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ag-geldordnung-und-finanzpolitik - [AG-GOuFP] Das Konzept 'Absoluter Tausch' in Schmitts' Quantum Makroökonomie

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Betreff: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik

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[AG-GOuFP] Das Konzept 'Absoluter Tausch' in Schmitts' Quantum Makroökonomie


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Hallo zusammen,

Bei meinem Mailaustausch mit moneymind habe ich feststellen müssen, dass
im Wikiartikel dieses Konzept zu gerafft dargestellt wird. Daher möchte
ich an dieser Stelle dieses Konzept näher erläutern. Das ist in der Tat
der Kern in Schmitt Theorie und Grundlage für eine monetäre Theorie der
Produktion, die auch diesen Namen verdient.

Ein 'Absoluter Tausch' findet in einer monetären Produktionsökonomie
genau zweimal statt: einmal als Lohnzahlung auf dem Arbeitsmarkt und
einmal als Konsumzahlung auf dem Gütermarkt. Absolut deswegen, weil der
Arbeiter seine erbrachte Leistung nicht mehr direkt mit dem Nachfrager
tauscht, wie es noch in der mittelalterlichen Tauschwirtschaft der Fall
ist, sondern im Gegenzug 'nur' ein Guthaben tragendes Depot bei einer
Bank erhält, das Einkommen. Hier wird das erste Mal Geld mit dem realen
Output assoziiert. Einkommen wird dadurch substantiell zu einer
eigenständigen Größe. Die reale Seite (physischer Output) wird gegen die
monetäre Seite (das Einkommen) getauscht, oder anders ausgedrückt:
Einkommen misst den Wert des Outputs. Der Wert des physisch erbrachten
Outputs wird dadurch auf die gesellschaftlich aufzuwendenden Arbeit, dem
Einkommen kalibriert. Mit der Konsumzahlung findet der umgekehrte
Vorgang statt: Einkommen wird vernichtet, der gekaufte Gegenstand steht
dem Käufer als Gebrauchswert zur Verfügung. Auf diese Weise wird eine
Brücke zwischen dem Arbeitswert und dem Gebrauchswert geschaffen, eine
Diskrepanz, welche die Klassiker nie auflösen konnten.

Nun wird jemand zurecht fragen, was mit den Investitionen ist. Diese
Frage ist berechtigt. Auch wenn Investitionsgüter gekauft werden,
verhält es sich doch ebenso, dass mit dem Erwerb der Güter das hierzu
aufzuwendende Einkommen nicht mehr da ist, also vernichtet wird. Die
Voraussetzung hierfür ist die Entstehung eines Profits, der
üblicherweise durch einen Aufschlag beim Absatz auf den Gütermärkten
realisiert wird. Bei Cencini[1] habe ich die Formulierung 'Instrumental
Goods' also instrumentelle Güter gefunden, der diesem Umstand besser
Rechnung trägt. Instrumentelle Güter / Werkzeuge versetzen den Menschen
in die Lage, besser, schneller, effizienter zu produzieren. Da jedoch
die gesamte Volkswirtschaft durch den dadurch erzielten höheren Output
einen Nutzen zieht, muss der Wert dieser instrumentellen Güter irgendwie
registriert werden. Durch den Verzicht auf die Verwendung des Einkommens
als reines Konsumgut, ist hier nicht nur ein Vermögenszuwachs beim
Unternehmen sondern auch eine gesamtwirtschaftliche Ersparnis
entstanden. Hierzu dient im Schmittschen Modell das Fixkapitaldepartment.

Warum aber jetzt ein eigenes Departement?
Dieses Departement dient der finanzwirtschaftlichen Neutralisierung
dieses Fixkapitals. Der Charakter dieser Werte hat sich grundsätzlich
geändert, da sie nur noch in physischer Form vorliegen. Die monetären
Ersparnisse der Haushalte sind jetzt substantiell durch die
Investitionsgüter bei den Unternehmen unterlegt. Die
gesamtwirtschaftliche Beziehung I=S erweist sich als Identität, welche
nach jedem Zahlungsvorgang uneingeschränkt gütig ist.

Wenn dies nicht sauber getrennt wird, wie es in der derzeitigen
Bankenrechnungslegung praktiziert wird, verbleibt im Bankensystem ein
Phantom-Guthaben, das zur Finanzierung zur Verfügung steht und niemandem
gehört. Diese Guthaben werden von Schmitt als 'Leergeld' bezeichnet.
Schmitt sieht in diesem Leergeld die Quelle für Spekulation.

Es kommt aber noch ein zweiter Aspekt hinzu. Die instrumentellen Güter
unterliegen als physische Objekte einem Verzehr, etwa durch Verschleiss.
Im Laufe der Zeit weicht daher der Gebrauchswert immer mehr vom
Tauschwert ab, das ist der im Bankensystem registrierte ursprüngliche
Kaufpreis. D.h. der reale Wert des Investitionsgutes ist geringer als
der nominale, was nichts anders ist als die Definition für Inflation. Um
den Wert seiner Investition zu erhalten, müsste das Unternehmen diese
Ersatzbeschaffungen leisten, die es nur als sog. Amortisationsgüter auf
dem Arbeitsmarkt erlangen kann. Auf diese Weise bleibt auch das Say'sche
Gesetz (Angebot schafft seine eigene Nachfrage) gültig.

Die Konzept des 'absoluten Tausches' liefert auch eine Erklärungsmuster
dafür, dass sowohl eine angebots- wie auch eine nachfrageorientierte
Wirtschaftspolitik zum Scheitern verurteilt sind. Erstere läuft in einer
inhärent überkapitalisierten Volkswirtschaft ins Leere, letztere führt
in eine Inflationsspirale.

Schmitt betont, das diese Zusammenhänge unabhängig vom individuellen
Verhalten der einzelnen Wirtschaftsteilnehmer ist. Die traditionelle
Mainstreamökonomie, welche gesamtwirtschaftliche Zusammenhänge rein
mikroökonomisch zu erklären versucht, muss daher mit ihren
Erklärungsansätzen scheitern.

[1] Bei der Erklärung verwende ich Formulierungen des Schmitt-Schülers
Alvaro Cencini aus seinem Lehrbuch:
Cencini, Alvaro. 2005. Macroeconomic Foundations of Macroeconomics.
London; New York: Routledge. ISBN 9-780415-459297

gerhard




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