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ag-gesundheitswesen - Re: [AG-Gesundheit] eGK: Alternative dezentrale Speicherung

ag-gesundheitswesen AT lists.piratenpartei.de

Betreff: AG Gesundheit

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Re: [AG-Gesundheit] eGK: Alternative dezentrale Speicherung


Chronologisch Thread 
  • From: DS Lawfox <dslawfox AT googlemail.com>
  • To: AG Gesundheit <ag-gesundheitswesen AT lists.piratenpartei.de>
  • Subject: Re: [AG-Gesundheit] eGK: Alternative dezentrale Speicherung
  • Date: Tue, 25 Oct 2011 15:35:21 +0200
  • List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/ag-gesundheitswesen>
  • List-id: AG Gesundheit <ag-gesundheitswesen.lists.piratenpartei.de>

Hallo Birger, Thorsten und auch Fredi,

1.)
mangels Zeit, hier eine komplette Textanalyse der Studie zu präsentieren, werde ich mich auf einige, griffige Punkte beschränken, wie Thorsten vorschlug:


Zitat 1:

Der 111. Deutsche Ärztetag hat sich (erneut) im Hinblick

diese Form der Speicherung von Daten sehr kritisch geäußert und die „Erprobung

von Speichermedien in der Hand des Patienten wie auch anderer Alternativen

zur Datenspeicherung auf zentralen Servern“ gefordert.

Zitat 2

Wie in der Bewertung in Kapitel 10.5.4 beschrieben, kann der Forderung nach Tests auf Basis des Konzepts der BÄK nicht entsprochen werden.

 

Widerspruch:

Von einer „Forderung der BÄK“, die dezentrale Speicherung werde mit einem USB-Stick angestrebt, steht nirgendwo etwas; insbesondere auch nicht in dem zugrunde liegenden Positionspapier - „als Konzept 2“ bezeichnet – der Bundesärztekammer

http://www.bundesaerztekammer.de/downloads/Positionspapier_Telematik_10062008-1.pdf

Das Wort „USB“ oder die Kombination von „USB-Stick“ ist dort nicht 1 x erwähnt. Die tendenzielle Fehlinterpretation ist damit dokumentiert.

Sehr instruktiv zu den Forderungen der Bundesärztekammer des Weiteren: http://www.bundesaerztekammer.de/page.asp?his=0.2.20.5711.6202.6245 Diese Forderungen decken sich außerdem mit der Bürgerinitiative "Stoppt die e Card" und den Forderungen zahlreicher Patientenschutzverbände, Ärztevebände, unabhängiger Krankenhausgesellschaften etc.


An den Forderungen hat sich nichts geändert. Die grundlegende Problematiken aus Sicht der Leistungserbringer (Ärzte) auch und gerade mit Blick auf das Wohl von über 70Mio Versicherten in Deutschland und nahe an 400 Mio Behandlungsfällen pro Jahr bleibt unverändert bestehen: vgl. Seiten 205 - 207 des Beschlussprotokolls des 114. Ärztetages vom Juni 2011.


Zitat:

Die Verfügbarkeit der Daten ist bei der dezentralen Speicherung nicht gewährleistet.

Ein Verlust des Mediums oder ein technischer Defekt sind nicht unwahrscheinlich und

führen zu einem dauerhaften Verlust aller gespeicherten Daten. Die Wiederbeschaf

fung ist ggf. mit erheblichen Aufwänden verbunden. Die Nichtverfügbarkeit der Daten

kann die Behandlung des Versicherten beeinträchtigen.

 

Widerspruch:

Hier ist allgemein von dezentraler Speicherung die Rede. Technische Defekte sind auch bei der eGK 1 mitnichten ausgeschlossen. Die Wiederbeschaffung oder Wiederherstellung ist auch bei der eGK und zentraler Speicherung nach dem derzeitigen Stand der Entwicklung der TI äußerst problembehaftet (technisch und vor allem rechtlich). Die Nichtverfügbarkeit der Daten im Behandlungsfall besteht auch im Falle des Verlusts oder der Zerstörung der eGK 1.

 

Zitat:

Zunächst könnte für potentiell geeignete Fachanwendungen geprüft

werden, inwieweit die dezentrale Speicherung in die Fachkonzepte eingebracht werden

kann Hierzu wären ca. 4 Monate erforderlich. In einem nächsten Schritt könnte die Planung

von Tests vorgenommen werden. Dies würde ca. 3 Monate dauern.

 

Widerspruch:

Seither sind fast 2 Jahre vergangen. Nichts ist passiert. Der inzwischen 114. Ärztetag wiederholte die Position von 2008 und stellte fest, dass weder die gematik noch der Gesetzgeber interveniert hat.

 

Zitat:

Diese Arbeiten könnten nach dem erfolgreichen Abschluss der

Konzeptphase des Online-Rollout starten und die Ergebnisse können dann in das die Entwicklung der eGK Generation 2 einfließen.

 

Widerspruch:

Setzte man sich noch bis April 2009 vorgeblich mit der Möglichkeit einer Alternative auseinander, werden die Alternativen in der aktuellen Phase nicht erwähnt. Wer den Braten nicht riecht, muss wissen, dass April 2009 + mindestens 7 Monate Test- und Erprobungsphase einen Zeitraum beschreibt, der nach der Bundestagswahl 2009 war.

Nach einer Verschnaufpause findet nun der Rollout der eGK 1 unverändert statt. Das von der Politik festgeschriebene Moratorium findet nicht statt. Die Zielsetzung ist klar:. Erst sollen die Daten vermittels eGK 1 flächendeckend erhoben und gespeichert werden. Die „Akzeptanz“ soll durch die vermittelte Option der eGK 2_M oder eGK2_M+ latent gefördert werden, während sämtliche offiziellen Verlautbarungen noch heute von „Speicherung auf der eGK“ sprechen oder in sprachlicher Verbrämung zuschütten, dass in Wahrheit eine zentrale Speicherung stattfindet. Auf die Informationsseiten des BM f. Gesundheit verweise ich exemplarisch.



Zu 2.) Ich werde Argumente gegen dezentrale Speicherung nicht suchen. Soweit auch die FOKUS-Studie die zentrale Speicherung präferiert, ist meine Argumentationslinie bekannt und eindeutig.

Zu 3.) Birger, das Zitat beschreibt die Ausgangslage und Aufgabenstellung für die Studie. Wo ich herauslese, dass der Forderung nicht nachgekommen werden soll, habe ich unter 1.) beschrieben.

Zu 4.) Dass ältere Menschen weniger Wert auf Datenschutz legen, bitte ich nun einmal zu belegen. Das halte ich angesichts meiner persönlichen Erfahrungen für einigermaßen falsch. Kommt natürlich darauf an, wo man "älter" beginnen lässt. Ab 70 ist es vielleicht *egaler* als mit 30? Es geht hier um die Vermeidung von Überwachung und zentralen Datensammlungen, Datenschutz, informationelle Selbstbestimmung, Persönlichkeitsrechte etc. (Manchmal frage ich mich, in welchem Film ich hier eigentlich bin. Neuverfilmung von *1984* für Überwachungs- und Datenspeicherungs-Enthusiasten?)

Zu 5.) (Birger u. Thorsten) Mein Statement war nicht zweideutig und selbstverständlich geht es auch und gerade um technische Aspekte; jedoch vor dem Hintergrund politischer Kernaussagen und letztlich mit dem Ziel der Vermeidung von zentralen Datenspeicherungen von Bürgerdaten. Selbst die Bundesärztekammer lehnt die eGK nicht in Gänze ab. Dies tue ich auch nicht.
Es geht - und das sollte inzwischen klar sein - u.a. um die Dezentralisierung der Speicherung von Daten in der Hand der Versicherten und um die Vermeidung der mit der zentralen Speicherung der Daten verbundenen Risiken. Und diese sind insbesondere für den Missbrauchs- bzw. Angriffsfall bezogen auf die zentralen Datenspeicher unter jedem technischen Sicherheitskriterium ohnehin unüberschaubar. Um es ganz klar zu sagen: Eine höhere Sicherheit für die intimen und höchstpersönlichen Daten der Bevölkerung, als sie nicht zentral zu sammeln und zu speichern gibt es nicht.

Im Übrigen gilt in Zusammenhang mit den unter 4. erwähnten Gesichtspunkten: Nicht dasjenige ist gut und richtig, was technisch machbar erscheint oder ist und wie wir die Sache sicher bekommen und am besten verkaufen schauen wir dann mal. Genau da landen wir nämlich wieder genau am Punkt "Mehrwert" und profitabler, möglichst internationaler Vermarktung seitens der gematik auf dem Rücken der Versicherten und ohne jeden Mehrwert für diese. Der Rest ist zweckorientierte und vor allem zweckoptimierte Propaganda eines Kreises von beteiligten Wirtschaftsunternehmen, die ganze Heerscharen mit der Entwicklung von Vermarktungsstrategien beschäftigen.

@Fredi, ich nehme an, so ich dir hierauf antworten möchte, die Antwort auf deine Frage ergibt sich aus dem Vorstehenden. Wenn nicht - Antwort: Nein, gab es nicht und gibt es nicht. Dies ist nicht zuletzt auch an dem Beschluss des 114. Ärztetages abzulesen.

Gruß

Dietmar


Am 25. Oktober 2011 12:57 schrieb haarbrandt <haarbrandt AT googlemail.com>:
Lieber Dietmar,

1) Wenn Du 100 Fehler gefunden hast, magst Du uns gerne ein paar davon mitteilen?

2) Welche Argumente hast Du noch gegen dezentrale Speicherung, die in der Arbeit nicht angesprochen werden? 

3) Wo liest du heraus, dass einer Forderung nach dezentraler Speicherung nicht nachgekommen werden könne? Das Prinzip wird doch beschrieben und eine Empfehlung an die gematik gegeben. Hier der Wortlaut:

"Die gematik soll die Forderung zur Durchführung technik- und ergebnisoffener Tests 
von Speichermedien in der Hand von Versicherten als Alternative zu serverbasierter 
Speicherung konzeptionell bewerten und den Gesellschaftern in der nächsten Gesellschafterversammlung einen Vorschlag zur möglichen schrittweisen Erprobung sowie eine Handlungsempfehlung für das weitere Vorgehen vorlegen" 

Möglicherweise meinst Du was anderes und ich verstehe dich falsch

4) Die Akzeptanzwerte der Studie scheinen plausibel. Ich verrate Dir mal was: insbesondere alte Menschen legen weniger Wert auf Datenschutz. Wir entwickeln in der Uni Systeme zur häuslichen Überwachung. Da werden Wohnungen mit Sensoren und Kameras ausgestattet, damit ältere Menschen länger in ihren vier Wänden leben können. Fazit: Diese Menschen haben andere Sorgen als Datenschutz (was übrigens einer der Hauptgründe derjenigen war, die die eGK ablehnen). 

Und es wird auch deutlich, dass Ärzte das ganze aus Transparenzgründen ablehnen. Klingt alles plausibel. 

5) Nur weil Du kein Interesse daran hast Dich mit der technischen Realisierung zu beschäftigen, heißt das nicht, dass man sich nicht auch auf einem fachlich angemessenem Niveau zu diesem Thema äußern kann.

Birger 


Am 25. Oktober 2011 12:26 schrieb DS Lawfox <dslawfox AT googlemail.com>:

Hallo Thorsten,

die direkte oder indirekte Beteiligung kommt vermittels des Umstands zustande, dass die Fraunhofer Gesellschaft als Dachorganisation die Forschungsmittel zu 90 % vom Bund und zu 10 % von den Ländern erhält und mithin am Tropf hängt. Da es seit 2004 erklärtes Ziel sämtlicher involvierter politischer Kreise - zumindest scheinbar dieser - ist, die eGK einzuführen und trotz hörbarer und deutlicher Kritik an der zentralen Datenspeicherung an der zentralen Speicherung festgehalten wird, liegt die Parteilichkeit auf der Hand.

Zu bemerken wäre in diesem Zusammenhang auch, dass immer (!) derjenige das Ergebnis einer Studie bestimmt bzw. beeinflusst, der die Studie bezahlt und für dessen Zwecke und Zielsetzungen die Studie erstellt werden soll. Wer das hier ist, dürfte ebenso auf der Hand liegen wie bei der Studie von Booz Allen Hamilton aus dem Jahr 2006 zur Effizienzfrage; nämlich die gematik GmbH.

Da wurde mithin bei der Frage "dezentrale Speicherung" der Bock zum Gärtner gemacht.

Allerdings ist die Lösung eGK_M+ diejenige Alternative, die ziehen könnte. Jedoch kommt die Studie mit abenteuerlichsten Gesichtspunkten - sieht man einmal von der völligen Fehlinterpretation des Beschlusses des 111. Ärztetages ab und der Tatsache, dass ich auf 78 Seiten über 100 argumentative Widersprüche und Unstimmigkeiten entdecken konnte - als allenfalls möglich bezeichnet wird.

Ein von Wahrhaftigkeit getragenes Ausschlusskriterium für die dezentrale Das ist indessen nicht zu erkennen.

Während aber sämtliche Feldversuche mit der derzeitigen eGK scheiterten, zieht man sich - um das Projekt jetzt mit aller Macht durchzudrücken - auf potentielle Feldversuche im Sinne von "schau´n mer mal" für die eGK M+ zurück, die bis heute nicht durchgeführt worden sind; seit 2009 (!). Das muss schon befremdlich anmuten.

In technischer Hinsicht kommt selbst die FOKUS-Studie entgegen allen in der Studie selbst dargestellten positiven Aspekten   erstaunlich oder auch nicht zu dem Ergebnis, dass der Forderung der BÄK nach einer dezentralen Lösung nicht nachgekommen werden könne.

Lediglich in 2 Aspekten hakt die eGK_M+ nach Auffassung der Studie:  1.) Geschwindigkeit des Datentransfers 2.) Risko des Verlusts und der Unverfügbarkeit. Angesichts der Tatsache, dass diese Aspekte auch bei der eGK und TI nach derzeitigem Entwicklungsstand höchst fragwürdig ist, recht schwache Argumente contra "dezentrale Speicherung".

Die in der Studie erwähnten Akzeptanzwerte sind übrigens an eine Studie von *health policy monitor* angelehnt, die aus bestimmten Gründen selbstverständlich in der FOKUS-Studie nicht erwähnt werden konnte; hängt nicht zuletzt auch mit dem Rückzug aus dem eGK-Rollout seitens ARVATO im Jahre 2009 zusammen und zusätzlich mit der Tatsache, dass ein führender Bertelsmann-Manager 2009 den Wahlkampf für die FDP führte. Diese Verflechtungen wollte man vielleicht im Wahljahr nicht so ganz plakativ offenlegen.

Nichts, was die gematik veranstaltet, kann als "neutral" bezeichnet werden, sondern fördert ausschließlich das Interesse der letztendlich durch die erwartete Generierung von "Mehrwert" ertragsweise am meisten profitierenden Gesellschafterkreise (GKVen, DKG) und der gematik selbst.

@ML-Teilnehmer:

Ich würde es im Übrigen begrüßen, würden sich die interessierten Piraten und interessierte Nicht-Piraten im Interesse einer vor allem politisch relevanten Positionierung der Piratenpartei vermittels der Disskussionsseite der AG eGK und damit an der AG beteiligen.

Dies sorgt zum einen für etwas Entspannung auf und Entzerrung der ML-Gesundheitswesen und zum anderen für einen zielgerichteten Diskurs. Dabei sei bitte mein erlaubt, dass beinahe alles im Wiki kein Forschungszirkel, Studier- oder Diskussionskreis für Technik-Affine, sondern Basis für politische Arbeit der Piratenpartei Deutschland vor dem Hintergrund des Parteiprogramms und der Satzung bildet.

Gruß
Dietmar

Am 24. Oktober 2011 16:37 schrieb Thorsten Wagner <wagner.thorsten AT gmx.de>:

Noch eine weitere Frage:

Am 24.10.2011 15:06, schrieb Dieter Schlierf:
> In dieser 78-seitigen Arbeit eines direkt am Organisationsprozess der eCard beteiligten Gesellschaft

Ist dir bekannt, wie das Fraunhofer Institut im Organisationsprozess
beteiligt ist? Ich habe gerade mal auf der Gematik-Website geschaut und
konnte es weder beim Fachausschuss, den Gesellschaftern noch beim Beirat
finden.

Wie kommt diese direkte Beteiligung zustande?


--
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