Ahoi,
obwohl das Thema ja keines der Gesundheit ist, vermute ich hier
Piraten, die sich mit der Problematik auskennen. Der Bundestag hat
die Diskussion um die Sterbehilfe aufgemacht in einer langen
Aussprache am 13.11., in der die Mehrheit die Situation der
Hilfesuchenden eher verschlechtern will.
Im Laufe des nächsten Jahres wird die Diskussion zu Ende geführt und
sicher in ein Gesetz münden. Da meine ich, dass eine liberale Partei
dazu auch eine liberale Haltung vertreten sollte und habe vor diesen
Antrag in das BEO-Verfahren einzuspeisen, wenn ich noch 5
Unterstützer finde, die verifiziert und stimmberechtigt sein müssen.
Antrag an den
Basisentscheid-Online als
Positionspapier
Titel: Freie
Selbstbestimmung auch am Lebensende
Vorsatz:
Die
Partei sollte in der laufenden Diskussion einen Standpunkt
vertreten
können, der neue Wege aufzeigt, und darstellt, dass Liberalität
nicht nur im Leben, sondern auch im Sterben gilt. Es kann nur
darum
gehen wie - und
nicht
ob - der Staat dem Bürger die freie Selbstbestimmung am
Lebensende
ermöglicht.
Antragstext:
Die Piratenpartei setzt sich für ein
zweigleisiges System der Sterbehilfe ein: eine Indikationslösung
über Ärzte bei tödlich verlaufender Krankheit und ein freie Lösung
über Notare.
Bei der Indikationslösung stellen mindestens
zwei Ärzte unabhängig von einander fest, dass eine tödlich
verlaufenden Krankheit vorliegt und dass eine psychischen
Erkrankung,
die den freien Willen beeinträchtigt, nicht vorliegt. Bei
schriftlich geäußertem Wunsch des Patienten ist dann eine
ärztliche
Assistenz zur Sterbehilfe ohne weitere Formalitäten gestattet.
Bei
der freien Lösung über einen Notar lässt sein Mandant seinen
Wunsch beurkunden. Ein Psychiater schließt aus, dass eine den
freien
Willen einschränkende psychiatrische Erkrankung vorliegt. Analog
dem
Vorgehen beim Schwangerschaftsabbruch erfolgt eine Sozialberatung.
Erscheint der Mandant nach einer Karenzzeit von 6 Wochen wieder
beim
Notar und bestätigt seinen Wunsch, muss er eine Person seines
Vertrauens für die Hilfe bei seinem Freitod vorschlagen. Diese
Person, das kann ein Pastor, Arzt, Angehöriger eines
Sterbehilfevereines oder sonstiger Laie sein, muss gegenüber dem
Notar glaubhaft machen können, dass sie im Sinne des Mandanten
handeln kann, dafür kein Geld nimmt und über den Verbleib des
Mittels Rechenschaft legen wird. Diese Person erhält dann ein
notarielles Dokument mit dem sie in der Apotheke das Mittel für
den
Freitod des Mandanten erhält.
Begründung:
In
der aktuellen politischen Diskussion spielt das Thema der
Sterbehilfe
wieder eine größere Rolle. Es ist zu erwarten, dass innerhalb
dieser Legislaturperiode eine gesetzliche Regelung dazu gefasst
wird,
die die gegenwärtige Situation eher stärker einschränkt, als
Sterbehilfe erleichtert. Die Partei sollte daher einen Standpunkt
vertreten können, der einerseits neue Wege aufzeigt, andererseits
auch darstellt, dass das Streben nach Liberalität nicht nur im
Leben, sondern auch im Sterben gilt. Es kann hier also nur darum
gehen, wie - und nicht ob - der Staat dem Bürger die freie
Selbstbestimmung am Lebensende ermöglicht.
Nun zum Inhalt:
Als der Bundestag am 13.11.2014 über die Sterbehilfe
diskutierte, waren die Ähnlichkeiten zu den Debatten um den
Schwangerschaftsabbruch der 70ger Jahre unverkennbar.
“Indikationslösung”, “Fristenlösung” oder “überhaupt
nicht” waren damals die Möglichkeiten.
Angetrieben wurde die
damalige Diskussion auch oder gerade von einem
Schwangerschaftsabbruchstourismus besonders in die Niederlande.
Frauen entzogen sich einfach einem Rechtsraum, der nach ihrer
Ansicht
von überkommenen moralischen Normen bestimmt war.
Und jetzt:
wieder fahren Leute aus Deutschland weg diesmal in die Schweiz, um
dort ein tödliches Mittel zu bekommen, ohne dass jemand fragt,
warum
sie es haben wollen. Und das, obwohl sowohl der Suizid als auch
und
auch die Hilfe dazu in Deutschland straffrei sind. Aber solche
Hilfe,
die im wesentlichen im Beschaffen des richtigen todbringenden
Stoffes
besteht, braucht natürlich Kompetenz und Erfahrung. Dafür haben
sich Sterbehilfevereine gegründet, die das Geschäft teilweise mit
Gebühren betreiben. Das stinkt den Politikern um Peter Hintze.
Sterbehilfevereine sollen verboten werden.
Bei der Diskussion un
den Schwangerschaftsabbruch wurde der Ausbau jeglicher Hilfen
wurde
als Alternative zum Schwangerschaftsabbruch gepriesen. Jetzt wird
von
der Mehrheit der Ausbau der Palliativmedizin beschworen. Das war
und
ist richtig. Aber solche Hilfen konnten damals für den
Schwangerschaftsabbruch und können heute für den Freitod als
Angebot aber nicht als verpflichtende Alternative gelten.
Wenn
es dann aber doch zum assistierten Suizid kommt, will die Politik
als
Problemlöser die Ärzte.
Diese wollen aber nicht so wie die
Mehrheit der Abgeordneten. Die Ärztekammern bedrohen teilweise
ihre
Mitglieder mit standesrechtlichen Verfahren, sollten sie sich an
einem assistierten Suizid beteiligen. Und dabei können sie großes
Geschütz auffahren, denn Hippokrates hat in seinem Eid
ausgerechnet
dieses eingefügt:
„Auch werde ich niemandem ein tödliches
Gift geben, auch nicht, wenn ich darum gebeten werde, und ich
werde
auch niemanden dabei beraten.“
Und entsprechend haben sich
die Ärzte überwiegend immer schon gegen den assistierten Suizid
ausgesprochen und in offiziellen Regeln der Kammern auf Bundes-
und
Landesebene festgelegt. Schönes Beiwerk des Föderalismus ist, dass
sich die Ärzte in einigen Bundesländern am assistierten Suizid
nicht beteiligen sollen, in anderen nicht beteiligen dürfen - ein
wichtiger Unterschied, der darüber entscheiden kann, ob ein Arzt
in
den Strudel der Standesgerichtsbarkeit gerät oder nicht. Das zu
ändern ist nicht leicht. Der Gesetzgeber kann Ärzte zwar vor
Strafverfolgung aber nicht vor der Standesgerichtsbarkeit
schützen,
wenn er nicht das Grundgesetz gleich ändert. Straffrei ist die
Sache
aber ohnehin.
Aber selbst, wenn die Ärztekammern ihre
Ansicht ändern würden, geeignet sind Ärzte für den assistierten
Suizid nur im Falle einer zum Tode führenden Krankheit. Hier
muss eine rasch umsetzbare unbürokratische Lösung greifen, wobei
die Ärzte die richtigen Ansprechpartner sind. In diesem Fall
bestehen auch berechtigte Hoffnungen, dass die Ärztekammern
ihre restriktiven Regeln lockern. Für alle anderen Fälle sind
Ärzte nicht geeignet. Sie werden nämlich darauf trainiert, nur
Dinge zu tun, die sie auch für richtig halten, kurz, wofür sie
eine
Indikation sehen.
Indikation bedeutet aber nicht freier
Patientenwille sondern objektive nachprüfbare und nachvollziehbare
Tatsachen. Allein Schönheitschirurgen sind hier wohl eine
Ausnahme.
Obwohl sie von ihrer Einstellung zum Patientenwillen wohl noch die
geeignetste Ärztegruppe sind, scheiden sie aus anderen Gründen
aus.
Will man aber die Selbstbestimmung den Menschen auch am
Lebensende ermöglichen, sollte man daher tunlichst die Ärzte aus
dem Spiel lassen. Der Suizid ist straffrei auch ohne Indikation.
Hat
sich die öffentliche oder veröffentliche Meinung über den Freitod
von Prominenten wie Gunter Sachs mokiert? Nein, eine Angst, an
Alzheimer zu erkranken, wird als hinreichende Erklärung für diesen
Akt der Selbstbestimmung akzeptiert und teilweise sogar bewundert.
Und solange das so ist, werden Leute in die Schweiz fahren, wo sie
sich vor niemanden rechtfertigen müssen und sie Kompetenz und
Erfahrung vorfinden.
Wir haben neben den Ärzten noch einen
anderen Beruf, dem es an Ansehen und sogar staatlicher Aufsicht
sowie
Verschwiegenheitspflicht nicht mangelt. Notare beglaubigen die
wirklich wichtigen Dinge des Lebens und wer wollte zweifeln, dass
ein
Freitod in diese Kategorie gehört. Notare sind gewohnt zu
überprüfen, ob ein von ihnen beurkundeter Vertrag den freien
Willen
des Mandanten ausdrückt. Aber sie sind eben auf der anderen Seite
auch gewohnt, diesen Willen zu akzeptieren. Warum sollte beim
assistierten Suizid nicht ein Notar Herr des Verfahrens sein wie
bei
einem Hauskauf. So wichtig wie ein Hauskauf ist der Freitod
allemal.