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ag-geldordnung-und-finanzpolitik - Re: [AG-GOuFP] Kapitalismus ohne Ausbeutung

ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de

Betreff: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik

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Re: [AG-GOuFP] Kapitalismus ohne Ausbeutung


Chronologisch Thread 
  • From: moneymind <moneymind AT gmx.de>
  • To: ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de
  • Subject: Re: [AG-GOuFP] Kapitalismus ohne Ausbeutung
  • Date: Fri, 28 Nov 2014 21:34:37 +0000
  • List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/ag-geldordnung-und-finanzpolitik>
  • List-id: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik <ag-geldordnung-und-finanzpolitik.lists.piratenpartei.de>

Hallo Rolf,

Die Begriffe 'Kapitalismus' und 'Abwesenheit von Ausbeutung von Menschen
und Ressourcen' vermag ich konjunktiv gar nicht zu verknüpfen.

Auch an Dich die Frage, wie Du "Nichtausbeutung" "operationalisieren" (also intersubjektiv "meßbar" machen) würdest.

"Wachstum" und "Ressourcenausbeutung" werden ja oft gleichgesetzt und mit Kapitalismus verbunden. Wenn man mal davon absieht, daß "Wachstum" ja eine Vermögensgröße ist, die unabhängig von konkreten Ressourceninhalten ist, d.h. prinzipiell mit beliebigen Gütern/Dienstleistungen stattfinden kann (auch mit "problemfrei in den ökologischen Gesamtkreislauf integrierbaren" (das scheint ja das Ideal einer grünen, "naturverträglichen" Gesellschaft zu sein):

Wenn man das zwanghafte "Wachstum" und die zwanghafte Modernisierung abstellen möchte, ist eigentlich doch eine sozialistische Planwirtschaft dafür genau das richtige. Sie tendiert ja selbst dorthin, und wenn entsprechend geplant wird, kann man die Stagnation gestalten, wie man möchte. Auch beim Ausbremsen des Bevölkerungswachstums war der Realsozialismus erfolgreich, wenn auch nicht ganz so erfolgreich wie der Kapitalismus (in der BRD lagen schon in den frühen 70ern die Geburtenraten unter 2, also auf Schrumpfungsniveau).

Allerdings ist auch die Art von Rationalitätenfallen/Paradoxien, die das realsozialistische System produziert, ja ebenfalls gut untersucht und bekannt (z.B. von Janosz Kornai - "Economics of Shortage"). Wer shortages den Überflüssen des Kapitalismus vorzieht, hat hier eine reale Option, und ich kann mir gut vorstellen, daß eine Generation, die den Realsozialismus nicht erlebt hat und nur noch vom Hörensagen kennt, sich dafür wieder genauso begeistert wie die Generation, die die Weltwirtschaftskrise nicht mehr erlebt hat, für Neoliberalismus.

Bitte nicht als Zynismus lesen, das ist nicht so gemeint, sondern einfach als Feststellung. Ich bin, wie Du weißt, sehr skeptisch gegenüber der allgemeinen grünen öko-apokalyptischen allgemeinen Wachstumskritik und befürworte die obige Idee nicht. Ich stelle nur fest, was eine mögliche logische Konsequenz aus Kapitalismuskritik und Wachstumskritik sein könnte (Öko-Planwirtschaft).

Daher auch an Dich die Frage, wie Du Dir konkret die von Thomas gewünschte "ausbeutungsfreie" System vorstellst.

Ich selber plädiere für eine keynesianisch gemanagte soziale Marktwirtschaft, die ihren Drive und ihre Ziele von mir aus auch aus ökologischer Modernisierung schöpfen kann - das ist besser, als sie aus "Wiederaufbau" von vorher Zerstörtem zu schöpfen - aber v.a. aus einer koordinierten globalen Strategie der Modernisierung der Entwicklungsländer, die auch die dortige Bevölkerungswachstumsdynamik umkehren würde.

Die aber würde eine konsistente politische Ökonomie voraussetzen, die auch als Entwicklungstheorie taugt. Und dabei gäbe es enorm schwierige Fragen zu lösen. Will man Kapitalismus schaffen, braucht man ja neben einem mit einem flächendeckendem Verwaltungsnetz ausgestatteten Staat auch auf der einen Seite eigentumslose Lohnarbeiter und auf der anderen Seite mit Eigentum ausgestattete "Unternehmer"; oder man strebt einen Genossenschaftskapitalismus an ... doch das sind eigentlich wohl vorerst alles utopische Überlegungen, real gilt erstmal die komplette Entwicklungstheorie für gescheitert, und die Entwicklungsländern (v.a. Afrikas) gelten einfach als abgeschrieben, und der Keynesianismus gilt als für ein für allemal totgeschlagen, während die Welt in eine instabile Situation allgemeiner Orientierungslosigkeit und Konfrontation driftet.

Aber dann muß man eben die Zeit danach vorbereiten.

Gruß
Wolfgang




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