Re: [Ag-landwirtschaft] grundsätzliches

["Pirat Wolfgang" <pirat AT wolfgang-zerulla.de>]

Ja Kirsten,

 

Du und Detmar habt völlig Recht: die Politik sollte Verantwortung übernehmen.

Wenn sie das denn täte wären weder die WASG noch die Piraten entstanden. Es wäre schlicht kein Bedarf für neue Parteien gewesen weil die Menschen mit den alten ja zufrieden gewesen wären. Sind sie aber nicht. Denn der Großteil der Bevölkerung wird von der Politik eben nicht mehr vertreten. Deshalb hat die Piratenpartei ja so einen Zulauf.

 

Nehmen wir mal die Landwirte. Die hatten in den 50er Jahren in der CDU eine feste Interessenvertretung. Warum? Weil damals 25 % der Bevölkerung in der Landwirtschaft tätig waren. Das waren Wählerstimmen!!!!

Heute sind noch knapp 2 % der Bevölkerung in der Landwirtschaft tätig. Da sch… die CDU drauf und vertritt lieber die Interessen der Nahrungsmittelindustrie.

 

Die von dir genannten Hartz-IV-Empfänger sind ein gute Beispiel. Was hätten die einem Politiker zu bieten? Nichts. Also werden ihre Interessen von der Politik nicht vertreten.

Genauso der Tierschutz, für den ich eintrete. Was kann der einem Politiker bieten? Nichts.

 

Du hast das BGE angesprochen. Für die Hartz-IV-Empfänger wäre das sicher ein Segen. Aber sie haben keine starke Vertretung weil sie sich in zig Alg-Initiativen zersplittert haben.

Ja, es gibt auch Leute in der Piratenpartei und anderswo, die für ein BGE eintreten obwohl sie nicht selbst von Hartz-IV betroffen sind. Ich bin da z. B. auch engagiert. Aber nicht, weil ich ein Gutmensch wäre. Sondern weil ich weiß, das ich nach einigen Zeiten der Arbeitslosigkeit und langjähriger Selbstständigkeit später einen Rentenanspruch von ca. 500 € haben werde. Ein auskömmliches BGE liegt also in meinem eigenen Interesse. Deshalb engagiere ich mich.

 

Und genauso ist es mit den Landwirten. Die CDU tut nichts mehr für euch weil ihr als Wähler nicht mehr wichtig genug seid. Der DBV vertritt nicht eure Interessen, wie Detmar schrieb. Also wer soll es dann tun? Das ist keine Ausrede der Politiker. Das ist eben die Sache mit dem eigenen Hemd. Ein Wirtschaftminister führt seine Amtsgeschäfte so dass er später bei einem Energieversorger unterkommt. Ein Verkehrsminister so das er später beim Automobilverband unterkommt. Und Ex-Kanzler Schröder hat einen sehr lukrativen Beratervertrag mit Gazprom. Den hat er nicht einfach so bekommen, dafür hat er in seiner Amtszeit die richtigen Interessen vertreten.

Und was habt ihr Landwirte der Politik zu bieten?

Siehst Du, das ist der Knackpunkt. Und deshalb sage ich, ihr müsst eure Interessen selber vertreten, sonst tut es keiner.

 

LG

 

Wolfgang

 

---

Von: ag-landwirtschaft-bounces AT lists.piratenpartei.de [mailto:ag-landwirtschaft-bounces AT lists.piratenpartei.de] Im Auftrag von Kirsten Wosnitza
Gesendet: Montag, 21. Mai 2012 13:42
An: ag-landwirtschaft AT lists.piratenpartei.de
Betreff: Re: [Ag-landwirtschaft] grundsätzliches

 

Das ist ein schwierig Ding.

 

Dafür muss man sich einig sein, was und wie intensiv Politik übernehmen soll. Die Dinge, die Einzelne nicht können. Oder die Dinge, die über Märkte nicht geregelt werden können.

 

Politik hat in meinen Augen auch Verantwortung. Sonst ist es so, wie Detmar sagt, dann sollte man schleunigst einiges abschaffen.

 

Auf der anderen Seite gebe ich Dir recht Wolfgang, der Bürger soll mündig seine Interessen vertreten. Hat er bei 60% Wahlbeteiligung in S-H anscheinend nicht durch Politik als machbar erachtet.

 

Für wie wahrscheinlich hälst Du es, dass sich die Hartz IV Empfänger bündeln und gemeinsam für ihre Interessen eintreten? Werden sie durch ein Grundeinkommen dazu motiviert werden? Wie viele Bürger fordern derzeit aktiv solch ein Grundeinkommen? Oder ist es eine Gruppe von politisch aktiven Bürgern, die dieses für richtig hält – obwohl sich die Betroffenen nicht selber (gebündelt) dafür stark machen?

 

Ich befürchte eher letzteres. Und so sieht es dann auch bei den Bauern aus. Wie gesagt, das politische Engagement reicht anscheinend nicht einmal mehr für eine ordentliche Wahlbeteiligung aus. Ich würde mir wünschen, dass wieder so viel Vertrauen in Politik gesetzt wird, dass sich dies ändert. Die Piraten können mit Sicherheit einen Teil dazu beitragen.

 

Ich finde auch nicht, dass sich alle Bauern einig sein und mit “einer Stimme” sprechen müssen. Das ist eine prima Ausrede von Politikern, die anscheinend nicht selbst entscheiden können, welche Vorschläge der verschiedenen Bauernverbände am besten in ihrer politische Strategie passen. Oder eine Ausrede dafür, gar nichts zu tun, weil man ja nicht weiß was?!?! Politik kann sich in meinen Augen doch nicht von der einstimmigen Wirtschaft diktieren lassen, was sie zu tun hat. Da gibt es doch noch viele andere Aspekte (Umwelt, Sozial usw), die ein Politiker bedenken muss – mehr als es ein Wirtschaftsverband tut!

 

Kirsten

 

From: Pirat Wolfgang

Sent: Monday, May 21, 2012 1:26 PM

To: ag-landwirtschaft AT lists.piratenpartei.de

Subject: Re: [Ag-landwirtschaft] grundsätzliches

 

Hallo Detmar,

 

was ist „die Politik“? Wir Piraten treten doch dafür ein dass „die Politik“ nicht mehr, wie bei den anderen Parteien, von oben gemacht wird.

Wir wollen „die Politik“ von unten machen (das mache ich übrigens schon weit länger als es die Piraten gibt). Also müssen wir uns selbst darum kümmern wenn wir wollen dass sich etwas ändert. Sonst tut es keiner. Wir hatten kürzlich einen Thread mit dem schönen Titel „das eigene Hemd“. Genau darum geht es.

Wenn die Hartz-IV-Empfänger Verbesserungen wollen dann müssen sie die selbst erkämpfen, die satten Beamten werden es nicht für sie tun.

Und wenn die Landwirte Verbesserungen wollen dann müssen sie eben einig sein und diese gemeinsam erkämpfen.

Dafür haben sie doch ihre Verbände in denen sie organisiert sind. Diese Basis haben sie den Hartz-IV-Empfängern schon mal voraus.

Ob nun mit Protestaktionen auf der Straße, in der Piratenpartei oder sonst wie. Aber „die Politik“ wird den Landwirten keine Verbesserungen schenken die sie nicht selbst erkämpfen.

 

LG

 

Wolfgang

 

---

Von: ag-landwirtschaft-bounces AT lists.piratenpartei.de [mailto:ag-landwirtschaft-bounces AT lists.piratenpartei.de] Im Auftrag von Detmar Kleensang
Gesendet: Montag, 21. Mai 2012 12:41
An: ag-landwirtschaft AT lists.piratenpartei.de
Betreff: Re: [Ag-landwirtschaft] grundsätzliches

 

So ist es. Wir sind alle nur Menschen. Dazu kommt: die Milchproduktion ist sehr kleinteilig. Es gibt viele Milchlieferanten. Das die sich alle einige werden können dürfte schwierig werden. Schwieriger als bei 5 oder 6 Automobilherstellern weltweit.

 

Daher braucht es klar politische Rahmenbedingungen, die die Spielregeln für den Markt aufstellen.

 

Und die gibt es jetzt ja auch schon. Nur sind sie so gestaltet, dass tendenziell eine Überproduktion forciert wird und damit ein Preisverfall ganz bewusst in Kauf genommen wird.

 

Ich wundere mich allerdings etwas über Dich, Wolfgang. Ich denke Du bist Pirat so wie ich. Ich sehe mich um und suche, wo die Politik, wo die Partei wirken kann, wo sie Aufgabenfelder besetzen kann. Solche, die andere Parteien vielleicht gar nicht auf dem Plan haben. Von Dir lese ich hier aber immer nur, das andere das tun müssen, nicht die Politik. Denn wenn jeder nur seinen Kram machen soll, wozu braucht es dann Parteien und Politiker? Warum fragst Du Dich nie (so wie ich), was die Politik machen kann?

 

Gruß, Det

 

 

Am 21.05.2012 um 10:24 schrieb Kirsten Wosnitza:

 

Hallo Wolfgang,

 

hab grad kaum Zeit zum Erklären, bei dem Wetter...

 

Ist ungefähr so mit dem Tempo 30 vor dem Kindergarten. Wissen wir eigentlich alle, dass wir da langsam fahren müssen – auch ohne Schild. Aber erst wenn öfter mal geblitzt wird, halten sich die meisten dran.

 

Wir sind eben alle nur Menschen, so meine ich.

 

Kirsten

 

From: Pirat Wolfgang

Sent: Monday, May 21, 2012 10:21 AM

To: ag-landwirtschaft AT lists.piratenpartei.de

Subject: Re: [Ag-landwirtschaft] grundsätzliches

 

Danke für die Erklärung Kirsten.

 

„Markt geschützt“ heißt, der Markt ist gegen Importe abgeschottet?

„Quotensystem“ heißt, für die Produktionsmengen sind Höchstgrenzen festgelegt, ähnlich wie hier mit der Milchquote?

 

Ersteres ist eine politische Frage auf EU-Ebene. Das Zweite ist eine Frage der Marktstrategie der Produzenten. Entweder produziert man auf Teufel komm raus Mengen und nimmt einen Preisverfall in Kauf oder man zügelt die Produktionsmenge um die Preise hoch zu halten. Aber da müssten die Landwirte in Europa sich einig sein, das ist wohl eher das Problem.

 

LG

 

Wolfgang

 

---

Von: ag-landwirtschaft-bounces AT lists.piratenpartei.de [mailto:ag-landwirtschaft-bounces AT lists.piratenpartei.de] Im Auftrag vonKirsten Wosnitza
Gesendet: Montag, 21. Mai 2012 09:58
An: ag-landwirtschaft AT lists.piratenpartei.de
Betreff: Re: [Ag-landwirtschaft] grundsätzliches

 

Das ist einfach zu beantworten Wolfgang,

 

in Canada ist der Markt geschützt und es gibt eine Art Quotensystem. Da brauchen wir Bauern uns nicht zu fragen, das ist uns bekannt.

 

Kirsten

 

From: Pirat Wolfgang

Sent: Saturday, May 19, 2012 11:28 PM

To: ag-landwirtschaft AT lists.piratenpartei.de

Subject: Re: [Ag-landwirtschaft] grundsätzliches

 

Nun Martin,

 

der Untergang der Landwirtschaft wird ja schon lange vorhergesagt. Ich denke aber nicht dass er kommen wird und es werden auch nicht nur die Milchviehbetriebe überleben.

 

Allerdings müssen die Landwirte sich fragen warum sie hier in der EU so schlechte Milchpreise erzielen während die Landwirte in Kanada, und sicher auch in anderen Ländern, durchaus auskömmliche Milchpreise erzielen.

 

LG

 

Wolfgang

 

---

Von: ag-landwirtschaft-bounces AT lists.piratenpartei.de [mailto:ag-landwirtschaft-bounces AT lists.piratenpartei.de] Im Auftrag vonMartin Schmidt
Gesendet: Samstag, 19. Mai 2012 21:54
An: ag-landwirtschaft AT lists.piratenpartei.de
Betreff: Re: [Ag-landwirtschaft] grundsätzliches

 

Die wesentliche Säule der Landwirtschaft in schwierigeren Gebieten ist meistens die Milchproduktion. Solange Kühe auf den Dörfern gemolken werden bleibt die Kulturlandschaft erhalten und Arbeit und Wertschöpfung im ländlichen Raum. Landflucht findet nicht übermäßig statt. Von einige Ausnahmen abgesehen sind die Ställe von Massentierhaltung etc. auch weit entfernt. So würde ich es als ein einfaches Politikziel definieren, die Milchviehhaltung möglichst über die Fläche verteilt, in ganz Deutschland zu erhalten. Dazu bedarf es eigentlich keiner Subventionen, es muß nur eine sinnvolle Regelung der Preise am Binnenmarkt möglich sein. Z.B .in Canada helfen Milchpreise von 70 und mehr cent den Erhalt der flächendeckenden Milchproduktion zu ermöglichen.

Gruß
Martin

---

-- 
Ag-landwirtschaft mailing list
Ag-landwirtschaft AT lists.piratenpartei.de
https://service.piratenpartei.de/listinfo/ag-landwirtschaft

 

---

-- 
Ag-landwirtschaft mailing list
Ag-landwirtschaft AT lists.piratenpartei.de
https://service.piratenpartei.de/listinfo/ag-landwirtschaft

-- 
Ag-landwirtschaft mailing list
Ag-landwirtschaft AT lists.piratenpartei.de
https://service.piratenpartei.de/listinfo/ag-landwirtschaft

 

---

--
Ag-landwirtschaft mailing list
Ag-landwirtschaft AT lists.piratenpartei.de
https://service.piratenpartei.de/listinfo/ag-landwirtschaft