ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de
Betreff: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik
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- From: Arne Pfeilsticker <Arne.Pfeilsticker AT piratenpartei-hessen.de>
- To: Moneymind <moneymind AT gmx.de>
- Cc: "ag-geldordnung-und-finanzpolitik@lists piratenpartei. de" <ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de>, Nicolas Hofer <nicolas.hofer AT gmx.de>, "AG Wirtschaft \(Achtung viele Mails am Tag!\)" <ag-wirtschaft AT lists.piratenpartei.de>
- Subject: Re: [AG-GOuFP] Populäre Irrtümer: Ware gegen Ware oder Ware gegen Geld
- Date: Tue, 18 Aug 2015 16:28:20 +0200
- List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/ag-geldordnung-und-finanzpolitik>
- List-id: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik <ag-geldordnung-und-finanzpolitik.lists.piratenpartei.de>
Hallo Wolfgang,
wenn du Skype hast, dann lass uns Skype nutzen. Mein Skype-Name ist arne.pfeilsticker.
Du musst dich bei mir weder auf meinen, noch auf irgend einen Rahmen einlassen. So lange das Selbstverständnis besteht, dass man sich gegenseitig respektiert und aufeinander einlässt, ist mir jeder Rahmen recht.
Bis bald
Arne
Am 18.08.2015 um 14:58 schrieb Moneymind <moneymind AT gmx.de>:
Hallo Arne,
Gesellschaften "ohne Rechtsordnung" (wie Du schreibst), für die wir Rechtsanthropologie und Rechtsethnologie heranziehen müßten, lasse ich hier erstmal vor, weil es Dir darum nicht geht (mir schon). Das müssen wir gesondert diskutieren (am 14. September) und wäre m.E. weitaus wichtiger, um die gegenwärtige globale und europäische Situation verstehen und sinnvolle Strategiealternativen zu den gegenwärtig verfolgten entwickeln zu können.
Ich lasse mich ungern auf den Rahmen ein, den Du vorgibst: Thesen, die zu "verteidigen" sind. Das lädt zu dogmatischem Diskutieren ein, das Lernen oft eher berhindert, weil es nur noch ums vermeintliche "Rechtbehalten" geht und dafür dann rhetorische und definitorische Tricks verwendet werden, um die eigene Position möglichst "wasserdicht" und "unwiderlegbar" erscheinen zu lassen. Nicht zufällig ist dies eine typisch westliche Art von Diskurs, die wir bei Gerichtsverhandlungen oder politischen Diskussionen finden. Sie ist bestimmt von der Struktur unseres Rechtssystems. Daraus entwickelt sich Machtkämpfe statt kooperativem Lernen, das an gemeinsamen Veränderungszielen ausgerichtet ist.
An dieser Art des dogmatischen Diskurses bin ich nicht interessiert, ich halte das für letztendlich unproduktiv. Es geht mir statt dem "Rechtbehalten" eher darum, anhand gemeinsamer Ziele (die wir tatsächlich haben) diejenigen essentiellen Unterscheidungen zu finden, anhand derer sich die Welt um uns herum besser verstehen läßt, um sie dann gezielt so verändern zu können, daß sie unseren gemeinsamen Zielvorstellungen (mehr) entspricht.
Wie Du weißt, geht es mir mehr darum, zu diesem Zweck Deine Sichtweise zu verstehen und mit meiner zu vergleichen, um dabei etwas dazuzulernen. Dafür stelle ich lieber Fragen, statt Behauptungen zu formulieren. So entsteht eher eine entspanntere Atmosphäre der Neugier und des Forscherdrangs bzw. des detektivischen Spürsinns, in dem blinde Flecken in den Blick rücken, statt systematisch vermieden zu werden, um die eigene Position besser "verteidigen" zu können.
Ich lasse mich als Experiment jetzt mal auf den von Dir vorgegebenen Rahmen ein. Ich würde mich aber dann lieber direkt mit Dir unterhalten - nicht, um mit Dir zu diskutieren, sondern um mich mit Dir austauschen. Am Besten auch mit Nicolas.
Also bitte, hier paar Gegenthesen:
1. In unserer heutigen, auf dem römischen Recht beruhenden Rechtsordnung (die zwar z.B. in D und F, aber nicht in Gesamteuropa und schon gar nicht weltweit wirksam garantiert ist!) gilt: Vermögen ist immer ein Recht oder ein Bündel von Rechten. Da Zahlungsmittel eine Subkategorie von Vermögen sind, gilt dies auch für Zahlungsmittel.
2. Es gibt zwei Kategorien von Vermögensrechten: Eigentumsrechte (Rechte an Sachen oder Ideen, wie Patentrechte) und Forderungen. Erstere stellen in der aggregierten gesamtwirtschaftlichen Bilanz Nettovermögen dar, letztere nicht (Forderungen + Verbindlichkeiten = 0).
3. Als letztendliche Zahlungsmittel wurden historisch sowohl eine bestimmte Kategorie von Eigentumsrechten (z.B. an Gerste oder Gold) als auch bestimmte Kategorien von Forderungen vereinbart. Bilaterale Verrechnung von Forderungen konnte immer schon Zahlung im vereinbarten Zahlungsmittel ersetzen, sodaß dieses nur noch für den verbleibenden Restsaldo benötigt wurde. [Die Entdeckung der Möglichkeit multilateralen Clearings führte zur Entstehung von Banken als Clearinghäusern (deren Verbindlichkeiten dann als Zahlungsmittel für die nach Clearing verbleibenden Restsalden dienten). Das letztendliche Zahlungsmittel Goldvermögen wurde damit nur noch auf der obersten Ebene der Clearingpyramide als Zahlungsmittel benötigt. Heute dienen nur noch Forderungen als letztendliche Zahlungsmittel. ]
4. Die Aussage, "zu keinem Zeitpunkt der Geschichte wurde Ware gegen Ware oder Ware gegen Geld getauscht, sondern immer Recht gegen Recht" ist falsch wegen ihres ausschließenden "entweder-oder". Es wurden immer Rechte übertragen; dort, wo es um Eigentumsrechte an Gegenständen ging, mußten natürlich auch diese Gegenstände übergeben werden
Die Frage an dieser Stelle ist für mich: Ist die Übergabe des Rechts notwendig und hinreichend?
Aus meiner Sicht kann die Frage mit ja beantwortet werden, weil wenn ich das Recht habe, dann kann ich im Falle des Eigentums, die Herausgabe nicht nur vom Verkäufer, sondern von jedem Besitzer meines Rechts fordern. Es sei denn der Besitzer ist ein rechtmäßiger Besitzer, wie im Falle eines Wohnungsmieters. Und in diesen Fällen kann selbst der neue Eigentümer die Übergabe der Sache nur im Falle des Eigenbedarfs nach Ablauf einer Kündigungsfrist fordern.
Und neben bei bemerkt im Falle von Grundstücken und grundstücksgleichen Rechten ist die Eintragung im Grundbuch das entscheidende Ereignis für den Erwerb eines Grundstücks.
Die Übergabe der Sache kann also als ein nicht notwendiger Bestandteil des Tausches betrachtet werden, weil er eine logische Folge der Übergabe des Rechts ist.
(wie bei jedem Kauf/Tausch). Bei einem Barkauf eines Kubikmeter Holz gegen Gold als vereinbartes oder vorgeschriebenes Zahlungsmittel wurden dann sowohl Rechte übertragen ("getauscht") als auch die Gegenstände übergeben ("getauscht").
5. Die Aussage, "es gibt kein Warengeld, sondern Geld ist und war ein Recht" ist somit falsch. Nehmen wir das Beispiel Gold als Zahlungsmittel. Es hat einen materiellen Aspekt, und einen rechtlichen (das Eigentumsrecht daran). Der rechtliche Aspekt stellt das Vermögen dar. Die Übertragung des Eigentumsrechts stellt also die Übertragung des Vermögens dar. Die Transaktion ist im Fall von Gold als definiertem Zahlungsmittel aber erst abgeschlossen, wenn der Verpflichtete nicht nur das Eigentumsrecht übertragen, sondern auch den Gegenstand übergeben hat.
6. Die Aussage, "Geld war und ist ein Recht" ist auch deshalb falsch, weil unter "Geld" einfach nur gedachtes Rechengeld verstanden werden kann ("money of account", Geld in seiner Funktion als Wertmaß). Ein gedachtes Wertmaß ist kein Recht. Deswegen habe ich statt mißverständlich von "Geld" immer von "letztendlichen Zahlungsmittel" geredet.
7. Fazit: VERMÖGEN ist und war immer ein Recht. Eine bestimmte Art von Vermögen wird als Zahlungsmittel definiert. Dies war historisch manchmal eine bestimmte Art von "Sachvermögen" (Eigentumsrechten), z.B. an Gold, später nur noch bestimmte Arten von Finanzvermögen (Forderungen). Zu jeder Zeit konnte die Verrechung von Forderungen die Zahlung im vereinbarten Zahlungsmittel substituieren, daß nur noch der Restsaldo im vereinbarten Zahlungsmittel beglichen werden mußte.
8. Daraus ergibt sich die Frage: Was ist und woraus besteht VERMÖGEN? Was ist und woraus besteht "Vermögenswert"? Die beiden existierenden Werttheorien haben zu einer praxiskompatiblen Beantwortung dieser Frage nichts beizutragen und können gehören in die Tonne.
Laß uns das mal direkt mündlich besprechen. Mail mir doch mal Deine Telefonnummer.
Grüße
Wolfgang
Am 17.08.2015 um 15:31 schrieb Arne Pfeilsticker:
These:
Zu keinem Zeitpunkt in der Geschichte wurden Ware gegen Ware oder Ware gegen Geld getauscht, sondern immer Recht gegen Recht.
Begründung:
Waren sind beim Handel nur indirekt über die übertragenen Rechte betroffen.
Was im Tauschhandel oder Naturaltausch als Ware gegen Ware erscheint, ist bei genauer Betrachtung ein Tausch, d.h. eine Übertragung von Eigentumsrechten.
Jede andere Argumentation führt zu einem unüberbrückbaren Widerspruch:
Würden beim Handel Ware gegen Ware oder Ware gegen Geld getauscht werden, dann blieben in einer Gesellschaft mit Rechtsordnung auch nach dem Tausch der Verkäufer Eigentümer der Ware und der Käufer Eigentümer des Geldes. Und nur die jeweiligen Eigentümer könnten rechtmäßig über ihr Eigentum verfügen.
Einzig und allein durch den Tausch der entsprechenden Rechte (= Übertragung der Rechte) kann der gewünschte Effekt erzielt werden, damit nach dem Tausch der Käufer über die Ware und der Verkäufer über das Geld verfügen kann.
In einer Gesellschaft ohne Rechtsordnung gibt es kein Handel, weil jeder sich nimmt, was er aufgrund seiner Macht kann und will.
Ende der Begründung.
Wer hält gegen diese These? - Einsprüche wie immer willkommen. :-)
Wenn diese These stimmt, dann hätte diese weitgehende Konsequenzen. Z.B. Es gibt kein „Waren“-Geld, sonder Geld war und ist ein Recht.
Viele GrüßeArne
- [AG-GOuFP] Populäre Irrtümer: Ware gegen Ware oder Ware gegen Geld, Arne Pfeilsticker, 17.08.2015
- Re: [AG-GOuFP] [AG Wirtschaft] Populäre Irrtümer: Ware gegen Ware oder Ware gegen Geld, k-nut, 17.08.2015
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- Re: [AG-GOuFP] [AG Wirtschaft] Populäre Irrtümer: Ware gegen Ware oder Ware gegen Geld, Arne Pfeilsticker, 18.08.2015
- Re: [AG-GOuFP] [AG Wirtschaft] Populäre Irrtümer: Ware gegen Ware oder Ware gegen Geld, Eckhard Rülke, 18.08.2015
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- Re: [AG-GOuFP] Populäre Irrtümer: Ware gegen Ware oder Ware gegen Geld, Moneymind, 18.08.2015
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- Re: [AG-GOuFP] Populäre Irrtümer: Ware gegen Ware oder Ware gegen Geld, Moneymind, 18.08.2015
- Re: [AG-GOuFP] Populäre Irrtümer: Ware gegen Ware oder Ware gegen Geld, Arne Pfeilsticker, 18.08.2015
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- Re: [AG-GOuFP] Populäre Irrtümer: Ware gegen Ware oder Ware gegen Geld, Arne Pfeilsticker, 18.08.2015
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