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ag-gesundheitswesen - Re: [AG-Gesundheit] Die PKV muss abgeschafft werden!

ag-gesundheitswesen AT lists.piratenpartei.de

Betreff: AG Gesundheit

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Re: [AG-Gesundheit] Die PKV muss abgeschafft werden!


Chronologisch Thread 
  • From: syna <syna AT news.piratenpartei.de>
  • To: ag-gesundheitswesen AT lists.piratenpartei.de
  • Subject: Re: [AG-Gesundheit] Die PKV muss abgeschafft werden!
  • Date: Sat, 11 Jun 2011 04:58:25 +0000
  • List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/ag-gesundheitswesen>
  • List-id: AG Gesundheit <ag-gesundheitswesen.lists.piratenpartei.de>
  • Organization: Newsserver der Piratenpartei Deutschland - Infos siehe: http://wiki.piratenpartei.de/Syncom/Newsserver



rwolupo schrieb:
>
> 'syna' schrieb:
>>
>> 'Privacy' schrieb:
>>> Gerade bei schweren und komplizierten Erkrankungen kommen auch GKV
>>> Patienten schnell an die Uni - bei Standarderkrankungen - die
>>> durchaus

>>> auch schwer sein können, sind die PKV Patienten schneller beim
>>> Spezialisten ...
>> Mache den Selbstversuch (siehe oben)!
>>
>> Solange Du nicht ernsthaft erkrankst kann Dir das erstmal egal sein.
>>
>> Sobald Du aber ernsthaft erkrankst, wird Dir der 2-Klassenstaat
>> eindrücklich vor Augen geführt. Dann aber bist Du zu schwach, um
>> Dich

>> dagegen zu stemmen, Du bist dem hilflos ausgeliefert.
>>
>> ------------------------------------------ Im Ernstfall kommt es daher
>> in jedem Lebensalter darauf an, Zugang zu

>> einem Experten (= Spezialisten) zu haben. Um an einen guten Arzt oder
>> eine gute Klinik zu gelangen, muss man "shoppen" gehen. Das kann man
>> aber in der Regel nur als privat Versicherter, weil der Spezialist,
>> wenn

>> man ihn bei der mangelhaften Transparenz des Systems überhaupt
>> findet,

>> sonst kein Interesse zeigt.
>>
>> In den USA wurde schon früh durch wissenschaftliche Studien bewiesen,
>> dass durch Spezialisierungen die Überlebensraten von Patienten
>> erheblich

>> gesteigert werden können. Dieser Zusammenhang zwischen Anzahl der
>> Eingriffe (= Spezialisierung) und Mortalität konnte mittlerweile auch
>> in

>> Deutschland nachgewiesen werden. Bei schwerwiegenden Krankenheiten
>> (also Krebsarten, Herzoperation usw.) ist die Überlebensrate
>> entscheidend davon abhängig, ob ein Spezialist die Operation
>> durchführt

>> oder ein Chirurg vom nächsten Dorfkrankenhaus.
> Nun ... aber das kann doch auch nicht anders sein. Es können nicht
> alle

> zum Superarzt gehen. Wenn du zum Friseur gehst, kannst du auch zum
> Starcoiffeur gehen oder eben zum Friseur um die Ecke. Kosten die auch
> das gleiche? Im übrigen schneidet auch der Friseur um die Ecke die
> Haare

> ganz gut.


Ok, das ist Dein Standpunkt.

Du plädierst damit dafür, dass marktwirtschaftliche Gesetzmäßigkeiten
bei

Finanzierung und Zugang zum Gesundheitssystem gelten. Mit
"marktwirtschaftliche Gesetzmäßigkeiten" beschreibe ich den Umstand,
dass jemand mit hohem Einkommen sich teure Ärzte, im Ernstfall den
richtigen Spezialisten, leisten kann. Denn er kann diesen - via PKV - auf


"dem Markt" auch bezahlen. Und dass jemand mit niedrigem Einkommen
halt zum "Hausarzt um die Ecke" gehen darf - ihm aber im Ernstfall
wichtige Leistungen verwehrt bleiben. So wie die Situation bei uns z.Zt.
ist.

Hinter Deinem Standpunkt steht eine bestimmte Vorstellung davon, wie
die Gesellschaft aussehen soll - und wie das Zusammenleben in unserem
Staat geregelt sein soll.

------------------------------------------------------------------------

Die Marktwirtschaft ist - aufgrund der dezentralen
Entscheidungsstrukturen - ungeheuer erfolgreich: Sie beschert uns eine
unglaubliche Gütermenge, sie befördert sogar Innovation und
Fortschritt.

Für den Einzelnen bedeutet das: Er kann einen Friseur wählen - teuer
oder billig - man sieht danach vielleicht gut oder schlecht oder wie Lady


Gaga aus ... man kann Waschmaschinen oder Autos kaufen, sich
Statussymbole aneignen usw.

Diejenigen, die viel Geld haben, können sich viele und teure Güter
leisten.

Geringverdiener haben weniger Teilhabe am Gütermarkt. Dass das so ist,
finde ich in Ordnung ... in der Marktwirtschaft gibt es nun mal Gewinner
und Verlierer. Unter den Verlierern sind übrigens viele, die Tags zuvor
noch Gewinner waren - es ändert sich schnell. Diese "Änderungen" sind
aber Teil des Spiels.

Im Gesundheitswesen - genauer in der Beziehung {Einzelmensch --
Finanzierung+Leistungsbezug} - sehe ich es anders: Hier geht es - den
Ernstfall vorausgesetzt - um Leben und Tod. Um die Existenz des
einzelnen Menschen. Was ist der einzelne Mensch also wert?

Soll die Behandlung eines ernsthaft erkrankten nach
marktwirtschaftlichen

Prinzipien von seiner "Marktkraft" - also seiner finanziellen Power -
abhängen oder nicht? Ist der Wert eines Menschen mit seiner Brieftasche
gleichzusetzen?

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*Wenn Du diese Fragen mit "Ja" beantwortest* , dann ist Dein Standpunkt
(siehe oben, was rwolupo schreibt!) vollkommen konsistent. Es ist ein
möglicher Standpunkt.

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Genauso wie ein Mensch im Marktgeschehen vom Gewinner zum Verlierer
werden kann, so wird seine Behandlung im Ernstfall ebenfalls plötzlich
nicht mehr durch den adäquaten Spezialisten möglich sein. Natürlich
wird

der Gutbetuchte genügend vorgesorgt haben, so dass ihm Solches
niemals widerfährt.

*Für mich gibt es einen großen Unterschied* zwischen
"Marktwirtschaft auf

dem Gütermarkt" und "Marktwirtschaft bei Gesundheitsleistungen" :

Auf dem *Gütermarkt* kann jeder entscheiden, welche Güter (oder
Dienstleistungen) er anstrebt zu besitzen. Auf dem *Gesundheitsmarkt
*

kann er das nicht: Wenn einer ernsthaft erkrankt, dann braucht er, wenn
er überleben will, die adäquate Behandlung. Hier geht es um die
Existenz -

um Leben und Tod. Deshalb ist ein egalitärer Zugang zu Spezialisten im
Ernstfall ein Menschenrecht, ein Grundrecht, ein hohes Gut, das jedem
einzelnen Menschen zugestanden werden muss.

Die 2-Klassenmedizin verhindert mit ihrer PKV-Struktur genau dieses.

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Dein Beispiel mit dem Friseur ist ok solange es sich um den Gütermarkt
handelt. Es gibt ja viele Friseure, und eine korrekte Frisur ist nicht
gerade

überlebenswichtig.

Im Gesundheitbereich kann ich das nicht gutheißen. Denn dort ist es
überlebenswichtig, dass jeder im Ernstfall "den richtigen Friseur"
findet.

Davon hängt ab, wie lange - und ob überhaupt - man weiterleben kann.

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Durch die PKV-Privilegierung ist normalen Kassenpatienten i.d.R. der
überlebenswichtige Zugang zu Spezialisten verwehrt (siehe mein Beispiel
"Bauchspeicheldrüsenkrebs" oben). Die Spezialisten verschwenden ihr
Talent bei lukrativeren Trivial- und Standardbehandlungen von
KV-Patienten als ernsthaft erkrankte Kassenpatienten zu behandeln.

Mein Standpunkt:

Man darf die Leistungerbringung im Gesundheitswesen nicht rein
marktwirtschaftlich organisieren, weil solches menschen(ent-)wertend und
menschenverachtend ist. Die Leistungserbringung (=Behandlung ernsthaft
Erkrankter) darf nicht von der finanziellen Power der Menschen abhängen.


Die Leistungserbringung gehört zur Menschenwürde dazu.

Den Zugang eines jeden zur adäquaten Behandlung ist ein demokratisches
Grundrecht; es ist sogar Voraussetzung für Demokratie, Voraussetzung
für die Teilhabe aller an gesellschaftlichen Prozessen, an Staat und
Kultur.

Der Zugang eines jeden zur adäquaten Behandlung bedeutet genau die
Abschaffung der PKV und eine Steuer- oder Steuer-Like-Finanzierung des
Gesundheitswesens.

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