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ag-geldordnung-und-finanzpolitik - Re: [AG-GOuFP] Wikibeitrag über Vollgeld

ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de

Betreff: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik

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Re: [AG-GOuFP] Wikibeitrag über Vollgeld


Chronologisch Thread 
  • From: <CU_Mayer AT Menschen-gerechte-Gesellschaft.de>
  • To: <ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de>
  • Subject: Re: [AG-GOuFP] Wikibeitrag über Vollgeld
  • Date: Mon, 26 Mar 2012 23:11:47 +0200
  • List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/ag-geldordnung-und-finanzpolitik>
  • List-id: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik <ag-geldordnung-und-finanzpolitik.lists.piratenpartei.de>
  • Organization: Evult

An dieser Stelle möchte ich gerne die Diskussion darüber, ob die Veränderung der Geldschöpfung „kosmetisch“ sei oder nicht wieder aufnehmen.

Weiterführung aus und in: https://piratenpad.de/p/ysZzzHpXQh (Geldschöpfung: Wie genau funktioniert sie, was bewirkt sie, was nicht, welche Alternativen funktionieren wie?)

 

 

Nicolai Haehnle:

 
Natürlich kannst du deine Buchführung so umdefinieren, dass die Verbindlichkeiten nicht auftauchen. Aber *funktional* ändert sich dadurch am Verhalten des Geldsystems nicht. Der Handlungsspielraum von privaten Akteuren und Regierung ist exakt gleich, egal ob man nun die Verbindlichkeiten offen irgendwo hinschreibt oder nicht.
Auch in deinem System könnte man die Buchführung mit den Verbindlichkeiten wieder einführen, und es würde sich *nichts* am Handlungsspielraum von Regierung oder privaten Akteuren ändern.
Das meine ich damit, dass es sich nur um eine kosmetische Änderung handelt, und deswegen finde ich nicht angemessen, damit Werbung zu machen.

@ Nicolai: Kannst Du das bitte näher erklären bzw. belegen?

Es gibt verschiedene Begriff von "Vollgeld" und so weiter. In der Regel haben sie eine Kompenente gemeinsam, die eigentlich von dem Vollgeld an sich eher unabhängig ist, nämlich dass es eine staatliche Stelle gibt, die beliebig viel Geld ausgeben kann. Mit "beliebig viel" meine ich damit: wenn diese Stelle gemäß ihrer Statuten beschließt, dass Geld ausgegeben werden soll, dann gibt es niemanden, der dem widersprechen kann. Insbesondere ist die Ausgabe von Geld nicht davon abhängig, dass Finanzmarktakteure irgendwelche Anleihen kaufen.

Wenn diese Stelle, nennen wir sie Stelle Z, nun Geld ausgibt, zum Beispiel damit Frau Müller für ihren Dienst als staatliche Angestellte bezahlt wird, dann ändern sich die Bilanzen sinnvollerweise wie folgt:

  1. Frau Müller, Aktiva +X€ Sichteinlage auf Bankkonto
  1. Geschäftsbank, bei der Frau Müller ihr Konto hat: Passiva +X€ Sichteinlage, Aktiva +X€ Forderung an Stelle Z
  1. Stelle Z: Passiva +X€
    Solange die Stelle Z nicht gleichzeitig die Funktion der Zentralbank übernimmt, muss die GB ihre Forderung der Stelle Z gegenüber uneingeschränkt in Zentralbankgeld umwandeln dürfen, damit sie die Aktiva letztendlich auch im normalen Zahlungsverkehr einsetzen kann. Wenn die GB das macht, sie also ihre Forderung gegenüber der Stelle Z in Zentralbankgeld umwandeln lässt, dann sieht die Gesamtänderung der Bilanzen wie folgt aus:
  1. Frau Müller, Aktiva +X€ Sichteinlage auf Bankkonto
  1. Geschäftsbank, bei der Frau Müller ihr Konto hat: Passiva +X€ Sichteinlage, Aktiva +X€ Zentralbankgeld
  1. Zentralbank: Passive +X€ Zentralbankgeld, Aktiva +X€ Forderung an Stelle Z
  1. Stelle Z: Passiva +X€

In jedem Fall hat die Stelle Z als Folge ihrer Geldausgabe einen neuen Eintrag auf der Passivseite, eine Verbindlichkeit also, vulgo eine Schuld.
Viele der alternativen Geldsystemvorschläge erklären nun, dass dieser Passiveintrag zukünftig einfach nicht mehr in die Bücher aufgenommen werden soll. Dadurch ändert sich natürlich an den eigentlichen Abläufen im System nichts. Es ist also absurd, diesen rein kosmetischen Unterschied als Heilsbringer verkaufen zu wollen. (nha)

 

Christoph:

 

1. Diese Buchhaltungssätze können meiner Ansicht nach nicht stimmen. Sonst würde ja eine Überweisung an eine Person zur Bilanzverschlechterung von dessen Bank führen!

Also:

- Die Zentralbank erzeugt z.B. 1.000€ neues Geld, dieses wird an Frau Müller überwiesen.

- Dazu erscheinen die 1.000€ auf dem Konto der Bank von Frau Müller bei der Zentralbank (Kontonummer = Bankleitzahl) mit dem Vermerk, dass es für Frau Müller ist.

- Dieses Geld kommt nun auf die Aktiva-Seite der Geschäftsbank, die Geschäftsbank wiederum schreibt die 1.000€ auf dem Girokonto von Frau Müller gut.

- Die Geschäftsbank hat dabei weder einen Geldgewinn noch einen Geldverlust, die Billanzveränderung ist 0. Eine Forderung an Z entsteht nicht.

- Frau Müller hebt die 1000€ ab und kauft einen neuen Wintermantel

- Was macht die Bank, verliert sie auch die 1000€ oder bleiben sie in der Bilanz?
Des Weiteren: Wenn die Bank genötigt wäre, für das neue Guthaben auf dem Girokonto einen Kredit an Person/Stelle Z zu vergeben, dann würde das das Kreditangebot erhöhen und den Zinssatz markttechnisch senken, was eines der Ziele der Geldreformen ist.

 

2. Wenn diese Bilanzierungstechnik zum Problem führt, dann muss man sie halt ändern. Eine Möglichkeit ist die, wie beim Vollgeld vorgeschlagen (Huber, Joseph, 2011, „Monetäre Modernisierung“, S. 91):

Geschäftsbanken führen sämtliche Sichteinlagen, Girokonten außerhalb der Bankbilanzen, sie verwalten sie lediglich.

Damit fällt der Zentralbank das alleinige Geldschöpfungsrecht für Bargeld (wie heute auch schon) und Giralgeld (neu) zu. Nur die Zentralbank kontrolliert also die Geldmenge M1.

Geschäftsbanken können in M1 keine Geldschöpfung vornehmen.

 

 




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