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Re: [AG-GOuFP] Pot. Blog-Artikel: Löhne, Wettbewerbsfähigkeit und Arbeitslosigkeit
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- From: Amos Comenius <comenius2000 AT gmail.com>
- To: ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de
- Subject: Re: [AG-GOuFP] Pot. Blog-Artikel: Löhne, Wettbewerbsfähigkeit und Arbeitslosigkeit
- Date: Tue, 03 Dec 2013 11:58:28 +0100
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Am 03.12.2013 00:08, schrieb Thomas
Weiß:
... Unser AG-Mitglied Rudi ist genauso wie Heiner Flassbeck (http://www.flassbeck-economics.de/) ein Verfechter von signifikanten Lohnsteigerungen in Deutschland. Orthodoxe Ökonomen und Politiker lehnen diese Maßnahme oft ab, mit der Behauptung, dass das die Wettbewerbsfähigkeit vermindert und Arbeitsplätze vernichtet. Damit haben sie nicht Unrecht.Doch! s.u. Das genau ist das Ziel der Maßnahme sein, denn nur eine Umverteilung von Profiten, die nur noch auf den Kapitalmärkten nachfragewirksam sind, zu Löhnen, die reale Nachfrage erzeugen, kann Arbeitsplätze schaffen. und vermindert folglich die Motivation für Unternehmer in Deutschland zu investieren, also Arbeitsplätze zu schaffen.Das gilt nur dann, wenn sich anderswo bei gleichem Risiko(!) höhere Profite erwirtschaften lassen. Das wird z.B. schwerer, wenn auch im Ausland die Arbeitslosigkeit sinkt und damit die Löhne steigen. (s.u.) Soweit so gut.Hier springst du zu kurz. Piratige Wirtschaftspolitik sollte immer global denken. Und global betrachtet wird die Arbeitslosigkeit auf jeden Fall sinken - das ist schon mal gut, hat aber eben auch Rückwirkungen auf Deutschland:
Nein, die Wettwerbsfähigkeit eines Unternehmens wird nur schlechter, wenn die Lohnerhöhungen in die Preise gehen. Wenn aber auf dem Markt keine steigenden Preise durchgesetzt werden können (z.B. weil ein Teil der Kaufkraft ins Ausland geht), dann mindern die steigenden Löhne nur die Profite. Die Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens bleibt somit voll erhalten. Anderes gilt erst, wenn die Profite unter die Marge fallen, die für produktive (Forschungs- und Rationalisierungs-)Investitionen erforderlich ist, (davon sind wir heute in Deutschland weit entfernt) oder ein Unternehmer glaubt anderswo bessere Profite mit gleichem Risiko realisieren zu können. Vor letzterem müssen wir keine Angst haben, solange wir in Technologie, Bildung und Infrastruktur gut dastehen. (Zur Not könnten Firmen, die geschlossen werden sollen, obwohl sie stabile schwarze Zahlen schreiben, vorübergehend verstaatlicht, rekapitalisiert und/oder in Genossenschaften umgewandelt werden.) Dass aber nicht alle gleichzeitig ihre Wettbewerbsfähigkeit steigern können, und dass Deutschland innerhalb der EWU klar *über*-wettbewerbsfähig ist, wurde bereits hier (http://www.geldsystempiraten.de/wp/populare-irrtumer-die-sache-mit-der-wettbewerbsfahigkeit/) dargelegt. Trotzdem stellt sich die Frage, ob es eine Möglichkeit gibt, Arbeitslosigkeit global zu reduzieren, oder ob man diese letztendlich nur zwischen den Ländern hin- und herschieben kann.Ja, die Möglichkeit gibt es: S.o. die Umverteilung von Profiten zu Löhnen senkt die Arbeitslosigkeit global. Anders ausgedrückt: Hätte die deutsche Wirtschaft den Erfolg der letzten Jahre auch erreichen können, ohne durch exzessives Lohndumping seine europäischen Partner niederzukonkurrieren?Ja! Relativ zu den Anderen stünden wir schlechter da, aber absolut könnten wir alle besser dastehen als wir es heute tatsächlich tun. (Das ist regelmäßig das Ergebnis des "Gefangenendilemmas".) Leider ganz weit daneben. Lohnnebenkosten sind Löhne, sind Kaufkraft. Sie werden nachfragewirksam z.B. bei Pflegeleistungen, Leistungen des Gesundheitssystems, steigern die Kaufkraft der Rentner und der Arbeitslosen. Eine Senkung der Lohnnebenkosten erhöht die Kaufkraft der Lohnempfänger genau um den Betrag, um den sie bei Anderen (Kranken, Pflegebedürftigen, Rentnern, Arbeitslosen, Sozialverwaltern ...) gesenkt wird. Ein Nullsummenspiel. (Um nicht zu sagen neoliberale Propaganda.) Sinnvolle Wirtschaftspolitik sollte also Sozialabgaben reduzieren (bei gleichzeitigem Erhalt der Leistungen durch den Staatshaushalt) oder *nachfragewirksame* Steuersenkungen (Einkommensteuerfreibeträge, Mehrwertsteuer) durchführen.OK, wenn die Leistungen durch den Staatshaushalt ausgeglichen werden, dann gilt mein obiger Einwand natürlich nicht, aber dann muss man sich auch nicht auf die Senkung der Lohnnebenkosten festlegen. Jede kredit- oder zentralbankfinanzierte staatliche Ausgabe hätte denselben Effekt einer Nachfragesteigerung ohne Profiteinschränkung. Aber aus der "Guthabenkrise" kommen wir nur heraus, wenn die Löhne zu Lasten der Profite steigen. Wir brauchen also Maßnahmen, die die Kaufkraft steigern und die Profite senken, z.B. Mindestlohn, Erhöhung von Staatsausgaben bei gleichzeitiger Vermögensbesteuerung etc. Die Regierungen der letzten Jahre haben stattdessen genau nicht nachfragewirksam Steuern gesenkt, betreffend Vermögensteuer, Erbschaftssteuer, Spitzensteuersatz, Kapitalertragssteuer, siehe hierzu http://www.nachdenkseiten.de/?p=18433.Hier sind wir uns mal einig. Aber warum sollen wir auf das Zusammenkrachen der Finanzblasen mit relativ unkalkulierbaren Nebenwirkungen warten, wenn wir die Situation auch durch einen kontrollierteren Abbau der Guthaben auf das Level einer sinnvollen Sparquote entschärfen könnten. Ahoi, Comenius |
- Re: [AG-GOuFP] Pot. Blog-Artikel: Löhne, Wettbewerbsfähigkeit und Arbeitslosigkeit, (fortgesetzt)
- Re: [AG-GOuFP] Pot. Blog-Artikel: Löhne, Wettbewerbsfähigkeit und Arbeitslosigkeit, Thomas Weiß, 03.12.2013
- Re: [AG-GOuFP] Pot. Blog-Artikel: Löhne, Wettbewerbsfähigkeit und Arbeitslosigkeit, Rudi, 03.12.2013
- Re: [AG-GOuFP] Pot. Blog-Artikel: Löhne, Wettbewerbsfähigkeit und Arbeitslosigkeit, Axel Grimm, 03.12.2013
- Re: [AG-GOuFP] Pot. Blog-Artikel: Löhne, Wettbewerbsfähigkeit und Arbeitslosigkeit, Rudi, 03.12.2013
- Re: [AG-GOuFP] Pot. Blog-Artikel: Löhne, Wettbewerbsfähigkeit und Arbeitslosigkeit, Wischer, 03.12.2013
- Re: [AG-GOuFP] Pot. Blog-Artikel: Löhne, Wettbewerbsfähigkeit und Arbeitslosigkeit, Thomas Weiß, 03.12.2013
- Re: [AG-GOuFP] Pot. Blog-Artikel: Löhne, Wettbewerbsfähigkeit und Arbeitslosigkeit, Thomas Weiß, 03.12.2013
- Re: [AG-GOuFP] Pot. Blog-Artikel: Löhne, Wettbewerbsfähigkeit und Arbeitslosigkeit, Piratos, 03.12.2013
- Re: [AG-GOuFP] Pot. Blog-Artikel: Löhne, Wettbewerbsfähigkeit und Arbeitslosigkeit, Piratos, 03.12.2013
- Re: [AG-GOuFP] Pot. Blog-Artikel: Löhne, Wettbewerbsfähigkeit und Arbeitslosigkeit, Rudi, 03.12.2013
- Re: [AG-GOuFP] Pot. Blog-Artikel: Löhne, Wettbewerbsfähigkeit und Arbeitslosigkeit, Thomas Weiß, 03.12.2013
- Re: [AG-GOuFP] Pot. Blog-Artikel: Löhne, Wettbewerbsfähigkeit und Arbeitslosigkeit, Amos Comenius, 03.12.2013
- Re: [AG-GOuFP] Pot. Blog-Artikel: Löhne, Wettbewerbsfähigkeit und Arbeitslosigkeit, Amos Comenius, 03.12.2013
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