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ag-gesundheitswesen - Re: [AG-Gesundheit] Vorgehensweise Arbeitsgruppe

ag-gesundheitswesen AT lists.piratenpartei.de

Betreff: AG Gesundheit

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Re: [AG-Gesundheit] Vorgehensweise Arbeitsgruppe


Chronologisch Thread 
  • From: "Dr. Christian Haffner" <christian AT drhaffner.com>
  • To: 'AG Gesundheit' <ag-gesundheitswesen AT lists.piratenpartei.de>
  • Subject: Re: [AG-Gesundheit] Vorgehensweise Arbeitsgruppe
  • Date: Wed, 28 Mar 2012 16:34:31 +0200
  • List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/ag-gesundheitswesen>
  • List-id: AG Gesundheit <ag-gesundheitswesen.lists.piratenpartei.de>

Hallo Mitpiraten,

den Vorschlag finde ich gut, alles was gut läuft hervorzuheben und eine Vision für ein neues Gesundheitssystem zu entwickeln.

Was die freie Arztwahl angeht, so diskutieren wir hier auf verschiedenen Ebenen und sollten erst einmal definieren, was wir jeweils darunter verstehen. Klar sollte die Möglichkeit bestehen, einen Arzt frei auszusuchen, wenn ein anderer nicht weiterkommt und sich z.B. weiterhin die Spezialisten selbst aussuchen zu können und kann  dann natürlich Ärzte mit einer hohen Kunstfehlerquote meiden. Das ist die eine Ebene.

Die andere Ebene aber ist der meines Erachtens politisch verbogene Begriff einer sogenannten freien Arztwahl, der jegliche sinnvolle Steuerungsfunktion im Gesundheitssystem unterbindet und damit unnötig Kosten verursacht. Hat ein Patient zum Beispiel Schwindel und kann selbst entscheiden, welche Fachrichtung er zuerst aufsucht, ohne je einen Generalisten gesehen zu haben, passiert gewöhnlich folgendes:

Der Patient entscheidet sich nach Gutdünken z.B. Zu einem Hals-Nasen-Ohrenarzt zu gehen, der die gesamte Palette SEINES Fachgebietes durchzieht, das Gleichgewichtsorgan überprüft, Hörtests macht usw. Er findet nichts, was den Schwindel erklärt, was häufig ist. Er empfiehlt dem Patienten zum Neurologen zu gehen und schreibt eine Überweisung. Der Neurologe zieht nun wiederum seine Diagnostik durch: Nervenleitgeschwindigkeitsmessung zum Ausschluss einer Polyneuropathie, verschiedene evozierte Potentiale zum Ausschluss einer entzündlichen Erkrankung des zentralen Nervensystems, wie z.B. Multiple Sklerose. Da er auch noch einen Hirntumor und eine Entzündung definitiv ausschließen will empfiehlt er entweder ein Computertomogramm des Schädels oder gleich eine Kernspintomographie. Dummerweise ist auch hier oft alles in Ordnung. Dann erhält der Patient eine Überweisung zum Kardiologen, der eine Herzerkrankung als Schwindelursache ausschließen will und nun sein Programm fährt vom Belastungs-EKG über Langzeit-EKG und Langzeit-Blutdruck, Herzultraschall. Wenn es wieder kein verwertbares Ergebnis gibt bleibt noch der Orthopäde: Es könnte ja die Halswirbelsäule schuld sein. Nicht selten wird in diesem Zusammenhang dann auch die Halswirbelsäule geröntgt, selten gibt es Ergebnisse, die weiterbringen. Hier werden vier Pauschalen plus Zusatzleistungen plus zweimal Radiologie ausgelöst.

Ein verpflichtender anfänglicher Besuch bei einem Generalisten hätte womöglich die richtige Richtung gleich bahnen können, da hier der Fokus patientenzentriert und nicht fachgebiets- und damit krankheitszentriert ist, sprich: eine allgemeine, fachgebietsübergreifende Untersuchung und ein Gespräch mit dem Patienten stattfindet. Bei Verdacht hätten mehrere Untersuchungen, wie Belastungs-EKG, Langzeit-EKG, Langzeit-Blutdruck und normale Schwindeltests auch in einer Hausarztpraxis stattfinden können. Und das für (je nach Bundesland unterschiedlich) Pauschalen von 33-40 Euro pro Quartal plus z.B. 7 Euro für das Langzeit-EKG. HIER können Kosten gespart werden, wir uns die Niederlande vormachen. HIERVON können wir lernen, da dort 96% der Patienten zu 4% der Gesamtbudgets des Gesundheitssystems behandelt werden. Davon sind wir weit entfernt.

Daher mein Vorschlag: Gutes aus unserem und dem Gesundheitssystem unserer europäischen Nachbarn übernehmen und in unsere eigene Vision integrieren.  Meiner Meinung nach kommen wir ohne eine mehr oder minder starke steuernde Primärarztfunktion hoher Qualität nicht aus.

Viele Grüße aus dem Bereitschaftsdienst in Bad Münster am Stein in Rheinland-Pfalz

Christian
 


Von: Ethan Conaway <conaway AT gmx.de>
Antworten an: 'AG Gesundheit' <ag-gesundheitswesen AT lists.piratenpartei.de>
Datum: Wed, 28 Mar 2012 14:19:43 +0200
An: 'AG Gesundheit' <ag-gesundheitswesen AT lists.piratenpartei.de>
Betreff: Re: [AG-Gesundheit] Vorgehensweise Arbeitsgruppe


 
Ist es sinnvoller,
 
a) die Probleme des derzeitigen Gesundheitswesens aufzuzeigen und Lösungsmöglichkeiten daür zu erarbeiten (also am Bestehenden aufsetzen)  oder
 
b) das Gesundheitswesen am grünen Tisch völlig neu zu gestalten ?

Eine Vision zu haben (b) ist gut. Da dies jedoch lange Zeit in ansprucht nimmt und über die momentanen Möglichkeiten (%te) der Piraten (noch) hinausgeht, bin ich dafür auch auf Korrekturen zu setzen.

Die Sicht (nur) auf Probleme, bringt Schwerigkeiten. Es geht nicht um die Kosten sondern um die Effektivität des Gesundheitssystems (Kosten vs. Nutzen). Alles was gut läuft im Gesundheitsystem gehört hervorgehoben  Alles was kurzfrißtig Kosten verursacht, langfrißtig aber einen hohen Nutzen bewirkt, gilt es zu bewaren.

Z. B. die Möglichkeit der freien Arztwahl bei der, wenn ein Arzt nicht weiterkommt ein anderer das Problem löst und damit Kosten durch den anderern erpart. Meiden Patienten Ärzte die unnatürlich viele Kunstfehler fabrizieren führt das auch zu einem hohen Nutzten für die Gesundheit der Bürger.



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