nrw-ak-innenpolitik AT lists.piratenpartei.de
Betreff: Nrw-ak-innenpolitik mailing list
Listenarchiv
- From: Henry Jensen <hjensen AT gmx.de>
- To: nrw-ak-innenpolitik AT lists.piratenpartei.de
- Subject: Re: [Nrw-ak-innenpolitik] Verfassungsschutz
- Date: Mon, 18 Jun 2012 14:53:24 +0200
- List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/nrw-ak-innenpolitik>
- List-id: <nrw-ak-innenpolitik.lists.piratenpartei.de>
Hallo Dirk,
On Mon, 18 Jun 2012 14:00:08 +0200
Dirk Schatz <piraten AT dirkschatz.de> wrote:
> Wie denkt dieser AK zu diesem Thema? Eine tatsächliche Transparenz, so wie
> wir sie uns in unserem Wahlprogramm vorstellen und wie sie auch im
> Koaltionsvertrag von SPD und Grünen gefordert wird, wird in der Praxis so
> gar nicht möglich sein.
Was verhindert in der Praxis die zeitnahe Information des
Kontrollgremiums durch den VS?
Nun mal zur Grundsatzdiskussion:
Die Lage
========
Der Verfassungsschutz ist aus dem Gedanken heraus entstanden, dass die
Freiheit und die demokratischen Grundrechte gegen ihre Gegner
verteidigt werden müssen. Das ist das Prinzip der wehrhaften
Demokratie. Dieses Prinzip besagt, dass gegen die Feinde der Freiheit
auch Mittel eingesetzt werden können, die von ihrem Wesen her dem
Prinzipien der Freiheit und der Demokratie widersprechen. In Art. 18 GG
ist z. B. festgehalten, dass jemanden, der die Grundrechte missbraucht,
um die freiheitliche demokratische Grundordnung zu bekämpfen, diese
Grundrechte entzogen bekommen kann.
Ein anderes Mittel der wehrhaften Demokratie ist das Parteiverbot,
welches sehr hohe Hürden aufstellt. So muss eine Partei nicht nur eine
verfassungswidrige Haltung an den Tag legen, sondern man muss ihr eine
aggressiv-kämpferische Grundhaltung nachweisen.
Um Bestrebungen zu beobachten, die sich gegen die freiheitliche
demokratische Grundordnung richten, wurde der verfassungsschutz
eingerichtet. Die Aufgaben des Verfassungsschutzes NRW sind nach § 3
Verfassungsschutzgesetz Nordrhein-Westfalen die Sammlung und Auswertung
von Informationen, insbesondere von sach- und personenbezogenen
Auskünften, Nachrichten und Unterlagen über
1. Bestrebungen, die gegen die freiheitliche demokratische
Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines
Landes gerichtet sind oder eine ungesetzliche Beeinträchtigung der
Amtsführung der Verfassungsorgane des Bundes oder eines Landes oder
ihrer Mitglieder zum Ziel haben,
2. sicherheitsgefährdende oder geheimdienstliche Tätigkeiten für eine
fremde Macht,
3. Bestrebungen, die durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete
Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik
Deutschland gefährden,
4. Bestrebungen und Tätigkeiten, die gegen den Gedanken der
Völkerverständigung (Artikel 9 Abs. 2 des Grundgesetzes) oder das
friedliche Zusammenleben der Völker (Artikel 26 des Grundgesetzes)
gerichtet sind
Diskussion
==========
Aus dem Prinzip der wehrhaften Demokratie ergibt sich, dass es kleine
Gleichwertigkeit der Meinungen gibt. Jemand, der die Einführung einer
Diktatur fordert, hat nicht das selbe Recht auf Meinungsäußerung wie
jemand, der Forderungen innerhalb des demokratischen Spektrums erhebt.
Dieses Prinzip der wehrhaften Demokratie ist eines der Lehren aus
Weimar. Die Erfahrung, dass ein demokratisches System wehrlos gegen
seine Feinde ist. Ich bin daher ein Anhänger der wehrhaften Demokratie,
denn "Faschismus ist keine Weltanschauung, sondern ein Verbrechen".
Zweifellos muss es auch Instrumente geben, mit denen sich die
Demokratie gegen ihre Feinde wehren kann. Womit wir zum
Verfassungsschutz kommen.
Der Verfassungsschutz im Bund und in den Ländern leistet mit seinen
jährlichen Berichten durchaus einen guten Beitrag um über
anti-freiheitliche Bestrebungen aufzuklären - überwiegend. Leider kommt
es immer wieder vor, dass der Verfassungsschutz missbraucht wird, um
missliebige politische Strömungen zu diskreditieren bzw. zu beobachten,
meiner persönlichen Meinung nach vor allem beim Thema
"Linksextremismus".
Daher bedarf der VS m. E. einer tiefgreifenden Reform Das Instrument an
sich ist nicht ersatzlos verzichtbar. Aber es muss entweder reformiert
oder durch ein anderes Instrument ersetzt werden.
Vor allem muss der o. g. Missbrauch verhindert werden. Daher sollte
der Verfassungsschutz bzw. das Innenministerium nicht intern
entscheiden dürfen, wen sie beobachten, sondern darüber muss eine
unabhängige Institution entscheiden.
Ganz wichtig und aus aktuellem Anlass: Das Trennungsgebot zwischen
Geheimdienst und Polizei darf nicht aufgehoben oder aufgeweicht werden.
Über die Tätigkeiten muss dem Kontrollgremium ständig und zeitnah
berichtet werden. Ansonsten gilt natürlich das, was im Wahlprogramnm
steht.
Viele Grüße,
Henry
- [Nrw-ak-innenpolitik] Verfassungsschutz, Dirk Schatz, 18.06.2012
- Re: [Nrw-ak-innenpolitik] Verfassungsschutz, Udo Vetter, 18.06.2012
- Re: [Nrw-ak-innenpolitik] Verfassungsschutz, Till Neuhaus, 18.06.2012
- Re: [Nrw-ak-innenpolitik] Verfassungsschutz, Jan Dörrenhaus, 18.06.2012
- Re: [Nrw-ak-innenpolitik] Verfassungsschutz, Henry Jensen, 18.06.2012
- Re: [Nrw-ak-innenpolitik] Verfassungsschutz, Jan Dörrenhaus, 18.06.2012
- Re: [Nrw-ak-innenpolitik] Verfassungsschutz, Henry Jensen, 18.06.2012
- Re: [Nrw-ak-innenpolitik] Verfassungsschutz, Rolf Noch, 18.06.2012
- Re: [Nrw-ak-innenpolitik] Verfassungsschutz, Dirk Schatz, 18.06.2012
- Re: [Nrw-ak-innenpolitik] Verfassungsschutz, Radbert Grimmig, 18.06.2012
- Re: [Nrw-ak-innenpolitik] Verfassungsschutz, Dirk Schatz, 18.06.2012
- Re: [Nrw-ak-innenpolitik] Verfassungsschutz, Rolf Noch, 18.06.2012
- Re: [Nrw-ak-innenpolitik] Verfassungsschutz, Radbert Grimmig, 18.06.2012
- Re: [Nrw-ak-innenpolitik] Verfassungsschutz, Dirk Schatz, 18.06.2012
- Re: [Nrw-ak-innenpolitik] Verfassungsschutz, Rolf Noch, 18.06.2012
- Re: [Nrw-ak-innenpolitik] Verfassungsschutz, Henry Jensen, 18.06.2012
- Re: [Nrw-ak-innenpolitik] Verfassungsschutz, Jan Dörrenhaus, 18.06.2012
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