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Betreff: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik
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- From: moneymind <moneymind AT gmx.de>
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- Subject: Re: [AG-GOuFP] Wie entsteht Vermögen?
- Date: Wed, 16 Sep 2015 10:15:56 +0000
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- List-id: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik <ag-geldordnung-und-finanzpolitik.lists.piratenpartei.de>
Hallo Arne,
Aus rechtlicher Sicht besteht das Vermögen eines Wirtschaftssubjektes aus den bewertbaren Rechten und Pflichten, die dieses Wirtschaftssubjekt zugeordnet werden.
+1
Die Summe der bewertbaren Rechte bilden das Bruttovermögen und die bewertbaren Pflichten bilden die Verbindlichkeiten. Bruttovermögen - Verbindlichkeiten = Nettovermögen.
Genauer: die Summe der "Vermögens-Werte". Was "Wert" eigentlich ist und wie er zustandekommt, ist die zentrale Frage.
Nun zu deiner Frage: Vermögen entsteht durch entsprechendes wirtschaftliches und rechtliches Handeln, wie z.B. bei der Produktion von Gütern.
Ein Grundstück, das heute 100 000 Währungseinheiten "wert ist", kann morgen 200 000 WE "wert" sein, allein weil eine große Firma ankündigt, am Ort eine große Niederlassung zu bauen und anschließend die Stadt ankündigt, das Gebiet, auf dem das Grundstück liegt, zu erschließen.
Nun wird es für junge Familien interessant, dort hinzuziehen, weil sie erwarten, einen Arbeitsplatz zu finden. Die Nachfrage nach Grundstücken steigt. Und damit auch deren "Wert" (erzielbarer Verkaufspreis).
Durch bloße Ankündigung sind aus dem Nichts 100 000 WE Vermögen entstanden. Nota bene: 100 000 nicht nur einzel, sondern auch gesamtwirtschaftliches Nettovermögen aus dem Nichts, während bei Kredit- und Geldschöpfung in Höhe von 100 000 einzel- und gesamtwirtschaftlich ein Nettovermögen von 0 ensteht.
Dieselbe Aufwertung = Entstehung von Vermögen kann durch bloße Grundstücksspekulation entstehen.
Gesamtwirtschaftlich: durch Inflation ("asset price inflation").
Dabei sind nicht die Güter an sich das Vermögen, sondern die Rechte an diesen Gütern sind das Vermögen.
+ 1. Verschwinden die Rechte, verschwindet auch das Vermögen. Existieren die Rechte nicht, weil das entsprechende Rechtssystem und die es garantierende und durchsetzende Infrastruktur und Verwaltung fehlen,
a) gibt es kein Vermögen.
b) kann niemand sinnvoll bilanzieren
c) gibt es keine Kredit-/Geldwirtschaft.
Vermögen vergeht durch den Verbrauch oder die Vernichtung der Güter und den damit verbundenen Rechten.
Oder durch bloße Abwertung: die große Firma im Bsp oben zieht ihre Ankündigung zurück.
Gesamtwirtschaftlich: durch Deflation wegen mieser Ertragserwartungen: "Vermögensvernichtung" "aus dem Nichts". Wiederum nicht nur einzelwirtschaftliches, sondern auch gesamtwirtschaftliches Nettovermögen. HIER liegt der Grund, warum alle "ärmer werden", wenn alle "sparen" (versuchen, eine positive Nettofinanzvermögensposition zu erzielen). Materiell werden sie nicht ärmer - nur vermögensmäßig.
Und Vermögen ist eine immaterielle Größe - genauso wie Rechte es sind. Beides sind soziale Konstruktionen, "soziale Gedankendinge".
/“Die Sache als körperlicher Gegenstand gehört der Seinsschicht der sinnlich wahrnehmbaren Dinge, des physisch im Raum Daseienden an, die Forderung dagegen, ebenso wie das Eigentum, schon der Seinsschicht des objektiven Geistes, nämlich des rechtlich Geltenden. Jede Verfügung im Rechtssinn zielt auf eine Veränderung in der Welt des rechtlich geltenden ab. Verfügt wird stets nur über ein Recht (oder ein Rechtsverhältnis), daher streng genommen auch nicht über die Sache, sondern über das Eigentum an ihr.” (Karl Larenz: Lehrbuch des Schuldrechts. Band 1: Allgemeiner Teil. München: C.H. Beck 1987, S. 569f.)/
Das bedeutet: die beiden existierenden Werttheorien, Arbeitswerttheorie (Klassik + Marx) und Grenznutzentheorie (Neoklassik) sind realitätsfremder Schrott und zu entsorgen.
Realistischer:
https://en.wikipedia.org/wiki/Jonathan_Nitzan#Power_theory_of_value
Vermögen entsteht und vergeht durch eine Änderung in der Bewertung der entsprechenden Rechte. Diese Änderung der Bewertung kann allein durch eine Änderung von Angebot und Nachfrage erfolgen und muss nichts mit der Sache zu tun haben, auf die sich das Recht bezieht. Siehe Aktienkurse.
+1 - ich hätte erst lesen sollen, dann antworten! Vielleicht waren paar zusätzliche Klärungen dabei.
Vermögen an Sachen, wie z.B. Eigentumsrechte sind noch einmal anders zu betrachten, als z.B. Forderungen, bei denen eine anderes Rechtssubjekt die entsprechende Verbindlichkeit hält. Gesamtwirtschaftlich betrachtet sind des einen Forderungen, des anderen Verbindlichkeiten. Das Nettovermögen der Gesamtgesellschaft ändert sich dadurch nicht. Dennoch spielt die Vermögensverteilung auch hier die entscheidende Rolle.
+1
Nur wenn das Nicht-Forderungs-/Verbindlichkeitsvermögen, wie z.B. das Sachvermögen steigt, dann steigt auch das Netto-Vermögen der Gesamtgesellschaft.
+1, s.o.
Warum war/ist es bisher nicht möglich, die Vermögensentwicklung zu steuern oder so zu besteuern, daß die Vermögensentwicklung sich ausschließlich in die eine Richtung verändert?Weil hier die Lobby der Vermögenden ganze Arbeit leistet.
+1
Welche Rolle spielt "Geld" bei Vermögensveränderungen oder beim Vermögenserhalt?Geld und insbesondere die anderen Finanzprodukte, wie Derivate, blähen das Bruttovermögen auf und generieren „Schein“-Erträge und „Schein“-Einkommen, mit denen man aber genauso in der Realwirtschaft einkaufen kann, wie mit hart verdientem Einkommen aus der Realwirtschaft.
Worin besteht der "Schein", wenn Vermögen auch bei "Sachvermögen" (Eigentumsrechten an materiellen Produktionsmitteln z.B.) immateriell ist und aus Rechten + Erwartungen (aus denen sich die Bewertung, d.h. der Wert ergibt) besteht?
Ich meine, hier müssen wir möglichst präzise die Gemeinsamkeiten und Unterschiede herausarbeiten, um das besser und genauer zu klären als mit der Metapher "Schein".
Daß daraus folgt, daß für eine Rückkehr zu einer "realkapitalistischen Spielanordnung" die Finanzmärkte drastisch reguliert werden, sehe ich genauso wie Du vermutlich auch.
Inwieweit ist "Geld" dann vielleicht "Mittel zum Zweck", also um die Vermögensentwicklung so zu lenken, wie sie in den letzten Jahrzehnten verlief?Genau so sehe ich das auch. - Und das „schöne“ daran ist, dass die Mechanismen diese Umverteilung von Unten nach Oben kaum wahr genommen wird. - Im Gegenteil, sie wird von den Begünstigten als Ausdruck einer „gerechten“ Leistungsgesellschaft gesehen.
Ja, aber das liegt nicht "am Geld" oder am "Geldsystem", sondern es ist Folge der herrschenden Ideologie, die auf einer grundfalschen Wirtschaftstheorie beruht - und der ordnungspolitischen - geld-, fiskal-, sozial- etc. politischen "Spielanordnung", die darauf aufbauend seit Mitte der 70er geschaffen wurde.
D.h. die Aufgabe besteht darin,
1) Eine bessere, RICHTIGE Wirtschaftstheorie zu schaffen: dadurch, daß die bestehenden Ansätze einer monetären Ökonomik und des Postkeynesianismus dadurch systematisch integriert werden, daß man ihnen ein RECHTLiCHES FUNDAMENT verpaßt (das machst Du, Arne, schon sehr gut - leider machen es noch nicht viele, daher ja unsere Diskussion am 5. Oktober).
2) Darauf aufbauend eine europäische "realkapitalistische" Spielanordnung wiederherzustellen - was allerdings auch grundlegende Reformen der Eurozone und der EU generell nötig macht - was eine umfassende, integrierte POLITISCHE ÖKONOMIE voraussetzt, die erst durch die rechtliche Fundierung monetärer Ökonomik möglich wird.
https://de.scribd.com/doc/218788496/Stephan-Schulmeister-Ein-New-Deal-fur-Europa (dort leider noch ohne rechtliche Fundierung)
Gruß, Wolfgang
- [AG-GOuFP] Wie entsteht Vermögen?, ukw, 08.09.2015
- Re: [AG-GOuFP] Wie entsteht Vermögen?, Axel Grimm, 15.09.2015
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- Re: [AG-GOuFP] Wie entsteht Vermögen?, moneymind, 16.09.2015
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- Re: [AG-GOuFP] Wie entsteht Vermögen?, Rudi, 18.09.2015
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- Re: [AG-GOuFP] Wie entsteht Vermögen?, Axel Grimm, 16.09.2015
- Re: [AG-GOuFP] Wie entsteht Vermögen?, moneymind, 16.09.2015
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