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ag-geldordnung-und-finanzpolitik - Re: [AG-GOuFP] Grillfest Wachstumszwang

ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de

Betreff: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik

Listenarchiv

Re: [AG-GOuFP] Grillfest Wachstumszwang


Chronologisch Thread 
  • From: Patrik Pekrul <patrik.pekrul AT hotmail.de>
  • To: Heinz-Ulrich Eisner <hueisner AT web.de>
  • Cc: "ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de" <ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de>
  • Subject: Re: [AG-GOuFP] Grillfest Wachstumszwang
  • Date: Mon, 28 May 2012 14:49:26 +0200
  • List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/ag-geldordnung-und-finanzpolitik>
  • List-id: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik <ag-geldordnung-und-finanzpolitik.lists.piratenpartei.de>

Hier ist einiges sachlich falsch und sollte vor dem Grillfest korrigiert werden:

"Der Wachstumszwang, dem unser heutiges Wirtschaftsmodell unterliegt, resultiert aus dem Zusammenwirkungen von drei Phänomenen:

- Ungleichverteilung von Vermögen

- Rendite auf Vermögen

- positiver Sparquote"

Das ist eine These und keine Tatsache und sollte als solche als solche kenntlich gemacht werden.

"Grundsätzlich wird das BIP zwischen Arbeitseinkommen und Vermögenseinkommen aufgeteilt. Vermögenseinkommen sind gleich Vermögen x Renditesatz.

Daraus folgt: BIP = Arbeitseinkommen + (Vermögen x Renditesatz)"

Sachlich falsch, das Volkseinkommen besteht aus Vermögens- und Arbeitseinkommen und nicht das BIP.

"Ein Verzicht auf Wachstum des BIP erfordert also eine Konstanz von Arbeitseinkommen, Vermögen und Renditesatz, oder – wenn einer der Faktoren ansteigt – ein Absinken mindestens eines der anderen Faktoren, der den Anstieg kompensiert."

Warum sollte das (Welt-)BIP nicht immer weiter ansteigen? Bei immer mehr Menschen muss selbst bei gleichbleibenden Wohlstand das BIP im Gleichtakt mit der Weltbevölkerung immer weiter steigen, bei zunehmendem Wohlstand sogar stärker.

Bliebe das BIP gleich, würden alle ärmer, das kann ja wohl nicht das Ziel sein, oder sollen es weniger Menschen werden?

"Die Sparquote in Deutschland liegt relativ konstant bei über 10%, d.h. Vermögen in obiger Gleichung steigt in der Zeit.

(http://www.bundesbank.de/Navigation/DE/Statistiken/Zeitreihen_Datenbanken/Makrooekonomische_Zeitreihen/its_details_charts_node.html?startDate=&tsId.HASH=b39b9acf63e3c66e6513&searchIssued=0&frequency.HASH=cefb7c959612403496e2&comparedTo.GROUP=1&pageLocale=de&endDate=&frequency=Q&input_=9180&searchIssued.HASH=bf42787df29614519866&resourceId=9220&listId=&tsId=BBK01.JAA327&comparedTo=diffToPrevYearRel&listId.HASH=625682cb3d615e6a3991)

Daraus ergeben sich für ein BIP ohne Wachstum folgende 2 Optionen:

1. Wenn Renditesatz konstant bleiben (oder steigen) soll, muss Arbeitseinkommen fallen."

Falsch, denn das Volkseinkommen ist das Ergebnis einer Addition und nicht etwa eine gegebene Größe, die aufgeteilt wird.

2. Wenn Arbeitseinkommen konstant bleiben (oder steigen) sollen, muss Renditesatz fallen.

Option 1 über einen längeren Zeitraum führt zu zunehmender Verarmung bis Verelendung immer größerer Teile der Bevölkerung, bis das System politisch instabil wird.

Option 2 führt zu Abwanderung von immer größeren Kapitalmengen in spekulative Blasen, die das System ökonomisch destabilisieren.

Um das bestehende System stabil zu halten, ist daher Wachstum alternativlos."

Richtig, aber die Ursache ist: Immer mehr Menschen, mit immer höheren Ansprüchen erfordern immer mehr Produktion.

Will man diesen Wachstumszwang verhindern, muss die Zahl der Menschen oder ihre Ansprüche oder beides gesenkt werden.

"Da seit geraumer Zeit kein ausreichendes Wachstum mehr zu generieren ist, ist faktisch eine Mischung der Optionen 1 und 2 zu beobachten. 

(Gesellschaftlich besteht noch die Option, das System durch externe Maßnahmen zu stabilisieren (Umverteilung durch Steuern, dadurch Vermeidung der Folgen von Option 1).)"

Dass kein ausreichendes Wachstum mehr generiert wird, liegt daran, dass zunehmend nicht mehr in Realkapital investiert wird, welches alleinig Quelle höherer Produktion ist, sondern in reine Finanzprodukte, die kein reales Wachstum bewirken können.

Korrektiv wäre hier eine Besteuerung, die Realinvestitionen rentabler macht, zum Beispiel eine Geldvermögenssteuer in Kombination mit einer Absenkung der Ertragsbesteuerung.





Am 27.05.2012 um 22:30 schrieb Heinz-Ulrich Eisner <hueisner AT web.de>:

Hier meine Ausgangsüberlegungen zum Thema.

http://wiki.piratenpartei.de/AG_Geldordnung_und_Finanzpolitik/Gesellschaftliche_Problemstellungen/Wachstumszwang

Schönen Gruß
Heinz-Ulrich



Am 24.05.2012 22:29, schrieb Christoph Ulrich Mayer:

Die Notwendigkeit für Unternehmen, sich Geld zu leihen, kommt auch aus dem Wachstumsdruck: In einem schnell wachsenden Markt muss sich eine Firma möglichst schnell neueste Maschinen/ Arbeitsmittel wie IT zulegen, um konkurrenzfähig zu bleiben und sich einen relevanten Marktanteil zu erkämpfen. Ein modernes Beispiel: Eine Firma wie Google kann nicht so schnell wachsen, wenn kein Kapital von außen zufließt. Es müssen Server und Webdesigner, Redakteure und Infrastrukturen beschafft werden, damit man schneller wachsen kann als die Konkurrenz. Google konnte sich Kapital über den Börsengang holen, andere Firmen haben die Möglichkeit nicht oder scheuen deren (andere) Konsequenzen.

 

Der Wettbewerber, der zuerst investiert, hat einen Vorteil am Markt. Er kann aber nur der Erste sein, wenn er vorher genug Geld angesammelt hat (selten der Fall) oder Kredit aufnimmt. Der Kredit müsste zurückbezahlt werden. Durch den Konkurrenzdruck jedoch werden die Kredite nicht zurückbezahlt, sondern mit neuem Geld neue Maschinen gekauft. Tendenziell wächst der Schuldenberg und durch den Zinseszinseffekt gerät die Firma immer weiter unter Druck. Die Zinszahlungen vermindern oder verhindern die Kapitalverzinsung. Investoren ziehen sich zurück, der Geldhahn geht zu. Die Firma muss verkauft oder fusioniert werden.

Die Firmen, die keinen Kredit aufnehmen, wachsen zu langsam, haben einen zu kleinen Marktanteil um Effizient zu sein und werden zwischenzeitlich von den großen Unternehmen „geschluckt“. Eine Zwickmühle.

 

Was Karl Marx schon erkannte: Wenn Geld, das im Produktionsprozess vermehrt wurde, wieder investiert wird und wieder vermehrt wird, muss es ja immer mehr Geld geben, das für den Warenkonsum ausgegeben wird, sonst stockt der Prozess. Er nannte das „der rastlose Trieb des Kapitals nach Verwertung“ [Senf, 2001]. Gleichzeitig werden die Löhne zugunsten der Kapitalverzinsung immer weiter gedrückt, wodurch die Menschen immer weniger Geld haben, um genau diese Waren zu kaufen.

So sind „immer wiederkehrende und sich verschärfende Krisen des Kapitalismus“ systemimmanent und zwangsläufig. Marx führte das Thema damals aber leider nicht weiter aus. Er untersuchte das Geldsystem selbst leider kaum.

 

 

 

 

Von: ag-geldordnung-und-finanzpolitik-bounces AT lists.piratenpartei.de [mailto:ag-geldordnung-und-finanzpolitik-bounces AT lists.piratenpartei.de] Im Auftrag von Monika Herz
Gesendet: Samstag, 19. Mai 2012 11:10
An: ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de
Betreff: Re: [AG-GOuFP] Grillfest Wachstumszwang

 

Hallo Heinz-Ulrich,
ja, lass Dich grillen! Bin dafür.
Wann? Mit wem zusammen?

Habs auf die TOP für nächsten Mittwoch gesetzt
http://aggeldordnungundfinanzpolitik.piratenpad.de/14
Gruß Monika

Am 19. Mai 2012 07:31 schrieb Systemfrager <Systemfrager AT yahoo.de>:


@Alex
>>> Es gibt in meinen Augen sehr wohl einen real wirkenden Zinseszinseffekt der zu Exponentialkurven führt, ABER er ist nicht systemisch.
Damit meine ich, er ist kein unausweichlicher Automatismus aufgrund der Konstruktion unserer Geldordnung. Es braucht gewisse Voraussetzungen im Spiel welche durch die Wirtschaftsteilnehmer bewusst oder unbewusst verursacht werden, um zu greifen.
 
@Patrik
>>> Ok, auf die Formulierung kann man sich einigen. Sehe ich auch so.
 

Diese Formulierung ist super. Sie nimmt dem Zinseszins die unterjubelte Deutung eines dem Geldes "innewohnenden Gesetzes"





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