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bergisches-land - Re: [Bergisches Land] GEZ

bergisches-land@lists.piratenpartei.de

Betreff: Regionalgruppe Bergisches Land (Nordrhein-Westfalen)

Listenarchiv

Re: [Bergisches Land] GEZ


Chronologisch Thread 
  • From: "Holger Hennig" <hollarius@gmx.de>
  • To: arnimvherff@wuplug.org, "Regionalgruppe Bergisches Land \(Nordrhein-Westfalen\)" <bergisches-land@lists.piratenpartei.de>
  • Subject: Re: [Bergisches Land] GEZ
  • Date: Sat, 10 Dec 2011 13:47:02 +0100
  • List-archive: <https://service.piratenpartei.de/private/bergisches-land>
  • List-id: "Regionalgruppe Bergisches Land \(Nordrhein-Westfalen\)" <bergisches-land.lists.piratenpartei.de>

tl;dr ^^

-------- Original-Nachricht --------
> Datum: Sat, 10 Dec 2011 13:42:23 +0100
> Von: "Arnim v. Herff" <arnimvherff@wuplug.org>
> An: "Regionalgruppe Bergisches Land \\(Nordrhein-Westfalen\\)"
> <bergisches-land@lists.piratenpartei.de>
> Betreff: Re: [Bergisches Land] GEZ

> Ahoi.
>
> Danke Holger, daß Du dir die Zeit für eine fundierte Antwort abgezwackt
> hast.
> Dort sind ein paar gute Ansätze enthalten, mit deren Hilfe wir zu einem
> gemeinsamen Standpunkt kommen sollten. Nur geht es gedanklich ein wenig
> durcheinander (so wie bei meiner mail von heute Nacht...). Auch Paranoia
> hat
> einen wichtigen Punkt eingebracht, über den ich mich (wir uns?) noch mal
> schlauer machen müssen: Finanzierung und Rechtsrahmen für die BBC.
>
> Bei der GEZ-Problematik geht es um zwei Themenkomplexe, die - wie alles in
> der
> Welt - zwar eng verknüpft sind, aber dennoch ihre jeweils spezifische
> Herangehensweise benötigen. Da ist zum einen die Frage welche
> Medien(häuser)
> wollen wir und zum anderen die Frage nach deren Finanzierung.
>
> Beim ersten Punkt scheint es derzeit einfach zu sein einen Konsens zu
> finden.
> Wir wollen (lese ich zumindest aus Euren mails, wenn nicht, dann setzt
> einfach "ich möchte" ein) einen Rundfunk, der unabhängig von staatlicher
> Exekutive, Parteien und Kapitalinteressen ist. (Mit anderen Worten, das
> bestehende System muß gewaltig umgebaut werden...) Das schließt nicht
> aus,
> daß es weiterhin Bertelsmänner, Partei- und Regierungsfunk geben kann.
> Aber
> der von der Allgemeinheit bezahlte Rundfunk hat wirklich unabhängig zu
> sein.
>
> Womit wir zum Knackpunkt - der Finanzierung - kommen. Die Systematik
> unseres
> Rechtssystems kennt zwei Arten von Abgaben: Steuern und Gebühren. Steuern
> werden auf bestimmte Tatbestände (Einkommen, Saufen, Huren und viele
> mehr)
> erhoben, um die staatlichen Ausgaben zu decken. Steuern sind per
> definitionem
> nicht zweckgebunden (insofern ist die teilweise Zweckbindung der
> KFZ-Steuern
> ein lobbyinduzierter Verstoß gegen die Systematik), sonst wären es
> Gebühren.
> Steuern bieten (im Prinzip) keine Optionen des "Mitmachens" (außer -
> aufgepasst - auch hier des opt-out in Form der Vermeidung von
> steuerpflichtigen Tatbeständen). Auf welche Tatbestände Steuern fällig
> werden, ist eine (im Prinzip) freie Entscheidung des Gesetzgebers und
> praktisch das Ergebnis des politischen Prozesses. Gebühren wiederum sind
> zweckgebunden, dürfen aber nur in der Höhe erhoben werden, wie Kosten
> entstanden sind. Gebühren haben die Eigenschaft des opt-in (kein
> Wasseranschluß, ergo keine Wassergebühren*).
>
> Steuern auf Rundfunk? Geht nicht, weil in die Budgethoheit des
> zuständigen
> Parlaments nicht eingegriffen werden darf und dieses die Gelder im
> nächsten
> Jahr z.B. für den Hochschulausbau verwenden könnte. Abgesehen davon,
> würden "Rundfunktsteuern" dem Ziel der Staatsferne - nun ja - eher nicht
> dienlich sein.
>
> Bleiben also Gebühren. Die dürfen aber nur dem Nutzer auferlegt werden.
> Die
> bisherige Praxis der nutzungsunabhängigen Erhebung der Rundfunkgebühren
> hat
> ihre Begründung in den technischen Gegebenheiten. Wenn man ein Radio oder
> TV
> besitzt, dann könnte man Dummfunk empfangen, ohne daß es
> der 'Leistungs'erbringer kontrollieren und folglich auch keine Rechnung
> erstellen kann. Also hat man lebenspraktisch entschieden, die
> Gebührenpflicht
> am Besitz eines "empfangsbereiten Rundfunkempfängers" festzumachen (ich
> gestehe gerne zu, daß man die Eigenschaft der Empfangsbereitschaft
> streichen
> könnte, um die Verwaltung zu vereinfachen UND der Schnüffelei der GEZ
> ein
> Ende zu bereiten). Mit den neuen Verbreitungswegen über Kabel und
> Internet
> entfällt die Notwendigkeit, das Prinzip der Nutzungsabhängigkeit von
> Gebühren
> massiv zu verletzen und den Bürger "verdachtsunabhängig" abzukassieren.
> Griesu, Dir als Ingenieur und iPad-Nutzer muß ich ja nicht erklären, wie
> Gebührenmodelle für Rundfunk in IT-Umgebungen _gerecht_ gestaltet werden
> könnten.
> Meines Erachtens ist es ganz einfach: Wer ein (unidirektionales)
> Empfangsgerät
> besitzt, ist (aus technischen Gründen) weiterhin in der Pflicht Gebühren
> zu
> entrichten. Erfolgt der Zugang zu den Inhalten der öffentlich-rechtlichen
> Volksverdummung über bidirektionale Kanäle, so ist eine
> nutzungsabhängige
> Gebührenerhebung gar kein Problem. Bei letzerem steht es den Anstalten ja
> auch frei, Tarife nach dem flatrate-Modell anzubieten. (Für den politisch
> wachen Bürger - also z.b. dem Piraten - hätte das dann noch den Vorteil,
> daß
> er nicht für 1000 Sendungen Mutantenstadl, 500 mal Anne Will und so
> weiter
> zahlen müsste, um dann innerhalb von 5 Jahren einmal eine einzige, gut
> recherchierte Reportage sehen zu können. Bei der Reportage könnte er
> dann ja
> per 'flatr-button' noch eine freiwillige Prämie/Spende auf die ohnehin
> fälligen, beitragsabhängigen Gebühren drauf legen.)
>
> Ich besitze seit über 25 Jahren keinen Fernseher mehr und das Radio habe
> ich
> in der ersten Hälfte der neunziger Jahre für mich auch ausgeschalten
> (ein
> Gerät besitze ich auch schon lange nicht mehr). Es geht mir hier in der
> Debatte nicht nur um mein persönliches Empfinden, daß diese
> Dauerberieselung
> hirnzerfetzend und darum zu vermeiden ist. (Zum "Konsum" von 'Information'
> aus push-Medien sage ich als ausgiebiger Nutzer von pull-Quellen mal gar
> nichts...)
> Viel wichtiger ist der Umstand, daß ich nach vielem Studieren, langer
> Beobachtung und eigener Erfahrung zu der Meinung gekommen bin, daß der
> real-existierende, öffentlich-rechtliche Rundfunk für unser Gemeinwesen
> und
> seine Verfasstheit eine große Gefahr darstellt (über den
> privatwirtschaftlichen Verdummungsfunk brauchen wir hier gar nicht zu
> streiten). Der Schaden, der in unserer Demokratie durch die Anstalten
> angerichtet wird (vgl. z.B. Wahlergebnisse), ist um ein vielfaches
> größer,
> als der Nutzen von den wenigen, handwerklich sauber gemachten,
> journalistischen Leistungen. Ich bin einfach nicht bereit und willens
> diese
> Demontage der Demokratie finanziell zu unterstützen (auch nicht fiktiv,
> da
> bei mir Befreiungsgründe greifen und auch weiterhin greifen würden).
> Diese,
> meine Meinung genießt den Grundrechtsschutz - zumindest in der Theorie.
> Die
> Zwangsabgabe auf Volksverdummung kann das nicht für sich in Anspruch
> nehmen -
> ohne Verfassungsänderung auch zukünftig nicht.
>
> (Aus dieser Grundhaltung heraus kann man dann auch problemlos meine
> Haltung zu
> einer ÖPNV-Zwangsabgabe ableiten, obwohl diese meinem geliebten
> Schienenverkehr sicherlich einen gewaltigen Schub verpassen würde. Und
> eines
> ist ganz anders beim ÖPNV: Die Form der genutzten und finanzierten
> Mobilität
> hat keinen direkt-manipulativen Einfluß auf demokratische und politische
> Prozesse...)
>
> Piraten, denkt bitte noch mal darüber nach, was persönliche Freiheit
> auch in
> praktischen Lebenszusammenhängen bedeutet.
>
> Entschuldigt bitte das lange "Wort zum Sonntag".
> Gruß Arnim
>
>
> *In ländlichen Gebieten ist es gar nicht selten, daß man noch "eine
> Grube" auf
> dem Grundstück hat, statt an die Kanalisation angeschloßen zu sein,
> Kanalgebühren werden also nicht fällig. Und ja, die Bau- und
> Klärwerksmafia
> hat es geschafft das systemfremde Instrument des Anschlußzwangs zu
> etablieren, um monetäre Zwangsabhängigkeiten zu schaffen, was eine
> andere
> Form der Erlaubnis des Gelddruckens für die Gebühreneinnehmer ist.
>
> Sent from my old, used, refurbished desktop computer
>
>
> --
> Bergisches-Land mailing list
> Bergisches-Land@lists.piratenpartei.de
> https://service.piratenpartei.de/listinfo/bergisches-land




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