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ag-umwelt - Re: [Ag-umwelt] Energiebilanz der Erde geht nicht auf

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Betreff: Ag-umwelt mailing list

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Re: [Ag-umwelt] Energiebilanz der Erde geht nicht auf


Chronologisch Thread 
  • From: "Dr. Volker Jaenisch" <volker.jaenisch AT inqbus.de>
  • To: ag-umwelt AT lists.piratenpartei.de
  • Subject: Re: [Ag-umwelt] Energiebilanz der Erde geht nicht auf
  • Date: Mon, 07 Jun 2010 00:39:02 +0200
  • List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/ag-umwelt>
  • List-id: <ag-umwelt.lists.piratenpartei.de>

Ahoi!

Kai Orak schrieb:
Wichtig ist nur, wo befindet sich die Mehrheit der Wissenschaftler? Und die ist eindeutig nicht bei der Klimakatastrophe und nicht bei den Klimapanikmachern.
Das hast Du sehr gut erkannt. Diese schweigende Mehrheit ist es, auf deren Arbeiten z.B. der IPCC-Bericht (und unser gesamtes wissenschaftliches Weltbild) aufbaut. Die wenigen Wissenschaftler von denen Du in der Nicht-Fachpresse liest sind in der Regel nicht die "top-Leute" die in der Wissenschaft die ganz großen Erkenntnisse erzeugen. Die großen Forscher sind eher stille Menschen, die nichts wollen außer in Ruhe ihre Baumringe zu zählen oder Korallen zu vermessen. Was nicht heißt, dass sie nicht mal mit übelsten Worten
über ihre Kollegen herziehen können. Aber das findet selten den Weg in die Presse.

Weiterhin ist es der Natur völlig egal was für einer Meinung welche Gruppe von was für Leuten auch immer hat.
Selbst wenn alle zusammen gegen die Schwerkraft sind, so bleibt sie doch bestehen.

Es gibt halt einen Unterschied zwischen wissenschaftlicher Erkenntnis und einer Meinung.
Geschweige denn zwischen einer wissenschaftlichen Erkenntnis und dem was die Medien oder gar Politiker von sich geben.

Einstein hat bis zu seinem Tode die Meinung vertreten, dass an seinen Erkenntnissen irgendwas faul sein müsse.
Obwohl er es nicht widerlegen konnte hatte er trotzdem eine von der Erkenntnis abweichende Meinung.
Ich habe auch eine Meinung zur Relativitätstheorie und finde z.B. die "spukhafte Fernwirkung" eine abstruse Sache. Aber es ändert leider nichts daran, dass ich doch anerkennen muss dass es das bislang beste Modell zum Verständnis unserer Welt ist.

Einige Wissenschaftler haben sich das Leben genommen, weil sie an paradoxen Erkenntnissen scheiterten.
http://www.scienceblogs.de/astrodicticum-simplex/2009/09/gefahrliches-wissen-cantor-boltzmann-godel-turing.php
Wissenschaftler sind durch ihre Beschäftigung mit der Welt gläubig geworden oder in ihrem Glauben bestärkt worden. Die wissenschaftliche Erkenntnis besitzt also offenbar eine nicht unerhebliche Macht auf die Meinung/Weltauffassung der Menschen.

Du unterscheidest aber nicht zwischen Meinungen und Erkenntnissen. Durch dieses in einen Topf werfen von beidem entsteht ein gefährliches Gemisch. Zum einen kann Meinung mit Wissensfragmenten in immer neuer Kombination herausgeschöpft werden und als Pseudo-Argumentation dienen. Zum anderen entzieht sich die Argumentation, weil ja auch Meinung drinne ist, der Überprüfbarkeit.
Noch einen Schritt weiter gehst Du indem Du dann noch Verschwörung, mutwillige Fälschung und anderen Kokolores als Würze einstreust. Du machst das in etwa wie z.B. BP.

Ein kleiner Exkurs:
Als BP anfing bei der Ölkatastrophe schlecht auszusehen (selbst in den USA) war auf einmal Ruck-Zuck eine Verschwörungstheorie da, welche Grünen Aktivisten die Schuld an dem Desaster zuschob.
http://mediamatters.org/research/201006040038
"""
*Sarah Palin: "Radical environmentalists: you are damaging the planet with your efforts to lock up safer drilling areas."*
"""

Wieso werden Wissenschaftler daran gehindert selbst das Ölleck zu untersuchen?
Wieso werden Journalisten ferngehalten?
Weil BP Angst hat davor, dass nicht nur Meinung entsteht sondern schlimmer noch Fakten und wissenschaftliche Erkenntnis. Meinungen kann BP mit Propaganda (s.o.) begegnen, aber einer Aussage von Wissenschaftlern, die sagen : Es tritt X Kubikmeter Öl und Y Kubikmeter Gas und Z Kubikmeter Kondensat per Sekunde aus plus minus 10 % ist mit Meinungsmache nicht entgegenzutreten.
Ein Strömungsforscher schrieb, dass ein paar Minuten Videobild von dem austretenden Öl aus einer vernünftigen Kameraperspektive ausreichen würden um den Ölfluß zu quantifizieren.
Wir erleben gerade eine der größten Umweltkatastrophen unserer Zeit und nach Wochen ist immer noch unklar, wieviel Öl überhaupt austritt. Diese Unklarheit nützt BP. BP kann später immer so argumentieren: War doch gar nichts so schlimm, ist doch nur wenig Öl ausgetreten. Der Rest - das waren wir nicht - schaut doch mal wer noch alles ein undichtes Rohr hatte. Beweist doch mal das Gegenteil! Legt doch mal Beweise vor!
Die schlechte Datenlage dient dann auch dazu Wissenschaftler zu diskredditieren, da deren Simulationen ja auf ungenügenden Schätzungen und Annahmen beruhen. Damit will BP für die kommenden Verfahren jetzt schon dafür sorgen, dass sie weniger Geld bezahlen müssen. Daher wird auch immer von "legitimen Ansprüchen" geredet.

Aber zurück zum Klimawandel: Genau diese Strategien werden auch angewendet um die Aussagen der Wissenschaftler zum Klimawandel (und nicht nur dazu) in Misskredit zu bringen:
* Verschwörungstheorien
* Anzweifeln der Datengrundlage
* Einzelne Forscher (z.T. erfolgreich) angreifen um durch die "Sippenhaft" die Wissenschaft zu schädigen.
* Institute gründen, die Desinformation betreiben (Wie dieser lächerliche russische Wirtschafts Think-Tank) die
- Keine eigene Erkenntnis einbringen
- mit zweifelhafter Methodik (die Daten der Wissenschaftler nutzend) das Gegenteil behaupten
- einzelne Gegenbeispiele suchen, finden und aufbauschen.
Diese Strategien wurde auch sehr erfolgreich von der Tabak-Industrie eingesetzt.
All dies ist Powerplay und hat rein gar nichts mit wissenschaftlicher Arbeit zu tun.

Die Wissenschaft ist sich einig: Es gibt den antropogenen Klimawandel und er wird uns Menschen hart treffen.
Er ist übrigends schon dabei. Mal nach Polen geschaut oder in die Slowakei.
Wo mehr Wärme ist wird mehr Wasserdampf erzeugt. Mehr Wasserdampf erzeugt mehr Starkregen.
Wenn dann noch die Großwetterlage die Tiefdruckgebiete weit nach Süden treibt wo sie sich über dem Mittelmeer schön vollsaugen können, dann laden die Tiefs auf ihren nördlichen Zugbahnen die Wasserfracht hinter Italien ab. Das hat nur indirekt mit Klima zu tun und ist eher dem Wetter zuzurechnen. Aber die Stärke
dieser sogenannten C5-Tiefs hat durch den Klimawandel beträchtlich zugenommen. Das ist im übrigen das gleiche Phänomen das auch an Hurricans beobachtet wird.

Klimatisch gesehen verlagert sich der Niederschlag im Moment in Europa nach Norden. Auf der Nordhälfte der Alpen fällt deutlich mehr Niederschlag als auf der Südhälfte. Die führt zusammen mit dem Abschmelzen der Gletscher dazu, dass viele Flüsse in Spanien, Italien welche aus den Alpen gespeist werden trocken fallen.
In den Nordalpen führt dies zu vermehrtem Hochwasser im Alpenvorland und zu Schneechaos.

Köln wird dadurch aber sicher nicht bis zur Domspitze im Wasser stehen, wie der Spiegel mal titelbildete.
Aber auch so sind die Schäden für Europa schon jetzt immens. Aber uns geht es damit noch gut. Selbst die Spanier können es sich leisten beim ungeliebten Nachbarn Frankreich Tanker voll Wasser zu kaufen um die Wasserversorgung von Barcelona aufrecht erhalten zu können.
http://www.ksta.de/html/artikel/1209912075103.shtml

Wir müssen vielleicht mehr Steuern zahlen, aber zumindest verhungern werden wir nicht. Mir tun nur die Menschen leid, die nicht mal wissen, warum sie ertrinken, verdursten, verhungern oder erschlagen werden - irgendwo ausserhalb unseres Wohlstandshorizonts.

Das kleine Kind das in Dafur verdurstet wird aber wohl auch nicht friedlicher Sterben, wenn ich ihm erkläre, dass das am antropogenen Klimawandel liegt. Und auch nicht wenn Du ihm erklärst dass alles ganz natürlich sei und an der Sonne liege.
Es ist unsere Verantwortung, dass der Klimawandel gestoppt (und da dies wohl nicht mehr gelingen wird) zumindest begrenzt wird. Ein gutes Mittel dies zu erreichen ist die CO2-, Methan- und N2O- sowie die FCWK-Konzentration massiv zu verringern indem deren Ausstoß reduziert wird und gleichzeitig z.B. durch Aufforstung der schon vorhanden Anteil an CO2 reduziert wird. Aufforstung ist z.B. auch ein sehr gutes Mittel um Bodenerrosion aufzuhalten und den Wasserhaushalt und das Mikroklima zu verbessern.
Wie Bernd immer so schön sagt: Alles was dem Klima hilft, hilft auch dem Mensch.

Das sind keine Utopien. Das ist alles machbar und kostet nicht die Welt. Es gibt sicher ein paar technisch Probleme zu lösen, aber wir haben schon jetzt eine phantastische Technologie und so viele kluge Köpfe in der Wissenschaft die sich freuen würden, wenn sie endlich mal loslegen können. Wenn alleine die 48 Mrd. EUR klimaschädigender Subventionen jährlich in der BRD in Bildung/ Forschung und Entwicklung gesteckt würden, wäre der Forschungshaushalt mit einem Mal rund verfünffacht.
Dafür müsste Kai nicht mal mehr Steuern zahlen :-)

Beste Grüße

Volker

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Dr. Volker Jaenisch http://www.inqbus.de
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