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ag-geldordnung-und-finanzpolitik - Re: [AG-GOuFP] Populäre Irrtümer: Ware gegen Ware oder Ware gegen Geld

ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de

Betreff: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik

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Re: [AG-GOuFP] Populäre Irrtümer: Ware gegen Ware oder Ware gegen Geld


Chronologisch Thread 
  • From: Moneymind <moneymind AT gmx.de>
  • To: Arne Pfeilsticker <Arne.Pfeilsticker AT piratenpartei-hessen.de>
  • Cc: "ag-geldordnung-und-finanzpolitik@lists piratenpartei. de" <ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de>, Nicolas Hofer <nicolas.hofer AT gmx.de>, "AG Wirtschaft \(Achtung viele Mails am Tag!\)" <ag-wirtschaft AT lists.piratenpartei.de>
  • Subject: Re: [AG-GOuFP] Populäre Irrtümer: Ware gegen Ware oder Ware gegen Geld
  • Date: Tue, 18 Aug 2015 19:45:33 +0200
  • List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/ag-geldordnung-und-finanzpolitik>
  • List-id: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik <ag-geldordnung-und-finanzpolitik.lists.piratenpartei.de>


Hallo Arne,

alles klar, vielen Dank!  Freut mich, daß das klappt. Ich melde mich dann auf Skype :-)  Unten noch ein paar Anmerkungen.


Am 18.08.2015 um 16:28 schrieb Arne Pfeilsticker:
Hallo Wolfgang,
wenn du Skype hast, dann lass uns Skype nutzen. Mein Skype-Name ist arne.pfeilsticker.

Du musst dich bei mir weder auf meinen, noch auf irgend einen Rahmen einlassen. So lange das Selbstverständnis besteht, dass man sich gegenseitig respektiert und aufeinander einlässt, ist mir jeder Rahmen recht.

Bis bald
Arne

Am 18.08.2015 um 14:58 schrieb Moneymind <moneymind AT gmx.de>:


Hallo Arne,

Gesellschaften "ohne Rechtsordnung" (wie Du schreibst), für die wir Rechtsanthropologie und Rechtsethnologie heranziehen müßten, lasse ich hier erstmal vor, weil es Dir darum nicht geht (mir schon).  Das müssen wir gesondert diskutieren (am 14. September) und wäre m.E. weitaus wichtiger, um die gegenwärtige globale und europäische Situation verstehen und sinnvolle Strategiealternativen zu den gegenwärtig verfolgten entwickeln zu können.

Ich lasse mich ungern auf den Rahmen ein, den Du vorgibst:  Thesen, die zu "verteidigen" sind.  Das lädt zu dogmatischem Diskutieren ein, das Lernen oft eher berhindert, weil es nur noch ums vermeintliche "Rechtbehalten" geht und dafür dann rhetorische und definitorische Tricks verwendet werden, um die eigene Position möglichst "wasserdicht" und "unwiderlegbar" erscheinen zu lassen.  Nicht zufällig ist dies eine typisch westliche Art von Diskurs, die wir bei Gerichtsverhandlungen oder politischen Diskussionen finden.  Sie ist bestimmt von der Struktur unseres Rechtssystems.  Daraus entwickelt sich Machtkämpfe statt kooperativem Lernen, das an gemeinsamen Veränderungszielen ausgerichtet ist.

An dieser Art des dogmatischen Diskurses bin ich nicht interessiert, ich halte das für letztendlich unproduktiv.  Es geht mir statt dem "Rechtbehalten" eher darum, anhand gemeinsamer Ziele (die wir tatsächlich haben) diejenigen essentiellen Unterscheidungen zu finden, anhand derer sich die Welt um uns herum besser verstehen läßt, um sie dann gezielt so verändern zu können, daß sie unseren gemeinsamen Zielvorstellungen (mehr) entspricht.

Wie Du weißt, geht es mir mehr darum, zu diesem Zweck Deine Sichtweise zu verstehen und mit meiner zu vergleichen, um dabei etwas dazuzulernen.  Dafür stelle ich lieber Fragen, statt Behauptungen zu formulieren.  So entsteht eher eine entspanntere Atmosphäre der Neugier und des Forscherdrangs bzw. des detektivischen Spürsinns, in dem blinde Flecken in den Blick rücken, statt systematisch vermieden zu werden, um die eigene Position besser "verteidigen" zu können.

Ich lasse mich als Experiment jetzt mal auf den von Dir vorgegebenen Rahmen ein.  Ich würde mich aber dann lieber direkt mit Dir unterhalten - nicht, um mit Dir zu diskutieren, sondern um mich mit Dir austauschen. Am Besten auch mit Nicolas.

Also  bitte, hier paar Gegenthesen:

1. In unserer heutigen, auf dem römischen Recht beruhenden Rechtsordnung (die zwar z.B. in D und F, aber nicht in Gesamteuropa und schon gar nicht weltweit wirksam garantiert ist!) gilt: Vermögen ist immer ein Recht oder ein Bündel von Rechten.  Da Zahlungsmittel eine Subkategorie von Vermögen sind, gilt dies auch für Zahlungsmittel.

2. Es gibt zwei Kategorien von Vermögensrechten: Eigentumsrechte (Rechte an Sachen oder Ideen, wie Patentrechte) und Forderungen.  Erstere stellen in der aggregierten gesamtwirtschaftlichen Bilanz Nettovermögen dar, letztere nicht (Forderungen + Verbindlichkeiten = 0).

3. Als letztendliche Zahlungsmittel wurden historisch sowohl eine bestimmte Kategorie von Eigentumsrechten (z.B. an Gerste oder Gold) als auch bestimmte Kategorien von Forderungen vereinbart.  Bilaterale Verrechnung von Forderungen konnte immer schon Zahlung im vereinbarten Zahlungsmittel ersetzen, sodaß dieses nur noch für den verbleibenden Restsaldo benötigt wurde.  [Die Entdeckung der Möglichkeit multilateralen Clearings führte zur Entstehung von Banken als Clearinghäusern (deren Verbindlichkeiten dann als Zahlungsmittel für die nach Clearing verbleibenden Restsalden dienten).  Das letztendliche Zahlungsmittel Goldvermögen wurde damit nur noch auf der obersten Ebene der Clearingpyramide als Zahlungsmittel benötigt. Heute dienen nur noch Forderungen als letztendliche Zahlungsmittel. ]
4.  Die Aussage, "zu keinem Zeitpunkt der Geschichte wurde Ware gegen Ware oder Ware gegen Geld getauscht, sondern immer Recht gegen Recht" ist falsch wegen ihres ausschließenden "entweder-oder".  Es wurden immer Rechte übertragen; dort, wo es um Eigentumsrechte an Gegenständen ging, mußten natürlich auch diese Gegenstände übergeben werden

Die Frage an dieser Stelle ist für mich: Ist die Übergabe des Rechts notwendig und hinreichend?

Aus meiner Sicht kann die Frage mit ja beantwortet werden, weil wenn ich das Recht habe, dann kann ich im Falle des Eigentums, die Herausgabe nicht nur vom Verkäufer, sondern von jedem Besitzer meines Rechts fordern. Es sei denn der Besitzer ist ein rechtmäßiger Besitzer, wie im Falle eines Wohnungsmieters. Und in diesen Fällen kann selbst der neue Eigentümer die Übergabe der Sache nur im Falle des Eigenbedarfs nach Ablauf einer Kündigungsfrist fordern.

Und neben bei bemerkt im Falle von Grundstücken und grundstücksgleichen Rechten ist die Eintragung im Grundbuch das entscheidende Ereignis für den Erwerb eines Grundstücks. 

Die Übergabe der Sache kann also als ein nicht notwendiger Bestandteil des Tausches betrachtet werden, weil er eine logische Folge der Übergabe des Rechts ist.

Du hattest geschrieben: "zu keinem Zeitpunkt der Geschichte wurde Ware gegen Ware oder Ware gegen Geld getauscht", und sagst jetzt, "die Übergabe der Sache ist nicht notwendiger Bestandteil des Tausches (ich folgere: kann also auch weggelassen werden), weil er eine logische Folge des Rechts ist.

Ich möchte von Dir 50 kg Kartoffeln, Du von mir dafür 5 Flaschen Kirschenschnaps.  Ich übertrage Dir das Eigentumsrecht an den 5 Flaschen Schnaps, Du mir das Eigentumsrecht an den 50 kg Kartoffeln.   Auf die Übergabe der Sachen verzichten wir, weil dies "kein notwendiger Bestandteil des Tausches ist". 

Sind wir eigentlich noch ganz knusper?!? ;-) 

Von Deinem Recht auf Schnaps kannst Du Dir ohne die "nicht notwendige" Übergabe keinen ansaufen, und ich kann von meinem Recht auf die Kartoffeln ohne Übergabe schlecht runterbeißen und satt werden (obwohl meine Waage mir durchaus "immaterielle Abendessen" nahelegt ... ;-).

Beim Tausch beweglicher Sachen ist das Übertragen des (Eigentums-)Rechts notwendig, aber natürlich nicht hinreichend für den Tausch.  Haben wir als Zahlungsmittel 10 Goldmünzen (1 Unze) vereinbart, müssen diese nebst Übertragen des Rechts auch übergeben werden.  Haben wir "10 Unzen Gold" Papiergeld vereinbart, genügt es, wenn ich Dir einen Anspruch auf Gold übergebe, das ich bei meiner Bank deponiert habe. Hast Du Dein Konto bei derselben Bank, belastet diese mein Konto mit 10 Unzen und schreibt diese Dir gut.  Dann wurde ausschließlich das Recht (und damit das Vermögen) übertragen, nicht die Goldmünzen selbst.

Fazit: die Übertragung des Rechts ist notwendig und hinreichend für die Übertragung des VERMÖGENS, aber natürlich nicht der beweglichen Sache ("Ware").  Wollen wir also nicht bewegliche Sachen (inclusive dem Vermögen, das wir ihnen zuschreiben), sondern lediglich (unterschiedliche Formen von) VERMÖGEN "tauschen", DANN ist die Übertragung der Vermögensrechte auch hinreichend, und wir brauchen nur zu "buchen" - und keine Waren zu übergeben.  Egal, ob wir nun Eigentumsrechten an Grundstücken oder Forderungen "tauschen" wollen (ich übertrage Dir die Eigentumsrechte an Grundstück A, Du mir die Eigentumsrechte an Grundstück B; ich übertrage Dir eine Forderung gegen den C, Du überträgst mir dafür eine Forderung gegen den D).

Es scheint mir klar, daß die praktische Abwicklung des Zahlungsverkehrs dazu geführt hat, daß sich da, wo die dafür nötige Rechtssicherheit gegeben war, Kreditinstrumente (zunächst Wechsel) als Zahlungsmittel schon aus Gründen der Reduktion von Transaktionskosten durchgesetzt haben.  Diese setzen aber Vertrauen der Tauschenden in den Verpflichteten Dritten, dessen Verbindlichkeit weitergereicht wird, voraus, das oft erst durch ein institutionalisiertes und von einer unabhängigen Instanz einklag- und vollstreckbares Vertragsrecht erzeugt wird.  Daher entwickeln sich Vertragsrechtssysteme historisch auch langfristig zu reinen Kreditgeldsystemen (schon im antiken Athen verwendeten die damaligen Banken neben Edelmetallmünzen auch Anrechte auf solche als Zahlungsmittel (Du konntest Deine Münzen bei der Bank deponieren, dafür eine Gutschrift bekommen und dann per Überweisung von Guthaben bezahlen), ebenso wie reine Kreditzahlungsmittel, d.h. kreditär per Bilanzverlängerung geschaffenes "Giralgeld" - siehe Edward Cohen: Ancient Economy and Society, A Banking Perspective). 

Demgegenüber dominieren in Regionen, wo das vertragsrechtliche Fundament NICHT verläßlich gegeben ist, Bargeldzahlungen in Währungen, die in Gebieten mit intaktem Vertrags- und Steuerrecht generiert wurden (in GR werden z.B. über 90% aller Geschäfte in Bar abgewickelt), und Tausch (Barter), z.B. im postsozialistischen Rußland (sehr gut dokumentiert und analysiert von David Woodruff).

Ich finde, die von Dir mit Deinen Thesen provozierte Diskussion ist eigentlich überflüssig.  Ich denke, man sieht hieran, wie übergeneralisierte Thesen,die ja/nein-Antworten suggeriere,  wie:

"Zu keinem Zeitpunkt der Geschichte wurde Ware gegen Ware oder Ware gegen Geld getauscht", "die Übergabe der Sache ist nicht notwendiger Bestandteil des Tausches"

und der Versuch ihrer "Verteidigung" zu einer ungeheuren Verschwendung von Zeit und Energie und zu völlig unnötiger Verwirrung führen.  Nötig sind einfach die korrekten Unterscheidungen und Spezifizierungen.

Viel interessanter finde ich folgendes: 

Dein, mein und Nicolas' Verständnis von Kredit- und Geldwirtschaft haben gemeinsam, daß wir die Fundamente des Kredit- und Geldwesens und der Gesamtwirtschaft im Rechtssystem (Privat-/Vertragsrecht und Steuerrecht = Öff.Recht) explizit machen. Das unterscheidet uns von den meisten Ökonomen. Von den meisten Juristen unterscheidet uns, daß wir nicht nur aufs Rechtssystem schauen, sondern auf das aus diesem folgende Kredit- und Geldsystem. Und zwar nicht nur kaufmännisch/einzelwirtschaftlich (BWL-Perspektive), sondern auch gesamtwirtschaftlich.

Es ist genau dieses rechtliche Fundament, das dem gesamten Postkeynesianismus fehlt (weil Keynes das Rechtssystem als gegeben voraussetzen konnte).  Betrachtet man aber die Weltwirtschaft durch eine Brille, in dem ein explizites Verständnis für die fundierende Bedeutung des Rechtssystems für Kredit- und Geldwirtschaft fehlt, kommt man zu einer völlig verkürzten Analyse der Situation. Man behandeln Regionen, in denen ein solches Rechtssystem wirksam existiert und solche, in denen es de facto NICHT existiert, wahrnehmungsmäßig gleich, d.h. man setzt einfach voraus, daß das Rechtssystem entweder existiert oder gar nicht wichtig ist.

Man sieht dies sehr schön am Streit zwischen Schäuble und Varoufakis.  Schäuble ist Jurist und denkt rein einzelwirtschaftlich in Kategorien des Vertrags: pacta sunt servanda.  Gesamtwirtschaftliche Paradoxa sind diesem schwäbische-Hausfrau-Denken völlig unbekannt.  Varoufakis dagegen denkt wie ein postkeynesianischer Makroökonom und argumentiert ausschließlich auf dieser Ebene mit dem Sparparadoxon.  Daß in Griechenland überhaupt kein verläßliches Rechtssystem existiert, das es halbwegs verantwortlich handelnde (weil haftbar zu machende) Kreditnehmer dort deswegen gar nicht geben kann, sieht Varoufakis einfach nicht, weil er die rechtliche Ebene gar nicht thematisiert und daher auch keine Unterschiede zwischen Ländern sieht, die ein solches funktionierendes Rechtssystem haben und solchen, die es eben NICHT haben.

Für viele Weltregionen und sogar für Teile der Eurozone existiert es aber gar nicht, d.h. es gibt dort ein Problem des "state building", das aus der Perspektive der herkömmlichen ökonomischen Theorie und Entwicklungstheorie gar nicht erkannt wird. 

Schlimmer noch:  Recht ist nur wirksam, wenn es bei unabhängigen Gerichten einklagbar und von einem selbst ans Recht gebundenen staatlichen Gewaltmonopol durchgesetzt werden kann. Die (an die Nationalstaaten gebundene) Rechtsordnung wird da, wo sie überhaupt wirksam (und nicht nur scheinbar) existiert, derzeit von allen Seiten bedroht:  von transnationalen Unternehmen, die unterschiedliche Rechtsordnungen gegeneinander ausspielen können und die eigene, private "Gerichtsbarkeiten" durchsetzen wollen (TTIP, CETA, etc.); seitens des marktfundamentalistischen Diskurses, der ALLE Staatsfunktionen "privatisieren" will (private Sicherheitsdienste, private Schiedsgerichte, etc. etc.); seitens internationaler Institutionen (EU, UN), die völkerrechtlich legitimiert sind, wobei völkerrechtliche Verträge mangels unabhängiger durchsetzender Instanz KEINE echten Verträge und kein echtes Recht darstellen, sondern eine Mogelpackung. Historiker und Juristen rufen das "Ende staatlicher Ordnung" aus, das "Ende des Nationalstaats" und den Anbruch eines "neuen Mittelalters" (Wolfgang Reinhard z.B.) - und damit das Ende des Rechts selbst.  Selbst ehemalige Verfassungsrichter wie Dieter Grimm wollen sich diesem Prozess der Unterminierung des öffentlichen Rechts willig unterwerfen, weil sie ihn für alternativlos halten - wie es die herrschende marktfundamentalistische Ideologie ja jahrzehntelang eingebläut hat. 

Tatsächlich haben wir in diesem Punkt ein massives gesamtgesellschaftliches Wahrnehmungsproblem, das massive Folgen hat: nämlich eine Gefährung des Rechts (und damit des absoluten Kerns der westlichen Zivilisation) ÜBERHAUPT.

In dieser Wahrnehmungslücke liegt m.E. auch ein wichtiger Grund dafür, daß auch viele Griechen Varoufakis mißtrauen.  Sie wollen keine Inflation und keine Korruption mehr und bräuchten dafür state building und ein modernes, westliches Rechtssystem. Sie wissen nicht, daß sie das brauchen würden, ahnen aber daß Varoufakis mit seinen Plänen (modest proposal) in dieser Hinsicht nichts ändern wird, und da haben sie einfach Recht.

Unsere integrierte Perspektive kann hier nun ein differenzierteres Bild entwerfen und deshalb auch erfolgversprechendere Lösungsvorschläge erarbeiten. Gesamtwirtschaftlich sinnvolle Lösungen funktionieren für Griechenland langfristig nur dann UND wirken bis zu einem gewissen Punkt gegen die "korrupten" (ohne funktionierendes Rechtssystem einfach "nomalen") Verhältnisse, wenn es ein modernes Rechtssystem bekommt.

Wir können also erkennen, wo Schäuble recht und wo er unrecht hat, und wo Varoufakis recht und wo er unrecht hat, und daraus eine funktionierende Lösung schneidern.

Wir haben also (prinzipiell - leider noch nicht explizit, sauber und differenziert ausformuliert und veröffentlicht) eine analytische Perspektive, die sich von den meisten anderen unterscheidet, weil sie Recht, BWL und VWL systematisch und schlüssig integriert: eine integrierte und schlüssige Politische Ökonomie, die die rechtlichen, betriebswirtschaftliche und gesamtwirtschaftlichen Kernzusammenhänge der westlichen Zivilisation schlüssig und im Zusammenhang verständlich macht.

Und die sollten wir nutzen, um konkrete Probleme zu analysieren, wie z.B. die Krise in Griechenland und in der Eurozone, und bessere Lösungsstrategien zu entwickeln, weil wir integriert polit-ökonomisch und nicht nur juristisch ODER traditionell ökonomisch denken. 

Aus dieser Perspektive sollten wir m.E. Fragen stellen wie:

1. Wie können wir die Eurozone in ein funktionierendes, sozial gerechteres und demokratisches Gemeinwesen verwandeln?
2. Wie muß die Rechts- und Geldverfassung eines freiheitlich-demokratischen, sozialen Bundesstaats Europa aussehen, die an die Stelle der rechtlichen Mogelpackung "System völkerrechtlicher Verträge" treten kann? Wie müßte das europäische Gewaltmonopol organisiert sein?
3. Welche Veränderungen im Rechtssystem der Südländer muß es geben, wenn sie in der Eurozone bleiben wollen?

(Dieser buildup des Rechtssystems und der staatlichen Institutionen dafür ist NICHT Teil der Reformvorschläge der Troika und der vom IWF geforderten "Conditionality" des Washington Consensus!!).

Usw. usf.

Fragen DIESER Art würde ich am 14. September gerne angehen: sie beruhen auf dem, worüber zwischen Dir, mir und Nicolas Einigkeit besteht.  Unsere Differenzen bezüglich des "Vollgeld"-Systems, Deinen Ausführungen zu "legalem Falschgeld" und zum "100% Geldschöpfungsgewinn" können wir dann immer noch angehen. Wenn klar ist, daß wir auf der Basis unserer Gemeinsamkeiten eine ganz neue Analyse liefern können, die auch zu neuen und realistischeren Lösungsstrategien führt, sollte unsere Motivation, unsere Differenzen zu klären, umso größer sein :-)

Gruß und bis demnächst
Wolfgang

(wie bei jedem Kauf/Tausch).  Bei einem Barkauf eines Kubikmeter Holz gegen Gold als vereinbartes oder vorgeschriebenes Zahlungsmittel wurden dann sowohl Rechte übertragen ("getauscht") als auch die Gegenstände übergeben ("getauscht").

5. Die Aussage, "es gibt kein Warengeld, sondern Geld ist und war ein Recht" ist somit falsch.  Nehmen wir das Beispiel Gold als Zahlungsmittel.  Es hat einen materiellen Aspekt, und einen rechtlichen (das Eigentumsrecht daran).  Der rechtliche Aspekt stellt das Vermögen dar. Die Übertragung des Eigentumsrechts stellt also die Übertragung des Vermögens dar.  Die Transaktion ist im Fall von Gold als definiertem Zahlungsmittel aber erst abgeschlossen, wenn der Verpflichtete nicht nur das Eigentumsrecht übertragen, sondern auch den Gegenstand übergeben hat.

6. Die Aussage, "Geld war und ist ein Recht" ist auch deshalb falsch, weil unter "Geld" einfach nur gedachtes Rechengeld verstanden werden kann ("money of account", Geld in seiner Funktion als Wertmaß).  Ein gedachtes Wertmaß ist kein Recht. Deswegen habe ich statt mißverständlich von "Geld" immer von "letztendlichen Zahlungsmittel" geredet.

7. Fazit:  VERMÖGEN ist und war immer ein Recht.  Eine bestimmte Art von Vermögen wird als Zahlungsmittel definiert.  Dies war historisch manchmal eine bestimmte Art von "Sachvermögen" (Eigentumsrechten), z.B. an Gold, später nur noch bestimmte Arten von Finanzvermögen (Forderungen).   Zu jeder Zeit konnte die Verrechung von Forderungen die Zahlung im vereinbarten Zahlungsmittel substituieren, daß nur noch der Restsaldo im vereinbarten Zahlungsmittel beglichen werden mußte.
8. Daraus ergibt sich die Frage: Was ist und woraus besteht VERMÖGEN?  Was ist und woraus besteht  "Vermögenswert"? Die beiden existierenden Werttheorien haben zu einer praxiskompatiblen Beantwortung dieser Frage nichts beizutragen und können gehören in die Tonne.


Laß uns das mal direkt mündlich besprechen.  Mail mir doch mal Deine Telefonnummer. 

Grüße
Wolfgang


Am 17.08.2015 um 15:31 schrieb Arne Pfeilsticker:
These: 
Zu keinem Zeitpunkt in der Geschichte wurden Ware gegen Ware oder Ware gegen Geld getauscht, sondern immer Recht gegen Recht.

Begründung:

Waren sind beim Handel nur indirekt über die übertragenen Rechte betroffen.

Was im Tauschhandel oder Naturaltausch als Ware gegen Ware erscheint, ist bei genauer Betrachtung ein Tausch, d.h. eine Übertragung von Eigentumsrechten.
Jede andere Argumentation führt zu einem unüberbrückbaren Widerspruch:

Würden beim Handel Ware gegen Ware oder Ware gegen Geld getauscht werden, dann blieben in einer Gesellschaft mit Rechtsordnung auch nach dem Tausch der Verkäufer Eigentümer der Ware und der Käufer Eigentümer des Geldes. Und nur die jeweiligen Eigentümer könnten rechtmäßig über ihr Eigentum verfügen.

Einzig und allein durch den Tausch der entsprechenden Rechte (= Übertragung der Rechte) kann der gewünschte Effekt erzielt werden, damit nach dem Tausch der Käufer über die Ware und der Verkäufer über das Geld verfügen kann.
In einer Gesellschaft ohne Rechtsordnung gibt es kein Handel, weil jeder sich nimmt, was er aufgrund seiner Macht kann und will.

Ende der Begründung.

Wer hält gegen diese These? - Einsprüche wie immer willkommen. :-)

Wenn diese These stimmt, dann hätte diese weitgehende Konsequenzen. Z.B. Es gibt kein „Waren“-Geld, sonder Geld war und ist ein Recht.

Viele Grüße
Arne






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