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ag-gesundheitswesen - Re: [AG-Gesundheit] Sterbehilfe

ag-gesundheitswesen AT lists.piratenpartei.de

Betreff: AG Gesundheit

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Re: [AG-Gesundheit] Sterbehilfe


Chronologisch Thread 
  • From: Jürgen Junghänel <junghaenel-hannover AT gmx.de>
  • To: AG Gesundheit <ag-gesundheitswesen AT lists.piratenpartei.de>
  • Subject: Re: [AG-Gesundheit] Sterbehilfe
  • Date: Sun, 30 Nov 2014 00:11:11 +0100
  • Importance: normal
  • List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/ag-gesundheitswesen>
  • List-id: AG Gesundheit <ag-gesundheitswesen.lists.piratenpartei.de>

Hi,
Ich danke dir,  dass du dir die Sache durchgelesen und kommentiert hast. 

Zunächst einmal ist das ein Thema, das sehr von den tiefen und meist nicht änderbaren Grundüberzeugungen der Menschen beantwortet wird. Schon die Bundestagsdebatte hat gezeigt, dass die große Mehrheit der Redner, den Menschen mit Ausnahme der medizinischen Indikation eine sachkundige Hilfe beim Freitod verweigern will.

Alle Menschen ohne eine solche Indikation werden allein gelassen. 

Nur Renate Künast macht hier eine Ausnahme.  Sie will Sterbehilfevereine bestehen lassen, nur halt regulieren. 

Es gilt den Widerspruch zu lösen zwischen dem leicht gesagten Wort,  der Mensch hätte Selbstbestimmung auch am Lebensende auf der einen Seite und der Nichtakzeptanz, dass er sich dazu sachkundige Helfer nehmen darf.

Die reine Lehre des Liberalismus würde ihm das ermöglichen und zwar auch dem Menschem, der nicht krank ist.

Ich stelle eine ! Möglichkeit vor.

Du schreibst, dass Leute den Weg über den Notar nicht gehen würden. 
Das ist aber unwahrscheinlich,  wenn man sich den Aufwand anschaut,  den die Schweiztouristen auf sich nehmen. Oder etwa auch beim Schwangerschaftsabbruch. 

Ein Freitod,  auch das gehört zu Selbstbestimmung,  solle niemals andere Menschem gefährden,  das gilt leider nicht für 
Das Werfen vor den Zug und den provozierten Autounfall, der immer populärer wird.

Aber, wie gesagt,  Grundüberzeugungen finden immer eine Argumentation,  meine habe ich dargelegt, deine habe ich verstanden.

Es wird spannend im nächsten Jahr. Kommt es so,  wie die Mehrheit will,  wird uns dss Thema noch Jahre begleiten und zwar solange es Freitod Tourismus gibt, beim Schwangerschaftsabbruch hat es etwa 10 Jahre gedauert. Ausnahmsweise mal ein positiver Effekt der Globalisierung,  leider nur für reiche Leute.

Ausnahmsweise kann die PP sagen,  dsss sie keine einheitliche Meinung zu dem Problem hat,  das haben die anderen Parteien auch nicht umd werden den Fraktionszwang  aufheben. 

Nach meinem bisherigen Rückmeldungen miss ich aber sagen, dsss es die meisten auch nicht interessiert. Bei mir ist das anders, vielleicht,  weil ich demnächst 70 werde und sls Nervenarzt giel gesehen habe.

Dein Jürgen








Von Samsung-Tablet gesendet



-------- Ursprüngliche Nachricht --------
Von Morgan le Fay <comte_de_tenebres AT arcor.de>
Datum: 29.11.2014 12:20 (GMT+01:00)
An ag-gesundheitswesen AT lists.piratenpartei.de
Betreff Re: [AG-Gesundheit] Sterbehilfe


-----BEGIN PGP SIGNED MESSAGE-----
Hash: SHA1

Moin Jürgen,

so, ich hab jetzt alles gelesen und erlaube mir Kommentare als Denk-
bzw. Diskussionsanreize:

Am 28.11.2014 um 18:18 schrieb JürgenJu:


> Die Piratenpartei setzt sich für ein zweigleisiges System der
> Sterbehilfe ein: eine Indikationslösung über Ärzte bei tödlich
> verlaufender Krankheit und ein freie Lösung über Notare.
>
> Bei der Indikationslösung stellen mindestens zwei Ärzte unabhängig
> von einander fest, dass eine tödlich verlaufenden Krankheit
> vorliegt und dass eine psychischen Erkrankung, die den freien
> Willen beeinträchtigt, nicht vorliegt. Bei schriftlich geäußertem
> Wunsch des Patienten ist dann eine ärztliche Assistenz zur
> Sterbehilfe ohne weitere Formalitäten gestattet.

Dazu habe ich bereits meine Meinung kundgetan.

>
> Bei der freien Lösung über einen Notar lässt sein Mandant seinen
> Wunsch beurkunden. Ein Psychiater schließt aus, dass eine den
> freien Willen einschränkende psychiatrische Erkrankung vorliegt.
> Analog dem Vorgehen beim Schwangerschaftsabbruch erfolgt eine
> Sozialberatung. Erscheint der Mandant nach einer Karenzzeit von 6
> Wochen wieder beim Notar und bestätigt seinen Wunsch, muss er eine
> Person seines Vertrauens für die Hilfe bei seinem Freitod
> vorschlagen. Diese Person, das kann ein Pastor, Arzt, Angehöriger
> eines Sterbehilfevereines oder sonstiger Laie sein, muss gegenüber
> dem Notar glaubhaft machen können, dass sie im Sinne des Mandanten
> handeln kann, dafür kein Geld nimmt und über den Verbleib des
> Mittels Rechenschaft legen wird. Diese Person erhält dann ein
> notarielles Dokument mit dem sie in der Apotheke das Mittel für
> den Freitod des Mandanten erhält.

Das kann man zwar fordern, dürfte aber kaum mehrheitsfähig sein. Man
stelle sich den Druck vor, den man da den Angehörigen in den Wochen
vor der geplanten "Hinrichtung" zumutet. Und für wen soll es diese
Lösung geben? Ich denke, wer - ohne erkrankt zu sein - aus welchen
Gründen auch immer derart verzweifelt ist, dass er lieber sterben als
leben möchte, macht nicht einen Termin beim Notar aus und sucht diesen
nach 6 Wochen nochmals auf... er wirft sich vor einen Zug oder springt
vom Dach.


> *Begründung*:
>
> ....Es kann hier also nur darum gehen, wie - und nicht ob - der
> Staat dem Bürger die freie Selbstbestimmung am Lebensende
> ermöglicht.

Volle Zustimmung!


> Nun zum Inhalt: ...
>
> Wenn es dann aber doch zum assistierten Suizid kommt, will die
> Politik als Problemlöser die Ärzte.

Es geht im Krankheitsfalle nicht ohne Ärzte. Es muss ja eine
unheilbare, unausweichlich zeitnah tödliche Erkrankung diagnostiziert
werden und i.a.R. findet für die Betroffenen palliative Betreuung in
Kliniken oder Hospizen statt.

>
> Diese wollen aber nicht so wie die Mehrheit der Abgeordneten. Die
> Ärztekammern bedrohen teilweise ihre Mitglieder mit
> standesrechtlichen Verfahren, sollten sie sich an einem
> assistierten Suizid beteiligen. Und dabei können sie großes
> Geschütz auffahren, denn Hippokrates hat in seinem Eid ausgerechnet
> dieses eingefügt: "/Auch werde ich niemandem ein tödliches Gift
> geben, auch nicht, wenn ich darum gebeten werde, und ich werde auch
> niemanden dabei beraten." /

...was der Ärztlichen Berufsordnung (zumindest in BaWü) widerspricht!!
Da mag Hippokrates gesagt haben, was immer er möchte.
Im Medizinforum habe ich dazu entsprechende Passagen zitiert und
kommentiert.
Es sei hier an dieser Stelle nur §16 erwähnt, wo es explizit heißt:

"Ärztinnen und Ärzte haben Sterbenden unter Wahrung ihrer Würde und
unter Achtung ihres Willens beizustehen."


> Und entsprechend haben sich die Ärzte überwiegend immer schon gegen
> den assistierten Suizid ausgesprochen und in offiziellen Regeln der
> Kammern auf Bundes- und Landesebene festgelegt. Schönes Beiwerk des
> Föderalismus ist, dass sich die Ärzte in einigen Bundesländern am
> assistierten Suizid nicht beteiligen sollen, in anderen nicht
> beteiligen dürfen - ein wichtiger Unterschied, der darüber
> entscheiden kann, ob ein Arzt in den Strudel der
> Standesgerichtsbarkeit gerät oder nicht. Das zu ändern ist nicht
> leicht. Der Gesetzgeber kann Ärzte zwar vor Strafverfolgung aber
> nicht vor der Standesgerichtsbarkeit schützen, wenn er nicht das
> Grundgesetz gleich ändert. Straffrei ist die Sache aber ohnehin.

Meine persönliche Ansicht dazu: Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg.
Ich will die berufs- und standesrechtliche Verantwortung nicht
kleinreden (bei uns Optikern gibt es ähnliches), aber ich arbeite mit
einem Arzt zusammen, der trotz Verbot unentgeltlich in D behandelt, es
gibt Ärzte, die Medikamente off-label verwenden und verschreiben und
es gibt Ärzte, die verbotswidrig für ihre Dienste in Zeitungen werben
u.v.m.


Sie werden nämlich darauf trainiert, nur Dinge zu tun,
> die sie auch für richtig halten, kurz, wofür sie eine Indikation
> sehen. Indikation bedeutet aber nicht freier Patientenwille sondern
> objektive nachprüfbare und nachvollziehbare Tatsachen. Allein
> Schönheitschirurgen sind hier wohl eine Ausnahme. Obwohl sie von
> ihrer Einstellung zum Patientenwillen wohl noch die geeignetste
> Ärztegruppe sind, scheiden sie aus anderen Gründen aus.

Das sind nicht nur Schönheitschirurgen. Lifestyle-Korrekturen wie
LASIK-Manipulationen am Auge oder Brustamputationen, Entfernungen der
Tonsilien usw. ohne akute Notwendigkeit muss man da auch hinzuzählen.

>
> Will man aber die Selbstbestimmung den Menschen auch am Lebensende
> ermöglichen, sollte man daher tunlichst die Ärzte aus dem Spiel
> lassen.

Und das halte ich für unmöglich, da sich das nahe Lebensende aufgrund
unheilbarer Erkrankung i.a.R. in Kliniken abspielt. Die Verabreichung
von Opioiden wird man kaum Laien überlassen können und wollen.

>
> Wir haben neben den Ärzten noch einen anderen Beruf, dem es an
> Ansehen und sogar staatlicher Aufsicht sowie
> Verschwiegenheitspflicht nicht mangelt. Notare beglaubigen die
> wirklich wichtigen Dinge des Lebens und wer wollte zweifeln, dass
> ein Freitod in diese Kategorie gehört. Notare sind gewohnt zu
> überprüfen, ob ein von ihnen beurkundeter Vertrag den freien Willen
> des Mandanten ausdrückt. Aber sie sind eben auf der anderen Seite
> auch gewohnt, diesen Willen zu akzeptieren. Warum sollte beim
> assistierten Suizid nicht ein Notar Herr des Verfahrens sein wie
> bei einem Hauskauf. So wichtig wie ein Hauskauf ist der Freitod
> allemal.

Da kann man nur hoffen, dass die Notare sich nicht ebenso hinter
berufsrechtlichen Vorschriften verstecken dürfen!


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