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ag-waffenrecht - Re: [Ag-waffenrecht] Waffen zu Hause, Munition im Schützenhaus

ag-waffenrecht AT lists.piratenpartei.de

Betreff: Mailingliste der AG Waffenrecht

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Re: [Ag-waffenrecht] Waffen zu Hause, Munition im Schützenhaus


Chronologisch Thread 
  • From: "I.Enys Untra" <Untra AT news.piratenpartei.de>
  • To: ag-waffenrecht AT lists.piratenpartei.de
  • Subject: Re: [Ag-waffenrecht] Waffen zu Hause, Munition im Schützenhaus
  • Date: Sun, 27 May 2012 03:00:37 +0000
  • List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/ag-waffenrecht>
  • List-id: Mailingliste der AG Waffenrecht <ag-waffenrecht.lists.piratenpartei.de>
  • Organization: Newsserver der Piratenpartei Deutschland - Infos siehe: http://wiki.piratenpartei.de/Syncom/Newsserver


Jan Schejbal schrieb:
TheBug schrieb:
Wie verhinderst Du, dass ein Schütze sich doch ein paar Schuss in die Tasche steckt?

Nicht zuverlässig - genausowenig wie man verhindern kann, dass ein Schütze sich neben seiner legalen Waffe auf dem Schwarzmarkt noch eine illegale nebst Munition kauft (oder nur die Munition für seine legale Waffe illegal besorgt). Wenn man Maßnahmen treffen könnte, die es unwahrscheinlicher machen, dass größere Munitionsmengen abhanden kommen, sollte man das natürlich tun.

Mit der Regelung ließen sich zwei Szenarien zwar nicht verhindern, aber deutlich unwahrscheinlicher machen:

a) Unvorbereitete Affekttaten: ein sich sonst ordnungsgemäß verhaltender Schütze ist zu Hause und rastet aus irgeneinem Anlass aus. Er schnappt sich eine Waffe und erschießt irgendwen oder sich selbst. Nein, die Mehrheit der Schützen wird das nicht tun. Aber einige schon. Trotz Zuverlässigkeitsprüfung und allem.

Die aktuelle Ausbildung für Jäger und Sportschützen erzeugt dermaßen viel Betroffenheit, daß da immer ein "Schalter" umgelegt wird. Es gibt dermaßen viele Konsequenzen, die jedem Jäger/Sportschützen klar sind (für Waffensammler etc. kann ich nichts sagen, weil ich keiner bin und auch keinen wirklich gut kenne, deren Ausbildung wird aber noch viel besser sein).

Von der Seite aus, Affekthandlungen sind m.E. /überall/ selten - vielleicht(!) bekommt einer "im Affekt" eine "auf die zwölf" (aber auch das ist selten, "geschlägert" wird sich in den meisten Kreisen nicht), aber Amokfahrten, Messerangriffe im Affekt (obwohl jeder Haushalt mehrere Fleischmesser hat) etc. gibt es so gut wie nicht.

Daneben sind /geplante/ Taten, wie die von Lörrach oder sogar Utöya, kaum zu verhindern; in Lörrach war die .22er-Pistole eine "Nebendarstellerin", die Frau hat - wie auch die GdP im Interview betont hat - mit Kissen erstickt, erstochen, mit Brandbeschleunigern gezündelt, hätte sie die Waffe nicht gehabt, dann hätte sie ihr Auto, Brandflaschen oder wieder Messer verwendet.

Der Massenmord von Oslo und Utöya war der schlimmste Massenmord mit einer Schußwaffe überhaupt (trauriger "Rekordhalter" vorher war ein südkoreanischer Polizeibeamter, der mit einem Dienstgewehr (.30M1 Carbine) von Haus zu Haus durch mehrere Dörfer gezogen ist); aber Breivik hat mit "ANFO/ANNM-Bomben" in Oslo gesprengt (Ammonium Nitrate Fuel Oil - Ammoniumnitrat-Heizöl und Ammonium Nitrate Nitromethane - AN mit Modellflugbenzin), deren Komponenten Du im Landwirtschaftshandel (BayWa oder Raiffeisen), im Baumarkt, an der Tankstelle bzw. im Modellbau bekommst - hätte er keine Waffe gehabt und nur mit ANFO/ANNM seine Anschläge verübt, dann wären die Opferzahlen in der Kategorie von Bologna 1980 http://www.dradio.de/dlf/sendungen/hintergrundpolitik/402451/ oder Oklahoma 1995 http://www.oklahomacitynationalmemorial.org/.

Der Anschlag auf den Koniginnedag in Appeldoorn 2009 sowie - glücklicherweise verhinderte - Amokläufe mit Axt/Messer und Brandflaschen in Kempten und St. Augustin machen dabei deutlich: er Schaden anrichten will, tut das. Als Sani habe ich eine große Angst, daß ein Anschlag mit Brandflaschen irgendwann "durchkommt" - das Attentat von Volkhoven http://www.spiegel.de/schulspiegel/0,1518,303519,00.html 1964 (bei Köln) verlief da noch relativ "glimpflich", falls man in so einer Situation davon reden kann. Paniktüren etc. nutzen dabei gerade mal Null, weil sie aus Holz sind und auch nichts nützen, wenn das Schulgebäude in Brand gesteckt wird.

Schau Dich im Haushalt um, wo Du überall ein orangenes "Feuergefährlich" oder "Ätzend"-Warnschild siehst. Derartige Mittel sind in der Industriegesellschaft einfach allgegenwärtig. :-(

b) Missbrauch durch Unbefugte inkl. Familienmitglieder: der Sohn des Schützen, der in der Schule immer fertiggemacht wird, stiehlt den Schlüssel zum Waffenschrank/schaut dem Vater über die Schulter, während er das Zahlenschloss betätigt, bedient sich und läuft am nächsten Tag Amok. (Wir gehen mal davon aus, dass der sich ordnungsgemäß verhaltende Vater aufpasst, dass der Sohn im Verein keine Munition mitgehen lässt).

Dazu gibt es wesentlich bessere Vorschläge, z.B. eine dauerscharfe Alarmanlage im Raum mit dem Waffenschrank.

Aber es bringt nichts - einen Mausklick entfernt bekommst Du "Kochbücher" für ANFO, ANNM und Brandflaschen (2/3 Heizöl, 1/3 Benzin, 4/68 in Westberlin... diese Mischung ist wirkungsvoll, denn diese Mischung brennt ganz toll!)

Wer einen "erweiterten Selbstmord" begeht, der will sterben und dabei möglichst viel Schaden anrichten. Tranchiermesser und Äxte, Glasflaschen und Kraftstoff kannst Du alles nicht von solchen Leuten fernhalten. Und in Köln-Volkhoven hatte sich der Attentäter neben einem Flammenwerfer auch eine Lanze gebaut. (Wie einfach Du an den Schlüssel vom Kleinwagen kommst, und wieviele Jugendliche schon mittelprächtig wissen, wie sie damit umgehen, lassen wir außen vor.)

Geplante Taten könnte man so nur (je nach Täter mehr oder weniger stark) erschweren, ungeplante aber in vielen Fällen verhindern.

Wenn man die Statistik nicht unzulässigerweise auf "school shootings" reduziert, sondern /alle/ Amokversuche untersucht, kommt einem besonders für 2009/2010 einfach das kalte Grausen.

Ich bezweifle, daß eine einzige Tat der letzten Jahre "ungeplant" war, daher bringt es m.E. nichts, hier etwas erschweren zu wollen.

Jemand anders hat es dabei schon gesagt: Jeder bekommt Patronenhülsen und Geschosse (sowie die Wiederladegeräte). Mit 18 Jahren bekommst Du Zündhütchen. Damit lade ich in 60min. bis zu 100 Schuß (Kurzwaffen-Wettkampfschützen machen das, weil sie die exakt richtige Ladung ("Laborierung") für ihre Sportwaffe kennen und automatische Ladegeräte für Kurzwaffenmunition recht günstig sind). Damit ist die neue Regelung, die den Besitz von Munition unter Strafe stellt, eigentlich völlig praxisfern (und hat auch nur Justiz-Zoten produziert, daß z.B. Leute, die Fundmunition bei der Polizei abgegeben haben, wegen "illegalem Transport" ein Strafverfahren bekamen - wir lernen daraus: Findest Du Waffen oder Munition, laß' sie genau dort, wo sie sind, und erzähl niemandem davon. /Suuuper/-Maßnahme gegen illegale Waffen in Deutschland (die durch Westwall und Zweiten Weltkrieg immer noch in Hülle und Fülle auf dem Acker liegen).

Ich versuch Lösungen zu suchen, die sinnvoll sind, die Sicherheit erhöhen, besorgte Bürger dadurch beruhigen, und Sportschützen möglichst wenig behindern. Ein Vorschlag, bei dem das Waffengesetz an 1-2 Stellen verschärft wird, die etwas bringen, aber nicht wehtun, aber dafür an 1-2 Stellen entschärft wird, die nix bringen, aber für die Sportschützen extrem lästig sind, wäre für alle ein Gewinn.

Willkommen in der AG Waffenrecht - Du paßt /genau/ zu unseren Zielen! :-D

Melde Dich doch auf dem Piratenpad der AG an, durch den Shitstorm, den Tarzun mal wieder vom Zaun gebrochen hat (kennen wir ja), sind die Arbeitspads erstmal Private.

Denke, auf https://waffr.piratenpad.de/7 wirst Du einige Anregungen finden.

P.S.: Ja, wirksame Maßnahmen gegen Mobbing an Schulen wären ein wesentlich besserer Schutz gegen Amokläufe.

Es ist nicht nur "besser", sondern das aller-einzige, was funktioniert - und was breit in die Öffentlichkeit getragen werden muß. Nach Erfurt hat Althaus Schulsozialarbeiter eingestellt, deren Verträge nach sechs Monaten (nachdem sich das Medieninteresse gelegt hat) nicht mehr verlängert wurden; ich weiß von einem bestätigten Selbstmord eines Schülers einige Monate nach Erfurt (und glaube mich an insgesamt zwei erinnern zu können - Selbstmorde im Zusammenhang mit Katastrophen und Gewalttaten werden leider totgeschwiegen und die Statistik "kreativ gestellt", nach Eschede haben zum Beispiel mindestens elf Einsatzkräfte Selbstmord begangen. Da sie vorher aus der Feuerwehr ausgetreten sind, tauchen sie aber nicht in der Statistik auf.)

Die Opferinitiative in Erfurt war - im Gegensatz zum Aktionsbündnis Winnenden, das kontraproduktiv für eine sachliche Diskussion von Amokläufen ist bis hin zum Boykott einer Gedenktafel - sehr gut, weil sie besonders die (medial kaum beachteten) Änderungen im thüringer Schulgesetz durchsetzte, so daß Schüler wie Steinhäuser jetzt nicht nach 12 Jahren Schule ohne Abschluß dastehen, sondern alle "niedrigeren" Abschlüsse wie in jedem anderen Bundesland zuerkannt bekommen.

Aber das allerwichtigste - und hierzu eine klare Aufforderung an den Rest der AG - ist, daß endlich(!) eine /Präventionsforderung/ erarbeitet wird - die zwar teurer und weniger populistisch ist, aber dafür hoffentlich(!) Gewalt (von Rütli-Schule bis zu Amokläufen) auch wirksam verhindert. Siehe auch http://www.heise.de/tp/artikel/24/24101/1.html

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Dingo




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