Re: [Ag-umwelt] Antrag Schulterschluß - Fracking und Klimaschutz

[Gunnar Kaestle <gunnar.kaestle AT gmx.net>]

Guido Körber schrieb:

> Fracking ist wie Atomkraft: Nett wenn alles gut geht, aber besser nicht
> drüber nachdenken was als Belastung zurück bleibt oder wie ein Unfall
> aussieht.

Nur mal so zu Erdung: Dass in den USA momentan Kohlekraftwerke 
frühzeitig abgeschaltet werden hat nicht nur etwas damit zu tun, dass 
die EPA-Auflagen angestiegen sind, sondern auch weil das Gas momentan 
spottbillig ist. Das wird nicht ewig so weiter gehen, weil die 
Shalegas-Förderkosten momentan über den Marktpreisen liegen, aber das 
billige Gas sorgt erstmal dafür, dass Kohle-Neubauten auf Eis liegen.

Auch die KKW-Neubauten, denen die US-Regierung hinterher rennt, werden 
bis auf eine Handvoll Pilotprojekte in preis-regulierten Märkten (kein 
Absatzrisiko) Blütenträume bleiben. Gas ist einfach zu billig und ist 
momentan die bessere Alternative. Wenn in den kommenden Jahren keine 
Fakten geschaffen werden, dann bleibt es auch dabei - auch in 
Nordamerika wirkt der Merit-Order-Effekt (= Surplus Generation) von Wind 
und Solar und treibt das Erlösniveau von Grundlastkraftwerken nach unten.

> Da es absehbar keine Verknappung von Gas gibt und bis diese wirklich
> droht genug Zeit ist um die Energiewirtschaft umzubauen, gibt es
> keinerlei Veranlassung eine Risikotechnologie wie Fracking zuzulassen.

Mach dich bitte noch mal schlau. Auch das Erdgas könnte bald knapper 
werden und selbst die IEA geht in ihrem Gas-Glut-Szenario (Alles 
Superbest) davon aus, das Gas in den 2030er Jahren peakt. In diesem 
Szenario zählt aber eine verantwortungsvolle Shalegasförderung dazu, 
ansonsten haben wir schon früher mit Einschränkungen zu rechnen.

Exponential growth, energetic Hubbert cycles, and the advancement of 
technology http://gaia.pge.utexas.edu/papers/PatzekManuscriptRevised.pdf
"Figure 15: The Hubbert cycle analysis of natural gas endowment in the 
US. There are two main cycles. The original Hubbert cycle for 
conventional natural gas peaked in 1972. The second comparable cycle, 
resulting mostly from the Gulf of Mexico gas fields and unconventional 
gas fields, had the highest associated drilling activity in 1981 and is 
peaking as of this writing." p.14

http://www.aspo2012.at/wp-content/uploads/2012/06/Zittel_aspo2012.pdf
"Conventional gas production is in steep decline"
Zittel ist zwar kein Freund von Shalegas und die geologischen 
Vorraussetzungen sehen in der EU etwas anders aus, aber ich will nicht 
auf einen Notanker verzichten. Besonders nicht, wenn man im Prinzip das 
Gassystem in die regenerative Post-Wendewelt hinüberretten will.

Ganz ehrlich, wenn uns schon das Öl unter dem Arsch wegstirbt, die Kohle 
wahrscheinlich relativ zügig folgt, dann will ich nicht auch noch eine 
dritte Baustelle mit extra schwierigem Behandlungsgrad auf dem Programm 
stehen haben. Da geht es mir wirklich um so ganz grundlegende Sachen, 
dass eine Energiewende nur dann Spaß macht, wenn alle mit Begeisterung 
an einem Strang ziehen und nicht, dass die mit der dicksten Knarre am 
Ende Recht behalten wollen. Wenn alles drunter und drüber geht "Great 
Depression Extended & Extra Hardcore" - wer glaubt dann noch ehrlich, 
dass irgendwelche CO2 Emissionen eine Rolle spielen und ob lokal 
trinkwassergeeignete Oberflächenwässer versuppt werden? Da geht es 
primär erst mal um die sozial-ökonomische Stabilität und Integrität. 
Demokratie muss man sich leisten können - das meine ich bitterernst. 
Warum ist die Weimarer Republik Anfang der 30er über den Jordan gegangen 
und nicht schon früher?

Gruß,
Gunnar


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