Re: [AG Liquid Democracy] Abschaffung der Themendelegationen

[Dinu Gherman <gherman AT darwin.in-berlin.de>]

Dominik Thalmeier:

> Ich habe einen Vorschlag, der sich erst mal seltsam anhört.
> Ich habe mir überlegt, dass man die Themendelegationen (Also der 
> Delegatiion für eine spezielle Initiative) abschaffen sollte.
> Warum?
> Für Delegationen stehen ja hauptsächlich zwei Gründe im Raum:
> 1. Zeitmangel
> 2. Fehlende Expertise
> 
> Ich denke Zeitmangel kann man als Grund für Themendelegation ausschließe, 
> schließlich muss man das Thema ja erst mal lesen, bevor man extra für das 
> Thema sich eine Delegation überlegt.
> 
> Und für den zweiten Grund denke ich, wäre es sinnvoller, wenn man anstatt 
> an eine Person zu delegieren und somit die Verantwortung aus der Hand zu 
> geben, sich von der Person an die man delegieren will eine Wahlempfehlung 
> holt. Diese Wahlempfehlung hat den Vorteil, dass man sie auch begründen 
> kann und man sich auserdem mehrere Empfehlungen einholen und diese 
> gegeneinander abwägen kann.
> 
> Man kann jetzt einwenden, dass ja durch transitive Delegationen ein 
> Mechanismus existiert, der dafür sorgt, dass Experten gefunden werden.
> Ich denke aber, dass das, so wie es jetzt ist, nicht sonderlich gut 
> funktioniert. Und zweitens, sich dieser Mechanismus der Expertenfindung 
> eventuell besser separat implementieren liese, da in einem 
> Entscheidungssystem eine Delegation nicht unbedingt einer Empfehlung 
> entspricht (man kann ja auch delegieren nur weil einem ein Delegierter 
> empfohlen wurde -> also kann man selber nicht empfehlen). Man kann dann ja 
> die Meinung dieser Empfohlenen Experten einholen.
> 
> Vorteile:
> -Wenn man selber eine Meinung einholt, kann man zwischen verschiedenen 
> Standpunkten abwägen.
> -Man ist ein Korrekturfaktor.
> -Weniger Verantwortungsdiffusion.
> -Mehr Transparenz: Wenn auch Delegierte keine Themendelegationen mehr 
> vergeben können, dann ist es leichter abzuschätzen, wer meine Stimme 
> erhält, da man globale und Themenbereichsdelegationen nicht so oft ändert.
> 
> Also mein Vorschlag ist, das nur noch globale und 
> Themenbereichsdelegationen zugelassen werden sollten.
> 
> Gegenargumente?

Zwei Punkte dazu. Erstens, soweit ich mich mit Liquid Democracy beschäftigt 
habe, ist eine themenorientierte Delegation eine ganz wesentliche Stütze des 
Konzepts. Nicht umsonst spricht man auch von "Themenparlamenten". Von daher 
glaube ich, dass "echte" LD-Befürworter Deinen Vorschlag als Aushöhlung der 
Idee betrachten würden, und wie ich meine, mit Recht.

Zweitens, wenn man seine Stimme weitergibt, weil man keine Zeit und/oder 
keine Ahnung hat, dann an jemanden, dem man vertraut, das eine und/oder (vor 
allem) das andere zu haben, ob man ihn nun persönlich kennt oder nicht. Wenn 
man sich jedoch erst Empfehlungen einholen und verarbeiten soll, um 
festzustellen, an wen man seine Stimme am besten weitergibt, dann hat man 
auch dafür keine Zeit bzw. keine Ahnung, weil auch für eine Bewertung dieser 
Empfehlungen von potentiellen Delegierten eine eigene Beschäftigung mit dem 
Thema notwendig ist, also "Ahnung" aufgebaut werden muss. Wenn das geschehen 
ist, kann man auch gleich selbst abstimmen. Insofern halte ich Deinen 
Vorschlag für in sich widersprüchlich.

Ansonsten habe ich auch schon mal über eine Art Empfehlungssystem 
nachgedacht, was aber in letzter Konsequenz für mich bedeuten würde, dass man 
das "liquid" in LD noch radikaler interpretieren müsste, nämlich als 
fortwährende, mehr oder weniger kontinuierliche und offene Abstimmung, was 
für mich sehr viel Sinn macht, aber ich glaube, selbst die Piraten sind dafür 
noch nicht reif.

Gruß,

Dinu