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ag-gesundheitswesen - Re: [AG-Gesundheit] Homöopathie, TCM und andere Pseudowissenschaften

ag-gesundheitswesen AT lists.piratenpartei.de

Betreff: AG Gesundheit

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Re: [AG-Gesundheit] Homöopathie, TCM und andere Pseudowissenschaften


Chronologisch Thread 
  • From: Jasenka Wrede <jw AT kijut.net>
  • To: AG Gesundheit <ag-gesundheitswesen AT lists.piratenpartei.de>
  • Subject: Re: [AG-Gesundheit] Homöopathie, TCM und andere Pseudowissenschaften
  • Date: Thu, 29 Jul 2010 11:48:34 +0200
  • List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/ag-gesundheitswesen>
  • List-id: AG Gesundheit <ag-gesundheitswesen.lists.piratenpartei.de>

Ahoi,
habe mich aus Zeitgründen bisher aus der Diskussion herausgehalten.
Aber ich frage mich, warum eigentlich überhaupt diese Hetze gegen Homöopathie gestartet wurde.
Es scheint sowohl bei dem Antrag, als auch hier bei der Diskussion an Fakten zu Medizin und Homöopathie erheblicher Mangel an Kenntnis der aktuellen Forschungsstände zu herrschen.
Sowohl Medizin, als auch Homöopathie sind experimentelle Anwendungspraktiken, die nur über die Zusammenfassung rückwirkender statistisch belegbarer Erfolge der Behandlungen definiert sind.
Medizin erklärt dabei allerdings über physiologische, biologische, chemische und physikalische Sachzusammenhänge "rückwirkend" die Wirkungsweisen. In Forschungen werden zwar Prognosen versucht, sind aber eben auch nur durch Wahrscheinlichkeitszusammenhänge mit zurückliegenden Erfahrungen in bestimmten Behandlungsrahmen prognostizierbar.
(wenn ein Wurmfortsatz entfert wird, ist die Wahrscheinlichkeit, dass er sich wieder innerhalb des Bauchraumes, aus dem er entfernt wurde, entzünden könnte, - eben sehr nahe 0, es sei denn die Operationsstelle selbst macht im Nachhinein Schwierigkeiten, was in keinem Fall ausgeschlossen werden kann!)
Auch wenn wir in der Homöäopathie nur begrenzt Wirkspektren über Arzneimittelproben und biochemische körperliche Reaktionen in statistischen Tabellen (die durchaus erhebliche Störfaktoren miteinbeziehen aber protokollieren) haben, so gibt es hier dieselben Ansätze, wie bei der Medizin des 18.Jahrhunderts, die damals auch nur als Scharlatanerie verschrien war (weder Chemie noch Impfungen (und ihre langwierigen experimentellen Reihen mit Ratten, Hasen und anderen Tieren) noch Penicillin oder die Sterilisation von Instrumenten waren ursprünglich anerkannt als heilende oder präventive oder wirkungsnachweisende Methoden), weil das Volk und die althergebrachten Heilkundigen die Zusammenhänge nicht verstanden.
Ich selbst bin sowohl Medizinstudentin, als auch Homöopathin und sehe auch in den Kliniken und im Studium, dass sehr wohl traditionelle Medizin, mit Homöopathie ergänzt werden kann. Auch, dass gerade z.B. in der Gynäkologie, in der bei Schwangerschaften, die Folgen homöopathischer Mittel nicht die Gefahren bergen, die pharmazeutisch traditionelle haben, Homöopathie durchaus inzwischen als "ergänzende Behandlungsmethode" auf den Stationen (siehe Tübingen wo Gyn und Onko ein gemeinschaftliches Behandlungskonzept erarbeitet haben) gern als Alternative angewendet werden.
Auch möchte ich, den hier dargestellten angeblichen Fakten, dass homöopathische Wirkspektren heute noch nicht wissenschaftlich belegbar seien, erheblich widersprechen, Denn es gibt sowohl aus der Pharmaindustrie, als auch von anerkannten medizinischen Forschungsgruppen inzwischen sehr wohl entsprechende Berichte.
Diese können z.B. über die Veronika Carstens Stiftung bundesweit abgerufen und eingesehen werden.

Was wohl nicht übersehbar ist, ich bin als Pirat dagegen eine entsprechend unsachliche unbelegte Petition, die die Freiheit der Entscheidung zur eigenen Behandlung des Patienten einschränkt, zu unterstützen.
Sowohl aus praktischer Erfahrung, als auch aus den Entwicklungen des aktuellen Medizinstudiums, als auch aus purer Überzeugung.

Was spricht denn dagegen, dass sich Menschen statt sich "traditionell" mit ASS und Paracetamol vollzustopfen um stressbedingte Kopfschmerzen und leichte Infektionen zu "übertünchen" und geichzeitig ihre Leber und Nierenfunktion in Gefahr bringen, in dem Fall mit Belladonna, Gesprächssitzungen und präventiven Massnahmen zur Vermeidung der entsprechenden Symptomatik beschäftigen und vielleicht sogra in Folge den Konsum von Stress Alkohol und Tabak mit entsprechender Vorsicht betrachten?
Denn zu Homöopathie gehört eben nicht nur Potentierung und Verklapperung (die bei unseren jetzigen technischen Methoden eben keine molekularen Nachweise des Ursprungsstoffes mehr erlauben), sondern es gehört genauso wie in der pharmazeutischen Behandlung auch die "stoffliche Medikatiuon", als auch das Gespräch der Symptomatik dazu.
Das dies allerdings in der "heutigen Schulmedizin" bei vielen Ärzten zu kurz kommt, weil sie ihren Profit optimieren wollen, ist in ausreichend Untersuchungen zur Patientencomplience nachlesbar.
Eine hohe Complience korrelliert direkt mit dem Heilungserfolg. Und nachweislich ist die Complience bei homöopathischen Behandlungen höher, da der Patient diese Behandlungsform in den meisten Fällen eben selber wählt, statt sich vom Arzt "fremdbestimmen" zu lassen und ohne Erklärung mal wieder das nächste Mittel einnehmen soll.
Übrigens werden von den schulmedizinisch verschriebenen pharmazeutischen Produkten, von Patienten nicht einmal 40% regelmässig und nach ärztlicher Verordnung eingenommen, was auch den Erfolg dieser Methode, mangels Akzeptanz durch den Patienten als Spiel des Zufalls erscheinen lässt, wenn man es genau betrachtet.

Grüße
Jasenka

p.s. zum Threadtitel: da wurde das Wort Medizin vergessen, denn auch die ist nach heutigem Erkenntnisstand eine Pseudowissenschaft, da eben nur symptomatisch experimentell und statistisch klassifizierbar.
Schon bei der "Einstufung eines Symptoms" gehört ärztliche Erfahrung und Interpretationsvermögen in den Ansatz einer möglichen Untersuchung oder folgenden Behandlung.
Wieviel Geld dann eine gesetzliche Krankenkasse in diese Untersuchung und Behandlung stecken muss, hängt ebenso von der ethisch moralischen Grundeinstellung des Arztes, als auch von der Notwendigkeit der Auslastung seines Praxisinventars, seiner Arzthelfer und seinen ausgehandelten Laborverträgen ab, eben nicht nur von der tatsächlichen Krankheitsursache des Patienten :-(



Am 28.07.2010 21:40, schrieb Swen Schmidt:
burnus schrieb:
Hallo liebe Gesundheitspiraten,

Hallo burnus,

hier mal ein bissl Gegenwind von einem Pirat vom Fach (Heilpraktiker).


in anbetracht dieser Online-Petition https://epetitionen.bundestag.de/index.php?action=petition;sa=details;petition=13042


"Der Deutsche Bundestag möge beschließen, dass die Homöopathie aus dem Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkassen gestrichen wird.
Die Streichung soll so lange fortbestehen, bis eine Wirksamkeit dieser pseudowissenschaftlichen Methode nachgewiesen wird."

Wer diesen Text entworfen und zur Petition gestellt hat, gehoert eigentlich gesteinigt.
Denn soweit ich weiss, und da bin ich mir recht sicher, zahlt keine einzige deutsche gesetzliche Krankenkasse Homoepathie. (Gesetzlich waere es, selbst wenn einige dies uebernehmen wuerden noch immer nicht. Denn dies waeren freiwillige Leistungen, definitiv keine die in einem festen gesetzlichen Leistungskatalog festgeschrieben sind)
falsch... bei der TKK gibt es einen Satz an Standardleistungen zu homöopathischen Behandlungen
Niemand ausser dem Petenten sieht tradtionelle Medizin als Wissenschaft an, dies ist gar nicht der Anspruch. Wenn jem Wissenschaft dort reinbringen will, bitte gerne - aber dies wird ja schliesslich von niemandem wirklich unternommen, weil es kaum finanzstarke Lobbys gibt die ein Interesse daran haben. Die Pharmaindustrie wuerde wohl an einigen Punkten enorme Verluste fahren, wenn klar wuerde, dass sie sie nicht die einzigen sind die Heilung versprechen duerften. (mal abgesehen von naturheilkundlichen Pharmainteressen)
Diejenigen die das (anteilig) bezahlen sind die privaten Kassen - und heh wuerde eine Firma die privatwirtschaftliche Interessen hat, der Meinung sein, es wuerde ihnen nicht helfen Kosten an andere Stelle einzusparen, dann wuerden sie einen Verlust fahren und dann waere es aus dem privaten Leistungskatalog laengst gestrichen. Da dies bisher nicht passiert ist, sondern vielmehr immer mehr private Kassen dies mit anbieten, scheint es sich zu rechnen und man muss alllein aus wirtschaftlicher sicht die Berechtigung dessen doch einsehen. Wer dieses nicht unterstuetzen will, der ist schliesslich frei, einen privat Tarif zu waehlen, wo dieses nicht mit im Leistungskatalog enthalten ist - er also weder Anspruch darauf hat noch seine Mitversicherten dafuer mitfinanziert.
Sprich die gesamte Forderung ist ziemliche nonsens-Polemik.

Auch aus meinen persoenlichen Erfahrungen muss ich sagen dass ich gerne Homooepathische Mittel einsetze (nicht in jedem Fall) und damit eine Quote des Erfolgs erziele, die weit ueber 50% liegt, schaetzungsweise so bei 70-80% anschlagen beim Patienten. (nicht zuverwechseln mit einer Heilungsrate - aber die liegt auch hoeher als bei einem Placebo. Und dazu muss man noch sagen, ich bin nichtmal ein ausgebildeter klassischer Homooepath!
Wenn ich dabei keine Erfolge erzielen wuerde, wuerde ich die Pfoten davon lassen und mich auf die Methoden konzentrieren, mit denen ich Erfolge erziele.

Die belastbaren
Argumente sind (soweit ich das als Außenstehender sehe) wohl im wesentlichen:

Das ist aber eine sehr einseitige Sicht (ohne direkten Einblick in die Themaatik ?)

Ausserdem verwischt du hier verschiedene Dinge. Dies ist dann tatsaechlich pseudowissenschaftlich. (Trenne die Dinge klar, die du benennen willst)

Pro:
* besser als nichts (Placeboeffekt hilft eben auch)

siehe den Rest des Textes. Pseudowissenschaftliche Aussagen helfen wohl ebend auch :P

* manche Menschen vertrauen der Schulmedizin halt eben nicht

Warum wohl nicht ?
Wo meinst du sitzen mehr schwarze Schafe ? In der Schulmedizin wo teure Praeperate und Operationen finanziert werden (ob manchmal noetig/sinnvoll oder nicht) und eine direkte , ich sag mal Gewinn-Beteiligung der Aerzte vorliegt. Oder dort wo nur die Behandlung selbst anrechenbar ist und die ggf. Medizin nicht ueber den Behandler verkauft werden darf
(-> Apothekengesetz, was ueber Pharmalobby und Krankenkassen teils ausgehebelt wird im schulmedizinischen Bereich)


Contra:
* kaum belegbare Effekte

Auch dieses stimmt teilweise ueberhaupt nicht. Viele naturheilkundlichen Medikamente erlangen mit der Zeit (der Praxis der Tradition) einen schulmedizinischen Status.
Bei der Akupunktur ist seit einigen Jahren ein grosser Teil der Effekte wissenschaftlich nachgewiesen. (manche bisher gar nicht, ebend wiel die Wissenschaft zu "bloed" ist eine Theorie dazu aufzustellen - aber auch in den Bereichen die nicht zu Bewegungsapparat und Schmerztherapie wirds wohl frueher oder spaeter eine wissenschaftliche Anerkennung geben)
In Florida kannst du wissenschaftlich die "Energieheilung" studieren.
Naturheilkunde ist eine Spezialisation die ein Arzt waehrend seines Studiums erlangen kann.

* teuer für die Gesellschaft (Behandlungskosten, Fortbildungen für die Ärzte, ...)

Welche Kosten fuer die Gesellschaft ?
Dies sind in der Regel wie gesagt Privatleistungen und liegen damit nicht zur Last der Gesellschaft. Vielmehr entlasten sie die Gesellschaft finanziell, denn sie zahlen privat (damit auch Steuern) und sparen der Gesellschaft dann sogar Geld!

Fortbildungen fuer Aerzte und andere Berufsstaende werden privat bezahlt. Wie kommst du darauf, dass dies zur Last der Gesellschaft geht ?


* in der TCM werden wohl gerne auch vom Aussterben bedrohte Tiere zu Medikamenten verarbeitet, obwohl man die Wirkstoffe auch synthetisieren könnte

Da muss ich dir Recht geben. Allerdings nicht fuer Deutschland, denn hier ist soetwas grundsaetzlich verboten. Wenn du Gesetze fuer China machen willst, oder internationale Richtlinien dazu erstellen willst, bitte gern. Aber bitte solche Argumente doch nicht um eine traditionelle Medizin in DE in Misskredit zu bringen, fuer Taten die woanderst veruebt werden.


* Menschen werden im Glauben an ihre Selbstheilungskräfte von /echten/ Behandlungen abgehalten

Dies entspricht dem Schreckensbild, dass wohl in erster Linie die Medien auf unseren Berufsstand herabgelassen haben. Ein Dr. Rath und andere Gestalten scheinen ja da das einzige Bild zu sein, dass manche dazu im Kopf haben. (Dabei waere noch anzumerken der Rath ist wisssenschaftlich gesehen eben ein Arzt mit Doktor und hat rein gar nichts mit tradtioneller Medizin zu tun - da hat jeder normale Arzt mehr mit zu tun, denn die moderne Medizin hat sich aus der Naturheilkundlihchen Tradition entwickelt)




So und wer soweit gelesen hat, dem empfehle ich mal sich zB mit dem Heilpraktikergesetz in Deustschland zu beschaeftigen. Oder auch mit der Freikurierschaft in den meisten Laendern der Welt. Wer diese Methoden in DE abschaffen will und diese eigentlich komplett verbieten woellte, der steht in einer langen Tradition mit einer der diktatorischten Regimes die es je gegeben hat.





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