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ag-geldordnung-und-finanzpolitik - Re: [AG-GOuFP] Kredit und Sparen

ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de

Betreff: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik

Listenarchiv

Re: [AG-GOuFP] Kredit und Sparen


Chronologisch Thread 
  • From: alex AT twister11.de
  • To: Nicolai Haehnle <nhaehnle AT gmail.com>
  • Cc: ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de, Alexander Barth <alex.barth AT barth-ic.net>
  • Subject: Re: [AG-GOuFP] Kredit und Sparen
  • Date: Wed, 27 Jun 2012 00:05:31 +0200
  • List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/ag-geldordnung-und-finanzpolitik>
  • List-id: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik <ag-geldordnung-und-finanzpolitik.lists.piratenpartei.de>

Schön beschrieben.

Du hast nur nicht gesagt, dass die Wirtschaftsleistung die der Staat in Anspruch nimmt in dem er jenes Geld ersetzt, welches durch Sparer und Horter zurückgehalten wird auch Kosten entstehen.
Diese Kosten legt er auf die Steuerzahler um.
Das heisst, die 90% zahlen nun gleichmäßig indirekt über Steuern die Kosten, die entstanden sind, weil die 10% sparen und horten.

Sparen und Horten sollte jeder dürfen, aber er soll gefälligst die Kosten dafür auch selber bezahlen :-)

Anders sieht es natürlich in einem System aus, in dem gespartes und gehortetes Geld durch zinsfreies neues Geld via Staat ersetzt werden kann. Aber ob sich sowas sinnvoll machen lässt wage ich zu bezweifeln und hat mit unserem aktuellen Geldsystem nichts zu tun.

Trotz allem, also auch wenn man das fehlende Geld durch zinsfreies ersetzen kann, bauen sich Nachfragepotential auf, die, sollten sie auf einen Schlag abgebaut werden, zu extremen Schwankungen führen können.
Das ist, als ob jemand einen Staudamm baut und damit allen anderen Wasser wegnimmt. Das fehlende Wasser wird von irgendwo anders besorgt um einen Ausgleich zu schaffen und dafür muss bezahlt werden....
...und dann kommt auf einmal der Staudammbauer auf den Idee den Staudamm von Heute auf Morgen einzureissen.

Wer hat dem Staudammbauherren eigentlich erlaubt den Staudamm zu bauen und damit allen das Wasser abzugraben?
Und wieso stört es keinen dass ein Staudammbauherr nach belieben den Staudamm einreissen darf wenn ihm danach ist?


Ich sollte anfangen Luft zu stauen.
Ich atme einfach ein und weniger aus. ich bastel mir ein Gerät, dass die eingeatmete Luft einfach in mein persönliches Lufthortungsreservat pumpt. Wenn dann alle anderen am ersticken sind, dann sage ich einfach... hey, ich atme ein, ihr atmet ein. Ist doch nicht mein Problem wenn ich weniger Luft verbrauche als ihr :-) ...

2012/6/26 Nicolai Haehnle <nhaehnle AT gmail.com>
Hallo,

2012/6/25 Alexander Barth <alex.barth AT barth-ic.net>:
> Ich werde sicher immer beliebter.
>
> Für alle, die sich hier austoben, ohne die Höflichkeit zu besitzen, Ihre
> Theorien vorher auf Kohärenz und Stichhaltigkeit zu prüfen, habe ich meinen
> dritten (und hoffentlich vorerst letzten) Denkanstoß:

In der Regel ist es klüger, solche Kommentare zu unterlassen. Man
braucht leider eine dicke Haut, das ist schon richtig.


> Das System von Kredit und Sparen gibt es schon seit tausenden von Jahren.
> In kleinen Gemeinschaften hat man sich einfach gemerkt, wer was für wen
> gemacht hatte, und regelmäßig wurden die „Kettenschulden“ verrechnet.
>
> Wer immer nur Vorleistungen annahm, ohne dem Dorf was zurückzugeben, wurde
> geächtet und im Extremfall rausgeschmissen.  Das funktioniert in einer
> kleinen Gemeinschaft und diese prosperiert.
>
> Handelt man nun aber mit Fremden, denen man nicht traut, dann wird nur noch
> direkt getauscht.  Das stellt sich als sehr viel ineffizienter heraus, als
> das Kreditsystem, und die größere Einheit (die Nation zum Beispiel) kommt
> nicht voran.

Sehr schön auf den Punkt gebracht!


> Das Geld überträgt das im Kleinen so gut funktionierende System auf die
> große Einheit.  Jeder kann eine Vorleistung bekommen, und gerät unter Druck
> (Zins) seine Gegenleistung zu erbringen, sonst wird er geächtet (Bankrott).
>  Die Banken kümmern sich ums Verrechnen der Vor- und Gegenleistungen.
>
> Wer eine Vorleistung erbringt, macht uns alle reicher und wird dafür belohnt
> (Guthabenzins).  Die Guthabenzinsen verschwinden, wenn wir durch die
> Vorleistung nicht mehr reicher werden.  Das ist schade für den Vorleister
> (Sparer), aber der hätte ja vorher drüber nachdenken können, ob das was er
> da macht überhaupt noch einen Sinn hat.

Auch hier bin ich ganz bei dir.


(...)
> Also:  Geld (Kredit) darf nur entstehen, wenn etwas sinnvolles damit gemacht
> wird.  Sicher kann ein Staat selbst bei der Zentralbank Geld schöpfen, um
> eine Brücke zu bauen.  Das ist ja der Sinn im Kreditsystem (Im Gegensatz zum
> strengen Monetarismus).  Man muss aber wissen, daß es mit Kosten verbunden
> ist, und die drücken sich in Enteignung der Bürger durch Inflation aus, wenn
> man zu viele „Freunde“ im Brückenbaugewerbe hat.

Einerseits. Andererseits könnte man hier mit der gleichen
Argumentation kommen, die du selbst anwendest. Denn wenn die Leute das
Geld einfach bei sich liegen lassen und der Staat dann die
brachliegenden Ressourcen nutzt, um mit neuem Geld Brücken zu bauen,
dann entsteht dadurch keine Inflation.

Inflation entsteht frühestens, wenn die stillgelegten Gelder auf
einmal in großem Maße wieder in Bewegung gesetzt werden. Und da hat
die Gesellschaft, ganz ehrlich, keinerlei moralische Verpflichtung
gegenüber den "Vorleistern".

Lass mich das an einem sehr vereinfachten Zahlenbeispiel erklären.
Angenommen, alle Menschen sind gleich produktiv, und 90% der Menschen
sparen gar nicht, sie verbrauchen also genauso viel wie sie
produzieren, geben genauso viel Geld aus wie sie einnehmen. 10% der
Menschen sparen die Hälfte ihres Einkommens, das sind die
"Vorleister". Sie nehmen also Geld ein, und entziehen die Hälfte
dieses Geldes dem Nachfragekreislauf.

Nehmen wir an, das Ganze läuft jetzt ohne Wirtschaftswachstum und ohne
Inflation super gleichmäßig einige Jahre so ab.

Also: 100% der Menschen erwirtschaften 100% des jährlichen BIP, 90%
erwirtschaften 90% und nehmen 90% in Anspruch, 10% erwirtschaften 10%
und nehmen aber nur 5% in Anspruch. Damit das Ganze aufgeht nimmt der
Staat 5% in Anspruch, indem er neues Geld erzeugt und damit
gesellschaftlich sinnvolle Aufgaben durchführt (ansonsten müsste die
Wirtschaftsleistung jedes Jahr um den von den 10% gesparten Anteil
sinken).

Nach 10 Jahren besitzen die 10% Vermögen, das einem Anspruch auf 50%
des jährlichen BIP entspricht.

Angenommen, sie hören jetzt mit dem Sparen auf. Wenn der Staat dann
auch mit dem Erzeugen von Geld aufhört, dann ist alles gut. Die 10%
nehmen jetzt 10% des BIP in Anspruch und produzieren auch in gleicher
Höhe. Alles ist gut.

Wenn jetzt aber die 10% auf einmal ihr Vermögen in Bewegung setzen, in
einem einzigen Jahr, dann sieht es so aus: 90% tragen 90% zum BIP bei
und verbrauchen auch so viel, aber die 10% tragen 10% zum BIP bei und
verbrauchen aber 60% des BIP. Das heißt, es werden 150% des jährlichen
BIP in einem einzigen Jahr in Anspruch genommen. So viel wird aber
nicht produziert und kann nicht produziert werden. Also kommt es zu
Inflation, aber, und das ist der wichtige Punkt: diese Inflation KANN
NICHT vermieden werden.

In der Praxis geht das alles natürlich nicht so sehr auf einen Schlag.
Wenn die "Vorleister" ihr Verhalten ändern und weniger sparen, dann
passt sich die Wirtschaft durch Wachstum an die höhere Nachfrage an,
und auch der Staat sollte sich anpassen und sein Defizit verringern.
Zu großen Teilen geschieht letzteres durch endogen wachsende
Steuereinnahmen automatisch. Aber in Krisensituationen kann es eben zu
sehr schnellen Änderungen kommen, und dann hat man eben Pech gehabt.

Deshalb mein Fazit:
1) Der Staat sollte sein Defizit an das Verhalten des privaten Sektors
anpassen, um einen hohen Beschäftigungsstand zu erreichen und
gleichzeitig die Inflation stabil zu halten.
2) Solange die Sparer ihr Verhalten nicht zu ruckartig ändern
funktioniert das super, auch wenn der Staat Geld erzeugt.
3) Sparer sollen verdammt noch mal nicht jammern, wenn es doch zu
ruckartigen Änderungen kommt und Inflation deswegen unvermeidbar wird.
Sie haben dann etwas vorgeleistet, was von der Gesellschaft einfach
nicht erwünscht war. Pech gehabt.
4) Angesichts von Punkt (3) müssen die Sozialsysteme so gestaltet
sein, dass auch jemand, der nicht spart, eine menschenwürdige Rente
erhält, im Rahmen dessen, was die Verfügbarkeit von realen Ressourcen
erlaubt.

Schöne Grüße,
Nicolai
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Lerne, wie die Welt wirklich ist,
aber vergiss niemals, wie sie sein sollte.

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