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ag-geldordnung-und-finanzpolitik - Re: [AG-GOuFP] Das Konzept 'Absoluter Tausch' in Schmitts' Quantum Makroökonomie

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Re: [AG-GOuFP] Das Konzept 'Absoluter Tausch' in Schmitts' Quantum Makroökonomie


Chronologisch Thread 

Am 05.11.14 um 12:13 schrieb Thomas Weiß:
> Daraus erschließt sich mir nicht, was "quantisierte Zeit" sein soll,
> wir können diesen Begriff aber zurückstellen, bis er gebraucht wird.

Diese "quantisierte Zeit" ist in der Tat ein sehr abstraktes Konzept.
Zeit ist aber sehr wesentlich. An dieser Stelle möchte ich nur
festhalten, dass die Mainstreamökonomie Zeit komplett ignoriert.

> Du hast hier nicht klarer gemacht was Einkommen ist. Der Begriff
> hängt für mich immer noch in der Luft.

Einkommen ist dasjenige Finanzierungskapital, das es einem Haushalt
ermöglicht, seinen Lebensunterhalt zu bestreiten.

>> Heute wird Geld aus der walrasianischen Totalanalyse durch
>> Gleichsetzung der relativen Preise aller Güter mit einem Geld'gut'
>> als Numeraire hergeleitet, das axiomatisch auf den Wert 1
>> festgelegt wird. Vertreter der Circuittheorie, wie Graziani und
>> Cencini betonen, dass sich die Ökonomie dadurch konzeptionell immer
>> noch in einer mittelalterlichen Tauschwirtschaft befindet. Denn
>> sobald man Einheiten berücksichtigt, stellt man fest dass dann auch
>> Geld wiederum nur relativ definiert ist, z.B. durch eine bestimmte
>> Menge an Edelmetall.
> Kein Dissenz hier. Die Notwendigkeit des quantumökonomischen
> Verständnisses der Begriffe erschließt sich mir trotzdem noch nicht.

Das quantumökonomische Modell stellt eine alternative Herleitung eines
Numeraire, also einem absoluten Maß von Wert her, welche auch methodisch
sauber fundiert ist.

>> Ohne Zweifel hat der Laptop einen Gebrauchswert. In einer
>> monetären Produktionsökonomie wird dieser Laptop erst dann
>> 'monetarisiert', also mit einer Zahl verknüpft, wenn er mit dem für
>> die Produktion notwendigen Aufwand assoziiert wird.

> Ist also der monetäre Wert des Laptops gleich des dazu notwendigen
> Aufwands? Ist das nicht Arbeitswerttheorie?

Ad 1: ja. Beim Laptop haben wir es aber mit einem sehr komplexen Produkt
zu tun, bei dem viele Menschen beteiligt sind. Anteilig geht da auch der
Aufwand des Ingenieurs der das Platinendesign entwirft, wie auch
Bauteile, die von anderen Firmen bezogen werden. Zwischenprodukte und
andere Vorleistungen können in gleicher Weise als Produktionsprozesse
modelliert werden.
Zur Arbeitswerttheorie kann ich nichts sagen, in die Details bin
ich nicht so involviert.

>> Arbeiter erzielen ihre Einkommen auf dem Arbeitsmarkt. Unternehmen
>> erzielen ihr Einkommmen auf dem Gütermarkt.
> Ich würde dann aber begrüßen, wenn man diese Dinge im Zweifel
> genauer bezeichnet. Entsprechend des obigen Absatzes:
>
> Unternehmens-Einkommen misst den Wert des Outputs.

Nein. Der Wert des Outputs wird nur einmal gemessen und zwar dann, wenn
der Arbeitnehmer entlohnt wird, also mit dem Arbeitnehmereinkommen. Der
Unternehmer legt für sein Produkt den Marktpreis fest, der natürlich
mindestens so groß ist, wie der für seine Produktion notwendige Aufwand.
Der Aufschlag, den der Unternehmer bei seinem Marktpreis ansetzt, kann
man als Umverteilungsprämie zu seinen Gunsten interpretieren.

> Arbeiter-Einkommen misst den Wert des Outputs. -> Wieso muss das
> Einkommen eines Arbeiters mit dem Wert des produzierten Gutes
> zusammenhängen? Kann nicht auf dem Gütermarkt durch Angebot und
> Nachfrage ein viel höherer oder niedrigerer Wert gepreist werden?

Es geht nicht darum einen niederen oder höheren Preis zu erzielen, das
ist BWLer-Denke. Es geht in erster Linie darum, ein absolutes Maß für
Wert in einer Volkswirtschaft, oder genauer gesagt Währungsgebiet
herzuleiten. Dies kann eben nur auf dem Arbeitsmarkt entstehen, weil
alleine der Mensch mit seiner Arbeit wertschöpfend tätig wird.

>> Unternehmen haben Einkommen für den Erwerb der Investitionsgüter
>> verwendet. Das Einkommen (Geld) ist weg, stattdessen gehören ihnen
>> die Investitionsgüter.
> Einkommen ist jetzt also doch Geld? Jetzt bin ich aber ordentlich
> verwirrt.

Natürlich ist Einkommen Geld im landläufigen Sinne. Mit einer Zahlung
wird es erworben und bleibt dann als Anspruch auf produzierten Output in
einem Guthabendepot bei einer Bank registriert. Das Einkommen hat das
Unternehmen durch den Verkauf ihres Outputs an den Gütermärkten
erworben. Die Güterzahlung des Konsumenten (Käufer) (Hier das
Unternehmen, welches Investitionsgüter bezieht) stellt gleichzeitig eine
Einkommenszahlung des Verkäufers (Auch ein Unternehmen!) dar.

> Aber auch jenseits von Begriffsdefinitionen: Wenn ein Arbeiter ein
> Gut kauft, wird sein Einkommen vernichtet (deine Aussage, s.o.).
> Gleichzeitig hat aber das Unternehmen neues Einkommen, richtig? Es
> entsteht also Unternehmenseinkommen und vergeht Arbeitereinkommen.

Ja, das Unternehmen erzielt mit dem Umsatzerlös auf dem Gütermarkt ein
Einkommen. Der monetäre Transformationsprozess der Produktion ist
abgeschlossen. Der physische Output hat sein endgültiges Ziel als
nutzenstiftendes Produkt beim Käufer erreicht.

> Ach ja: Implizit machst du eine scharfe Trennung zwischen dem
> Real-Unternehmens- und Finanzinstitutssektor. Das sollte man
> explizit sagen, da es eine substantielle Vereinfachung der Realität
> ist.

Das will ich meinen. Finanzinstitute sollen nur vermittelnd tätig sein,
indem sie die Zahlungen abwickeln und die Resultate der Zahlungen in den
Konten der Beteiligten registrieren.

>>>> Die Voraussetzung hierfür ist die Entstehung eines Profits,
>>>> der üblicherweise durch einen Aufschlag beim Absatz auf den
>>>> Gütermärkten realisiert wird.
>>> Voraussetzung für was? Für die Finanzierung von Investitionen?
>>
>> Richtig
> Kannst du das begründen? Gibt es keine Investitionen auf Kredit?

Hier kommen die Banken ins Spiel. Diese finanzieren zuallererst einen
Produktionsprozess. Wenn du mit deiner Unternehmensidee und einem
Finanzierungsplan mit deinem Kapitalbedarf zur Bank deines geringsten
Misstrauens gehst, werdet ihr euch evtl. auf eine Kreditvertrag einig.
Die Bank wird dir ein Depot gegen Hinterlegung von Sicherheiten
einrichten. Über das Finanzierungskapital in diesem Guthabendepot kannst
du jetzt komplett verfügen. Als lediglich positive Zahl im Bankdepot ist
diese ununterscheidbar von eine Einzahlung, die durch eine Lohnzahlung
oder auch Güterzahlung herrührt.

>> Cobb-Dougla-Produktionsfunktion eingeht.
> Ok, mit dieser Produktionsfunktion bin ich nicht vertraut, wir
> können das auch erstmal zurückstellen.

Macht nix. Wird im Thread nebenan verfrühstückt.

>> Richtig. In der konsolidierten Bilanz der Volkswirtschaft stehen
>> dann auf der Vermögensseite die nicht verkonsumierten Einkommen
>> der Haushalte, dem stehen auf der Kapitalseite die von Unternehmen
>> getätigten Investitionen gegenüber.
>
> Es wäre mir geholfen, wenn du die vollständige konsolidierte Bilanz
> der Volkswirtschaft auflistest. Kapitalseite ist die Passivseite?

Die kannst du beim statistischen Bundesamt unter dem Stichwort
volkswirtschaftliche Gesamtrechnung nachschlagen. Zur Benennung der
Bilanzseiten ist noch einiges aus dem Mittelstufenunterricht
'Wirtschaft' hängengeblieben. Die werden je nach Anwendung / Gruppierung
der Posten u.U. unterschiedlich benannt:
Aktivseite - Passivseite
Vermögensseite - Kapitalseite
Verwendungsseite - Herkunftsseite

> Vergisst du auch nicht die Finanzinstitute (siehe
> explizit-implizit-Kommentar weiter oben)?

Das ist eine gute Anregung.

> Meinst du damit, dass die nicht konsumierten Einkommen "gleich hoch"
> ist wie die getätigten Investitionen? Warum?

Das ergibt sich zwingen aus der buchhalterischen Logik. Die nicht
verkonsumierten Einkommen der Haushalte sind definitionsgemäß die
volkswirtschaftliche Ersparnis S. Das BIP ist eine Bestandsaufnahme zu
einem Zeitpunkt. In einer realen Volkswirtschaft werden aber selten alle
Produktionsprozesse abgeschlossen sein, so dass güterseitig
Zwischenprodukte und Lagerbestände wertmäßig eingehen.

>>>> Hierzu dient im Schmittschen Modell das Fixkapitaldepartment.
>>> Siehe
>>>
> http://wiki.piratenpartei.de/QuantumEconomy#Drei_Departemente_der_Bankbuchf.C3.BChrung
>
>
>>>
>>> <Zitat>
>>>
>>> I. Im monetären Departement wird vehikulares Geld verbucht.
>>>
>>> II. Im finanziellen Departement wird Einkommen deponiert.
>>>
>>> III. Im Fixkapitaldepartement werden investierte Profite
>>> verbucht, welche zuvor im zweiten Departement eingetragen waren.
>>>
>>> </Zitat>
> Gibt es irgendwo eine detailliertere Aufstellung, wer was wo
> einbucht? Was sind Passiva der Bank, was Aktiva? Was ist vehikulares
> Geld?

Ich werde mal ein paar elementare Transaktionen zusammenstellen und hier
/ Wiki zur Verfügung stellen.
Ich weiß nicht ob 'vehikular' nur eine Wortschöpfung der Autoren des
ursprünglichen Wikipedia-Artikels ist. Gemeint ist damit, Dass Geld wie
ein Gefäß oder Vehikel nur Wert trägt und selbst kein Wert ist.

>>> D.h. Profite werden als Einkommen verstanden (es kann also nicht
>>> sein, dass Unternehmen keine Einkommen haben). Da das als
>>> Buchungseintrag in einer Bankbilanz steht, hat es mit realen
>>> Größen wohl nichts zu tun.
>>
>> Ein Profit ist das Einkommen, das den für die Produktion
>> notwendigen Aufwand übersteigt. Wenn aber ein Unternehmen einen
>> Profit realisiert, muss notwendigerweise irgendwo Output
>> verbleiben, der nicht auf den Gütermärkten abgesetzt werden kann.
> Solange du nicht die genauen Ströme auflistest, die zu Aufwand und
> Einkommen gehören, solange kannst du mich nicht überzeugen, dass
> diese Theorie mehr ist, als die klassischen S=I Herleitungen, die
> essenzielle Dinge (wie Kredit) außer Acht lassen.

Der Unterschied zum Mainstream ist, dass S=I keine
'Gleichgewichtsbedingung' ist, sondern eine logische Identität, die in
jeder Zahlung gültig ist.

>> Den allgemeinen Begriff Kapitalzeit kann man mit den
>> Unterkategorien Finanzierungs- oder zirkulierendes Kapital und
>> Fixkapital konkretisieren. Diese Unterscheidung ermöglicht die
>> funktionale Unterscheidung in Finanzierung und Kapitalbildung.
> Das hilft mir in meinem Verständnis nicht weiter. Meinst du mit
> Kapital finanzielle Dinge oder reale Dinge?

Der Begriff Kapital wird in der Ökonomie recht schlampig verwendet. In
der Quantum Makroökonomie wird da sehr präzise unterschieden zwischen
dem Fixkapital, das sind reale Dinge wie Maschinen, Produktionsanlagen,
Fuhrpark, Immobilien und dem Finanzierungskapital, welches als rein
monetäres Depot zu Zahlungen befähigt.

>>>> Der Charakter dieser Werte hat sich grundsätzlich geändert, da
>>>> sie nur noch in physischer Form vorliegen.
>>> "Grundsätzlich verändert" im Vergleich zu was, zu dem
>>> derzeitigen
> System?
>>
>> Aus circuistischer Perspektive muss Geld, resp. Einkommen
>> verschwinden. Dies ist mit der Konsumzahlung gegeben. Die
>> Konsumzahlung ist die Ausprägung eines 'absoluten Tausches' bei dem
>> Einkommen vernichtet und der erworbene Output seiner endgültigen
>> Verwendung zugeführt wird.
> Ah ja, und was ist mit nicht konsumierten Einkommen?

Das bleibt als Guthaben zur Verwendung in der Zukunft bestehen.

>>>> Die monetären Ersparnisse der Haushalte sind jetzt substantiell
>>>> durch die Investitionsgüter bei den Unternehmen unterlegt. Die
>>>> gesamtwirtschaftliche Beziehung I=S erweist sich als Identität,
>>>> welche nach jedem Zahlungsvorgang uneingeschränkt gütig ist.
>>> Im Fixkapitaldepartment wird also eine Verbindung zwischen den
>>> monetären Ersparnissen der Haushalte und den realen
>>> Investitionsgütern
> dokumentiert?
>>> Was ist mit I=S, wenn sich der Wert der Investitionsgüter
>>> ändert?

Makroökonomisch ist auch der Wert der Investitionsgüter durch den für
seine Produktion notwendige Aufwand fixiert.

>>
>>> Du sagst, dass Inflation heißt, dass ein frisches Brot mehr
>>> kostet als ein altes Brot.
>>
>> Das sage ich eben nicht! Bloss weil ein Gut plötzlich mehr kostet,
>> ist das noch keine Inflation.
> Dann definiere, was für dich Inflation ist.

Meine Meinung ist nicht gefragt. Als Inflation wird allgemein die
systematische Abweichung des Preisniveaus nach oben vom realen Output
betrachtet.
Aus quantumtheoretischer Sicht ist Inflation eine behebbare Anomalie,
die aus einem unzureichenden Verständnis von Kapital der mikrofundierten
Ökonomie herrührt und durch eine gesonderte Behandlung von
Fixkapitalgütern in der Bankbilanz behoben werden kann.

Diese Auffassung wird implizit auch durch Heribert Genreith bestätigt,
der die Doppelzählung von Investitionen kritisiert. Siehe dazu meinen
Beitrag 'Grobe Klatsche…' im Thread 'Das Kind im Bade…'

> Puh, meine erste Auseinandersetzung mit der Theorie scheint nicht
> sehr produktiv zu sein. Vielleicht klappt es besser, wenn ich mir die
> Theorie über ein Lehrbuch zu Gemüte führe als über die Mailingliste.
> Im Moment habe ich allerdings nicht das Gefühl, dass mich das in
> meinem Verständnis der Volkswirtschaft weiter bringen wird.

Einiges werde ich noch reinbringen mit Zusammenfassungen aus Cencinis
Buch 'Macroeconomic Foundations of Macroeconomics'

Einige logisch-philosophische Überlegungen zum Begriff Geld findest du
auch in exnihilos Blog:

http://www.tracksofthoughts.blogspot.de/2009/07/was-ist-geld.html
http://www.tracksofthoughts.blogspot.de/2009/08/was-ist-geld-2.html
http://www.tracksofthoughts.blogspot.de/2009/08/was-ist-geld-3.html






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