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Re: [AG-GOuFP] Artikel bei Telepolis über das dritte Rettungspaket für Griechenland
Chronologisch Thread
- From: Jürgen Niccum <j.niccum AT me.com>
- To: Keox <piratkeox AT googlemail.com>
- Cc: AG-GOuFP <ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de>
- Subject: Re: [AG-GOuFP] Artikel bei Telepolis über das dritte Rettungspaket für Griechenland
- Date: Mon, 24 Sep 2012 12:36:21 +0200
- List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/ag-geldordnung-und-finanzpolitik>
- List-id: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik <ag-geldordnung-und-finanzpolitik.lists.piratenpartei.de>
Ahoi Keox,
ich hab's mal rauskopiert:
Wie Geldmengen auf einem Geldmarkt die Preise steuern sollen
Am Anfang war das Münzgeld aus Gold und Silber und die Münzen hatten genau den Wert des in ihnen enthaltenen Edelmetalls. Das Bezahlen mit diesen Münzen war darum auch ein Problem, weil sie auf eine Goldwaage gelegt und geprüft werden mussten und nicht selten abgegriffen oder sonst im Wert gemindert waren. Das große Geschäft der ersten Bankiers war nicht der Geldverleih auf Zins, sondern der Münzwechsel mit entsprechenden Wertabschlägen und die Gutschrift von Buchgeld für Münzen aus aller Herren Länder. Mit diesem Buchgeld konnte ohne Abschlag und Wertverlust gezahlt werden und man konnte Geld sogar versenden, ohne Räuber fürchten zu müssen; es war also besser als Bargeld aus Edelmetall, solange die Bankiers ehrlich und solvent blieben.
Das Buchgeld der Bankiers konnte auch geliehen werden. Die Kredite hatten dieselbe Wirkung wie das neue Gold und Silber aus den eroberten Kolonien: Die Wirtschaft florierte durch zusätzliches Geld aus den vergebenen Krediten, die Löhne und sonstigen Einkommen stiegen mit der Beschäftigung, aber die Güter wurden immer teurer. Sogar wenn die Bankiers ganz rechtschaffen und ehrbar Kredite nur an kreditwürdige Kunden gegen entsprechende Sicherheiten und Pfänder vergaben, das von ihnen geschöpfte Buchgeld und die ausgestellten Geldzettel also gut besichert und keinesfalls wertlos oder gar betrügerisch waren, kam es für die Bankiers zu einem Problem: Die blühende Konjunktur, die sie mit ihrer Kreditvergabe ermöglicht hatten, führte zu steigenden Preisen und damit zu Defiziten in der Handelsbilanz mit dem Ausland. Ein Defizit im Außenhandel musste mit dem Export von Edelmetall beglichen werden, so dass die Bankiers ihre Kundeneinlagen an Edelmetall an das Ausland verloren.
Schnell entdeckten die Bankiers, dass sich mit jeder Einschränkung der Kredite die Ökonomie in eine Krise stürzen ließ, so dass die Preise wie die Löhne wieder sanken, das Defizit in der Handelsbilanz zu einem Überschuss wurde und damit das Edelmetall wieder zu ihnen zurück floss. Mit jeder Krise waren sogar wertvolle Güter und Firmenanteile spottbillig zu haben und lästige Konkurrenten konnten in den Bankrott getrieben werden. Die Bankiers mussten also die Kredite immer wieder einschränken und verlegten sich daher auf kurzfristige Kredite wie den Wechseldiskont, weil sich jeder Kunde sein Geld von den Bankiers zu jeder Zeit in Gold auszahlen lassen konnte. Während bei zu vielen langlaufenden Krediten das Gold der Bankiers nicht mehr für alle Ansprüche ihrer Kunden gereicht hätte, konnte mit dem Wechseldiskont schnell auf einen drohenden Bankrun der Kunden reagiert werden. Sobald das Edelmetall von den Banken abfloss und eine Knappheit zu befürchten war, reduzierten die Bankiers ihre Kredite, erhöhten die Zinsen und stellten den Wechseldiskont ein, wodurch immer wieder Handelskrisen ausgelöst wurden. Ohne erneuerten Kredit von den Bankiers mussten die Kunden für anfallende Zahlungen ihr Edelmetall zu den Banken zur Gutschrift für den Zahlungsempfänger bringen, anstatt wie sonst üblich diskontierbare Wechsel auszustellen oder einen Kredit aufzunehmen, so dass die Goldreserven der Bankiers wieder rasch stiegen.
Die Klassiker und Neoklassiker haben diese historischen Erfahrungen mit den von den Banken ausgelösten Absatzkrisen ignoriert und behaupten einfach, dass sich mit der „Geldmenge“ in einer Ökonomie lediglich die Preise ändern würden, ohne Auswirkungen auf die Konjunktur und den Umfang der Produktion. Diesen Zusammenhang soll der für den VWL-Modellbau erfundene „Geldmarkt“ darstellen, auf dem die Notenbanken angeblich diese „Geldmenge“ steuern und damit die Inflation kontrollieren sollen. Dass durch restriktive Kreditvergabe Krisen und Deflation ausgelöst werden und eine expansive Geldpolitik die Konjunktur belebt, muss die VWL sogar ausdrücklich leugnen und bestreiten.
Die Formel für den angeblichen Zusammenhang von Geldmenge und Preisniveau lautet nach derQuantitätsgleichung von Irving Fisher:
Geldmenge x Umlaufgeschwindigkeit = Preisniveau x reales BIP
G x V = P x Y
Die sogenannte Umlaufgeschwindigkeit ist weder zu messen noch nach anderen Verfahren zu bestimmen, außer dass man sie gerade passend zu der „Geldmenge“ in der oben angegebenen Formel aus dieser berechnet. Wie die „Geldmenge“ für den Zahlungsverkehr korrekt definiert wird, ist umstritten und lässt sich so wenig an der Realität überprüfen wie deren „Umlaufgeschwindigkeit“; nur dass eben das V immer passend zu G berechnet werden muss. Die Quantitätsgleichung ist daher empirisch nicht zu überprüfen, mit den passend ausgerechneten Größen immer „richtig“ und grundsätzlich nicht falsifizierbar.
Der sogenannte Geldmarkt wird wie üblich als Diagramm dargestellt. Die Geldnachfrage steigt mit Y und mit dem Preisniveau, also mit dem Produkt PxY, während das Geldangebot einfach durch die Notenbank bestimmt ist. Weil das Geld auf die reale Größe Y keinen Einfluss haben soll, kann das Diagramm auf eine waagrechte Geldmengenachse und eine senkrechte Preisachse beschränkt werden. Dort schneidet dann eine von links unten (niedrige Geldmenge und Preise) nach rechts oben (hohe Geldmenge und Preise) steigende Nachfragegerade die irgendwo senkrecht auf der Geldmengenachse stehende Angebotsgerade. Das alles natürlich nur auf dem Papier oder an der Wand. Eine Geldhortung ist von Klassikern und Neoklassikern unter keinen Umständen vorgesehen, daher steigen die Preise genau mit der Menge des Geldes, jedenfalls in der Theorie.
Mit der Annahme, dass die Umlaufgeschwindigkeit unverändert bliebe, behaupten die VWL-Professoren einen kausalen Zusammenhang zwischen „Geldmengen“ und Preisniveau, dass nämlich Inflation die Folge einer von der Notenbank fahrlässig zu sehr vermehrten Geldmenge wäre und ganz einfach mit einer richtigen „Geldmengensteuerung“ zu verhindern wäre. Das ist selbstverständlich alles reinster Stuss.
Darauf werden wir unten im Zusammenhang mit dem Monetarismus näher eingehen. Hier ist nur noch wichtig, dass der „Geldmarkt“ in vielen Darstellungen des neoklassischen Gesamtmodells über den Arbeitsmarkt an die übrigen Märkte angebunden wird, um eine höhere Komplexität dieses Gesamtmodells vorzugaukeln. Auf dem Arbeitsmarkt ist dabei der Nominallohn angegeben, der dann erst mit dem auf dem Geldmarkt von der Geldmenge bestimmten Preisniveau zum Reallohn wird. Eigentlich ist aber nach den neoklassischen Vorstellungen der Reallohn die auf dem Arbeitsmarkt verhandelte Größe und ein Nominallohn kommt dabei in der Modellvorstellung nicht vor.
Der Geldmarkt steht nach den Annahmen der Neoklassiker nicht in kausaler Verbindung zum Gütermarkt oder Arbeitsmarkt (auch nicht zum Kapitalmarkt), womit das Gesamtmodell sehr unterkomplex wird.
Gruß Jürgen
Am 16.09.2012 um 13:11 schrieb Keox <piratkeox AT googlemail.com>:
Hallo,
Am 16.09.2012 04:38, schrieb Jürgen Niccum:Ahoi,
passend zu diesem Thread hat Jörg Buschbeck bei den Geldsystempiraten auf folgenden Text hingewiesen:
http://www.wolfgang-waldner.com/volkswirtschaftslehre/
Dort wird die Absurdität und Nichtwissenschaftlichkeit der VWL wunderbar und verständlich dargelegt. Auch der Unsinn von Inflation durch eine höhere Geldmenge.
in welchen Teil widerlegt er denn Deiner Meinung nach "den Unsinn von Inflation durch eine höhere Geldmenge"? Bist Du wirklich davon überzeugt, dass eine höhere Geldmenge keinen Einfluss auf die Preise hat?
Gruß KeoxBeim Lesen hab ich viel gelacht ;-)
Gruß Jürgen
Am 15.09.2012 um 21:35 schrieb alex AT twister11.de:2012/9/15 Keox <piratkeox AT googlemail.com>
Hallo,
Am 15.09.2012 20:57, schrieb alex AT twister11.de:
2012/9/15 Keox <piratkeox AT googlemail.com>
dann hast Du ja alle Probleme gelöst. Lassen wir die ZB einfach jeden
Monat für jeden Bürger 10.000 € schöpfen. Dann muss endlich niemand mehr
arbeiten gehen. Die Brötchen vom Bäcker importieren wir dann aus China.
Naja, so war es nicht gemeint. Überhauptkein Problem ist damit gelöst :-)
Wenn allerdings die ZB jeden Monat 10.000 € schöpfen würde für jeden
Bürger, wäre das in der Tat ein guter Schritt.
Nur ist dieser Betrag zu hoch, denn dieser Betrag multipliziert mit der
Anzahl der Bürger in der EURO-Zone ist viel zu hoch und hätte extreme
Auswirkungen auf die Inflation der durch die allgegenwertige deflationäre
Tendenz nicht kompensiert werden könnte.
auf einmal führt die grenzenlose Geldschöpfung doch zu Inflation.
Es ist vollkommen in Ordnung, wenn die ZB soviel neues Geld schöpft und dem Staat schenkt, dass keine Inflation entsteht. Aber das wäre umgerechnet auf jeden nicht viel. Vielleicht 120 € pro Monat. Mehr ist einfach nicht drinn
Naja, alles was ich sagen wollte, das es kaum abhängig von der Politik der Geldschöpfung ist ob es Inflation gibt oder nicht.
Die Fremdvermögenshalter sind diejenigen die seit langem die alleinige Macht darüber haben zu entscheiden ob es Inflation geben soll oder nicht.
Alles was die ständige Geldmengenausweitung bewirkt ist Deflation verhindern und sie passt sich an das "Spar- & Hortungsverhalten" der Marktteilnehmer an.
...also ich wollte das Wort nicht mehr benutzen, deshalb sag ich präziser "Fremdvermögenshaltung".
Wenn die Fremdvermögenshaltung sich auflöst oder entscheidet in der normalen Wirtschaft in großem Stil einzukaufen, dann wird es spannend.
Dann muss die Neuverschuldung auf 0 gesenkt werden und die Ausgaben müssten MASSIVST besteuert werden und Schuldentilgung kann beginnen.
...theoretisch...
Gruß Keox
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- Re: [AG-GOuFP] Artikel bei Telepolis über das dritte Rettungspaket für Griechenland, (fortgesetzt)
- Re: [AG-GOuFP] Artikel bei Telepolis über das dritte Rettungspaket für Griechenland, alex, 15.09.2012
- Re: [AG-GOuFP] Artikel bei Telepolis über das dritte Rettungspaket für Griechenland, Keox, 15.09.2012
- Re: [AG-GOuFP] Artikel bei Telepolis über das dritte Rettungspaket für Griechenland, alex, 15.09.2012
- Re: [AG-GOuFP] Artikel bei Telepolis über das dritte Rettungspaket für Griechenland, Keox, 15.09.2012
- Re: [AG-GOuFP] Artikel bei Telepolis über das dritte Rettungspaket für Griechenland, alex, 15.09.2012
- Re: [AG-GOuFP] Artikel bei Telepolis über das dritte Rettungspaket für Griechenland, Jürgen Niccum, 16.09.2012
- Re: [AG-GOuFP] Artikel bei Telepolis über das dritte Rettungspaket für Griechenland, alex, 16.09.2012
- Re: [AG-GOuFP] Artikel bei Telepolis über das dritte Rettungspaket für Griechenland, Keox, 16.09.2012
- Re: [AG-GOuFP] Artikel bei Telepolis über das dritte Rettungspaket für Griechenland, Patrik Pekrul, 16.09.2012
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- Re: [AG-GOuFP] Artikel bei Telepolis über das dritte Rettungspaket für Griechenland, Jürgen Niccum, 24.09.2012
- Re: [AG-GOuFP] Artikel bei Telepolis über das dritte Rettungspaket für Griechenland, alex, 24.09.2012
- Re: [AG-GOuFP] Artikel bei Telepolis über das dritte Rettungspaket für Griechenland, Keox, 25.09.2012
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- Re: [AG-GOuFP] Artikel bei Telepolis über das dritte Rettungspaket für Griechenland, Keox, 25.09.2012
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