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ag-gesundheitswesen - Re: [AG-Gesundheit] Bitte um Hilfe - Konzept für piratisches Gesundheitswesen auf Landesebene in BaWü

ag-gesundheitswesen AT lists.piratenpartei.de

Betreff: AG Gesundheit

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Re: [AG-Gesundheit] Bitte um Hilfe - Konzept für piratisches Gesundheitswesen auf Landesebene in BaWü


Chronologisch Thread 
  • From: Privacy <pirat AT praes.eu>
  • To: AG Gesundheit <ag-gesundheitswesen AT lists.piratenpartei.de>
  • Subject: Re: [AG-Gesundheit] Bitte um Hilfe - Konzept für piratisches Gesundheitswesen auf Landesebene in BaWü
  • Date: Sun, 25 Apr 2010 00:15:36 +0200
  • List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/ag-gesundheitswesen>
  • List-id: AG Gesundheit <ag-gesundheitswesen.lists.piratenpartei.de>

Am 24.04.2010 22:44:20 schrieb Morgan le Fay (evtl. zitierend!):

schrieb Morgan le Fay:
> Am 24.04.2010 21:03, schrieb Privacy:
>> Am 24.04.2010 12:19:45 schrieb Morgan le Fay (evtl. zitierend!):
>>
>> Hallo ...
>>
>> insgesamt denke ich, dass wir uns in vielen Punkten als Piraten zu
>> Fragen des Gesundheitswesens noch zurückhalten sollten - und uns auf
>> piratige Kernaspekte beschränken.
>>
>> Ich benutze mal deine Kommentare:
>>
>> S4: ÖPNV - dieses Problem taucht zwar auch im Gesundheitswesen auf,
>> gehört aber eher zum Thema "Infrastruktur/Verkehr" - das Problem ergibt
>> sich genauso für die Nahrungsbeschaffung. Willst Du Tante Emma
>> zwangsverpflichten, die Nahrung frei Haus zu liefern?
>>
> Das ist unsachlich. Wenn ich auf die Schnelle keine Nudeln besorgen
> kann, ist das doch von etwas anderer Problematik, als wenn ich auf die
> Schnelle keinen Arzt erreichen kann, weil ich mörderischen Durchfall
> oder hohes Fieber habe.
>
>> Zu überlegen ist aber:
>>
>> - ob "fahrende Praxen" zugelassen werden sollten
>>
> Das ist tatsächlich eine Option, an die auch ich schon dachte. Aber
> nicht einmal die Augenoptik darf als fahrendes Gewerbe ausgeübt werden.
>
>
>> - wie ein sinnvoller Ausbau von Telemedizin ("Portalkliniken" auf dem
>> Lande mit Anbindung zu Experten in KH der Maximalverorgung) möglich ist.
>>
>
> In Kliniken okay, aber es ist auch vom Einsatz "im häuslichen Bereich"
> die Rede.
> Diagnosen per Handyfotos halte ich für äußerst problematisch, vor allem
> im Kontext mit dem "nichtärztlichen" Personal, das den Notarzt ersetzen
> soll.
Davon ist an keiner Stelle die Rede - bzgl. der notärztlichen Versorgung
- die je nach Bundesland meist über Rettungsdienstgesetze vom
Innenministerium geregelt wir - gilt weiterhin, dass diese idR innerhalb
von 10 Min. vor Ort sein muss - dies ist Aufageb der Rettungsleitstellen!


>> S8 1+2:
>> Das heisst hier nichts anderes, dass man die Bedarfermittlung im
>> einzelnen nicht staatlich regelt - dann wären wir bei einem
>> verstaatlichten Gesundheitssystem sondern der sog. "Selbstvervawltung"
>> überlässt. Haken daran ist, dass die Kassen eben NICHT die
>> Interessensvertreter der Patienten sind und die KV nicht die
>> Interessensvertretung der Ärzte - und dass sich der Markt also zwischen
>> zwei nontrösen Blöcken abspielt,*auf die die beteilgten Einzelpersonen
>> keinen Einfluss haben.*
>>
> Genau! Und das sollte man dringend ändern, dem Arzt wäre gedient und dem
> Versicherten auch. Das ist doch eine piratige Position, oder?

richtig - aber dies hieße eben die gesamten Strukturen umzukrempeln -
aber ich möchte schon, dass die Verantwortung wieder zu Arzt und Patient
kommt.


>> S9: 1+2
>> Ack ... da halte ich die Ansätze von Herrn Rösler schon für
>> zielführender. Alternativ würde ich die Gemeinden/Kreise mit in das
>> Werben um Ärzte einbeziehen (Nicht durch Studiendarlehen - das würde
>> eine zu große Abhängigkeit bedeuten) - aber durch STellung von
>> Infrastruktur (Praxen, auch für Teilzeit geeignet, Schaffung einer
>> Transportinfrastruktur ...)
>>
>> S 10:
>> Wieder der Versuch dies von oben zu lenken :-((
>>
> Natürlich! Wenn man sich nicht selbst AUFTRAGSGEMÄSS organisieren kann,
> müssen die einschreiten dürfen, die die Vertreter des Volkes sind.

Die aber eben der SV die blödsinnigsten Vorgaben macht - oder sich darum
drückt .... - und dann die heimlich Rationierung durchführt.


>
>> S11:
>> Interessant - finde ich im Prinzip einen guten Ansatz - aber die
>> Kommunen müssten dafür - als die uns "nächststehenden" öffentlichen
>> Gliederungen gestärkt werden.
>>
>> (Morgan - fährst Du als Optiker zu einem nicht gehfähigen Kunden?!).
>>
> Selbstverständlich! Kommt in Privathaushalten selten vor, aber ich
> versorge Insassen von 2 Seniorenheimen durch persönliche Entgegennahme
> und Abgabe von Aufträgen (meist Reparaturen).

Ja - das mache ich auch, ich untersuche die Patienten, führe Gespräche
auch mit Angehörigen und natürlich dem Pflegepersonal bei wöchentlich
ca. 80-100 Patienten (an drei Arbeitstagen). In Seniorenheimen ist das
auch recht gut organisierbar - d.h. dort sehe ich die Problematik
weniger. Theoretisch würde diese Heimbetreuung auch ganz gut "bepunktet"
und vergütet - nur dass man mit diesen hochbepunkteten Einsätzen
hoffnungslos den erlaubten Falldurchschnitt überschreitet :-(( -d.h. in
einer klenen Praxis müsste diese "Luxusversorgung" (bzgl der Punkte)
beim Rest der Patienten "eingespart" werden - oder es kommt zu einem
drastischen Abfall des Punktwertes.

Hausbesuche in Privathaushalten sind fast nicht möglich - mehr als 10-12
Hausbesuche pro Tag wären nicht drin :-(. Ich würde meine kostbare Zeit
zu 75% auf Achse und mit Parkplatzsuche verbringen ... (denn außer in
akuten Notfällen dürfen wir nicht "irgendwo" parken).

Auch volkswirtschaftlich ist es dann sinnvoller, transportfähige Pat.
zum Arzt zu bringen als umgekehrt.


>> S12:
>> Ich habe neulich schon 2 Beispiele genannt, wo "Ferndiagnosen" sinnvoll
>> sind: In der Bildgebung (Unfall, CT/MRT im Kreiskranknhaus verfügbar -
>> aber eben kein Neuroradiologe), in der Pathologie - Aufbereitung des
>> Biopsiematerials durch MTA - und Beurteilung durch den (ggf. noch weiter
>> spezialisierten) Pathologen bei Schnellschnittuntersuchungen.
>>
>> Haftungsmodelle hierfür sind - wie auch in der übrigen arbeitsteiligen
>> Medizin (zum Beispiel Interdisziplinäre Intensivstationen) längts
>> tägliche Praxis.
>>
>> Allerdings der klinische Blick vor Ort muss gewährleistet sein - d.h.
>> der Hausarzt - aber auch Nervenarzt ... muss _persönlichen_ Kontakt zum
>> Patienten pflegen (vor allem zum chronisch Kranken). Keine Beschreibung
>> der Welt ersetzt die komplexe Wahrnehmung, die es ermöglicht
>> Veränderungen des Patienten rechtzeitig zu bemerken (*da helfen auch
>> keine Messwerte - eher noch das unbestimmte Gefühl der
>> Pflegenden/Anghörigen, dass etwas "nicht stimmt")*
>>
> Eben! Die Wertung unbestimmter Äußerungen von Probanten und ggf.
> tiefergreifende Tests bei Refraktionen gehört bei uns Optikern sogar zum
> Ausbildungsumfang.
> Um wieviel mehr muss es beim Arzt darum gehen, einen persönlichen
> Eindruck vom konkreten Fall und Patienten zu erhalten.

Die Wertung solcher unbestimmter Äußerungen ist wichtig - aber dazu
gehört auch eine Kenntnis der "Übermittler" - ich kenne die Teams in den
Pflegeheimen - und kann einschätzen, wer zu einer absichernden oder auf
Unsicherheit beruhenden "Panikmache" neigt und wer die Pat. sicher
einschätzen kann.

> Schwitzt der Patient, weil er Schiss davor hat, eine Spritze zu bekommen
> oder hat er hohes Fieber? Oder beides?

Dies lässt sich aber mit einer ausgebildeten Pflegekraft vor Ort in
aller Regel klären.


>> S 13:
>> Nein - die Banken sind private Institutionen - die sich nach der Rendite
>> und Ausfallsicherheit der Kredite orientieren - und das darf auch nicht
>> anders sein.
>>
> Gemeint waren öffentliche Gelder, analog zu Existenzgründungskrediten,
> die eben in ausgewiesenen Landstrichen _besonders_ günstig angeboten
> werden. Die Zinsen zahlt der Steuerzahler.
>> Das Interesse liegt bei den Kommunen - also muss man diese in die LAge
>> versetzen, Bewerber anzulocken. Das völlig eigenwirtschaftliche Risiko
>> einer Praxisgründung wagen viele Ärzte nicht - besonders Frauen - weil
>> auch sie nicht auf "Lebenszeit" planen, sondern sich auf Veränderungen
>> einstellen müssen. Eine duale Praxisfinanzierung wäre sicher
>> überlegenswert.
>>
> Du hast es vielleicht überlesen, weil es nicht markiert war, aber es
> gilt als gesichert, dass es zwischen der Infrastruktur und der
> Ansiedlung von Ärzten Wechselwirkungen gibt. Wo die Infrastruktur nicht
> stimmt, will sich kein Arzt niederlassen. Wo kein Arzt ist, das ist
> keine Apotheke, kein Optiker, da hält kein Bus und da will niemand
> hinziehen. Deshalb sind die ohnehin schon geschundenen Kommunen maßlos
> überfordert, wenn man nun auch noch versucht, Ihnen die Fahrdienste und
> die Präsenz eines Arztes auf ´s Auge zu drücken.

Es ist keine Frage, dass es einen kommunalen Lastenausgleich geben muss.
Andrerseits müssen wir wohl auch akzeptieren, dass wir in ein
schrumpfenden Gesellschaft leben und diesen Schrumpfungsprozess
gestalten müssen. Hier im Osten ist dies noch ausgeprägter als im
Westen. Es wird nach meiner Einschätzung hier zu einer "Verstädterung"
kommen - denn nur dort ist die Infrastrukur möglich.

D.h. der Bürger wird sich zwischen der selbstgewählten ... erworbenen
Einbindung fernab der Leistungsfähigkeit der großen Kommunen und einem
Umzug in die Zentren entscheiden müssen. Dies ist kein Thema, das die
Medizin allein betrifft ...

>> "Misswirtschaft der Selbstverwaltung" - willst du sie abschaffen - und
>> die Sache der freien Verhandlung auf dem Markt überlassen?
>>
> Nein, ich plädiere für kleinere Planungsbereiche, für die auch die
> Planstellen und der "Versorgungsgrad" neu berechnet werden müssen (denn
> eine "Halbtagsärztin" steht ihren Patienten nun mal nicht ausreichend
> zur Verfügung, belegt aber eine ganze Planstelle)

es gibt keine "Planstellen" ... zwei Halbtagsärztinnen sind idR mehr als
ein Ganztagsarzt

> Ich vergesse nur bei all dem Rechtsgeflecht und Zuständigkeitswirrwarr
> eines nicht: den Versicherten und seinen Anspruch auf eine Versorgung
> nach WANZ, egal, wo er sich gerade zufällig aufhält.

Nicht ganz - im Ausland gilt dies nicht .... und WANZ muss ihm nicht vor
die Haustür gelegt werden - d.h. wer sich in die splendid isolation
begibt kann nicht erwarten, dass ihm die Versorgungsstrukturen
"nachziehen" - aber er kann selbstverständlich die Angebote in den
nächsten Zentren nutzen. Dh. auf dem flachen Land wird langfristig ein
Netz der Basisversorgung (Hausarzt) zu erhalten sein mit einer (dringend
verbesserungswürdigen) Anbindung an die "Spezialisten". Ob diese dann
gut organisiert vor Ort kommen, oder die Pat. mit guter Organisation zu
den Spezialisten muss vor Ort geprüft werden.

> Es kann doch nicht das Problem sein, Fördergelder vom Bund an die
> Bedingung zu knüpfen, in Hintertupfing eine Praxis zu übernehmen. Auch
> muss bei all den Abstrichen, die man den Versicherten zumuten möchte,
> mal die Ausbildung(szeit) des Arztes auf den Prüfstand stellen.

Die dauert idR 6 Jahre. Eine Weiterbildung ist KEINE Ausbildung. Auch
ein Ingenieur ist mir seinem Diplom/Master fertig ausgebildet - und kein
AzuBi mehr - auch wenn KH-Verwaltungen (und leider auch manche
Chefärzte!) so tun, als hätten sie es mit Schülern zu tun ...

>> S14
>> Es mag schönere Zeiten geben, aber dies sind die unsrigen. Nicht auf
>> jedem Dorf in einem Flächenstaat ist jede medizinische Disziplin vor Ort
>> finanzierbar - auch mit "Teilpraxen" nicht. D.H. wir müssen uns dem
>> Problem des Transportes (von Pat. oder Information in Spezialfällen)
>> stellen.
>>
> Klar! Es geht auch nicht darum, in jedem Kaff eine Spezialklinik
> vorhalten zu wollen, aber es geht um die Angemessenheit und Zumutbarkeit
> der Gesundheitsversorgung.

die sich in ihren Strukturen sicher zwischen kleinen Landgemeinden und
Großstädten unterscheidet. Statt hier "Gleicheit" auf allen Ebenen zu
fordern, sollten differenzierte Modelle entwickelt werden.

Gruß

Privacy




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