ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de
Betreff: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik
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- From: Keox <piratkeox AT googlemail.com>
- To: ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de
- Subject: Re: [AG-GOuFP] EZB mit negativem Eigenkapital? kein Problem
- Date: Sat, 20 Oct 2012 07:54:49 +0200
- List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/ag-geldordnung-und-finanzpolitik>
- List-id: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik <ag-geldordnung-und-finanzpolitik.lists.piratenpartei.de>
Hallo,
Deine Seite werde ich die nächsten Tage mal durchstöbern. Da Du Banker bist und Dich schon länger mit Geldpolitik beschäftigst würde ich gerne Deine Meinung zu Fishers 100%-Geld hören. In der Schweiz wird so etwas von der Initiative 'Monetäre Modernisierung' mit Unterstützung von Prof. Binswanger gefordert.
Welche Nachteile hätte ein 100%-Mindestreservesystem?
Gruß Keox
Am 20.10.2012 06:46, schrieb George:
Hallo,
Ich werde mich doch jetzt mal einmischen, wenn ich sehe, wenn solche
Aussagen wie
"a) eine Zentralbank nicht pleite gehen kann (wirklich nicht!)"
die Meinung der Piratenpartei prägen könnten.
Meine Webseite ist http://snbchf.com, ich bin Pirat.
http://wiki.piratenpartei.de/Benutzer:GeorgeDorgan
Wie Ihr auf meiner Twitter-Seite https://twitter.com/dorgang seht, folgen
mir die Schweizer Zeitungen, viele Vermögensverwalter und Hedgefund-Manager.
Ich schreibe häufiger auch auf http://Zerohedge.com und
http://www.testosteronepit.com,
http://www.zerohedge.com/news/guest-post-big-swiss-faustian-bargain
(mehr über maine Beiträge hier:
http://www.zerohedge.com/category/tags/dorgan)
Die wesentlichen Punkte der Frage ob Zentralbank pleite gehen können, werden
in diesem Artikel besprochen. Die längere Version ist hier:
http://snbchf.com/2012/09/the-big-swiss-faustian-bargain/
Fakt 1) Eine Zentralbank kann negatives Eigenkapital haben. Wenn sie es hat,
kann sie ihrer Hauptaufgabe, der Inflationsbekämpfung nicht mehr nachgehen.
Dies kann solange gut gehen, wie wir uns in einem deflationären Environment
oder niedrigem Inflationsszenario befinden. Das ist zum Glück für
Zentralbanken von Chile, Tschechien oder auch der Schweiz momentan der Fall.
Sollte es zu Inflation kommen, haben Zentralbanken die Möglichkeit sie durch
eine stärkere Währung zu bekämpfen. Im Falle der Schweiz würde das bedeuten,
dass sie viele ihrer Euros/USD-Reserven verkauft und Verluste in Höhe von 93
Milliarden Franken (15% des Schweizer BIP) bei einem aktuellen Eigenkapital
von 60 Mrd. realisiert.
Sollte sie die Aufwertung des Franken auf EUR/CHF = 1.00 erlauben, wird sie
minus 31 Milliarden Eigenkapital haben und im Gegensatz zu Privatfirmen
theoretisch weiter wirtschaften können.
Die Berechnung ist hier:
http://snbchf.snbchfcom.netdna-cdn.com/wp-content/uploads/2012/09/Loss-in-ca
se-EURCHF-1.00.png
<http://snbchf.com/wp-content/uploads/2012/09/Loss-in-case-EURCHF-1.00.png>
Meiner Meinung nach wird sie dann aus Glaubwürdigkeitsgründen mit mehr
Kapital ausgestattet, d.h. vom Steuerzahler "(vor der Pleite) gerettet".
Wie hier im Thread schon angesprochen: Ziel des Wirtschaftens ist die
Mehrung des Gemeinwohls, nicht des
Finanzkapitals." (Christian Felber)
Das wird von Präsidiumsmitglied Danthine gerade wieder bestätigt (siehe
unterer Teil des Interviews). Inflation zu verhindern ist wichtiger als
SNB-Gewinne.
http://www.fuw.ch/article/das-too-big-to-fail-problem-ist-alles-andere-als-g
elost/
Fakt 2) Die Europäischen Zentralbank ist im Unterschied ein ziemlich
eigenkapitalloses Ungetüm, während die Bundesbank und andere NZB sehr grosse
(Gold)-Reserven haben (ich weiss leider nicht, wie viel davon Kursgewinne
und wie viel vom Staat finanzierte "Grundausstattung" ist).
http://www.bruegel.org/uploads/RTEmagicC_120903_p2.jpg.jpg
Eine globale Rezession hätte aber zur Folge, dass einerseits Italien und
Spanien pleite gehen würden, andererseits auch Gold an Wert verlieren würde
(warum Gold dann fällt auf Anfrage). Die Pleite bedeutet genau wie im Fall
Griechenlands, dass Bondholder einen Haircut ("Typ1" z.B. 30%) abschreiben
müssen. Bisher haben sich das Establishment geweigert Verluste hinzunehmen,
es sind im Falle Griechenland nur private Investoren betroffen gewesen. Dies
geht im Falle einer globalen Rezession aber nicht mehr.
Im Falle eines Euro-Austrittes (was für viele die beste Lösung für die
Südländer wäre), würde die Lira, Peseta um mind. 30% fallen ("Haircut Typ
2") und die Banca d'Italia/Banco de Espana würde ebenfalls einen solchen
oder höheren Haircut der Forderungen des Eurosystem durchsetzen können. Klar
ist, dass diese Länder mit 30% abgewerteter Währung mehr Probleme haben, die
€-Forderungen zu zahlen.
Übrigens: Die "cinque stelle" Partei in Italien bekäme aktuell 20% der
Stimmen. Ihr Vorsitzender Beppe Grillo will, dass Italien komplett pleite
geht.
Da die EZB nur ein Durchlauferhitzer ist, würde die Bundesbank bei "30%
Haircut Typ2" und 700 Mia. Target2-Guthaben einen Verlust von 210 Milliarden
€ schreiben und damit 70 Mia negatives EK haben.
Der ESM gibt Deutschland auch eine Verpflichtung von 193 Mia. €..
Möglicherweise auch 30% Verlust im Falle eines Haircut ("Typ 1"), allerdings
bekommen Deutschland auch Zinsen von ca. 4% pro Jahr von den Südländern.
Wohl gemerkt sind 200 Mia. € Verlust "nur 5%" des deutschen BIP. Aufgrund
der aktuell niedrigen oder negativen deutschen Zinsen, bekommt der deutsche
Staat über Finanzrepression auf dem Rücken der Sparer dieses Geld schnell
wieder rein. Er könnte dann die Bundesbank wieder mit mehr Eigenkapital
ausstatten. Die Bundesbank könnte aber auch weiter mit negativem EK
wirtschaften.
Im Falle einer globalen Rezession würden aber die deutschen Zinsen aber
steigen, Gold im Preis fallen, der Verlust wäre viel höher.
Fakt 3) Die Federal Reserve hat nur US-Staatsanleihen im Portfolio, daher
ein wesentlich niedrigeres Risiko als die SNB oder die Bundesbank. Die SNB
hat ein Fremdwährungsrisiko, was bei der Volatiliät der Devisenkurse sehr
hoch ist, die Bundesbank ein Default-Risko der Peripherie.
Das Risiko der Fed ist nur Inflation, nämlich dass die US-Anleihen an Wert
verlieren. Sie kann in diesem Fall relativ früh aussteigen und die Anleihen
(mit mässigem Verlust) verkaufen.
P.S.
Was häufig im Target2-System vergessen wird, ist aber, dass die Salden
(auch) entstanden sind, weil z.B. griechische (reiche) Privatbürger ihr Geld
nun auf deutsche Banken legen und nicht mehr auf griechische.
Der Pro-Euro Bruegel Think Tank spricht an, dass, wenn Griechenland endlich
den Euro verlässt, dieses Geld wieder auf griechische Banken käme und die
griechischen Target2-Schulden reduziert würden. Was er aber nicht konkret
berechnet ist, ist wie stark die Währung fallen würde und diesen Effekt
wieder wettmacht. Auch hat er nicht berechnet, wie viele reiche Griechen dem
Land endgültig den Rücken kehren und das Geld nie mehr nach Hellas
zurückbringen.
http://www.bruegel.org/nc/blog/detail/article/879-should-we-worry-about-targ
et2-imbalances-why-central-bank-negative-equity-does-and-doesnt-matter/reply
/94/
Ahoi George
From: Patrik Pekrul <Patrik.pekrul AT hotmail.de>
Date: Thu, 18 Oct 2012 17:02:02 +0200
To: Benedikt Weihmayr <benedikt AT weihmayr.de>
Cc: <ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de>
Subject: Re: [AG-GOuFP] EZB mit negativem Eigenkapital? kein Problem
Na wenigstens EINER hat's begriffen!!!
"So kommt es, dass eine Reihe von Zentralbanken mit negativem Eigenkapital
in der Lage sind, für Preisstabilität zu sorgen. Zum Beispiel operierten die
Notenbanken von Chile und der Tschechischen Republik über viele Jahre mit
negativem Eigenkapital, ohne dass deshalb die Inflation gestiegen wäre. In
beiden Fällen war die finanzielle Unterstützung des heimischen Bankensektors
Ursache für den Verlust des Eigenkapitals. Im Falle Tschechiens kamen auch
noch Verluste aus Abschreibungen auf Devisenreserven hinzu.
...
Natürlich darf aus den hier angeführten Gründen kein Freibrief für die
unbegrenzte monetäre Finanzierung von Staatsschuld abgeleitet werden. "
Danke, danke, danke!
Darüber rede ich mir ja seit Wochen den Mund fuselig und schreibe mir die
Finger wund. Das EINZIGE, das man verstehen muss, ist die Tatsache, dass
eine Zentralbankbilanz zwar SO ÄHNLICH AUSSIEHT wie eine Unternehmensbilanz,
aber die dahinterliegende Rechtssturktur eine ganz andere ist. Der
wesentliche Unterschied zwischen einer Unternahmensbilanz und einer
Zentralbankbilanz ist die Tatsache, dass im Falle einer Unternehmenspleite
die Kapitalgeber sich gemäß ihres Anteils (und Ranges) an den Aktiva
bedienen können, während
a) eine Zentralbank nicht pleite gehen kann (wirklich nicht!)
b) die Halter von Zentralbankgeld NIE, NEVER, UNTER HAR KEINEN UMSTÄNDEN
Zugriff auf die Aktiva haben werden (selbst wenn die ZB pleite gehen sollte,
was sie faktisch nicht kann)
Man muss einfach nur verstehen, was UNGEDECKT bedeutet: Geld ist ein
Anspruch auf Geld - ist komisch, ist aber so.
PS: Wir haben ungedecktes Geld.
Das einzige, worauf es tatsächlich ankommt, ist das VERHALTEN der ZB - man
nennt es Geldpolitik. Solange die Geldmenge VERNÜNFTIG kontrolliert wird,
ist es völlig nebensächlich, was in der Bilanz steht oder wie die Qualität
der Sicherheiten ist; das sind alles nur Krücken, um die Zentralbank am
unbegrenzten Gelddrucken zu hindern. Systematisch notwendig sind sie streng
genommen nicht.
Ahoi,
Patrik
2012/10/18 Benedikt Weihmayr <benedikt AT weihmayr.de>
Ist es ein Problem wenn das EK der EZB negativ wird? Nein.
http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/mayers-weltwirtschaft/mayers-weltwirts
chaft-inflationsangst-11916005.html
<http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/mayers-weltwirtschaft/mayers-weltwirtsc
haft-inflationsangst-11916005.html>
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Alle sagten: Das geht nicht. Dann kam einer, der wusste das nicht und hat's gemacht.
http://wiki.piratenpartei.de/AG_Geldordnung_und_Finanzpolitik
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- Re: [AG-GOuFP] EZB mit negativem Eigenkapital? kein Problem, (fortgesetzt)
- Re: [AG-GOuFP] EZB mit negativem Eigenkapital? kein Problem, Christoph Ulrich Mayer, 18.10.2012
- Re: [AG-GOuFP] EZB mit negativem Eigenkapital? kein Problem, Rudi, 18.10.2012
- Re: [AG-GOuFP] EZB mit negativem Eigenkapital? kein Problem, Christoph Ulrich Mayer, 19.10.2012
- Re: [AG-GOuFP] EZB mit negativem Eigenkapital? kein Problem, EinMartin, 21.10.2012
- Re: [AG-GOuFP] EZB mit negativem Eigenkapital? kein Problem, Christoph Ulrich Mayer, 19.10.2012
- [AG-GOuFP] Der Wert des Windes, Patrik Pekrul, 18.10.2012
- Re: [AG-GOuFP] Der Wert des Windes, Bernhard Mosolf, 19.10.2012
- Re: [AG-GOuFP] Der Wert des Windes, Andreas Schneider, 19.10.2012
- Re: [AG-GOuFP] Der Tag danach, Patrik Pekrul, 19.10.2012
- Re: [AG-GOuFP] EZB mit negativem Eigenkapital? kein Problem, Rudi, 18.10.2012
- Re: [AG-GOuFP] EZB mit negativem Eigenkapital? kein Problem, Axel Grimm, 18.10.2012
- Re: [AG-GOuFP] EZB mit negativem Eigenkapital? kein Problem, George, 20.10.2012
- Re: [AG-GOuFP] EZB mit negativem Eigenkapital? kein Problem, Keox, 20.10.2012
- Re: [AG-GOuFP] EZB mit negativem Eigenkapital? kein Problem, Wischer, 20.10.2012
- Re: [AG-GOuFP] EZB mit negativem Eigenkapital? kein Problem, Stephan Schwarz, 20.10.2012
- Re: [AG-GOuFP] EZB mit negativem Eigenkapital? kein Problem, George, 21.10.2012
- Re: [AG-GOuFP] EZB mit negativem Eigenkapital? kein Problem, Keox, 21.10.2012
- Re: [AG-GOuFP] EZB mit negativem Eigenkapital? kein Problem, George, 21.10.2012
- Re: [AG-GOuFP] EZB mit negativem Eigenkapital? kein Problem, Wischer, 21.10.2012
- Re: [AG-GOuFP] EZB mit negativem Eigenkapital? kein Problem, Axel Grimm, 21.10.2012
- Re: [AG-GOuFP] EZB mit negativem Eigenkapital? kein Problem, George, 22.10.2012
- Re: [AG-GOuFP] EZB mit negativem Eigenkapital? kein Problem, Rudi, 22.10.2012
- Re: [AG-GOuFP] EZB mit negativem Eigenkapital? kein Problem, Wischer, 23.10.2012
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- Re: [AG-GOuFP] EZB mit negativem Eigenkapital? kein Problem, Christoph Ulrich Mayer, 18.10.2012
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