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ag-geldordnung-und-finanzpolitik - Re: [AG-GOuFP] Das Grillfest beenden!

ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de

Betreff: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik

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Re: [AG-GOuFP] Das Grillfest beenden!


Chronologisch Thread 
  • From: "Christoph Ulrich Mayer" <CU_Mayer AT Menschen-gerechte-Gesellschaft.de>
  • To: "'Comenius'" <comenius2000 AT gmail.com>, <ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de>
  • Subject: Re: [AG-GOuFP] Das Grillfest beenden!
  • Date: Fri, 8 Jun 2012 15:29:56 +0200
  • List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/ag-geldordnung-und-finanzpolitik>
  • List-id: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik <ag-geldordnung-und-finanzpolitik.lists.piratenpartei.de>
  • Organization: Autor

Cornelius schrieb: „Wächst die Geldmenge global, würde unter Geltung dieser Buchhaltungsvorschrift irgendwo ein Gewinn ausgewiesen (das scheint Arne recht zu geben), schrumpft allerdings die Geldmenge wieder, würde in gleicher Höhe irgendwo ein Verlust ausgewiesen. Eindeutig ein Nullsummenspiel.“

è Die Geldmenge ist noch nie gesunken, immer gestiegen und zwar von ca. 7,5 Mio. 1948 auf ca. 2 Billionen M3 bzw. 5  Billionen Geldvermögen. Es ist also eindeutig KEIN Nullnummernspiel sondern ein Bombengeschäft.

 

Natürlich heißt das, dass die Banken ein Interesse an einer permanenten Erhöhung der Geldmenge haben könnten. Ihr Interesse an hohen Zinserträgen dürfte aber mindestens ebenso hoch sein. Die Erhöhung der Geldmenge drückt aber auf die Zinsen und erhöht darüber hinaus die Inflationsrate. Da kommt also wieder nix bei rum.“

 

è Das ist ebenso falsch. Die Geldmengenerhöhung BEWIRKT die Inflation, deshalb kommt sehr viel „dabei rum“ – bei denen, die das Geld zuerst ausgeben, also bei Banken. Unter Inflation leiden nur die, deren Arbeitsgehalt entwertet wird und die Kleinvermögenden.

è Die Zinsen könnten nur sinken, wenn die Geldmengenerhöhung die Geldverfügbarkeit bei realwirtschaftlichen Unternehmen und Konsumenten erhöhen würde. Dem ist aber nicht so, denn sie steigt nur über Vermögenseinkommen. Was dabei steigt, ist nur die Liquidität in der Realwirtschaft und gleichzeitig die Verschuldung der Realwirtschaft. Das ist die Crux.

 

Fazit: Diese Ausführungen sind sicher kein Weg, die Diskussion zu beenden.

 

Wie es aus meiner Sicht tatsächlich aussieht:

 

1.       Giralgeld ist kein gesetzliches Zahlungsmittel, es ist eine Forderung von Kunden an die Bank (Privatunternehmen) und indirekter Anspruch auf gesetzliches Zahlungsmittel, das allein Zentralbankgeld oder Bargeld ist.
Wenn die Bank in Konkurs geht, steht zwischen der Einlösung Deines Giroguthabes in echtes gesetzliches Zahlungsmittel und Dir das Konkursrecht. Deswegen hat Angela Merkel 2009 in der Finanzkrise auch die Giralguthaben der Bürger bis je 20.000€ garantiert.

2.       Das Giralgeld ist auf der Passivseite der Bank, das ist richtig. Auf der Passivseite kann die Bank machen was sie will, außer sie überschreitet damit die Aktivaseite, dann ist sie bank-rott.
Auch jedes andere Unternehmen kann auf der Passivaseite Schuldverschreibungen, Gutscheine an Kunden usw. vergeben, das ist nicht die Geldschöpfung. Das ist eine Kreditvergabe wie es sie auch schon 1900 gab.

3.       Zahlungen der Bank an andere Banken, einschließlich der Zentralbank, erfolgen IMMER über von der AKTIVASEITE aus, niemals von der Passivaseite. Wenn die Bank einen Geldbetrag von einem eigenen Kundenkonto an ein Kundenkonto bei einer Fremdbank überweist, dann wird IMMER Aktiva mitüberwiesen. Entweder über das Zentralbankkonto oder der Differenzbetrag über das Clearing-Verfahren.
Bei einer Überweisung wird immer der Giralbetrag von Kundenkonto zu Kundenkonto und GLEICHZEITIG ein AKtivaposten der Bank A zu Bank B übertragen, so dass beide Bilanzsalden neutral bleiben.

4.       Die eigentliche Geldschöpfung erfolgt IMMER auf der AKTIVASEITE der Bank. Die Bank erschafft zunächst virtuell Geld, sagen wir 100.000€ auf der Aktivaseite, dann schreibt sie das Geld einem Kunden auf dem Kundenkonto gut, wodurch sich die 100.000€ auf der Aktivaseite der Bank in eine Schuld des Kunden verwandelt.

5.       Die Bankbilanz ist in diesem Fall im Saldo genausogroß wie vorher, nur in der Höhe größer (Bilanzverlängerung), soweit Konsens.

6.       Aber: Jetzt hat der Kunde zwar Giralgeld, ein verzinsbarer Anspruch besteht aber nur von der Bank an den Kunden und nicht umgekehrt.

7.       Im ersten Schritt steht also zu verzinsender Kredit einem gleichen Betrag nicht zu verzinsendem Giralgeld (0% Zins auf Girokonto) gegenüber.

8.       Damit ist ein Ungleichgewicht geschaffen, wo, wenn es so bliebe, alle Kreditzinsen (über die Laufzeit im Schnitt höher als der Ursprungskreditbetrag) die gezahlt werden, der Geldschöpfungsgewinn sind. Und gegenüber dem KREDITEMPFÄNGER BLEIBT DIES AUCH SO.

9.       Für einen Teilbetrag des so geschöpften Geldes bleibt dies auch in jedem Fall so. Das Geld, das auf dem Girokonto der schöpfenden Bank bleibt, erzeugt einen stetigen Zinsvorteil der Bank. Dies ist ein Geldschöpfungsgewinn bei der Bank.

10.   Wichtig: Es handelt sich hier um Zinseinkommen aus Geld, das VORHER NICHT VORHANDEN WAR, NEU GESCHAFFEN wurde, also neues Zinseinkommen ohne vorherig erworbenes Geld und OHNE angeworbenes Fremdkapital.

11.   Jetzt überweist der Kreditempfänger das Geld an einen Kunden einer anderen Bank. Und hier beginnt das Problem der Bank: Die Bank B will bei der Überweisung Aktiva von Bank A haben. Und zwar handelbares Aktiva, also Zentralbankgeld (auch Clearing), evtl. auch gut handelbare Wertpapiere. Bei der Kreditschöpfung ist aber kein Zentralbankgeld entstanden sondern eine Kreditschuld und die ist nicht handelbar, die will kein anderes Kreditinstitut haben.

12.   An dieser Stelle muss die Bank also Fremdkapital anwerben – welches, das auch handelbar bzw. transferierbar ist. Und da muss die Bank wiederum einem ANDEREN Kunden Zins oder Rendite anbieten.

13.   Und nun werden die Zinsgewinne, die aus Geld erzielt werden, das VORHER NICHT DA WAR an Dritte weitergereicht. Damit wird Kreditgewinn bei Dritten erzeugt, der ohne Geldschöpfung nicht möglich wäre.
Jede Geldmengenerhöhung führt daher zu höherem Vermögen auf der einen und höheren Schulden auf der anderen Seite. Und dadurch führt jede Geldmengenerhöhung auch zu MEHR VERMÖGENSEINKOMMEN.

14.   Dies ist der EIGENTLICHE GELDSCHÖPFUNGSGEWINN und er findet sich NICHT bei der Bank wieder sondern bei einer NICHTBANK und zwar nie bei der kreditnehmenden Nichtbank sondern bei anlegenden Nichtbanken.

15.   Er findet NICHT im Moment der Geldschöpfung statt sondern DANACH.

16.   Dies ist ein Hauptgrund, warum Vermögenseinkommen immer weiter wächst und die Realwirtschaft enteignet wird!

17.   Dazu kommt, dass wir hier eben nicht nur von Zins reden können sondern jede Form der Kapitaleinkünfte einbeziehen müssen, also auch Rendite, Kapitalausschüttungen wie Aktien-Dividende usw.

 

Der Geldschöpfungsgewinn ist also NICHT in der Bankbilanz oder deren Eigenkapitalveränderung zu finden sondern in den Bilanzen bei den NICHTBANKEN (die bei den Banken auf der Passivaseite geführt werden) im Zeitraum der Kreditlaufzeit.

 

 

 

Von: ag-geldordnung-und-finanzpolitik-bounces AT lists.piratenpartei.de [mailto:ag-geldordnung-und-finanzpolitik-bounces AT lists.piratenpartei.de] Im Auftrag von Comenius
Gesendet: Freitag, 8. Juni 2012 12:43
An: ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de
Betreff: [AG-GOuFP] Das Grillfest beenden!

 

Am 07.06.2012 19:38, schrieb Arne Pfeilsticker:

2.      Wenn der zur Verfügung zu stellende Geldbetrag der Darlehensgeber nicht oder nur teilweise mit eigener Liquidität zu leisten hat, dann liegt ganz oder teilweise eine Geldschöpfung vor.

Bis dahin scheint es ja sowieso keinen Dissenz zu geben.

Der Geldschöpfungsgewinn ist der Barwert der ersparten Zinsens auf die nicht zu leistende eigene Liquidität, des Geldschöpfer oder Bankensektor.

Das scheint mir doch mal eine prüffähige Definition zu sein.

Wenn man sie denn prüft, fällt auf, dass hier ein "Ertrag" der Bank definiert wird. Korrekt muss man also von einem Geldschöpfungs"ertrag" reden. Ob sich dieser Ertrag als Gewinn realisieren läßt, hängt von einer Reihe weiterer Faktoren ab.
Aber gehen wir mal davon aus, es gäbe eine Buchhaltungsvorschrift, diesen von Arne definierten Geldschöpfungsertrag in der GuV auszuweisen, dann müsste man in derselben Vorschrift natürlich auch den Geldvernichtungsaufwand mit gleicher Berechnungsgrundlage buchen, der bei der Tilgung eines Kredites entsteht. Der Geldschöpfungsertrag und der Geldvernichtungsaufwand gleichen sich also aus, solange die Geldmenge konstant bleibt.

Wächst die Geldmenge global, würde unter Geltung dieser Buchhaltungsvorschrift irgendwo ein Gewinn ausgewiesen (das scheint Arne recht zu geben), schrumpft allerdings die Geldmenge wieder, würde in gleicher Höhe irgendwo ein Verlust ausgewiesen. Eindeutig ein Nullsummenspiel.

Natürlich heißt das, dass die Banken ein Interesse an einer permanenten Erhöhung der Geldmenge haben könnten. Ihr Interesse an hohen Zinserträgen dürfte aber mindestens ebenso hoch sein. Die Erhöhung der Geldmenge drückt aber auf die Zinsen und erhöht darüber hinaus die Inflationsrate. Da kommt also wieder nix bei rum.

Der von Arne hier definierte Geldschöpfungsertrag (den er begrifflich ungenau als Geldschöpfungsgewinn bezeichnet) kann also zumindest nicht der entscheidende Faktor sein, der die Banken so reich macht. Eine Monopolisierung des Geldschöpfungsprivilegs bei der Zentralbank, würde also auch am Reichtum der Banken nichts ändern und auch die Bundesbank nur reich machen, wenn sie die Geldmenge permanent vergrößert.

Ein Geldschöpfungsertrag nach Arnes obiger Definition ist also für eine volkswirtschaftliche Betrachtung völlig ohne Bedeutung.

Etwas völlig anderes wäre es, wenn wir uns über die Möglichkeiten der Geldmengensteuerung durch die Zentralbank unterhalten, darüber ob die Geldmenge stärker begrenzt oder stärker ausgeweitet werden sollte oder ob die Möglichkeiten einer staatlich geplanten Geldmengensteuerung verbessert werden sollten. Dies sind sicher wichtige Fragen, die aber von dem oben definierten Geldschöpfungsertrag völlig unabhängig sind.

Fazit:
Eine Diskussion über Geldschöpfungserträge (oder -gewinne) ist absolut überflüssig. Über die Möglichkeiten der Geldmengensteuerung zu diskutieren, bei dem sicher auch die Geldschöpfung der Banken eine Rolle spielt, kann sinnvoll sein, ist aber ein anderes Thema.

Appell:
Laßt uns diese müßige Diskussion um den "Geldschöpfungsgewinn" beenden und zu wichtigeren Fragen kommen, wie z.B. der Geldmengensteuerung aber auch zu den m.E. noch wichtigeren Fragen der Verteilung.

These: Die Krise ist keine Verschuldungskrise, sondern eine Verteilungskrise. (so Heiner Flassbeck)

Ahoi
Comenius




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