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ag-bauen-verkehr - [Ag-bauen-verkehr] § 49 der Bauordnung NRW wird bezüglich Barrierefreiheit ausgehebelt

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Betreff: Bundes-AG Bauen und Verkehr Diskussionsliste

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[Ag-bauen-verkehr] § 49 der Bauordnung NRW wird bezüglich Barrierefreiheit ausgehebelt


Chronologisch Thread 
  • From: "Ulrich Schlueter" <uschluet AT muenster.de>
  • To: "Piraten-AG Bauen und Verkehr" <ag-bauen-verkehr AT lists.piratenpartei.de>
  • Subject: [Ag-bauen-verkehr] § 49 der Bauordnung NRW wird bezüglich Barrierefreiheit ausgehebelt
  • Date: Tue, 11 Dec 2012 14:11:40 +0100
  • List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/ag-bauen-verkehr>
  • List-id: Bundes-AG-Bauen-und-Verkehr <ag-bauen-verkehr.lists.piratenpartei.de>

Den Gesetztext § 49 BauO NRW findet Ihr hier:
http://www.bundesrecht24.de/cgi-bin/lexsoft/bundesrecht24.cgi?chosenIndex=0708&source=link&highlighting=off&xid=166765,50
Vermutlich gibt es ähnliche Paragraphen in den Bauordnungen anderer Bundesländer.
 
Laut § 49 der Bauordnung NRW gilt: In Gebäuden mit mehr als zwei Wohnungen müssen die Wohnungen eines Geschosses barrierefrei erreichbar sein. In diesen Wohnungen müssen die Wohn- und Schlafräume, eine Toilette, ein Bad und die Küche oder Kochnische mit dem Rollstuhl zugänglich sein.
 
Bei einem Wohngebäude mit beispielsweise 20 Stockwerken bedeutet dass, das nur das Erdgeschoss barrierefrei sein muss. Bei Neubauten mit mehr als 3 Geschossen wird man aber einen Lift einbauen, weil sonst die oberen Geschosse kaum noch zu vermieten oder verkaufen sind. Aber:
 
Wie ich ständig bei Neubauten in Münster beobachte, wird dieser Paragraph dadurch ausgehebelt, dass statt Mehrfamilienhäuser immer noch vermehrt Doppelhäuser und Reihenhäuser gebaut werden. Die Stadt Münster schreibt ständig neue Wohngebiete mit Bebauungsplänen aus, in denen nur wenige Bauplätze für Mehrfamilienhäuser vorgesehen sind und stattdessen Einfamilienhäuser, Doppelhaushälften und Reihenhäuser favorisiert werden. Die Begründung ist, dass es trotz durchschnittlichem 1,8 Personenhaushalt in Münster eine hohe Nachfrage nach separaten Häusern mit Gartenzugang gibt.
 
Doppelhäuser und Reihenhäuser sind von Natur aus nicht barrierefrei, da im Erdgeschoss zu wenig Platz für ein barrierefreies Bad und einen separaten Schlafraum gibt. Der Einbau eines Fahrstuhls ist zu teuer. Junge Familien ziehen ein und könnten später ein pflegebedürftigen Elternteil nicht zuhause unterbringen, da Barrierefreiheit nicht zu akzeptablen Kosten herstellbar ist. Die pflegebedürftigen Eltern müssen dann allein aus baulichen Gründen in ein teures Pflegeheim. Irgendwann sind diese Kosten bei zunehmender Überalterung der Bevölkerung nicht mehr finanzierbar.
 
Der Paragraph 49 gilt nicht für Reihenhausböcke, da jedes Reihenhaus innerhalb des Blocks als separates Gebäude betrachtet wird. Als Folge ist der Hauseingang oft nicht barrierefrei, es gibt nur ein Gäste-WC im Erdgeschoss, und selbst das Erdgeschoss ist für einen Rollstuhlfahrer ungeeignet.
 
Der Paragraph 49 sollte auf Reihenhausblöcke ausgedehnt werden. Außerdem sollte er so verschärft werden, dass nicht nur eine, sondern alle Wohnungen barrierefrei sein müssen.
 
In Münster stellte ich fest, dass das Bauamt die Einhaltung des Paragraphen 49 nicht überwacht. So wurde beispielsweise ein Neubau erstellt und abgenommen, der drei Vollgeschosse, jedoch keinen Aufzug hat, bei dem nur die Erdgeschosswohnungen mit einem Rollstuhl erreichbar sind, wobei ein Rollstuhlfahrer der Erdgeschosswohnung aber aufgrund des fehlenden Aufzugs seinen Kellerraum nicht erreichen kann. Die Ausgänge zu den Terrassen haben Barrieren, die Bäder der Erdgeschosswohnungen sind nicht barrierefrei.
 
Die Bauämter sollten angehalten werden, die Einhaltung des Paragraphen 49 in den Planungsunterlagen des Neubaus und bei dessen Endabnahme strikt zu überwachen.
 
Bebauungspläne sollten so erstellt werden, dass vermehrt Mehrfamilienhäuser gebaut und die Anzahl der nicht wirtschaftlich barrierefrei gestaltbaren Häuser (Einfamilienhäuser, Doppelhaushälften, Reihenhäuser) reduziert werden. Immer mehr ältere Menschen ziehen aufgrund ihrer Behinderung in barrierefreie Wohnungen um und machen Einfamilienhäuser, Doppelhaushälften und Reihenhäuser leer, die dann von jungen Familien bezogen werden können. Somit gibt es wenig Gründe, in Neubaugebieten vorwiegend Bauplätze für Einfamilienhäuser, Doppelhaushälften und Reihenhäuser anzubieten, statt für Mehrfamilienhäuser, die barrierefrei und nach Passivhausstandard gebaut sind, und deren Wohnungsgröße sich an der immer größer werdenden Zahl von Ein- und Zweifamilienhaushalten orientiert.
 
Viele Grüße
Uli
 
Ulrich Schlüter
Biederlackweg 72
48167 Münster
Germany
Tel. +49 (0) 251 4198233
Mobil +49 (0) 1522 1975992
uschluet AT muenster.de
 



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