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ag-gesundheitswesen - Re: [AG-Gesundheit] Krankenhausfinanzierung

ag-gesundheitswesen AT lists.piratenpartei.de

Betreff: AG Gesundheit

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Re: [AG-Gesundheit] Krankenhausfinanzierung


Chronologisch Thread 
  • From: Jack Berlin <mubay2050 AT googlemail.com>
  • To: AG Gesundheit <ag-gesundheitswesen AT lists.piratenpartei.de>
  • Subject: Re: [AG-Gesundheit] Krankenhausfinanzierung
  • Date: Thu, 19 Apr 2012 12:34:16 +0200
  • List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/ag-gesundheitswesen>
  • List-id: AG Gesundheit <ag-gesundheitswesen.lists.piratenpartei.de>

 

Hallo @ alle,

 

seit einiger Zeit beobachte ich Diskussionen in Arbeitsgruppen zum Thema Gesundheit und bin selbst in einem BerlinerSquad Gesundheit. Dabei interessiert mich das Thema eigentlich am Rande, weil mich u.a. wie Dezentrale Konzentration, Rekommunalisierungen interessieren sowie auch Strukturschwache Regionen – Flächenländer. Denn bei letzteren sind die Themen, Fragen und Probleme ganz anderer Natur. Hier haben die Menschen noch nicht einmal ein Internetanschluss und/oder einen unzureichenden, um ein Begriff von ACTA und INDECT zu machen … geschweige denn zu einem Thema wie KRANKENHAUSFINANZIERNGSGESETZ.

 

An dieser Stelle sei Dank dem Mitstreiter, der die Initiative übernommen hat ein Pad zu Ansiedlungspolitik in die strukturschwachen Regionen zu eröffnen (Leider habe den LINK und Mail nicht aus dem Stegreif rauszusuchen). Hier war eine Diskussionen vorausgegangen, dass eine Ärztemangel in diesen Regionen existiert und auch ein Arzt nicht bereit sei auch für 10.000 € sich in so eine Region niederzulassen.

 

Besonders dankbar bin ich aber dem Jens für sein Mut und Initiative bei diesem Thema KRANKENHAUSFINANZIERNGSGESETZ.

Das ist eine Riesen KRÖTE …

 

Denn als ich hin- und wieder und hier und dort das Gespräch zu Lösungsansätzen des Gesundheitsreform mit Medizinern und Kranken- und Altenpfleger gesucht habe, wo man es am Besten in dem System anpackt und wie man kommuniziert, fragte ich nach dem KRANKENHAUSFINANZIERNGSGESETZ, ob es nicht ein geeigneter Ansatz wäre. Das KRANKENHAUSFINANZIERNGSGESETZ war überhaupt kein Thema, unbekannt.

 

Angeregt und inspiriert hat mich das Thema schließlich als ich den Beitrag zu Psychiatrie und Psychotherapie von Martin E. Waelsch gelesen habe. Seine Links zu Infos und Leitlinie habe ich mir zwar noch nicht angeschaut, aber die sind augenblicklich für mich auch nicht so wichtig. In seinen Ausführungen schildert er aus seinen eigenen Beobachtungen und Erfahrung, da spare ich mir als nicht Mediziner von meinen eigenen Beobachtungen und Gesprächen zuberichten.

 

Er hat konkret etwas geschrieben, das mich hierzu veranlasst hat etwas länger hier zu verweilen: „Die Tendenz der Politik und der Kassen geht konform mit der Pharmaindustrie: es wird alles auf Psychopharmaka kalkuliert: Diagnostik, Behandlung, Behandlungsdauer, Behinderungen, Arbeitsfähigkeit, Berentung, Fahrtauglichkeit, Berufsunfähigkeit, Schwerbehinderung, usw.“

Es ist für mich nichts Besonderes und/oder unbekanntes. Das Besondere ist hier, dass er als Praktizierender als Fachkompetenz, die Dinge konkret offen anspricht, die auf seine eigene Erfahrungen und Beobachtungen beruhen.

 

Also hier unten füge ich mein Beitrag hinzu mit der Hoffnung, dass vielleicht an manchen Stellen Ansätze zu Lösung des Problems entnommen werden kann, Anträge zu Beschlüssen und Initiativen zu weiteren Behandlung des Problems und vielleicht hier und dort auch Ansätze für einen Maßnahmenkatalog o.ä. für strukturschwache Regionen ergeben. Vielleicht …


Am 18. April 2012 18:12 schrieb Jens Müller <ich AT tessarakt.de>:
Am 18.04.2012 15:28, schrieb haarbrandt:

Nein, das ist unter dem Stichwort "Duales System" zusammengefasst.
Öffentliche Kliniken decken ihre laufenden Kosten durch
"Behandlungsentgelte", einmalige Investitionen werden über Anträge an
das Land gestellt. Kann man sicherlich drüber diskutieren, ob das so
richtig ist.

Kennt jemand da die Rechtsgrundlage? http://de.wikipedia.org/wiki/Duale_Finanzierung ist doch etwas sehr dürftig, http://de.wikipedia.org/wiki/Krankenhausplan ebenfalls ...

Ich frage mich, auf welcher verfassungsrechtlichen Grundlage der Bund den Ländern mit dem Krankenhausfinanzierungsgesetz die Förderung der Krankenhäuser als Aufgabe übertragen konnte. Kennt sich da jemand näher aus?

VerfassungsRecht:

Art 20, I GG – Sozialstaatsprinzip

Art 28, I Satz 1 GG

 

BundesRecht

§ 1 KHG: Grundsatz

(die wirtschaftliche Sicherung der Krankenhäuser/ eine bedarfsgerechte Versorgung der Bevölkerung … zu gewährleisten / sozial tragbare Pflegesätze beizutragen / Vielfalt der Krankenhausträger beachten / wirtschaftliche Sicherung freigemeinnütziger und privater Krankenhäuser gewährleisten / Gewährung von Fördermitteln nach diesem Gesetz darf nicht mit Auflagen verbunden werden / die Selbständigkeit und Unabhängigkeit von Krankenhäusern über die Erfordernisse der Krankenhausplanung und der wirtschaftlichen Betriebsführung hinaus nicht beeinträchtigen)

 

§ 6 KHG: Krankenhausplanung und Investitionsprogramme

(Verwirklichung der in § 1 genannten Ziele durch Krankenhauspläne und Investitionsprogramme seitens der Länder / Abstimmung der Länder bei überregionaler Bedeutung der Krankenhäuser / bei pflegerischen Leistungserfordernissen nach dem Elften Buch Sozialgesetzbuch abstimmen / u.a. …)

 

Das Sozialstaatsprinzip ist in Artikel 20 Absatz 1 des GrundGesetzes eines der grundsätzlichen Prinzipien unseres Staates (– eigentlich!).

Die Fürsorge für Hilfsbedürftige durch den Staat und der daraus entspringende Auftrag an den Staat zur Schaffung sozialer Sicherungssysteme im Rahmen seiner Verpflichtung zur Daseinsvorsorge SIND wesentliche Elemente des Sozialstaates. Auf dieser Grundlage basieren die Schaffung der gesetzlichen Krankenversicherung und das System der Krankenversorgung.

Artikel 28 Absatz 1 Satz 1 des GrundGesetzes überträgt diese Grundsätze und Aufgaben gleichermaßen an Bund und Länder

 

Zur Verwirklichung dieser Zielsetzungen, dass es auch klappt, verpflichtet § 6 KHG: (Krankenhausplanung und Investitionsprogramme) die Bundesländer zur Aufstellung dieser Planungen und dieser Programme. OHNE REGELUNG im DETAILLE.

Hier an dieser Stelle ergeben die Einladung und der Ansturm von Pharmalobby diese Gesetzeslücke in ihrem Sinne auszufüllen und zu entfalten, so dass die Börsenwerte gesichert … und die Aktien der Pille im Finanzplan gegenüber Personal- und Pflegedienst gestellt wird.  

 

Regelungskompetenzen liegen bei den einzelnen Bundesländern.

 

Durch die Mischfinanzierung, zu der in der Entwicklung des Krankenhausfinanzierungsgesetzes geführt hat, bringt es auch vielfältige Probleme mit sich: die duale Finanzierung der Krankenhäuser, zu der eins reformerisch geführt hat, sollte m. E. wieder mutig rückgängig gemacht werden.

 

Auf den Wettstreit mit der Pharmalobby über Finanzierungssysteme zu Rentabilität u.ä. sollten m. E. nicht eingelassen werden vor dem Hintergrund ihrer börsennotierten Unternehmen und Produkten etc.  

Menschenpflegende, -versorgende Personal sollten nicht gegenüber Aktienwerte und Derivaten in der Bewertung gegenüber gestellt werden.

 

Stichwort ACTA: nur so viel hier: hier waren die Initiatoren u.a. die Pharmaindustrie gewesen, weshalb auch zu seltsamen Gesetzeskonstrukt, -gestaltung und –Umsetzung geführt haben – und wir heute dagegen sein müssen.

 

Hier kurz zu Entwicklung des Krankenhausfinanzierungsgesetz

Bis 1972 erfolgte monistische Finanzierungssystematik. Im Nachkriegsdeutschland führte diese zu fraglichen Investitionsrückständen. Ende der

60er wurde im Rahmen einer Untersuchung im Bundestag untersucht und aufgedeckt. Ab 1972 wurde die Krankenhausfinanzierung durch das Krankenhausfinanzierungsgesetz von der monistischen Finanzierung durch die duale Finanzierung der Krankenhäuser abgelöst:

 

Die gegenwärtige Situation führt zu dem Zielkonflikt, dass zwischen den Belangen der Krankenhausplanung und des Wettbewerbschutzes besteht. Dadurch wird die Krankenhäuser zunehmend von Pharmalobby fremdbestimmt.

 

Pharmaindustrie ist außerhalb jeglicher Diskussionen und Debatten, wenn es darum geht gegenüber solcher Kritiken unmittelbar gegenüber zustehen … denn sie tun ja nix ungesetzliches. Aber alles was gesetzlich ist, muss nicht rechtens sein ….

 

Die Politik sollte bzw. Piraten bzw. WIR bald den Mut haben von der dualen Finanzierung zur Monistik umzusteigen, um bisherige Fehlentwicklungen zu unterbinden:

  • Weg vom Propaganda unter Wachstums- und Beschäftigungsaspekten überlegene Konzepte, wenn es um Menschenbehandlung geht
  • Weg vom mit den Gesundheitsreformen eingeschlagenen Weg einer Intensivierung des Wettbewerbs zwischen den Leistungsanbietern weiter fortzusetzen
  • Die derzeitigen Parallelität von Überkapazitäten, unzureichender Spezialisierung und baulicher Überalterung im Klinikbereich kann nach der jetzigen Praxis so nicht auf Kosten der Patienten gelöst werden
  • Im effizienzfeindlichen sektoralen Budgets nicht das Menschenpflegenden und –versorgenden Personal als solche erfassen, sondern Gesundheit und Pflege NEU  definieren
  • Budgets und Unterschiede in den sektoralen Vergütungssystemen klar TRENNEN.
  • Modernisierung der Arzneimitteldistribution – einfach Fremd- und Mehrbesitzverbots von Apotheken stärken. Das muss nicht unbedingt den Grundsätzen der Piraten widersprechen. An dieser Stelle müsste man mal die Bestimmungen/Empfehlungen vom Europäischen Gerichtshof zu Distributionskanäle anschauen und prüfen – habe ich nicht gelesen (vielleicht guckt sich einer das mal an)
 
 


Gruß Jens

Schöne Grüße

Munis 




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