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ag-geldordnung-und-finanzpolitik - Re: [AG-GOuFP] Bitcoins

ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de

Betreff: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik

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Re: [AG-GOuFP] Bitcoins


Chronologisch Thread 
  • From: moneymind <moneymind AT gmx.de>
  • To: ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de
  • Subject: Re: [AG-GOuFP] Bitcoins
  • Date: Mon, 18 Dec 2017 11:49:05 +0000

Hallo Rudolf,

ja, wir leben in einem 99%igen Kreditzahlungsmittelsystem (Ausnahme: Scheidemünzen http://www.bundesbank.de/Redaktion/DE/Standardartikel/Aufgaben/Bargeld/rechtliche_rahmenbedingungen_des_muenzwesens.html%20), in dem Waren-ZM praktisch keine Rolle mehr spielen. Dies wird allerdings nur so lange so bleiben, wie wir uns auf Staat und Recht noch verlassen können (siehe das Schicksal der römischen Banken in der Spätantike/Übergang zum Mittelalter).

Ja, Waren- und Kreditzahlungsmittel haben immer parallel existiert. Solange Warenzahlungsmittel als letztendliche ZM an der Spitze der Zahlungsmittelhierarchie existierten, konnten sie in zunehmendem Grad durch bargeldlose Erfüllungen substituiert werden (Aufrechnung, Clearing, Abtretung v. Forderungen).

Ja, es gibt Warengeldfundamentalismus, gekoppelt mit Nichtverständnis des Kreditsystems.

Es gibt allerdings auch Kreditgeldfundamentalismus - MMT und Heinsohn/Steiger z.B. behaupten, Warengeld habe nie existiert, Münzen hätten immer nur Forderungsbeziehungen auf Metall dokumentiert. Auch diese Form des Fundamentalismus führt zur Verblödung. Nicht nur, daß sich dies mit einem Blick auf die Bundesbankbilanz widerlegen läßt (Münzen verbucht sie aktiv, es gibt in keiner Bilanz eine passive Gegenbuchung für die Münzen). Es verzerrt auch die gesamte Geldgeschichte, indem sämtliche Warengeldphänomene (wie Goldstandard, Münzverschlechterung & Seignorage, etc.) einfach ausgeblendet werden, indem sie für "nichtexistent" erklärt werden.

Leider werden so auch andere unnötige, ewige Kontroversen weitergedudelt, wie der Streit zwischen Banking- und Currencyschool, der hier ja gerne zelebrierte Streit um die "Geldschöpfung der Geschäftsbanken" (die ist nur dann unbegrenzt durch ZB-Mindestreserven, wenn sie im Gleichschritt aller GBen stattfindet), der nach jeder Finanzkrise wieder neu aufgelegt hochkocht, etc.

War bei Stützel längst alles aufgelöst, aber das wird vermutlich nirgends mehr ankommen. Die Geldsystembastlerei ("Geldinfrastruktur", "Bitcoin" usw.) gehört wohl schon zu den Zerfallsphänomenen der westl. Zivilisation.

Immerhin ist Perry Mehrling etwas weitergekommen, allerdings nicht bis zu den rechtsinstitutionellen Grundlagen von Kredit- und Geldwirtschaft, weswegen auch er weiterhin entwicklungstheoretischen Unfug verbreitet.

Gruß
Wolfgang

Mumken schrieb:

Den Ausführungen Moneyminds zum Warengeld kann man Punkt für Punkt zustimmen. Jedoch ist mE Gerhards Einwand mit der "schwurbeligen Warengeld-Denke" auch nicht ganz aus der Luft gegriffen, wenn er sich auf unser heutiges Geldsystem bezieht. Wir besitzen heute ein 100 % Kreditgeldsystem und doch sind viele Autoren von Sachbüchern und Sachbeiträgen sowie auch die Gesetzgeber offensichtlich in der Warengeldära hängen geblieben. Ein Beispiel: Die Auszahlungs- bzw. Überweisungsansprüche des Kunden gegenüber der Bank basieren auf einer „unregelmäßigen Verwahrung“ von Bargeld im Sinne des § 700 BGB in Verbindung mit § 488 BGB.
Der Beitrag von Carl-Ludwig Thiele und Martin Diehl spricht von "Geld als Gut", ohne Hinweis darauf, dass es sich dabei um die vergangene Warengeldära handelt.
Das jedoch beide Formen von Geld gleichzeitig nebeneinander existieren konnten zeigt die Entstehungsgeschichte der Bank von England http://www.um-bruch.net/uwiki/index.php?title=Das_Geldr%C3%A4tsel:_Bank_von_England.

Beste Grüße
Rudi Müller

Gerhard Rinnberger schrieb:
moneymind schrieb:
Auch wenn sie noch der schwurbeligen Warengeld-Denke verhaftet sind
('Es gibt Geld als Gut und Geld als Forderung' [S.3])

Keine schwurbelige Warengeld-Denke.

Bitte leg diesen Nebensatz nicht auf die Waagschale. War lediglich als
Spitze gegen die klassische Dichtomie gedacht, die Geld sowohl als
werthaltiges Asset als auch als wertlosen Schleier betrachtet. Sorry,
wenn das zu missverständnissen geführt hat.
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