim Klima,
> Du hast mir da selbst schon zugestimmt. Wir kennen bis heute nicht alle
> Einflußfaktoren, ich erinnere an Aerosole und Ausdehung von Wolken.
>
>> =================================================================================================================
>> Aber Du als Wissenschaftler solltest wissen, dass es nicht darum geht
>> die Methodik und die Ergebnisse der anderen
>> zu kritisieren, sondern ein Modell oder eine Methode zu zeigen, welche
>> mindestens genauso gut wie das kritisierte
>> Modell die Natur erklärt.
>> =================================================================================================================
>> [Danke an Guido, der genau dies (aber ohne hübsches Kästchen) schon mit
>> anderen Worten anmerkte.]
>
> Und wer keine Modelle erstellt, darf nicht kritisieren? Du hast ja
> Vorstellungen.
>
>> Die ganzen Einwürfe wie :
>> * Es ist die Sonne
>> * Es ist das nachlassen der Eiszeit
>> * Es sind Strahlen aus dem All
>> * und viele weitere auf google://"How to talk to a skeptik"
>>
>> sind schon längst darauf hin untersucht worden und die aktuellen
>> Erkenntnisse dieser Gebiete sind im bestehenden Modell enthalten, und
>> auch schon in den IPCC Bericht eingeflossen.
>>
>>
>
>
> Nehmen wir doch mal aus Deinem geliebten Talk folgendes heraus, weil es
> aktuell so gut passt: "Recent measurements by NASA have found that
> Greenland's massive ice sheet has been losing nearly 100 gigatons of ice
> annually in recent years."
> Und was finden wir in Nature Geoscience vom 15. August 2010?- "Global
> water transport between oceans and continents during the transition
> from glacial to interglacial times has been enormous. The
> viscoelastic solid Earth has been responding to this unloading of
> large ice masses with a rise of the land
> masses, in a process termed glacial isostatic adjustment. In addition,
> significant changes in the land/ocean water distribution
> occur at present. As both present-day changes in the ice/water
> thickness and glacial isostatic adjustment affect space
> geodetic measurements, it is difficult to untangle the relative
> contributions of these two processes. Here we combine
> gravity measurements and geodetic data of surface movement with a
> data-assimilating model of ocean bottom pressure
> to simultaneously estimate present-day water transport and glacial
> isostatic adjustment. We determine their separate
> contributions to movements in the geocentre, which occur in
> response to changes in the Earth’s mass distribution, with
> uncertainties below 0.1 mm yr− 1 . According to our estimates, mass losses
> between 2002 and 2008 in Greenland, Alaska/Yukon
> and West Antarctica are 104 ± 23, 101 ± 23 and 64 ± 32 Gt yr− 1 ,
> respectively. Our estimates of glacial isostatic adjustment
> indicate a large geocentre velocity of − 0.72 ± 0.06 mm yr− 1 in the polar
> direction. We conclude that a significant revision of
> the present estimates of glacial isostatic adjustments and land–ocean water
> exchange is required."
>
> Für Grönland bedeutet das, das der Mittelwert zwar ungefähr stimmt, aber
> die Spannbreite beträgt 127- 81 Gigatonnen pro Jahr. Unter nearly verstehe
> ich zumindest etwas anderes. Noch besser ist die Angabe für die
> West-Antarktik- Dort liegt die Menge zwischen 32 und 96 Gigatonnen je
> Jahr. Oder anders gesagt, die Meßungenauigkeit liegt zwischen 20% und 50%.
> So etwas würde ich mich nicht trauen auszusprechen, geschweige denn zu
> publizieren.
>
> Ein Fazit Deines Posting erspare ich mir aus Anstandsgründen. Aber ich will
> das gerne zusammenfassen, was mein Standpunkt sind:
>
> Modellen, die auf Schätzwerten basieren und/oder je nach Paramertrisierung
> deutlich unterschiedliche Ergebnisse erzielen, stehe ich weiterhin kritisch
> gegenüber.
> Ich werde mir auch weiterhin die Freiheit nehmen, Dinge zu kritisieren, die
> ich für kritikwürdig halte.
> Und ich stelle mich auch weiterhin gegen eine auf Panikmache beruhende
> Politik, egal wie berechtigt diese Panikmache auch sein mag. Denn eines ist
> völlig klar, als Nation alleine können wir globale Probleme nicht lösen.
> Und Angst und Panik waren noch nie gute Ratgeber.
>
> In diesem Sinne ein schönes WE
>
> Steffen
>
>
>
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