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- From: Thomas Weiß <Weiss-Tom AT gmx.de>
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- Subject: Re: [AG-GOuFP] Mal wieder was fachliches....
- Date: Fri, 9 Sep 2016 17:49:00 +0200
Hi Piratos, Hi AG!
Eieiei in dem Artikel wimmelt es von unsauberen Begriffen, die das Verständnis behindern.
"Kapitalexport"?
Bitte erst mal Kapital definieren.
"Export von Ersparnissen?"
Ding-Geld-Denken. Klare Formulierung wäre, man baut Netto Forderungen gegen das Ausland auf.
"Jeder dieser Sektoren kann sparen oder Schulden machen bzw. Eigenkapital erhöhen." Hä? Ist Schulden machen etwa das gleiche wie Eigenkapital erhöhen? "Sparen" ist unklar, ich denke er meint Nettogeldvermögensaufbau. Vielleicht auch Nettovermögensaufbau. Das wäre spannend zu wissen. Im ersteren Fall hängt das nicht direkt mit dem Eigenkapital zusammen im zweiten schon.
"Unternehmen sind auf die Finanzierung durch die privaten Ersparnisse angewiesen." Is natürlich quatsch. Kausalität und Salden-Identitäten sind eben was anderes. Stichwort Sparparadoxon.
"Sparen die Haushalte mehr als Unternehmen und Staat sich leihen wollen, kommt es zu einer Rezession und die Angleichung erfolgt über sinkende Einkommen und Ersparnis oder höhere Staatsdefizite."
In Grundzügen richtig, aber unsauber. "Angleichung" klingt, als ob die saldenmechanischen Identitäten sich erst wieder anpassen müssten, stattdessen ist es umgekehrt. Die Pläne Geldvermögen auf- oder abzubauen gehen nicht auf 0 auf, dadurch schaut jemand in die Röhre. Die Summe 0 gilt immer.
"Es ist in einer geschlossenen Volkswirtschaft, also einer Welt ohne Außenhandel nicht möglich "zu viel" zu sparen. Es kommt zu einem Ausgleich."
Total überflüssiger Satz wenn man saubere Begriffe verwendet, und zudem noch unklar. Klingt, als ob sich durch neoklassische Ausgleichsmechanismen immer Schuldner finden im Laufe der Zeit. Die sind aber von vornherein da und "Ausgeglichenheit" (Forderungen = Verbindlichkeiten) gilt immer.
"Wäre Deutschland eine geschlossene Volkswirtschaft, befänden wir uns in einer schweren Krise. Es würde massiv Nachfrage, immerhin im Volumen von 8,6 Prozent des BIP fehlen weil wir alle sparen."
Teils richtig. Natürlich bedeutet Importdefizit, dass wir hier in D Netto-Nachfrage aus dem Ausland haben. Fällt die Nachfrage einfach aus -> Rezession. Frägt jemand anders nach (z.b. staatliche "schuldenfinanzierte" Investitionen in Infrastruktur) -> kein Problem.
"Bis jetzt könnte man noch sagen, dass die Handelsüberschüsse ja nicht schlecht sind. Schließlich bauen wir Forderungen gegen das Ausland auf, die wir in den kommenden Jahrzehnten wenn bei uns die Folgen der Alterung voll durchschlagen entsprechend einlösen können um die Kosten zu tragen."
Hm, ah, ja. Schon mal jemanden sagen gehört "Deutschland wird in ein paar Jahrzehnten ein Exportdefizit haben und muss dafür jetzt schon vorsorgen."? Nein, nein, der "Plan" ist Exportüberschuss bis in alle Ewigkeit (und für alle natürlich...).
"Das Festhalten an der "schwarzen Null" zwingt die Ersparnisse ins Ausland und ermöglicht erst so den Handelsüberschuss." Wiederum Kausalität mit Identität verwechselt. Und vergessen, dass selbst die Identität nur gilt, wenn der Privatsektor Netto Geldvermögen aufbaut.
Gruß, Thomas
Am 09.09.2016 um 16:35 schrieb Piratos:
Hallo AG,
wie gehts euch? ;)
Ne ich habe auch ein echtes Anliegen an euch "politisch müde Truppe".
Ich habe einen keinen Disput mit Dr. Daniel Stelter auf Twitter.
Er veröffentlichte einen Artikel im Manager Magazin:
http://www.manager-magazin.de/unternehmen/artikel/deutscher-aussenhandelsueberschuss-ist-kapitalexport-und-schadet-d-a-1111265.html
in dem er u.a. schreibt:
"Wenn ein Land einen Außenhandelsüberschuss erzielt bedeutet dies
zwangsläufig einen Export von Ersparnissen ins Ausland. Entweder in Form
von Krediten oder aber in Form von Direktinvestitionen im Ausland. "
oder weiter unten:
"Wenn ein Land einen Außenhandelsüberschuss erzielt bedeutet dies
zwangsläufig einen Export von Ersparnissen ins Ausland"
Daraufhin hat sich dieser Twitter Disput entwickelt:
https://twitter.com/thinkBTO/status/774000158166097920
Liege ich falsch? :)
PS: Als kleine Motivationsspritze, PIRATEN wirken!!!!
Die Uni Göttingen hat mich gesucht und gefunden und will im Rahmen eines
Forschungsprojekt "Die gesellschaftliche Legitimität von Finanzprofiten"
ein Interview mit mir :D
Das Projekt widmet sich der Bedeutung moralisch-normativer
Rechtfertigungsdiskurse für die institutionelle Regulierung der heutigen
Finanzökonomie aus historisch-vergleichender Perspektive, speziell auf
die verstärkten anti-kapitalistischen - genauer
"anti-finanzkapitalistischen" - Debatten in der Öffentlichkeit in
Deutschland, Großbritannien, Frankreich und Spanien seit der Krise von 2008.
Noch keine Ahnung warum und wie die auf mich gekommen sind, aber
natürlich werde ich das Interview machen. Ich berichte dann hier, wie es
war.
- [AG-GOuFP] Mal wieder was fachliches...., Piratos, 09.09.2016
- Re: [AG-GOuFP] Mal wieder was fachliches...., Tensor, 09.09.2016
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