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ag-gesundheitswesen - Re: [AG-Gesundheit] Sind wir zu Weicheiern oder zu Opfern geworden?

ag-gesundheitswesen AT lists.piratenpartei.de

Betreff: AG Gesundheit

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Re: [AG-Gesundheit] Sind wir zu Weicheiern oder zu Opfern geworden?


Chronologisch Thread 
  • From: Morgan le Fay <comte_de_tenebres AT arcor.de>
  • To: ag-gesundheitswesen AT lists.piratenpartei.de
  • Subject: Re: [AG-Gesundheit] Sind wir zu Weicheiern oder zu Opfern geworden?
  • Date: Sat, 31 Oct 2015 13:06:04 +0100
  • List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/ag-gesundheitswesen>
  • List-id: AG Gesundheit <ag-gesundheitswesen.lists.piratenpartei.de>

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Am 31.10.2015 um 11:56 schrieb Reinhard Schaffert:
> Lieber Harry,
>
> der Anstieg der psychischen Erkrankungen (hier als Ursache für
> Arbeitsausfälle) hat sicher vielfältige Ursachen, eine davon ist
> möglicherweise auch eine großzügigere Diagnosestellung.

Das "großzügigere" ist ja wohl ein sehr gewagter Euphemismus! Es
klingt so, als täte man dem Patienten auch noch einen Gefallen damit,
ihn zum Psychopathen zu machen (oder machen zu müssen)

> Allerdings finde ich, dafür allein den Morbi-RSA verantwortlich zu
> machen doch ziemlich weit her geholt. Zumal das ein alter Hut ist,
> das Vorgehen der Krankenkassen bei niedergelassenen Ärzten (wo
> zusätzliche Diagnosen im Gegensatz zum Krankenhaus die Kassen kein
> Geld kosten) ist dem Bundesversicherungsamt seit Anbegin bekannt
> und es geht dagegen vor (hier eine PM aus 2009!:
> http://www.bundesversicherungsamt.de/fileadmin/redaktion/Presse/2009/2
009_01_22%20PE_Upcoding.pdf).
>
>
Jeder betroffene Arzt könnte sich also an das BVA wenden.

Okay, es gibt noch eine offizielle Version, die die eklatante Zunahme
an Fehltagen erklären soll....: Die Menschen gingen angeblich
"offener" mit psychischen Problemen um, wenden sich früher an Ärzte
und vestecken ihre "Macke" auch nicht mehr so häufig.
Das mag zutreffen, aber es erklärt die Verdreifachung der Fehltage
eben nicht alleine.
Dabei ging es mir, als ich die Meldung las, als Selbständigem anfangs
erst einmal um den wirtschaftlichen Schaden, den diese Zunahme den
Betrieben und den Kassen verursacht. Dass unter der Oberfläche ein
solcher Sumpf zutage tritt, war für mich nicht gleich erkennbar und
die Fehltage am Arbeitsplatz spielen bei meiner Kritik am System nun
nur noch eine untergeordnete Rolle.

>
> Selbst wenn die Krankenkassen Diagnosen aus dem psychischen
> Bereich forcieren würden, dann hätte dies sicher nicht die
> genannten Ausmaße. Außerdem kann die Krankenkasse daran letztlich
> kein Interesse haben, die Arbeitsausfälle und Behandlungen kosten
> sie ja schließlich auch Geld.

Nicht jeder Patient, dessen Diagnose F-codierte Posten enthält, ist
auch gleich ein Arbeitsausfall. Es scheint aber ein Faktum zu sein,
dass Kassen (auch nach mindestens 6 Jahren der Ahndung) Ärzte unter
Androhung von Repressalien dazu zu nötigen versuchen, entsprechende
Codierungen vorzunehmen. Für die Kassen scheint sich die
Vorgehensweise zu lohnen, auch wenn Kosten durch Krankschreibungen
entstehen sollten.

>
> Und selbstverständlich hat jeder Einsichtsrecht in seine
> Krankenakte. Die wenigen engen Ausnahmen, die es gibt, haben gute
> Gründe und hohe Hürden.
>
Ich bitte Dich, mir diese "guten Gründe" mal zu erläutern! Warum
ausgerechnet bei Psychotherapeuten und Psychiatern die Einsichtnahme
nicht möglich sein soll, erschließt sich mir nicht. Auch sehe ich
keinen Grund, eine Akte, die Daten über mich und meinen Körper
enthält, schwärzen oder auf einen unverfänglichen Umfang kürzen zu
dürfen.


> Und in Deutschland gilt (auch im psychischen Bereich) der ICD als
> Diagnosestandard und nicht der DSM.

Da werde ich mich noch genauer informieren. Offensichtlich sieht man
sich aber veranlasst, den DSM-5 heftig zu kritisieren.


> Also, das Problem ist etwas komplexer. Aber wie ich leider schon
> öfter erfahren musste, ist eine differenzierte Sichtweise nicht
> gefragt. Viel einfacher ist es, alles in einen Topf zu werfen, mit
> etwas Mundpropaganda (genannt "Recherche") zu würzen, gut
> umzurühren und das alles dann dem bösen System vorzuwerfen.

Dann wäre es nett, wenn Du die Komplexität mal erläutern könntest.
Meine Kenntnisse habe ich von Ärzten selbst und den einschlägigen
Medien.

>
> Und noch eins: Ich freue mich immer über Vielfalt. In Bezug auf
> dieses Thema gilt das für die Vielfalt der Leistungserbringer als
> auch für die Vielfalt der Versicherungsmöglichkeiten. Da ist sicher
> noch vieles verbesserungswürdig, aber vor Forderungen nach
> Einheits-irgendwas habe ich einfach angst. Ich bin weder dafür,
> dass alle Ärzte nur auf eine Art und Weise arbeiten können
> (niedergelassen/angestellt z.B.) noch dass es eine Einheitskasse
> gibt. Die Welt ist eben bunt!
>
Das Thema will ich hier nicht vertiefen, denn darum gehts im Moment
auch nicht wirklich. Aber wenn in einer "bunten" Welt eine Farbe so
grell ist, dass sie dem Auge weh tut, dann sollte man sie entfernen
und nicht zu den Leuten sagen: Ihr braucht ja nicht hinzuschauen.
Oder nicht?

Ein wunderschönes WE wünsche ich euch

Harry


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