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ag-umwelt - Re: [Ag-umwelt] [Energiepolitik] Abstimmung Positionspapier Peak Oil / Bezüge zu piratigen Kernthemen

ag-umwelt AT lists.piratenpartei.de

Betreff: Ag-umwelt mailing list

Listenarchiv

Re: [Ag-umwelt] [Energiepolitik] Abstimmung Positionspapier Peak Oil / Bezüge zu piratigen Kernthemen


Chronologisch Thread 
  • From: Bernd <bernd.schreiner AT piraten-thueringen.de>
  • To: Mailingliste der AG Energiepolitk <energie_und_infrastruktur AT lists.piratenpartei.de>
  • Cc: Piratenpolitik mit Weitsicht <ag-nachhaltigkeit AT lists.piratenpartei.de>, ag-soziale_marktwirtschaft AT lists.piratenpartei.de, AG Umwelt <ag-umwelt AT lists.piratenpartei.de>
  • Subject: Re: [Ag-umwelt] [Energiepolitik] Abstimmung Positionspapier Peak Oil / Bezüge zu piratigen Kernthemen
  • Date: Fri, 13 Jul 2012 12:33:12 +0200
  • List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/ag-umwelt>
  • List-id: <ag-umwelt.lists.piratenpartei.de>

Wir sehen den zukünftigen Rückgang der globalen Ölförderung als ernsthaftes ökonomisches, ökologisches und sicherheitspolitisches Risiko an (01)(02)(03) und fordern angemessene energiepolitische Maßnahmen hierzu.


weshalb?

und ist dir

Wir wollen eine langfristig sichere und umweltschonende Energie- Infrastruktur. Dies bedeutet eine Umstellung von endlichen Energieträgern auf generative und regenerative Energiequellen. Regenerative Energieträger sollen dabei nach dem Prinzip der Nachhaltigkeit genutzt werden und nicht in Konkurrenz zu anderen Umweltzielen stehen. Außerdem wollen wir eine transparente dezentralisierte Erzeugerstruktur. Nur so kann eine Partizipation jedes Bürgers erreicht und Monopolstellungen verhindert werden.


http://www.piratenpartei.de/politik/lebenswerte-umwelt/energiepolitik/

bekannt?



Am 13.07.2012 um 08:33 schrieb Johannes Nix:

Hallo,

Erster Punkt: Heute ist letzter Tag der Abstimmung zum Positionspapier

https://lqfb.piratenpartei.de/pp/initiative/show/3545.html

denkt dran dass breite Beteiligung unser bester Schutz
ist vor einer Unterwandererung durch Lobbygruppen...

Zweitens: Ich habe mir etwas Gedanken gemacht über Beziehungen
zwischen Peak Oil und den "piratigen Kernthemen". Das Ergebnis
ist ein für das Medium Mailliste eigentlich zu langer Text, dessen
Diskussion aber vielleicht lohnt.

Zusammenhänge, die ich sehe::

- Niemand hat Bock auf einen angekündigten Weltuntergang. Aber: Ein
schnelles und heftiges Eintreten eines Öl-Förderrückgangs würde
tatsächlich die Grundlagen unserer Ökonomie schwer erschüttern, und
diese Gefahr ist leider real. In Gefahr sind damit auch unsere
Möglichkeiten, unsere originären Ziele und Visionen als Piraten zu
verwirklichen. Wenn wir hier griechische Zustände kriegen, werden
Bildung und Bürgerrechte schnell ein Sekundärthema.

- Solche "Negativthemen" in Wahlen anzusprechen gilt als politischer
Selbstmord. In einem von der Autoindustrie abhängigen Land mit
Problemen wie aktuell bei Opel in Bochum müssen wir natürlich mit
kräftigem Gegenwind rechnen.

In Wirklichkeit ist es aber natürlich so, dass mit jedem Tag, den
die Politik danit wartet, den Tiger "Peak Oil" zu reiten, die
vorhandenen Spielräume, die Zukunft positiv zu gestalten kleiner
werden.

- Ich denke ein "Metathema" der Piraten als Mit-Erben der Aufklärung
sind die Folge einer Gesellschaft mit allgemeinen Zugang zum
heutigen Machmittel Nummer Eins - Information.
Nutzung relevanter Information führt zu Auseinandersetzung mit der
Realität. Diese Auseinandersetzung benötigt gelegentlich Mut und
Willen zur Wahrheit.

Wir Piraten haben auch Erfolg, weil wir als Partei Wahrheiten
benennen.

- Alle Freiheit ist nicht denkbar ohne die Fähigkeit, der Realität
angemessen zu handeln. Dazu müssen wir die Realität kennen. Deswegen
ist unser Grundwert Freiheit mit Transparenz verknüft.

Peak Oil berührt massiv unsere Forderung nach Transparenz. Das
fängt damit an, dass ein Großteil der Daten, auf denen Prognosen
über die Ölförderung basieren, gar nicht öffentlich sind!
Tatsächlich sind selbst die Daten über die arabische Ölförderung,
welche die Uppsala Global Energy Systems Group für ihre
Veröffentlichungen nutzt, vorher nicht öffentlich gewesen und ein
Teil steckt nach wie vor in nichtöffentlichen kommerziellen
Datenbasen (*). Für eine Ressource, von deren Beständen buchstäblich
die Energie- und Nahrungsmittelversorgung der Menschheit abhängt,
ist das ein absolutes Unding!

- Theoretisch können Krisen auch ein Gutes haben, dass die Karten
gesellschaftlicher Machtverteilung neu gemischt werden. Nur
funktioniert das nicht, wenn die Öffentlichkeit umgangen wird.

Zahlreiche Veröffentlichungen und Papiere, die auch im
Positionspapier erwähnt werden, zeigen, dass das Thema längst bei
Militärs, Geheimdiensten und Banken angekommen ist. Die demokratische
Öffentlichkeit ist, was eine Vorbereitung angeht, weit im Rückstand.
Die drohenden Folgen und Gefahren bis hin zu weltweiter
Nahrungsmittelknappheit sind in den Wirkungen nicht harmloser als
diktatorische Gewaltanwendung.


(*) Beschrieben in "Peeking at Peak Oil" von Kjell Aleklett und
Uppsala Global Energy Systems Group, Springer New York 2012,
Kapitel 1.


- Was ich glaube ist, dass wir für die Gestaltung einer Zukunft das
Prinzip der Solidarität wiederbeleben müssen. Anders gibt es einfach
zu viele Verlierer, die nicht anders können werden, als sich
Veränderungen entgegen zu stemmen. Dabei denke ich zum Beispiel an
all die Arbeitnehmer in der Autoindustrie.

Übrigens ist es meiner Meinung nach Solidarität, die den extrem
raschen gesellschaftlichen Wandel in den 60er und 70er Jahren
ermöglicht hat. Dass Solidarität notwendig zu Stagnation führt, ist
ein höchst überprüfungswürdiger neoliberaler Glaubenssatz. Kein Kind
entwickelt sich frei ohne Geborgenheit, Rückhalt und Vertrauen. Was
zu Stagnation führt, sind Angst und Festhalten am Alten.

Für die Zukunft brauchen wir keinen bevormundenden Sozialstaat, der
in Bismarck'scher Tradition eine kollektive Vaterrolle einnimmt,
sondern Solidarität unter Gleichen. Dies findet einen Ausdruck im
Konzept des BGE.


- Peak Oil ist mehrfach verknüpft mit der Zielsetzung nach einem
wirklich nachhaltigem Wachstum. Einerseits können sich kurzfristige
Notmaßnahmen sehr destruktiv auf die Umwelt auswirken. Neben dem
Fracking gehört auch die Ausbeutung der kanadischen Ölsande und die
Coal-To-Liquid Verfahren dazu, die eine desaströse Schadstoff- und
CO2 Bilanz haben. Kohleverflüssigung (Coal-to-Liquid) wendet fast
eine Tonne Kohle pro erzeugtem Barrel Erdöl auf. Wenn die Menschheit
diesen Weg geht, war's das mit dem Weltklima. Wir dürfen nicht die
Zukunft der Gegenwart opfern.

Darüber hinaus kommen wir aber mit knapperer und immer
kostspieliger produzierter Energie zunehmend an einen Punkt, an dem
die bisherige Wachstumsphilosophie anscheinend nicht mehr
funktioniert - es gibt keinen Kuchen mehr, der immer größer wird.
Der Kuchen wird in Zukunft kleiner werden und wir werden nur dann
einen fundamentalen gesellschaftlichen Zusammenhalt bewahren können,
wenn wir ihn gerechter verteilen.

Und: Da energetisch weit weniger Ressourcen zur Verfügung stehen
werden, werden wir darüber nachdenken müssen was wichtig ist und wo
unsere kollektiven Prioritäten liegen. Fernreisen und Golfplätze
oder Intensivmedizin und bessere Bildung?

Würde diese Diskussion geführt, könnten wir zu einem ganz anderem
und gesünderen Verständnis von Wohlstand kommen. Das hat auch zu
tun mit Freiheit.


- Ein Vorschlag, der sich in der Diskussion herauskristallisierte, ist
die Einführung einer Energiesteuer. Diese würde den Faktor Energie
verteuern und den Faktor Arbeit entlasten - platt gesagt: Sie würde
"Arbeitsplätze schaffen", wenn alles andere gleich bliebe. Preise
für Güter würden weniger die in Gütern enthaltene Arbeit oder den
aufgewandten Kredit repräsentieren, sondern fossile Energie. Alles
was Energieverbrauch intelligent durch Arbeit ersetzt, würde das
verfügbare Einkommen des Einzelnen steigern - ohne dass die
Allgemeinheit dabei draufzahlt.

- Die Einnahmen aus einer Energiesteuer könnten ein BGE finanzieren.
Damit würde das BGE ein Mittel zur gleicheren Teilhabe an
energetischen Ressourcen.

- Energieexperten sind sich weitgehend einig, dass es mit dem
Verschwinden des billigen Erdöls kein Wachstum im herkömmlichen
Sinn mehr geben wird.

Ich wünschte ich würde mich irren, aber nach meinem sehr
limitierten Kenntnisstand hierzu hieße das, dass eine Rückzahlung
all der im Zuge der Finanzkrise gepumpten Gelder gar nicht möglich
ist. Einer der Zusammenhänge zwischen Ökonomie und Erdöl ist somit,
dass das Vertrauen in Kredite und damit auch jeglicher Wert unseres
Kreditgeldes auf einer Einplanung stets ausweitbarer
Nutzung natürlicher Ressourcen beinhaltet.

Sollen Leute, die davon Ahnung haben, bitte mehr dazu sagen...

- Außenpolitische Folgen: Unsere massive Abhängigkeit von knapper
werdender importierter Energie ähnelt der eines Junkies von Dealern
und beeinträchtigt enorm unsere Fähigkeit, eigene Interessen oder
Grundrechte anderer in der Außenpolitik zu vertreten.

Wir sind beschämend abhängig von militärischen Großmächten,
Diktaturen und Gewaltherrschern, und die entsprechenden Länder
werden global ein steigendes Gewicht bekommen. Wer freiheitliche und
demokratische Werte in Außenbeziehungen vertreten möchte, kann das
eigentlich nicht hinnehmen.

Abgesehen davon ist Deutschland auch nicht in der Position, sich
Energieressourcen durch geopolitische und militärische Machtausübung
zu sichern. Eine solche Strategie ist nicht nur unethisch, sondern
auch nicht besonders klug. EIN Afghanistan und dessen verheerende
moralische, gesellschaftliche und auch außenpolitische Kosten sollte
reichen, das zu erkennen. Für mich ist definitiv jeder für solche
Ziele traumatisierte oder verletzte Mensch einer zuviel.

...............

Soweit was mir dazu einfällt.

Vielleicht sind einige Einschätzungen auch davon beeinflußt, dass ich
gewissermaßen überfokussiert auf dieses Thema Erdöl bin. Ganz sicher
gibt es noch viele andere wichtige und dringende Fragen. Aber es ist
einfach so, dass Erdöl bisher DER Treibstoff ist für unsere Ökonomie.


Danke für eure Interesse & viele Grüße,

Johannes

--
Energie_und_Infrastruktur mailing list
Energie_und_Infrastruktur AT lists.piratenpartei.de
https://service.piratenpartei.de/listinfo/energie_und_infrastruktur

Grüße,
Bernd[TH]

bernd.schreiner AT piraten-thueringen.de

http://wiki.piratenpartei.de/Kodex









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