Zum Inhalt springen.
Sympa Menü

ag-geldordnung-und-finanzpolitik - Re: [AG-GOuFP] Mal wieder was fachliches....

ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de

Betreff: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik

Listenarchiv

Re: [AG-GOuFP] Mal wieder was fachliches....


Chronologisch Thread 
  • From: Thomas Weiß <Weiss-Tom AT gmx.de>
  • To: ag Geldordnung <ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de>
  • Subject: Re: [AG-GOuFP] Mal wieder was fachliches....
  • Date: Sat, 10 Sep 2016 00:19:33 +0200

Hi Tensor,

Am 09.09.2016 um 19:28 schrieb Tensor:
> 
> "Unternehmen sind auf die Finanzierung durch die privaten Ersparnisse
> angewiesen." Is natürlich quatsch. Kausalität und Salden-Identitäten
> sind eben was anderes. Stichwort Sparparadoxon.
Das hätte ich dann noch mal näher erläutert, warum das Quatsch ist. Oder
anders gefragt: Woher kriegen Unternehmen sonst Geld her, wenn nicht
(vornehmlich) aus dem privaten Sektor? Ich glaube, die Börse
funktioniert so...

Natürlich ist es richtig, dass die Netto-Verbindlichkeiten des Unternehmenssektors im Wesentlichen gehalten werden als Forderungen des restlichen Privatsektors (i.d.R. Haushalte genannt). Aber nach seiner Formulierung klingt es, als ob das Sparen der privaten Haushalte die Ursache dafür wäre, dass Unternehmen investieren können. Das ist ganz klar falsch.
Dass Kreditvergabe nicht zuvor einen Sparer benötigt, der das "Geld auf die Bank trägt", wurde in dieser Gruppe schon bis zum Erbrechen diskutiert.
Und auch schon ein wenig im Detail bricht die Kausalität zusammen: Wie können denn die Haushalte "sparen", d.h. ihren Finanzierungssaldo verbessern? Schwierig durch Erhöhung der Einnahmen, zumindest für die konventionellen Lohnarbeiter, sondern vornehmlich durch Kürzung der Ausgeben, Konsumverzicht. Was kommt davon bei den Unternehmern an? Absatzschwierigkeiten. Und welcher Unternehmer investiert bei Absatzschwierigkeiten?
> 
> "Sparen die Haushalte mehr als Unternehmen und Staat sich leihen wollen,
> kommt es zu einer Rezession und die Angleichung erfolgt über sinkende
> Einkommen und Ersparnis oder höhere Staatsdefizite."
> In Grundzügen richtig, aber unsauber. "Angleichung" klingt, als ob die
> saldenmechanischen Identitäten sich erst wieder anpassen müssten,
> stattdessen ist es umgekehrt. Die Pläne Geldvermögen auf- oder abzubauen
> gehen nicht auf 0 auf, dadurch schaut jemand in die Röhre. Die Summe 0
> gilt immer.
Na ja man versteht schon, was er damit sagen will; Annäherung wäre
natürlich der bessere Begriff gewesen.
Nein, das finde ich auch nicht sauberer. Die Haushalte sparen nicht, sie *wollen sparen*. D.h. sie kürzen ihre Ausgaben mit dem Ziel ihren Einnahmen-Ausgaben-Saldo zu verbessern. Wenn aber alle ihre Ausgaben reduzieren, reduzieren sich in gleichem Maße eben auch die Einnahmen. Gesamt ändert sich also der Saldo nicht, d.h. die Haushalte *können* nicht sparen (i.S. v. den Saldo verbessern).

      
> "Das Festhalten an der "schwarzen Null" zwingt die Ersparnisse ins
> Ausland und ermöglicht erst so den Handelsüberschuss." Wiederum
> Kausalität mit Identität verwechselt. Und vergessen, dass selbst die
> Identität nur gilt, wenn der Privatsektor Netto Geldvermögen aufbaut.
> 
Ne - da widerspreche dir abermals. Aus den gleichen Gründen wie oben. In
einem Spielfeld mit nur 5 Identitäten, den volkswirtschaftlichen Konten,
sind die Wechselwirkungen nicht gar SOO komplex. Dein Einwand mag
theoretisch begründet sein, kann aber mMn. nicht dazu benutzt werden,
den von Stelzer genannten FAKT infrage zu stellen.
Das gilt auch für den zweiten Fakt, dass der private Sektor mehr und
mehr Geldvermögen anhäuft.

Nun es ist tatsächlich so, dass in (nahezu?) allen entwickelten Volkswirtschaften der Privatsektor einen positiven Finanzierungssaldo hat. Solange das gilt, hat Stelter recht. Ich denke, dass dieser "Fakt" aber zu großem Teil aus der neoliberalen Spielanordnung resultiert, und mit anderen Regeln (starke Gewerkschaften, Erbschafts-, Vermögenssteuer, Grundeinkommen, etc.) durchaus verändert werden könnte.

Grüße, Thomas




Archiv bereitgestellt durch MHonArc 2.6.19.

Seitenanfang