Re: [Ag-landwirtschaft] Ag-landwirtschaft Nachrichtensammlung, Band 3, Eintrag 5

[Detmar Kleensang <detmar AT gmx.de>]

Leider nein. S.u.

Am 03.04.2012 um 21:38 schrieb Pirat Wolfgang:

> Hallo zusammen,
> 
> natürlich ist die Bio-Landwirtschaft vorzuziehen. Aber auch die ist sicher
> nicht ohne Fehl und Tadel, da müssen wir ehrlich damit umgehen und auf die
> Behebung solcher Fehler hinarbeiten.
> 
> Mir persönlich geht es um 2 Bereiche:
> 1. Nutztiere müssen artgerecht und ohne vermeidbare Leiden gehalten werden.

Ist klar. Und dennoch gibt es immer wieder einzelne Ausreißer und 
systematische Haltungsfehler (so man es so nennen möchte). Übrigens bei Bio 
genauso wie bei konventionell!
Punkt 1.b. möchte ich hinzufügen: es muss bezahlt werden!!! 
Womit wir eigentlich auch gleich hierbei wären:

> 2. Die subventionierte Erzeugung von Lebensmitteln, wie z.B. in der EU und
> den USA, muss beendet werden.

Streich die Subventionen weg und die Landwirtschaft liegt flux am Boden. 
Ebenso: die biologische genau wie die konventionelle! 

Eine Landwirtschaft ohne Subventionen sollte das langfristige Ziel sein, ja, 
unbedingt! Aber das geht bestenfalls nur über Generationen hinweg. Es müssten 
sämtliche Subventionen abgeschafft werden, nicht nur in der EU und den USA, 
sondern WELTWEIT! Und zwar nicht nur die direkten, die auch so genannt 
werden, sondern auch alle indirekten Subventionen, die, die gar nicht so 
benannt werden. Entschuldigt, aber solch ein Vorhaben halte ich für völlig 
illusorisch.
Die Subventionen sind auch immer ein gutes Mittel, die Landwirtschaft zu 
steuern. Wollt ihr eine völlig deregulierte Nahrungsmittelerzeugung? Viel 
Spaß... 

Mit Verlaub: Es wäre eine fürchterlich schlechte Idee, Dinge wie unter (1.) 
immer strenger zu regulieren und neue Vorschriften aufzubürden, ohne die 
Wirtschaftlichkeit der Branche zu beachten und genauso wäre es eine 
fürchterlich schlechte Idee, Dinge wie unter (2.) einfach sein zu lassen und 
die Wirtschaftlichkeit einer Branche bewusst zu gefährden.
Beide Dinge funktionieren nur im Miteinander: Subventionen und Regulierungen. 
Aber bei beiden darf nie die Wirtschaftlichkeit ausser Acht gelassen werden! 
Die landwirtschaftlichen Betriebe machen einiges mit. Aber es muss sich 
rechnen können. Weniger Geld und mehr Vorschriften, und ihr werdet Euer 
blaues Wunder erleben...

> Und in beiden Bereiche sehe ich nur die ökologische Landwirtschaft als
> möglichen Weg.

Falsch! Die ökologische Landwirtschaft ist nur eine Komponente im 
Zusammenspiel der Nahrungsmittelerzeugung. Eine unter vielen. Was es bisher 
als "Bio-Nahrungsmittel(-erzeugung)" gibt, das ist häufig eine arge 
Mogelpackung. Ich wünschte selber, es wäre anders. Ist es aber nicht, wenn 
man mal genau hinsieht. 
Biologische Landwirtschaft wird zu einem nicht unerheblichen Teil in 
industrieller Form und Größe bewerkstelligt. Da gibt es wesentlich mehr 
bäuerliche Betriebe in "familienkompatibler" Größe, die mindestens so "Bio" 
produzieren, aber als klassische konventionelle Betriebe gelten. Und dann 
gibt es auch ein paar konventionelle in Industriegröße, denen es nur um Masse 
geht und bestenfalls darum, die bestehenden Gesetze noch gerade so irgendwie 
einzuhalten. 
Und es gibt Betriebe, die sind beides. Stichwort KTG-Agrar-AG

Einiges an Verbesserungspotential ist schon gut beschrieben worden von 
EU-Agrarkommissar Dacian Ciolos (netter Typ übrigens, nur mein Französisch 
ist leider fürchterlich), in den Entwürfen für die GAP (gemeinsame 
Agrarpolitik) für nach 2013. Stichworte wären "Greening", als "grünen" bzw. 
"biologisieren" von 30% der Direktzahlungen an die Landwirtschaft (besondere 
Naturauflagen) und Degression der Subventionen ab 150tsd Euro inclusive 
Kappung der Direktzahlungen bei absolut 300tsd Euro (Arbeiterlöhne 
anrechenbar). 

Mit solch einer Kappung der Subventionen wären die totalen Großbezieher, die 
mindestens gewerblich und nicht mehr bäuerlich sind, aussen vor. Ebenso die 
gesamte Industrie als Großbezieher von Subis: Molkereiindustrie, 
Genossenschaftsverbände, Energiekonzerne (EON, RWE etc kassieren Millionen 
EU-Agrarsubventionen) usw usf. Dort wäre erhebliches Einsparpotential, wovon 
ein Teil sogar den tatsächlichen landwirtschaftlichen Betrieben zusätzlich 
zugute kommen könnte. 

Bei diesen Entwürfem zur GAP liesse sich ein bisschen was abgucken und 
ländertypisch verbessern, würd ich meinen. Guckt es Euch mal an. 

Gruß


> LG
> 
> Wolfgang
> 
> 
>> -----Ursprüngliche Nachricht-----
>> Von: ag-landwirtschaft-bounces AT lists.piratenpartei.de
> [mailto:ag-landwirtschaft-
>> bounces AT lists.piratenpartei.de] Im Auftrag von Stephan Verbücheln
>> Gesendet: Dienstag, 3. April 2012 14:00
>> An: ag-landwirtschaft AT lists.piratenpartei.de
>> Betreff: Re: [Ag-landwirtschaft] Ag-landwirtschaft Nachrichtensammlung,
> Band 3,
>> Eintrag 5
>> 
>> Ich hab nicht behauptet, dass die konventionelle Landwirtschaft gut ist,
>> wie sie ist.
>> 
>>> Aber trotz Gewöhnaufruf bedenklich, daß sich diese industrienahen
>>> Standpunkte so unreflektiert ausgerechnet in der Diskussion der doch
>>> so freien und unabhängigen Piratenpartei wiederfinden....
>> Es ist doch genau umgekehrt. Guck dir aber mal an, was die Piraten
>> bisher so in ihre Programme usw. geschrieben haben: Das könnte direkt
>> von den Lobbyisten der Bio-Verbände stammen.
>> 
>> Deshalb ist es piratig und sinnvoll, in dieser AG sich damit zu
>> beschäftigen und diese Punkte zu untersuchen. Wir sind hier nicht bei
>> den Grünen oder Violetten.
>> 
>> 
>> Gruß
>> 
>> 
>> 
> 
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