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Re: [AG-GOuFP] Pot. Blog-Artikel: Löhne, Wettbewerbsfähigkeit und Arbeitslosigkeit
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- From: Axel Grimm <axel.grimm AT baig.de>
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- Subject: Re: [AG-GOuFP] Pot. Blog-Artikel: Löhne, Wettbewerbsfähigkeit und Arbeitslosigkeit
- Date: Tue, 03 Dec 2013 12:48:07 +0000
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Ein paar grundsätzliche Betrachtungen.
Es gibt Lohnkosten (Lk), das ist in einem Beschäftigenverhältnis dem Arbeitnehmer zu bezahlen.
Die Unterteilung in Arbeitgeberanteil und Arbeitnehmeranteil ist eine willkürliche Aufteilung. Es ist für die periodisch regelmäßige Zahlungen egal, ob das nur dem Eine oder nur dem Anderen zugeordnet ist, es ändert nichts an der Höhe.
Ein Unterschied entsteht bei Veränderung der Erhebungsgrenzen. Die Veränderung einer Bemessungsgrenze bei den Sozialabgaben geht bei reiner Unternnehmenszuordnung nur zu Lasten des Arbeitsgeberanteile, bei reiner Zuordnung zum Lohnempfänger zunächst nur zu Lasten des Lohnempfängers, das mit der nächsten Tarifrunde kompensiert wird, womit das Gleiche Ergebnis vorliegt. Wird die Bemessungsgrenze abgeschafft ist dieser Anteil neutral.
Lohnnebenkosten können auch anders betrachtet und in regelmäßig, einmalig und unbestimmt unregelmäßig aufgeteilt werden:
(A) einmalige Lohnnebenkosten sind Anwerbungskosten, Umzugskostenerstattungen, Einrichtungsbeihilfen.
(B) unregelmäßig anfallende Lohnnebenkosten sind gestellte Berufskleidung, Zuschüsse des Arbeitgebers zum Krankengeld, Zahnersatz, Kuren, Lohn- und Gehaltsfortzahlung, Kosten für die berufliche Aus- und Weiterbildung
© regelmäßig anfallende Lohn“neben“kosten sind Entgelte, Sozialversicherungen (Krankenkasse, Rentenversicherung, Arbeitslosenversicherung), Steuern auf die Lohnsumme – Lohnsteuer), Urlaubsgeld, Weihnachtsgeld
Einige Lk sind eine reines Arbeitgebervergnügen. Es geht primär um die regelmäßigen Lohnkosten und sekundär um die unregelmäßigen. Die einmaligen Lk sind Unternehmensausgaben.
Eine Senkung der Lk © bei den Sozialbeiträgen geht zu Lasten der Empfänger der Abgaben. Eine Senkung der Sozialabgaben ist ein Senkung der Nachfrage. Weniger Nachfrage ist investitionshemmend, die geringeren Lohnkosten steigern nur den Gewinn (Handel und/oder Hersteller).
Eine Senkung der unregelmäßigen Lk (B) ist auch eine Frage der Stimmung und „Fürsorge“. Weiterbildung gehört zu den Investitionen und kann durchaus mit Investitionen in effektiverer und effizienterer Maschinen verglichen werden.
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Die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen in Deutschland ist schon deutlich über den Anderen und ist eine Folge des Lohndumpings. Die Wettbewerbsfähigkeit muss relativiert werden, sonst werden die Deutschen weiterhin die sein, die arbeiten und erhalten dafür Geld.
Um Flassbeck/Rudi aufzunehmen: Bei einer Steigerung der Lohnkosten um 5% pro Jahr sehe ich die gesamten regelmäßigen Lohnkosten © im Focus. Die kann auch zunächst durch geringere Nettosteigerungen bei stärker ansteigenden Sozialabgaben realisiert werden, damit erst mal die Sicherungssysteme wieder in einen vernünftigen Zustand versetzt werden. Man kann auch die Arbeitszeit verringern, damit mehr Personal erforderlich ist, was die selbe Wirkung hat.
Eine höhere Binnennachfrage kompentsiert die geringeren Absatz außerhalb von Deutschlands. Da aber bei Vielen das persönliche Finanzpolster noch nicht erreicht ist bzw. noch Schulden zu tilgen sind, wird eine Teil von Lohnsteigerungen nicht Nachfragewirksam. Dieser Teil darf bedenkenlos durch Staatsneuverschuldung ausgeglichen werden.
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Lohnkosten:
Zum 01.01.2014 werden die Bemessungsgrenzen für Krankenkasse und Rente angehoben. Das ist eine Erhöhung der Lohnkosten für den Anteil der Belegschaft, die eine Einkommen oberhalb der Bemessungsgrenez erhalten.
So fallen ab 2014 ca. 60 Euro im Monat höher Rentenbeiträge an, davon 30 durch weniger Netto vom Angestellten und 30 sind eine Lohnkostenerhöhung. Um solche „kalten“ Lohnkostenerhöhungen zukünftig zu eliminieren muss einfach nur die Bemessungsgrenze abgeschafft werden.
ThomasWeiss schrieb:
Hi AG,
ich möchte demnächst einen Blog Artikel einstellen. Ich kann mir vorstellen, dass er etwas kontrovers sein könnte, als mal her mit euren Kritikpunkten!
Gruß, Thomas
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Unser AG-Mitglied Rudi ist genauso wie Heiner Flassbeck (http://www.flassbeck-economics.de/) ein Verfechter von signifikanten Lohnsteigerungen in Deutschland. Orthodoxe Ökonomen und Politiker lehnen diese Maßnahme oft ab, mit der Behauptung, dass das die Wettbewerbsfähigkeit vermindert und Arbeitsplätze vernichtet. Damit haben sie nicht Unrecht.
Steigen die Löhne, so erhöhen sich für deutsche Firmen die Ausgaben für Lohnkosten. Das reduziert die erreichbaren Profite und vermindert folglich die Motivation für Unternehmer in Deutschland zu investieren, also Arbeitsplätze zu schaffen. Soweit so gut.
Viel zu wenig wird jedoch in der deutschen Öffentlichkeit die andere Seite der Medaille angesprochen: die Nachfrage. Steigende Löhne bedeuten auch steigenden Konsum bzw., aus Unternehmerseite betrachtet, steigende Umsätze und Profite.
Kompensiert also nun der Nachfrageeffekt die höheren Lohnkosten, sodass die Profite der Unternehmen unterm Strich stabil bleiben? Leider nur teilweise. Hier kommt nämlich der Außenhandel ins Spiel. Man darf selbstverständlich nicht annehmen, dass die höhere Nachfrage vollständig in *inländische* Produkte fließt. Der Teil, mit dem ausländische Produkte gekauft, also zusätzliche Importe finanziert werden, schlägt sich letztendlich negativ auf die Profite deutscher Unternehmen nieder.
Die Wettbewerbsfähigkeit sinkt also tatsächlich durch die höheren Löhne. Dass aber nicht alle gleichzeitig ihre Wettbewerbsfähigkeit steigern können, und dass Deutschland innerhalb der EWU klar *über*-wettbewerbsfähig ist, wurde bereits hier (http://www.geldsystempiraten.de/wp/populare-irrtumer-die-sache-mit-der-wettbewerbsfahigkeit/) dargelegt. Trotzdem stellt sich die Frage, ob es eine Möglichkeit gibt, Arbeitslosigkeit global zu reduzieren, oder ob man diese letztendlich nur zwischen den Ländern hin- und herschieben kann. Anders ausgedrückt: Hätte die deutsche Wirtschaft den Erfolg der letzten Jahre auch erreichen können, ohne durch exzessives Lohndumping seine europäischen Partner niederzukonkurrieren?
Ich sage ja. Eine Möglichkeit dazu liegt in den Lohnnebenkosten, also der Differenz zwischen den Lohnkosten der Unternehmen und den Nettolöhnen der Arbeiter. Eine Senkung der Lohnnebenkosten stärkt die Nachfrage während die Gewinne der Unternehmen erhalten werden. Sinnvolle Wirtschaftspolitik sollte also Sozialabgaben reduzieren (bei gleichzeitigem Erhalt der Leistungen durch den Staatshaushalt) oder *nachfragewirksame* Steuersenkungen (Einkommensteuerfreibeträge, Mehrwertsteuer) durchführen. Die Regierungen der letzten Jahre haben stattdessen genau nicht nachfragewirksam Steuern gesenkt, betreffend Vermögensteuer, Erbschaftssteuer, Spitzensteuersatz, Kapitalertragssteuer, siehe hierzu http://www.nachdenkseiten.de/?p=18433.
Offensichtlich würden diese Reformen zu einer höheren Neuverschuldung führen. Ich jedoch kann nicht verstehen, dass diese Zahl auf dem Papier wichtiger sein soll als das Elend von Millionen von Bürgern.
- Re: [AG-GOuFP] Pot. Blog-Artikel: Löhne, Wettbewerbsfähigkeit und Arbeitslosigkeit, (fortgesetzt)
- Re: [AG-GOuFP] Pot. Blog-Artikel: Löhne, Wettbewerbsfähigkeit und Arbeitslosigkeit, Piratos, 03.12.2013
- Re: [AG-GOuFP] Pot. Blog-Artikel: Löhne, Wettbewerbsfähigkeit und Arbeitslosigkeit, Thomas Weiß, 03.12.2013
- Re: [AG-GOuFP] Pot. Blog-Artikel: Löhne, Wettbewerbsfähigkeit und Arbeitslosigkeit, Piratos, 03.12.2013
- Re: [AG-GOuFP] Pot. Blog-Artikel: Löhne, Wettbewerbsfähigkeit und Arbeitslosigkeit, Piratos, 03.12.2013
- Re: [AG-GOuFP] Pot. Blog-Artikel: Löhne, Wettbewerbsfähigkeit und Arbeitslosigkeit, Thomas Weiß, 03.12.2013
- Re: [AG-GOuFP] Pot. Blog-Artikel: Löhne, Wettbewerbsfähigkeit und Arbeitslosigkeit, Stephan Schwarz, 03.12.2013
- Re: [AG-GOuFP] Pot. Blog-Artikel: Löhne, Wettbewerbsfähigkeit und Arbeitslosigkeit, Amos Comenius, 03.12.2013
- Re: [AG-GOuFP] Pot. Blog-Artikel: Löhne, Wettbewerbsfähigkeit und Arbeitslosigkeit, Rudi, 03.12.2013
- Re: [AG-GOuFP] Pot. Blog-Artikel: Löhne, Wettbewerbsfähigkeit und Arbeitslosigkeit, Thomas Weiß, 03.12.2013
- Re: [AG-GOuFP] Pot. Blog-Artikel: Löhne, Wettbewerbsfähigkeit und Arbeitslosigkeit, Amos Comenius, 03.12.2013
- Re: [AG-GOuFP] Pot. Blog-Artikel: Löhne, Wettbewerbsfähigkeit und Arbeitslosigkeit, Amos Comenius, 03.12.2013
- Re: [AG-GOuFP] Pot. Blog-Artikel: Löhne, Wettbewerbsfähigkeit und Arbeitslosigkeit, Axel Grimm, 03.12.2013
- Re: [AG-GOuFP] Pot. Blog-Artikel: Löhne, Wettbewerbsfähigkeit und Arbeitslosigkeit, Piratos, 03.12.2013
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